Jacob Taubes (geboren am 25.
Februar">25. Februar 1923 in Wien; gestorben am 21. März 1987 in Berlin) war ein Religionssoziologe, Philosoph und Judaist.
Jacob Taubes stammte aus einer rabbinischen Gelehrtenfamilie. Gemeinsam mit seiner Familie zog er 1936 nach Zürich, wo sein Vater Zwi Taubes zum Oberrabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ) berufen worden war. Seine Mutter war Fanny Taubes, geborene Blind (1899–1957).
Taubes studierte ab dem Wintersemester 1941/42 an der Universität Zürich Griechisch, Lateinisch und Alte Geschichte, ab dem Wintersemester 1942/43 an der Jeschiwa Etz Chaim in Montreux Wissenschaft des Judentums. 1943 schloss er die Ausbildung zum Rabbiner mit seiner Semicha ab. Anschließend studierte er vom Sommersemester 1943 bis zum Wintersemester 1946/47 an der Universität Basel, der Universität Zürich und dem Eidgenössischen Polytechnikum Zürich Philosophie, Geschichte, Soziologie, deutsche und griechische Literatur sowie Mathematik, unter anderen bei Emil Staiger und René König. Während seines Studiums hatte er Kontakte zu dem katholischen Theologen Hans Urs von Balthasar und dem evangelischen Theologen Karl Barth. In Zürich wurde Taubes 1947 mit der Dissertation über die Abendländische Eschatologie promoviert. Zur selben Zeit war er mit Armin Mohler, dem späteren Privatsekretär von Ernst Jünger, befreundet. Taubes charakterisierte sich und Mohler in folgenden Worten: „Er war sozusagen der Rechtsextreme und ich der Linksextreme“. 1948 war Taubes an der New School for Social Research in New York Privatschüler von Leo Strauss in hebräischer und allgemeiner Philosophie und an der dortigen Rabbinical School of the Jewish Theological Seminary Schüler von Saul Lieberman.
Ab 1949 lehrte Taubes als Dozent für Religionsphilosophie am Jewish Theological Seminary in New York. Hier erhielt er Privatunterricht beim Philosophen Leo Strauss, außerdem war er bekannt mit Hannah Arendt und Paul Tillich.
Auf Einladung von Gershom Scholem war Taubes von 1951 bis 1953 als Lehrstuhlassistent und Dozent für Religionssoziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem tätig. Nach einem Konflikt zwischen ihm und Scholem kehrte er in die USA zurück; dort lehrte er zwei Jahre als Rockefeller-Stipendiat an der Harvard University und als Gastprofessor an der Princeton University. In dieser Zeit freundete er sich mit Herbert Marcuse an. 1956 erhielt Taubes einen Ruf als Professor für Religionsgeschichte und Religionsphilosophie an die Columbia University in New York, wo er zehn Jahre lehrte. Ab 1966 war er Ordinarius für Judaistik und Hermeneutik an der Freien Universität Berlin. Zu seinen Assistenten zählten dort unter anderen Peter Gente, der spätere Gründer des Merve-Verlags, und der Medientheoretiker Norbert Bolz. Ende der 1970er Jahre übernahm er gleichzeitig eine ständige Gastdozentur an der Maison des Sciences de l’Homme in Paris.
Jacob Taubes war in erster Ehe mit Susan Taubes (1928–1969) verheiratet; sie wurde von Paul Tillich promoviert. Der Ehe entstammen der Sohn Ethan (geboren 1953, später Rechtsanwalt in New York) und die Tochter Tanaquil (* 1956). Susan Taubes verfasste den Roman Divorcing, der im Herbst 1969 in den USA in englischer Sprache erschien. Eine Woche nach dem Erscheinen des Romans beging sie am 6. November 1969 Suizid. Das Werk wurde ins Deutsche übersetzt und 1995 unter dem Titel Scheiden tut weh veröffentlicht. Es handelt vom Leben der Autorin und ihrer Ehe mit Taubes. Ihr umfangreicher schriftlicher Nachlass wird vom Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin seit 2003 archiviert und erforscht.
In zweiter Ehe war Jacob Taubes mit Margherita von Brentano verheiratet. Ein 2005 posthum veröffentlichter Brief aus dem Jahr 1981 behauptet ein längeres Liebesverhältnis mit der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann.
Taubes litt an einer bipolaren Störung, die häufige Klinikaufenthalte erforderlich machte.
1987 starb Taubes an Krebs. Sein Grab befindet sich neben dem seiner Mutter, Fanny Taubes, auf dem Israelitischen Friedhof Oberer Friesenberg in Zürich.
Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Taubes an der FU Berlin wurde im Jahr 1983 der Judaist Peter Schäfer.
Taubes bezeichnete sich selbst als „Erzjude“ und „Pauliner“ zugleich oder auch „Judenchrist“. Charakteristisch für ihn ist ein Denken in polemischer Spannung, in Antinomien. Mit Carl Schmitt traf er sich in der apokalyptischen Überzeugung, das eschatologische Ende der Geschichte eröffne die Möglichkeit einer neuen politischen Praxis. Israel steht für ihn als „Ort der Revolution“, als „unruhiges Element in der Weltgeschichte“, das erst eigentlich einen Geschichtsbegriff erschaffen habe. Wie Nietzsche und Max Weber betont er die weltgeschichtliche Bedeutung Israels als „axiologischen“ Anfang der abendländischen Eschatologie. Gegen Carl Schmitt will Taubes die Perspektive einer Erlösung von der Gebundenheit an diese Welt aufrechterhalten; ohne die notwendige Unterscheidung zwischen weltlich und geistlich sei der Mensch Herrschern und Gewalten ausgeliefert, die in einem „monistischen Kosmos kein Jenseits mehr kennen würden“.
Von 2008 bis 2012 lief am Zentrum für Literaturforschung in Berlin unter Leitung von Martin Treml ein Projekt für die Edition des Briefwechsels von Taubes. Im Januar 2012 wurde ein Band mit dem Briefwechsel zwischen Taubes und Carl Schmitt herausgegeben.
Personendaten | |
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NAME | Taubes, Jacob |
KURZBESCHREIBUNG | österreichisch-deutscher Judaist, Religionssoziologe, Philosoph und Rabbiner |
GEBURTSDATUM | 25. Februar 1923 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 21. März 1987 |
STERBEORT | Berlin |
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