Escherichia-Virus Lambda: Art der Gattung Lambdalikevirus

Das Escherichia-Virus Lambda (wissenschaftlich Lambdavirus lambda, mit Referenzstamm Escherichia-Phage lambda alias Lambda-Phage, Bakteriophage Lambda, Enterobacteria-Phage Lambda oder Phage λ) ist ein Virus aus der Klasse Caudoviricetes, das das Bakterium Escherichia coli zum Wirt hat; und wird daher als Bakteriophage klassifiziert.

Dieser Phage hat in der Geschichte der Virusforschung und molekularen Genetik wie auch bei gentechnologischen Verfahren eine große Bedeutung. Er wurde 1950 von Esther Lederberg entdeckt.

Escherichia-Virus Lambda
Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration

Modell eines Virions des λ-Phagen

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Duplodnaviria
Reich: Heunggongvirae
Phylum: Uroviricota
Klasse: Caudoviricetes
Ordnung: incertae sedis
ohne Rang: „λ supergroup“
Gattung: Lambdavirus
Art: Lambdavirus lambda
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch, tailed
(Siphoviren)
Hülle: keine
Wissenschaftlicher Name
Lambdavirus lambda
Kurzbezeichnung
λ
Links
Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration
EM-Aufnahme eines
Virions des λ-Phagen

Morphologie

Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration 
Schematische Darstellung des Phagen λ.

Das Virion des Lambda-Phagen ist wie bei allen Viren des Morphotyps der Siphoviren aus einem Kapsid mit der enthaltenden dsDNA und einem Schwanzteil aufgebaut. Das Kapsid hat eine isometrische, ikosaedrische Symmetrie und ist im Durchmesser etwa 60 nm groß; es besteht aus 72 Kapsomeren (60 Hexamere, 12 Pentamere, Triangulationszahl T=7). Aufgrund der Lücke für den Ansatz des Schwanzteils besteht das Kapsid jedoch nicht aus je 420 (= 60×6 + 12×5) Molekülen der beiden Haupt-Kapsidproteine E und D, sondern nur aus 415.

Der Schwanzteil ist flexibel, aber nicht-kontraktil und 8 × 150 nm groß. An dessen Ende befinden sich vier lange Fibern, die jedoch bei in in vitro gezüchteten Stämmen verschwinden.

Genom

Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration 
Genom-Karte des Phagen λ

Das lineare, grundsätzlich doppelsträngige DNA-Genom des Lambda-Phagen ist 48.502 bp (Basenpaare) groß und kodiert für etwa 70 Proteine. Die vollständige Genomsequenz wurde von Frederick Sanger 1982 ermittelt. Die lineare DNA besitzt an beiden Enden kurze einzelsträngige Abschnitte, die komplementär zueinander sind und der Rezirkularisierung der Phagen-DNA nach Injektion in den Wirt dienen. Diese Enden werden auch als kohäsive Enden (cos), homologe Bindeenden oder klebrige Enden (engl. sticky ends) bezeichnet.

Integration

Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration 
Integration des Phagen-Genoms ins Wirtsgenom.

Das Escherichia-Virus Lambda ist ein temperenter Bakteriophage. Seine lineare Phagen-DNA wird nach der Infektion der Wirtszelle zu einer zirkulären DNA geschlossen, indem an der cos-Stelle der DNA die sticky ends aus je 12 Basen von der DNA-Ligase des Bakteriums zusammengefügt werden. Die zirkuläre DNA kann von der viralen Integrase in das Bakterienchromosom eingebaut werden. Die Integration der Phagen-DNA in das Wirtsgenom geschieht über die att-Stelle des Plasmids und ist eine ortsspezifische Rekombination und kann zu spezialisierter Transduktion führen. In diesem Zustand ist der Lambda-Phage ein Prophage und bleibt in das Wirtsgenom integriert, ohne seine Gene zu exprimieren.

Expression

Escherichia-Virus Lambda: Morphologie, Genom, Integration 
Das Repressorprotein des Lamda-Phagen bindet mittels eines Helix-Turn-Helix-Strukturmotivs (in der Visualisierung grün) an DNA (In der Visualisierung blau und rot), nach PDB 1LMB.

