Irene Kafka, eigentlich Irene Beck (* 1. September 1888 in Mährisch-Ostrau; † 9. Mai 1942 in Ravensbrück) war eine in Wien lebende Übersetzerin und Lyrikerin.
Obwohl Irene Kafka einige populäre Werke aus dem Französischen und Englischen übersetzt hat, ist über sie nur noch wenig bekannt. So hat sie 1927 die deutschsprachige Erstausgabe von Agatha Christies drittem Kriminalroman Murder on the Links, der damals unter dem Titel „Mord auf dem Golfplatz“ im Georg Müller Verlag (München) veröffentlicht wurde, übersetzt. Es war Christies erster ins Deutsche übertragene Roman. Auch die Übersetzung der deutschsprachigen Erstausgabe von Agatha Christies zweitem Kriminalroman The Secret Adversary, der 1932 unter dem Titel „Die Abenteurer-G.m.b.H.“ im Goldmann Verlag Leipzig veröffentlicht wurde, stammt von Irene Kafka.
Sie übersetzte Maurice Baring, Julien Green, Robert Hichens, Francis de Miomandre, Pierre Loti, Moliere, Alfred de Musset, Arthur John Rees und Pierre de Ronsard. Weiterhin erschienen Ende der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre in der Neuen Freien Presse sowie im Neuen Wiener Tagblatt Kafkas Übersetzungen einzelner Gedichte von Jules Romains, Marcel Proust, Émile Verhaeren, aber auch einige eigene Gedichte.
In James Joyce’ Leben und Werk hat sie durch die am 19. Juli 1931 in der Frankfurter Zeitung veröffentlichte Erzählung „Vielleicht ein Traum“ (Originaltitel: „Perchance A Dream“) Spuren hinterlassen, weil dieses von ihr übersetzte, aber von Michael Joyce stammende Werk unter James Joyce’ Namen veröffentlicht wurde, worin dieser den vorsätzlichen Missbrauch seines Namens sah: „Vielleicht ein Traum aber gewiss eine Schweinerei'“.
In einem – auf Papier des Wiener Hotel de France geschriebenen Brief – schrieb sie Joyce’ Anwälten am 17. August 1931, wie es dazu gekommen war, dass die Zeitung ihre Übersetzung von Michael Joyce’ Erzählung unter „James Joyce“ veröffentlicht hatte. Mark Harman, der 1998 Franz Kafkas Schloss und 2008 dessen Amerika ins Amerikanische übersetzt hat, findet folgende Anspielung auf Irene Kafka in Finnegans Wake:
„[James Joyce] might appear to be alluding to the Prague writer when he refers disparagingly in Finnegans Wake to the "magpyre's babble towers." Kafka can mean magpie in Czech, and Kafka wrote a story about the Tower of Babel. The Kafka in question in the Wake, however, is probably not Franz but Irene, the translator, who is getting her comeuppance for mixing up the two Joyces.“
Damit ist Harman allerdings einer in den angelsächsischen Ländern verbreiteten Fehlübersetzung des Namens Kafka aufgesessen: kavka heißt im Englischen nicht „magpie“ („black-billed magpie“, Elster), sondern „daw“ beziehungsweise „jackdaw“ (Dohle), die dem Vernehmen nach auch im Kafkaschen Familienemblem zu sehen war.
Laut Julien Green hatte Irene Kafka sich ihm als die Schwester eines „Franz Kafka“ vorgestellt. Sie war auch die Schwester eines Franz Kafka, geb. 1893, ein Cousin des Schriftstellers, Green bezog die Angabe jedoch auf den Schriftsteller. Das Missverständnis in Bezug auf „Franz“ könnte Irene erst dann als Absicht zugerechnet werden, wenn der genaue Wortlaut ihrer Mitteilung an Green bekannt wäre; genauso gut kann aber Green reflexhaft an den Schriftsteller gedacht haben. Ihre zeitlich spätere Verwechslung von James ./. Michael Joyce verführt dazu, dass man Irene vorschnell unlautere Absichten unterstellt.
Als Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Frühjahr 1935 Bearbeiter für die Dialoge seines Bühnenstückes Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter suchte, wurde ihm von Fritz Horwitz, dem früheren Prokuristen des Wiener A. Wolf Verlages, die „sehr bekannte Übersetzerin (französ.) Irene Kafka“ empfohlen, die sich gemeinsam mit Paul Fent (eigentlich Paul Frankfurter) bereit erklärt habe, „die Dialogbearbeitung event. zu übernehmen, doch müssten sie das Manuskript vorerst sehen.“ Weiters schrieb Horwitz, dass er Herzmanovsky-Orlandos „Bedenken wegen polit. und rassischer Unbescholtenheit“ der Bearbeiter nicht teile, da diese „ja nicht unbedingt genannt sein“ müssten. Allerdings äußerte Herzmanovsky-Orlando, der seit 1932 Mitglied der NSDAP (Auslandsorganisation) war, am 27. April 1935 Hermann Schleichert vom Münchner Neuzeit-Verlag gegenüber brieflich Bedenken, weil er „nichts über die Stammeszugehörigkeit beider Autoren“ wisse.
Irene Kafka, die mit ihrem Mann Ferdinand Kafka im Hochhaus Herrengasse gelebt hat, wurde am 7. Mai 1940 wegen „Gräuelpropaganda“ („schriftstellerische Tätigkeit für deutschfeindliche Auslandszeitungen“) festgenommen und in das KZ Ravensbrück eingeliefert.
Irene Kafka heiratete am 25. Oktober 1906 in Prag einen Kaufmann, Arthur Schweizer, (Mit-)Besitzer einer Knopffabrik in Krems an der Donau.
Personendaten | |
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NAME | Kafka, Irene |
ALTERNATIVNAMEN | Beck, Irene (wirklicher Name); Schweizer, Irene (Ehename) |
KURZBESCHREIBUNG | Übersetzerin |
GEBURTSDATUM | 1. September 1888 |
GEBURTSORT | Mährisch-Ostrau |
STERBEDATUM | 9. Mai 1942 |
STERBEORT | Ravensbrück |
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