Theodor Weißenborn (* 22.
Juli">22. Juli 1933 in Düsseldorf; † 9. Januar 2021 in Gerolstein) war ein deutscher Schriftsteller.
Theodor Weißenborn wurde 1933 als Sohn des akademischen Kunstmalers Karl Weißenborn (1890–1973) und der Kunsterzieherin Antonie Weißenborn geb. Brungs (1907–1981) geboren. Die Familie lebte wohlsituiert im bürgerlichen Elternhaus der Mutter in der Düsseldorfer Innenstadt. Nach den ersten Bombenangriffen auf Düsseldorf zog die Familie 1941 in das Elternhaus des Vaters in Deuna/Eichsfeld. Nach einem kurzen Aufenthalt im Düsseldorfer Elternhaus der Mutter bis zu dessen Zerstörung durch Bomben zog die Familie 1942 nach Niederorschel, einem Nachbardorf von Deuna. 1945 nahm Weißenborn an einem Sonderlehrgang für die Söhne von Lehrern in der Bannschule der HJ bei Heiligenstadt teil und erhielt den ersten Preis, weil er den Lesebuchaufsatz Aus dem Leben Adolf Hitlers auswendig vortragen konnte. Kurz darauf, in der zweiten Aprilwoche 1945, zog die US-Armee im Eichsfeld ein, die Anfang Juli von sowjetischen Truppen abgelöst wurde. Die Familie floh aus der SBZ nach Westdeutschland und fand Unterkunft bei einem Onkel der Mutter in der Nähe von Coesfeld.
Im April 1946 kehrte die Familie nach Düsseldorf zurück. Weißenborn besuchte dort das Humanistische Jacobi-Gymnasium, an dem er 1955 die Reifeprüfung ablegte, und schrieb erste Kurzgeschichten, die in Zeitungen und Zeitschriften erschienen. Er las unter anderem Hemingway, Borchert, Kolbenhoff, die Zeitschriften Horizont, Athenae und Neue Auslese sowie – in der Oberstufe – mit Leidenschaft poetologische und stilkundliche Fachbücher. Er redigierte die Schulzeitschrift und errang erste Preise bei Aufsatzwettbewerben für die Düsseldorfer Schulen. Sein Deutschlehrer erlaubte ihm, dialektische Besinnungsaufsätze als dialogreiche Erzählungen zu gestalten. Im Abituraufsatz interpretierte er Hölderlins Ode Der gefesselte Strom; mündlich wurde er über Guardinis Rilke-Interpretation geprüft.
Im Sommersemester 1955 studierte Weißenborn Kunstpädagogik an der Kunstakademie Düsseldorf. Die Akademie kaufte eine seiner Zeichnungen an. Danach wechselte er das Studienfach und begann im Wintersemester 1955/56 ein Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Nach sechswöchigem Marathon-Lehrgang an der Universität Lausanne legte er 1956 das Examen du Degré Supérieur de Français Moderne ab. Anschließend studierte er im Wintersemester 1956/57 weiter Romanistik bei Franz Rauhut in Würzburg. Ab Sommer 1957 setzte er das Studium in Bonn fort. Es folgten kunsthistorische Studien bei Heinrich Lützeler und Herbert von Einem. Er schloss sich dem studentischen „Arbeitskreis für neue Kunst“ an und entwarf einen alternativen Studiengang mit dem Schwergewicht auf den Disziplinen Poetik, Stilistik, Rhetorik und Rezitation.
1963 erschien Weißenborns erstes Buch, Beinahe das Himmelreich, eine Sammlung von Kurzgeschichten, die die Erlebniswelt von Kindern und Jugendlichen zum Thema haben. Er begann mit der Arbeit an Außer Rufweite (erschienen 1964), einem formal ambitionierten, zeitkritischen Roman aus dem Bonner Studentenmilieu. Am 9. Dezember heiratete er Hildegard Siepmann, die eine Tochter mit in die Ehe brachte.
