Die Toponomastik, auch Toponymie oder Toponymik (von altgriechisch τόπος tópos ‚Ort‘ und attisch ὄνομα ónoma bzw.
äolisch-dorisch ὄνυμα ónyma ‚Name‘), deutsch Ortsnamenkunde oder Ortsnamenforschung, beschäftigt sich als Teilgebiet der allgemeinen Namenforschung und der Sprachgeographie mit allen Toponymen, also Örtlichkeitsnamen oder auch Ortsnamen im allgemeinen Sinne des Wortes.
Toponyme sind zentrale Datentypen in der Geoinformatik und Bestandteile der Kartographie und Topographie. Sie sind die Basiskategorie der Geographie und der Topographie anderer Himmelskörper.
Unter den Oberbegriff Toponym fallen die im Folgenden erläuterten Termini.
Choronyme (von altgriechisch χώρᾱ chṓrā, deutsch ‚Land, Raum‘) oder Raumnamen benennen bestimmte Regionen und Gebiete, insbesondere der politischen Gebilde, die im Hinblick auf Siedlungsgeographie, Kulturgeschichte und andere Humanwissenschaften dargestellt werden können. Insbesondere sind das:
Zum Namensgut der unbewohnten Landschaftselemente (aus Sicht der physischen Geographie und Geomorphologie) zählen:
Hydronyme (von griechisch ὕδωρ hýdōr ‚Wasser‘) oder Gewässernamen bezeichnen Gewässer. Dazu zählen:
Oikonyme (von griechisch οἶκος oĩkos ‚Unterkunft‘), Siedlungsnamen oder Ortsnamen im engeren Sinne bezeichnen Siedlungen. Zu ihnen zählen:
Kunze und Kamianets haben daneben noch verschiedene Untertypen vorgeschlagen:
Auch die beiden Sondertypen der Dromonyme (von griechisch δρόμος drómos ‚Weg‘) sowie der Hodonyme (griechisch ὁδός hodós ‚Straße‘) für Verkehrswege und Orte im urbanen Freiraum sind neue Vorschläge von Kunze und Kamianets und beziehen sich im Besonderen auf:
Diese Gruppe wird vielfach unter den Begriff der Siedlungsname (Oikonyme) im allgemeineren Sinne gestellt.
Astrotoponyme (von altgriechisch ἄστρον ástron, deutsch ‚Stern‘) sind Namen für die Topographie der Objekte außerhalb der Erde, bezieht sich also auf die extraterrestrische Toponymie, d. h. Oberflächengestalten von Himmelskörpern, etwa anderer Planeten, darunter solche, die sich auch auf der Erde finden (wie Berge, Täler, Krater usf.), aber auch autochthone Formen. Nicht zu dieser Kategorie gehören allerdings die Astronyme (Namen der Himmelskörper selbst) und Kosmonyme (Namen für Weltallzonen, Himmelssphären).
Die Toponomastik ist eine wichtige Hilfswissenschaft der Geschichtswissenschaften und der Historischen Geografie. Toponyme sind zeitbezogen oft sehr stabil und hohen Alters und dokumentieren insofern die Siedlungsgeschichte. Hier sind die Endonyme (Eigenbezeichnungen) genauso aufschlussreich wie die Exonyme (Fremdbezeichnungen). Gewässernamen (Hydronyme) spielen eine zentrale Rolle für die Sprach- und Geschichtswissenschaft, weil sie in vielen Fällen die ältesten überlieferten Toponyme sind.
Auch für die Migrationsbewegungen der Individuen sind die Herkunftsnamen – die auf Toponyme bezogenen Anthroponyme – besonders aufschlussreich. Hier sind insbesondere die Wohnstättennamen zu erwähnen, die den Bezug der allgemeinen Toponyme zu den Ortsnamen im engeren Sinne darstellen.
Die Toponomastik kann unter Umständen auch eine bedeutende politische Rolle spielen, insbesondere bei nationalen oder ethnischen Konflikten. Häufig wird die Toponomastik instrumentalisiert, um den Beweis zu führen, dass ein gewisser Landstrich einer bestimmten nationalen oder ethnischen Gruppe zustehe. Beispiele im deutschen Sprachraum sind die Toponomastik während der deutschen Besetzung Polens 1939–1945, der ehemaligen deutschen Ostgebiete nach 1945, die Toponomastik Elsass-Lothringens und die Toponomastik Südtirols (Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige von Ettore Tolomei). Gerade der Streit um letztere, auch aus österreichischer Sicht, ist auch heute noch von großer Aktualität.
Deutsches Sprachgebiet
Nachschlagewerke, international
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