Die Expression der Prophagen-Gene werden von einem Repressor-Protein unterdrückt. Das einzige Gen, das aktiv bleibt, ist das Repressorgen cI selbst. Das heißt, dass die Prophagen-DNA mit jeder Teilung der Wirtszelle ebenfalls dupliziert wird, aber seine Gene werden nicht transkribiert. Dieser Prozess ist auch als lysogener Zyklus bekannt. Die Beendigung dieser inaktiven Lysogenie kann durch Stressfaktoren wie z. B. Antibiotika, UV-Strahlung, Nährstoffmangel und insbesondere DNA-Schädigung induziert werden. Im letztgenannten Falle führt eine Schädigung der Erbinformation zur Aktivierung von RecA, einem Induktor von DNA-Reparaturprozessen, der SOS-Antwort. Jedoch spaltet RecA nach Aktivierung nicht nur sein eigentliches Substrat, sondern auch den Lambda-Repressor cI. Dieses kann nun nicht mehr dimerisieren, was zur Beendigung der Repression führt und damit auch zur Expression des Phagengenoms. Jetzt kann der Lambda-Phage in den lytischen Zyklus eintreten, bei dem die eigentliche Vermehrung des Phagen stattfindet. Nach Synthese der Phagenkomponenten und Zusammenbau erfolgt die Lyse der Zellen und damit die Freisetzung der reifen, infektiösen Phagen.

Anwendungen in der Gentechnik

Lambda-Phagen werden in der Gentechnik als Insertions-Vektoren verwendet. Allerdings sind vor dem Einsatz als Vektor einige Modifikationen nötig. Zunächst sollten überzählige Restriktionsschnittstellen entfernt werden. Zur Einfügung eines zusätzlichen Genabschnitts (Insert) müssen ursprüngliche Phagen-Sequenzen entfernt werden, da sonst aufgrund des zu großen, künstlichen Genoms keine Verpackung in das Kapsid erfolgen kann. Dazu werden nicht zur Replikation benötigte Phagengene sowie die Gene für den lysogenen Zyklus entfernt. Dadurch entsteht Platz für ein ca. 8kb großes Insert. Escherichia-Virus Lambda wird sowohl als Klonierungsvektor für die Herstellung von cDNA-Genbanken verwendet, als auch als Plattform zum Phagen-Display.

Die isolierte DNA des Escherichia-Virus Lambda wird darüber hinaus als Größenmarker für Agarose-Gelelektrophorese eingesetzt. Durch den Verdau mit einer Restriktionsendonuklease entsteht ein Gemisch aus verschieden großen DNA-Fragmenten bekannter Größe, welche die Größenbestimmung von anderen DNA-Fragmenten nach ihrer Auftrennung erlauben. Häufig wird dabei das Restriktionsenzym PstI verwendet, da das hierbei entstehende Fragmentgemisch ein relativ breites Spektrum an Größen abdeckt.

Systematik

Der Gattung Lambdavirus (früher Lambdalikevirus, Lambda-like viruses) gehören folgende Arten an (Stand 29. März 2024):

  • Escherichia virus DE3
  • Lambdavirus HK629 (früher Escherichia virus HK629)
  • Lambdavirus HK630 (früher Escherichia virus HK630 )
  • Lambdavirus lambda (früher Escherichia virus Lambda)
  • Lambdavirus lvO276 (mit Enterobacteria-Phage O276)

Literatur

  • NCBI Nucleotide: Enterobacteria phage lambda, complete genome. Genomsequenz und Proteine des Lambda-Phagen
  • Michael Feiss, Ryland Young, Jolene Ramsey, Sankar Adhya, Costa Georgopoulos, Roger W. Hendrix, Graham F. Hatfull, Eddie B. Gilcrease, Sherwood R. Casjens: Hybrid Vigor: Importance of Hybrid λ Phages in Early Insights in Molecular Biology. In: ASM Journals: Microbiology and Molecular Biology Reviews, Band 86, Nr. 4, 21. Dezember 2022, S. e0012421; doi:10.1128/mmbr.00124-21, PMID 36165780, PMC 9799177 (freier Volltext), Epub 19. Oktober (englisch).
  • Bill G. Williams, Frederick R. Blattner: Construction and characterization of the hybrid bacteriophage lambda Charon vectors for DNA cloning. In: ASM Journals: Journal of Virology, Band 29, Nr. 2 Februar 1979, S. 555–575; doi: 10.1128/JVI.29.2.555-575.1979, PMID 372561, PMC 353190 (freier Volltext) (englisch).
  • Frederick R. Blattner, Bill G. Williams, Anne E. Blechl, K. Denniston-Thompson, Harvey E. Faber, Lesley Anne Furlong, David Grunwald, Delight O. Kiefer, David D. Moore, James W. Schumm, Edward L. Sheldon, Oliver Smithies: Charon phages: safer derivatives of bacteriophage lambda for DNA cloning. In: Science, Band 196, Nr. 4286, 8. April 1977, S. 161–169; doi: 10.1126/science.847462, PMID 847462 (englisch).

Einzelnachweise

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