Eduard Stucken (* 18.
März">18. März 1865 in Moskau; † 9. März 1936 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.
Ludwig Eduard Stuckens Vater Carl Stucken wanderte 1849 in die USA aus und ging von dort (als amerikanischer Staatsbürger) nach Moskau, wo er fortan den Russland-Zweig des kaufmännischen Familienunternehmens Stucken leitete und Charlotte Luise Kupffer heiratete, die Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns aus Kurland. 1876, mit elf Jahren, zog Eduard zur Familie seiner Tante mütterlicherseits nach Dresden, wo er das Vitzthumsche Gymnasium besuchte. Von 1882 bis 1884 absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung in Bremen und studierte anschließend in Dresden und Berlin Kunstgeschichte, Assyriologie und Ägyptologie. Er war zeitweise bei der Deutschen Seewarte in Hamburg tätig und unternahm ausgedehnte Reisen, die ihn u. a. nach Griechenland, auf die Krim, in den Kaukasus sowie nach Italien und England führten. 1890/91 nahm er an einer wissenschaftlichen Expedition nach Syrien teil.
Ab 1891 lebte Stucken als freier Schriftsteller in Berlin. In den folgenden Jahrzehnten veröffentlichte er neben wissenschaftlichen Studien zu ethnologischen und sprachhistorischen Themen ein umfangreiches literarisches Werk, das Romane, Erzählungen, Gedichte und Theaterstücke umfasst.
„Stuckens Werk, zu dem auch wissenschaftliche Schriften gehören, lässt sich als einen groß angelegten Versuch deuten, Europas Zivilisationsgeschichte und Gegenwart über den kulturkritischen Kontrast zu ebenso weit gespannten wie phantastischen Welten von Mittel- und Südamerika bis Polynesien zu verstehen.“
In einer Rezension zur Buchausgabe von Stuckens Versdichtungen Die Flammenbraut und Blutrache (1892) heißt es:
„Die formschönen, gereimten, jambischen Verse und die Ausgestaltung des gut erfundenen tragischen Stoffes lassen in dem Dichter ein nicht gewöhnliches Talent vermuthen. Tiefe seelische Conflicte, die sich in schmerzlicher, aber durch und durch edler, consequenter und erhabener Weise auflösen, bilden schwarze, aber schöne Schatten in einem farbenprächtigen Bild südländischer Naturschönheiten.“
In seinen frühen, neuromantischen Dramen, die durchaus nicht unumstritten waren, verarbeitete er häufig Stoffe aus der keltischen Sagenwelt.
„Um die Jahrhundertwende können zwei verschiedene Typen der Gralliteratur unterschieden werden: Einer, in dem der Gral als Ganzheitssymbol für eine nicht zersplitterte einheitliche Welt, sei es eher in philosophischem oder auch im christlichen Sinne steht, und ein anderer Typ, bei dem nicht der Gral, sondern der Gralheld als ewiger Sucher nach Einheit mit sich selbst das Paradigma bietet. Eduard Stucken vereint in seinen Dramen aus dem Artuskreis, die er im Jahre 1924 zu einer Folge Der Gral, ein dramatisches Epos zusammenstellt, beide Dimensionen.“
Seinen größten Erfolg erzielte Stucken mit dem vierbändigen Roman Die weißen Götter, in dem der Untergang des Aztekenreiches geschildert wird. In seinem Essay Mußte ich „Die weißen Götter“ schreiben? gibt der Autor zu bedenken:
„Ohne die Erschütterungen des Krieges hätte ich es mir nicht zum Ziel gesetzt, im Untergang Mexikos unsere Zeit und unser Schicksal zu spiegeln […] vorgeschwebt hat mir ein Symbol: eine Art Götterdämmerung und Weltbrand, das Schreckensbild einer Kulturvernichtung, einer Kulturausrottung mit Stumpf und Stiel – wie sie seit Ninives und Ilions Fall immer wieder möglich gewesen ist und immer auf Erden möglich sein wird.“
