Wolfram Bode (* 8.
März">8. März 1942 in Berlin) ist ein deutscher Biochemiker und Kristallograph, der mittels der Röntgenkristallographie eine große Zahl atomarer Proteinstrukturen, insbesondere von Proteasen, bestimmt hat und so wesentlich zu einem besseren Verständnis ihrer Spezifität und der Mechanismen der Aktivierung und Inhibition beigetragen hat.
Wolfram Bode studierte, gefördert von der Studienstiftung des Deutschen Volkes, Chemie und Biochemie an den Universitäten Göttingen, Tübingen und München. Nach seinem Studium promovierte er, u. a. mit Methoden der Röntgenkleinwinkelstreuung, im Jahre 1971 bei Jürgen Engel am Max-Planck-Institut für Eiweiß- und Lederforschung in München über Struktureigenschaften von Bakterienflagella. 1972 wurde er wissenschaftlicher Assistent beim späteren Nobelpreisträger Robert Huber am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, wo er sich in der Folge der Röntgenstrukturanalyse von Proteinen widmete. 1983 habilitierte er sich an der LMU München, wo er 1995 zum apl. Professor für Physikalische Biochemie ernannt wurde. Von 2005 bis 2010 leitete er am Martinsrieder Max-Planck-Institut die Arbeitsgruppe für Proteaseforschung. Bode ist seit 2007 verwitwet, er hat drei Kinder.
Wolfram Bode hat fast sein ganzes Forscherleben (außer Ausflügen u. a. zu den Lichtleiterproteinen von Cyanobakterien, die sichtbares Licht auffangen und dessen Energie durch Kopplung an die photosynthetische Membran weiterleiten, zu einem dimeren NC1-Fragment von Collagen-IV mit neuartiger kovalenter Met-Lys-Verknüpfung oder zu einigen Gerinnungskomponenten des archaischen Pfeilschwanzkrebses) mit der Aufklärung von Struktur-Funktionsbeziehungen von proteolytischen Enzymen verbracht, vor allem mittels kristallographischer Methoden. Sein Einstieg in die Proteasen erfolgte mit Strukturarbeiten an der Serinprotease Trypsin, an ihrem Vorläufer, dem Trypsinogen, und an Komplexen mit dem basischen pankreatischen Trypsininhibitor (BPTI). Zusammen mit Robert Huber konnte er erstmals zeigen, wie Trypsin-ähnliche Serinproteasen ihre Peptidsubstrate erkennen, binden und spalten.
1976 fanden Bode und Huber, dass die Elektronendichte des verfeinerten Trypsinogens in dem Bereich, welcher der Substrat-Bindungsregion im aktiven Trypsin entspricht, extrem flach ist, was als Unordnung innerhalb der hochkooperativen „Aktivierungsdomäne“ interpretiert wurde und damals einen Paradigmen-Wechsel in der Proteinkristallographie bedeutete. Nach ihrer „Molecular-Sexuality-Theorie“ stehen die Trypsinogen-artigen, inaktiven Zymogene mit ihren aktiven Formen in einem Gleichgewicht, das durch Insertion des durch Aktivierungsspaltung neu gebildeten NH2-Ile-Val-N-Terminus, aber auch ohne Aktivierungsspaltung durch Bindung starker Inhibitoren wie BPTI oder bakterieller Aktivatoren mit passendem N-Terminus wie Streptokinase, Staphylokinase und Staphylocoagulase zur aktiven Form verschoben werden kann. Später konnte Bode zeigen, dass im menschlichen Gewebs-Plasminogen-Aktivator (und dem der Vampirfledermaus) die epsilon-Aminogruppe eines oberflächlichen Lysinrestes diese induzierende Funktion übernehmen kann, was die hohe Aktivität dieser ungespaltenen Gewebs-Aktivatoren (in Gegenwart von Fibringerinnseln) erklärt. Andererseits untersuchte er Serinproteasen wie Granzyme und Kallikrein 10, die auch nach Aktivierungsspaltung noch in einer Zymogen-ähnlichen Form vorliegen und erst in Gegenwart spezieller Proteinsubstrate eine aktive, strukturierte Konformation annehmen.
In der Folge hat Bode eine Vielzahl weiterer Trypsin-, Subtilisin- und alpha,beta-Hydrolase-ähnlicher Serinproteasen und ihrer Protein-Inhibitoren bearbeitet. Erwähnenswert sind die Strukturen i) der Heparin-stabilisierten tetrameren beta-Tryptase, deren käfigartige Form die beschränkte Zugänglichkeit der aktiven Zentren für Protein-Inhibitoren erklären konnte; ii) der humanen Prohormon/Proprotein-Convertase Furin, das für die Prozessierung körpereigener Proteine, aber auch vieler bakterieller Toxine wie Diphtherie und Anthrax sowie viraler Hüll-Proteine von z. B. Ebola, HIV und Influenza und ihre Endozytose essentiell ist und somit ein interessantes Zielprotein für die strukturbasierte Medikamentenentwicklung darstellt; und iii) der Dipeptidyl-Peptidase IV, die regulatorische Peptide, involviert in Diabetes mellitus, Fettleibigkeit, Tumorwachstum und Aids, prozessiert.
