Pedanios Dioskurides (altgriechisch Πεδάνιος Διοσκουρίδης Pedánios Dioskurídēs, lateinisch Pedanius Dioscurides und Pedianus Anazarbeus Dioscorides) aus Anazarbos bei Tarsos in der römischen Provinz Kilikien (heute Landschaft in Kleinasien), kurz meist Dioskurides, war ein griechischer Arzt im Römischen Reich, der im 1. Jahrhundert in der Epoche des Kaisers Nero (54–68) lebte.
Dioskurides ist einer der bekanntesten Ärzte der Antike und gilt mit seinem Werk Über Arzneistoffe als Pionier der Pharmakologie.
Zur Person und zum Leben des Dioskurides (lateinisch auch Pedanius Dioscurides Anazarbeus) ist nur wenig bekannt. Hinweise darauf ergeben sich aus seinem Vorwort zu seiner Materia medica („Über Arzneistoffe“), einer Abhandlung über Arzneimittel. Ausgebildet (von dem Arzt Lekanios Areios von Tarsos) wohl in Tarsos, dem bedeutendsten Zentrum botanisch-pharmakologischer Forschung im Römischen Reich, und weitgereist (bzw. ein „soldatenähnliches“ Leben geführt habend), verfasste Dioskurides aufgrund von Autopsie und unter Heranziehung umfangreicher älterer Literatur in griechischer Sprache sein Hauptwerk Περὶ ὕλης ἰατρικῆς Perí hýlēs iatrikḗs, lateinisch De materia medica „Über Heilmittel“. Diese Arzneimittellehre liegt seit dem 6. Jahrhundert (etwa übertragen durch Cassiodor) auch in lateinischen Ausgaben, spätestens um 540 mit dem sogenannten Dioscorides longobardus (auch Dioscurides langobardus genannt), dessen erste erhaltene Abschrift im 9. Jahrhundert angefertigt wurde. Das Werk ist unterteilt in fünf Bücher, die bereits Galenos (129–199) nach Vollständigkeit und Gründlichkeit als maßgebliches Handbuch anerkannte.
Daneben ist unter dem Namen Dioskurides noch das Werk Περὶ ἁπλῶν φαρμάκων Perí haplṓn pharmákōn (lateinisch Simplicia „Über einfache Heilmittel“) überliefert. Es wird in der modernen Forschung häufig tatsächlich als sein Werk eingestuft, wohingegen John G. Fitch in seiner Ausgabe dieser Schrift 2022 zu dem Ergebnis kam, dass Dioskurides vermutlich nicht der Verfasser des Textes war. Es gibt noch weitere Texte, die unter Dioskurides’ Namen überliefert sind, aber noch nicht genauer auf ihre Echtheit bzw. auf die Identität ihres Autors geprüft worden sind.
Die dem Areios von Tarsos gewidmete „Materia Medica“ (griechisch ὑλικά) des Dioskurides umfasst ca. 1000 Arzneimittel (813 pflanzlichen, 101 tierischen und 102 mineralischen Ursprungs) und bietet 4740 medizinische Anwendungen. De materia medica („Über Arzneistoffe“) gliedert sich in fünf Hauptteile („Bücher“):
Anders als die zuvor übliche alphabetisch oder nach äußerlichen Merkmalen geordnete Behandlung des gesamten Arzneistoffs verwendet Dioskurides erstmals eine Systematik nach der qualitativen Verwandtschaft, der medizinischen Wirksamkeit bzw. pharmakologischen Wirkung der einzelnen Arzneimittel, wobei auch tiermedizinische, (distanzierend zitiert) magische und nichtmedizinische (vor allem den Haushalts- und Kosmetikbereich betreffende) Verwendungen nicht fehlen. Vorbildcharakter für spätere Kräuterbücher (etwa das von Rufinus) bis in die frühe Neuzeit hatte mehr noch Dioskurides’ Methode der Pflanzenbeschreibung: der Name der Pflanze und Synonyme, Herkunft, botanische Beschreibung, medizinische Eigenschaften, (noch im 20. Jahrhundert gültige) Zeitpunkte der Ernte, Zubereitung und Anwendung, gegebenenfalls auch Hinweise auf Lagerung, Aufdeckung von Verfälschungen usw. Bereits die älteste und zugleich wichtigste überlieferte Dioskurides-Handschrift, der prachtvoll illustrierte „Wiener Dioskurides“ (Cod. med. gr. 1, ÖNB) von 512/3 n. Chr., bietet zudem (ebenso wie spätere Handschriften) kunsthistorisch wichtige Abbildungen der besprochenen Heilpflanzen. Strittig ist aber, ob Dioskurides selbst seinem Werk schon Illustrationen beigab, ein Verfahren, das auf Krateuas (ca. 100 v. Chr.) – neben Sextius Niger (ca. 30 n. Chr.), Hauptquelle von Dioskurides – zurückgeht und den Erfolg des Dioskurides in Mittelalter und Renaissance entscheidend mitbestimmte. Unabhängig davon wirft die moderne Identifikation der von Dioskurides beschriebenen Pflanzen erhebliche Probleme auf.
Die Arzneimittelkunde des Dioskurides (in alten, unter anderem italienischen, Texten auch Diascorides oder Dyascorides geschrieben), in zahllosen, immer wieder neuen Bearbeitungen, Paraphrasen und Übersetzungen (lateinisch, syrisch, arabisch, englisch, hebräisch, türkisch und mehr) verbreitet, behauptete für über 1600 Jahre uneingeschränkt ihre autoritative Geltung in Abendland und Orient auf dem Gebiet der Pharmazie, der Pflanzen- und Drogenkunde und ist als eines der einflussreichsten Werke in der Geschichte der Medizin und Pharmakologie überhaupt zu betrachten. Der Aufstieg der organischen Chemie im 19. Jahrhundert verdrängte seine Nutzung auch aus der Alltagspraxis von Kräuterkunde, pharmazeutischer Herstellung und Anwendung.
Charles Plumier benannte ihm zu Ehren die Gattung Dioscorea der Pflanzenfamilie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae). Carl von Linné übernahm später diesen Namen. Auch die Pflanzengattungen Discoreophyllum Engl. und Dioscoreopsis Kuntze aus der Familie der Mondsamengewächse (Menispermaceae) und Dioscoridea Bronner aus der Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae) wurde ihm zu Ehren benannt.
Personendaten | |
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NAME | Dioskurides, Pedanios |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Arzt |
GEBURTSDATUM | 1. Jahrhundert |
GEBURTSORT | unsicher: Anazarbos |
STERBEDATUM | 1. Jahrhundert |
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