1962 folgte eine erste Beschäftigung mit den Schriften Sigmund Freuds und C. G. Jungs. Weißenborn trat aus der katholischen Kirche aus. Im folgenden Jahr lud ihn Dieter Wellershoff zur Mitarbeit in der – später so genannten – „Kölner Schule“ ein, einer von Wellershoff gegründeten Gruppe junger Autoren, zu denen u. a. Rolf Dieter Brinkmann und Günter Herburger gehörten. Weißenborn wollte jedoch eigene Wege gehen und lehnte ab. 1964 wurde Wolfgang Weyrauch auf Weißenborn aufmerksam und lektorierte Außer Rufweite. Der Roman erschien im selben Jahr und stieß auf ein gemischtes kritisches Echo. Weißenborn zog mit seiner Familie nach Köln um.
1965 entwickelte Weißenborn das Projekt eines literarischen Panoramas psychischer Leiden und begann ein Studium der medizinischen Psychologie und Psychiatrie an der Universität zu Köln. Er trat rasch in Opposition zu der in Köln gelehrten – noch aus der NS-Zeit stammenden – klinischen Psychiatrie Kurt Schneiders und gelangte über die psychosomatische Medizin (Alexander Mitscherlich) und die angelsächsische Sozialpsychiatrie (Laing, Cooper, Bateson) zur Anti-Psychiatrie Franco Basaglias. Auf der Grundlage seiner Beobachtungen in der Kölner Psychiatrie schrieb er in rascher Folge eine Serie psychiatriekritischer Hörspiele, die nach Produktionen durch den NDR/WDR und andere ARD-Anstalten als Buch unter dem Titel „Eine befleckte Empfängnis“ im Herbst 1969 erschienen. Auf Einladung progressiver Ärzte und Dozenten konnte Weißenborn an zahlreichen psychiatrischen Krankenhäusern und Hochschulen Gastvorlesungen halten, wobei er sich gegen die Behandlung mit Elektroschock, Lobotomie und Lobektomie aussprach und alternative sozial-psychiatrische und anti-psychiatrische Therapieformen propagierte.
1966 wurde Weißenborn Vater eines Sohnes, zwei Jahre später einer Tochter. 1969 zog die Familie nach Landscheid in der Eifel.
Weißenborn bereiste als Kabarettist die BRD, Österreich und die Schweiz und gab in zahlreichen Hochschulen und kirchlichen Akademien Wochenend-Seminare zu Themen wie „Sprache als Waffe oder Können Literaten die Gesellschaft verändern?“, „Krankheit als Protest / Psychische Leiden und ihre Ursachen im Spiegel neuer Literatur“, „Was nutzt und wem schadet verbale Aggression?“, „Sinnerfahrung in Lebenskrisen“, „Der beleidigte Eros“, „Alter – Selbstkompetenz oder Sozialvollzug?“, „Religiosität und seelische Gesundheit“, „Blasphemie / über den konstruktiven Umgang mit literarischen Ärgernissen“, „Sprich, damit ich dich sehe! / Formen und Möglichkeiten des Hörspiels“.
1971 wurde Weißenborn in das PEN-Zentrum Deutschland aufgenommen. In den folgenden Jahren entstanden weitere Hörspiele sowie Satiren, Parodien und Grotesken, die neben weiteren Kurzgeschichten und Erzählungen in zahlreichen Buchausgaben erschienen. Die wichtigsten dieser Stücke wurden in insgesamt 26 Sprachen übersetzt.
Zwischen 1974 und 1976 erarbeitete sich Weißenborn systematisch die zeitgenössische psychologische und psychotherapeutische Fachliteratur unter besonderer Berücksichtigung der Werke Erich Fromms, Carl Rogers’, Karen Horneys, Erich Neumanns, Josef Rattners und Horst-Eberhard Richters.
Zwischen 1977 und 1979 entstand der Roman Als wie ein Rauch im Wind, der im Herbst 1979 erschien.