Insbesondere wegen seiner Weltabgewandtheit war und ist der Jugendstil vielen Intellektuellen verhasst. So notierte der damals im New Yorker Exil lebende Autor und Literaturwissenschaftler Werner Vordtriede (der übrigens auf den Tag genau 50 Jahre nach Stucken geboren wurde) am 21. Februar 1943 in sein Tagebuch: „In der Public Library las ich auch dieser Tage drei Gedichtbände von Eduard Stucken, um mich über ihn zu informieren (lebt er wohl noch?), nämlich Balladen, Das Buch der Träume und Die Insel Perdita. Das ist wohl das Geschmackloseste an Versen, was ich seit langem gelesen habe. Der gräßliche Buchschmuck von Fidus paßt ausgezeichnet dazu. […]“ Als Beispiel für die genannten Werke hier die 16. und 17. Strophe des Gedichts Das Haar des Mondes nebst Illustration aus dem Band Balladen (1898):
[…]
Als ich dann die Welt des Lichts erklommen,
hat der Mond mich auf den Schoss genommen,
und sein langes silbern Haargelock,
dessen Strähnen bis zur Erde kommen,
hüllte er um mich wie einen Rock.
Zum Geschenk gab ich ihm meine Tränen.
Und er rieb mit seinen Silbersträhnen
alle Flecken meines Leibes ab,
auch die Männerküsse all, mit denen
ich bedeckt war, als ich stieg ins Grab.
[…]
Eduard Stucken gehörte der Sektion für Dichtung an der Preußischen Akademie der Künste an, in deren Senat er am 9. Oktober 1928 gewählt wurde. Auch nach den nationalsozialistischen Säuberungen der Akademie im Jahre 1933 blieb er deren Mitglied; im Oktober 1933 zählte er neben Gottfried Benn und Ina Seidel zu den 88 Unterzeichnern des „Gelöbnisses treuester Gefolgschaft“, einer an Hitler gerichteten Ergebenheitsadresse regimetreuer deutscher Autoren. So wie Jochen Klepper oder Peter Suhrkamp auch, war er Mitglied der Reichsschrifttumskammer; dies war die Voraussetzung, um während der NS-Zeit schriftstellerisch tätig sein zu können. Knapp zweieinhalb Jahre später starb er nach langer Krankheit – kurz vor Vollendung seines 71. Lebensjahres – in seiner Berliner Wohnung in der Burggrafenstraße 2a (heute Bezirk Tiergarten).
Ein Großonkel Stuckens mütterlicherseits war der deutschbaltische Physiker Adolph Theodor Kupffer, ein Großonkel väterlicherseits der Ethnologe und Gründungsdirektor des Berliner Völkerkundemuseums Adolf Bastian.
In erster Ehe war Stucken seit 1898 mit Ania geb. Lifschütz verheiratet, die am 19. August 1924 in Saaleck starb und auch dort bestattet wurde. Nachdem er sich an seinem 60. Geburtstag mit der um etwa dreißig Jahre jüngeren Anna Schmiegelow verlobt hatte, heirateten die beiden am 6. September 1925 in Saaleck; am 8. Juli 1926 wurde ihr gemeinsamer Sohn Tankred geboren.
Eduard Stucken: An Anna
Hell wie Mondglanz Wald und Feld beschneit,
Bringst du Licht in meine Einsamkeit.
Mond bist du, auch Frührot, Morgenwind –:
Nachtspuk scheucht der junge Tag, dein Kind.
Unser Sonnenkind … ist’s deins? ist’s meins?
Lies in seinem Blick: wir drei sind eins!
Postum erschienen
Zeichnungen und Lithographien
Personendaten | |
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NAME | Stucken, Eduard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Dramatiker, Lyriker und Autor |
GEBURTSDATUM | 18. März 1865 |
GEBURTSORT | Moskau |
STERBEDATUM | 9. März 1936 |
STERBEORT | Berlin |
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