Ende der 80er-Jahre begann Bode mit der Strukturanalyse einer Reihe von Gerinnungs-Proteasen und Co-Faktoren, beginnend mit der ersten Struktur des menschlichen alpha-Thrombins, was die weltweite Suche nach und die Entwicklung von maßgeschneiderten Antithrombotika stimulierte. Thrombin-Komplexe mit Protein-Inhibitoren von blutsaugenden Egeln (wie z. B. das Hirudin) und Insekten (wie z. B. das Rhodniin von einer Raubwanze) zeigten sehr unterschiedliche Wege, wie diese Organismen die Thrombinaktivität des Opfers blockieren und so dessen Blutgerinnung verhindern. Es folgten Strukturanalysen der Gerinnungs-Faktoren IXa, Xa, VIIa, aPC und deren Mutanten sowie der Membran-bindenden C2-Domäne des Co-Faktors FVa. An den Strukturen des Thrombin-Thrombomodulins und der Plasmin-Staphylokinase konnte Bode beispielhaft zeigen, dass die Spaltstelle der Proteinsubstrate nicht immer durch die passende Spaltsequenz, sondern durch Substrat-Präsentation mittels gebundener Co-Faktoren bestimmt wird.
In den späten 80er-Jahren wandte sich Bode auch den Cystein-Proteasen und ihren Inhibitoren zu. Er zeigte u. a., dass die Protein-Inhibitoren Cystatin und Stefin nicht das aktive Zentrum Papain-ähnlicher Proteasen direkt blockieren, sondern in der Nachbarschaft binden und so den Zugang für große Protein-Substrate indirekt blockieren. Die Analyse des menschlichen Calcium-freien Calpains ergab, dass die beiden Papain-ähnlichen Teildomänen in Abwesenheit von Calcium gegeneinander verdreht sind, in Übereinstimmung mit der Inaktivität. Die Struktur der menschlichen Procaspase 7 erklärte erstmals die Inaktivität der Procaspasen und die Konformations-Änderungen, die nach Aktivierungsspaltung zur Apoptose-bereiten Form führen. Überraschenderweise fand sich eine Caspase-ähnliche katalytische Domäne auch im bakteriellen Arg-Gingipain.
Seit den 90er Jahren interessierten Bode auch die Mono-Zink- und Bis-Zink-Metalloproteasen. Mit der Strukturanalyse des Astacins, eines Verdauungsenzyms des Süßwasserkrebses Astacus, konnte er nicht nur die genaue Geometrie des katalytische Zentrums und die charakteristische Umgebung für die ganze Astacin-Familie, sondern auch für die noch viel größere „Metzincin“-Superfamilie bestimmen. Es folgten die Strukturen einer Schlangengiftprotease und des TNF-alpha-converting-Enzyms als erste Repräsentanten der ADAM-Familie und eine Vielzahl von Matrix-Metalloproteasen (MMPs), die der strukturbasierten Wirkstoffentwicklung zur Verfügung gestellt werden konnten. Durch die Strukturanalysen von MMP-Komplexen mit den spezifischen Gewebs-Inhibitoren TIMP-1, -2 und -3 konnte Bode erstmals zeigen, wie diese Inhibitoren vor allem über ihre aminoterminalen Peptide in produktähnlicher Weise an ihre jeweiligen Ziel-MMPs und -ADAMs binden.
Wolfram Bode ist Autor von 359 Original-Publikationen und Buchbeiträgen und hat einen h-Index von 97 (Stand 29. Juli 2020).
Personendaten | |
---|---|
NAME | Bode, Wolfram |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Biochemiker und Kristallograf |
GEBURTSDATUM | 8. März 1942 |
GEBURTSORT | Berlin |
This article uses material from the Wikipedia Deutsch article Wolfram Bode, which is released under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 license ("CC BY-SA 3.0"); additional terms may apply (view authors). Abrufstatistik · Autoren Der Inhalt ist verfügbar unter CC BY-SA 4.0, sofern nicht anders angegeben. Images, videos and audio are available under their respective licenses.
®Wikipedia is a registered trademark of the Wiki Foundation, Inc. Wiki Deutsch (DUHOCTRUNGQUOC.VN) is an independent company and has no affiliation with Wiki Foundation.