1980 entschloss sich Weißenborn zur Wiederaufnahme philosophischer Studien (Nicolai Hartmann, Max Scheler, Karl Jaspers, Martin Buber); er beschäftigte sich mit der Gestaltpsychologie Fritz Perls’ und mit Fragen der Bibliotherapie und Poesietherapie in Zusammenarbeit mit Hilarion Petzold. In diesen Jahren entstanden zahlreiche Gedichte zu Fragen der Philosophie und der Konfliktpsychologie, kirchen- und religionskritische Texte und schließlich der Essay Das Sein ist das Nichts mit dem Untertitel Explikation eines Paradoxons, der 1984 veröffentlicht wurde.
1986 kandidierte Weißenborn im Bundestagswahlkampf im Wahlkreis Bitburg für Die Friedensliste, ein Personenbündnis, das aus Mitgliedern der DKP, SPD, FPD und der GRÜNEN bestand und für die Vernichtung der atomaren Mittelstreckenwaffen eintrat. Er machte friedenspolitisches Kabarett und forderte in einem satirischen Rundschreiben jene Mitglieder des Deutschen Bundestages, die für den NATO-Doppelbeschluss gestimmt hatten, zur Übernahme persönlicher Patenschaften für jeweils eine der in Hasselbach und Heilbronn stationierten Cruise-Missiles und Pershing-II-Raketen auf. Da die Angeschriebenen sich weigerten, nahm er am 23. März 1986 vor dem Tor des Raketenstützpunktes Hasselbach eine öffentliche „Zwangstaufe“ vor und gab den dort stationierten Marschflugkörpern die Namen ihrer politischen Mütter und Väter. Im Herbst 1986 erschien Weißenborns Briefwechsel mit den Bonner Abgeordneten als Faksimile-Ausgabe unter dem Titel Die Paten der Raketen.
2002 bis 2003 gab Günter Helmes eine sechsbändige Gesamtausgabe der Werke Theodor Weißenborns heraus.
2009 zogen die Weißenborns nach Pulheim, ein Jahr später in das nahe Köln, 2015 nach Gerolstein. Weißenborn schrieb in der Folge zahlreiche philosophische und psychologische Essays und publizierte in Literatur- und Kulturzeitschriften (Sprache im technischen Zeitalter, Ostragehege, Psychologie & Gesellschaftskritik, Die Drei u. a.). Daneben entstanden zahlreiche sozialkritische (vornehmlich kirchen- und religionskritische) Kurztexte, die u. a. von der Tageszeitung Neues Deutschland und den Zeitschriften konkret, Christ und Sozialist, Kunst und Kultur, den Ketzer-Briefen und dem Rotfuchs gedruckt wurden.
Am 9. Januar 2021 starb Weißenborn nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 87 Jahren. Er wurde auf dem Waldfriedhof in Gerolstein beigesetzt.
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Unter anderem in Prag, Wien, Zürich, Warschau, Budapest, Paris, Rom, Dublin, London, Sydney, Wellington, Toronto, Johannesburg, Helsinki, Ljubljana, Kopenhagen und Reykjavik.
Hinweis: Die Klammern weisen auf das Entstehungsjahr hin. Bei denjenigen Gesprächen, die nicht in die Werke-Ausgabe, Bd. 6, Diversa (Carl Böschen Verlag, Siegen 2003) aufgenommen wurden, wird der jeweilige Erstdruck angegeben. Sind Gespräche unter anderem Titel erneut abgedruckt worden, wird dies verzeichnet. Bei allen früher erschienenen Gesprächen, die in den genannten Band der Werke-Ausgabe aufgenommen wurden, werden nur die dortigen bibliographischen Angaben wiedergegeben. Verweise auf jeweilige Erst- und weitere Nachdrucke finden sich dort auf S. 468–470.
Personendaten | |
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NAME | Weißenborn, Theodor |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Essayist |
GEBURTSDATUM | 22. Juli 1933 |
GEBURTSORT | Düsseldorf |
STERBEDATUM | 9. Januar 2021 |
STERBEORT | Gerolstein |
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