Der T-72 ist ein sowjetischer Kampfpanzer, der ab 1972 von dem Unternehmen Uralwagonsawod gebaut und von der Sowjetarmee in Dienst gestellt wurde.
Außer in der Sowjetunion wurde der Panzer in Polen, in der ČSSR und in Jugoslawien gebaut, in Indien ab 1980 in Lizenz. Der T-72 ist der gegenwärtig am meisten genutzte Kampfpanzer der Welt. Er wurde in großen Stückzahlen exportiert, darunter in viele Nahost-Staaten wie Syrien, Libyen, Iran und Irak. So kam er auch in vielen Konflikten zum Einsatz, so im Libanonkrieg 1982, dem Ersten und dem Zweiten Golfkrieg und in den Jugoslawienkriegen. Insgesamt wurden rund 20.000 Exemplare hergestellt; davon unterhielt Russland vor dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 noch rund 9200 Stück, wobei bis dahin nur etwa 1200 noch aktiv waren. Der Exportpreis für einen T-72M1 betrug 1992 etwa 1,2 Millionen US-Dollar; mit dazugehöriger Munition und Ersatzteilen belief sich der Stückpreis auf etwa 1,8 Millionen US-Dollar.
T-72 | |
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T-72 der tschechischen Streitkräfte, 2011 | |
Allgemeine Eigenschaften | |
Besatzung | 3 (Kommandant, Fahrer, Richtschütze) |
Länge | 6,9 m |
Breite | 3,6 m |
Höhe | 2,2 m (Turmoberseite) |
Masse | 41,5 Tonnen Gefechtsgewicht |
Panzerung und Bewaffnung | |
Panzerung | Verbundpanzerung |
Hauptbewaffnung | 1 × 125-mm-Glattrohrkanone 2A46 |
Sekundärbewaffnung | 1 × 7,62-mm-PKT (Koaxial-MG) 1 × 12,7-mm-NSWT (Fla-MG) |
Beweglichkeit | |
Antrieb | T-72: V12-Mehrstoff-Diesel W-46 T-72B: V12-Mehrstoff-Motor W-84 T-72: 576 kW (780 PS) T-72B: 618 kW (840 PS) |
Federung | Drehstabfederung |
Geschwindigkeit | 60 km/h(Straße) 45–50 km/h (Gelände) |
Leistung/Gewicht | 13,9 kW/t (18,8 PS/t) |
Reichweite | 450 km (550 km mit externen Tankbehältern) |
Die Entwicklung des T-72 war eine unmittelbare Folge der Entwicklung des T-64 und des T-64A. Der T-64 (Objekt 432) war ein technisch sehr ambitioniertes Fahrzeug, das unter der Vorgabe entwickelt wurde, nicht mehr als 36 Tonnen zu wiegen. Der verantwortliche Planer des Charkiwer Konstruktionsteams war Alexander Alexandrowitsch Morosow.
Zahlreiche Innovationen mussten in die Entwicklung einfließen, darunter eine automatische Ladevorrichtung für das Hauptgeschütz und damit einhergehend die Verkleinerung der Besatzung auf drei Mann, eine mehrlagige Panzerung und beim T-64A (Objekt 434) eine bessere Bewaffnung. Das alles führte bei der praktischen Umsetzung, beim Bau und auch beim Betrieb des Fahrzeuges zu Problemen.
Die Serienproduktion des T-64 lief 1964 an, aber bereits 1963 war mit den Planungen zum T-64A mit der 125-mm-Kanone begonnen worden, so dass der T-64 mit der 115-mm-Hauptbewaffnung nur wenige Jahre in geringer Stückzahl produziert wurde.
Neben zahlreichen Problemen der Serienversion des T-64 mit Fahrwerk und Lademechanismus bereitete das notorisch unzuverlässige 5TDF-Dieseltriebwerk (700 PS (515 kW)) die größten Schwierigkeiten. Der Wartungsaufwand war hoch und die garantierte Lebensdauer des Motors lag bei so wenigen Betriebsstunden, wie es zuletzt bei Fahrzeugen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges der Fall gewesen war. Zu ändern war an diesen Problemen zunächst wenig, da die Gewichtsbeschränkungen eine gewisse Größe und Art der Konstruktion der Wanne erzwangen.
Flankiert wurde die Entwicklung von Expertisen, die, in Charkow erstellt, die entscheidenden Regierungsstellen bei Panzerfragen berieten sowie von persönlichen Kontakten, die aus Charkow zu Entscheidungsträgern gepflegt wurden. Die Entwicklung alternativer Ideen und Lösungen durch andere Konstruktionsbüros wurde so erschwert.
Eine „Mobilmachungsversion“ des T-64 mit dem W-45-Dieselmotor (780 PS (574 kW)) sollte von Uralwagonsawod entwickelt werden, da das Charkiwer Traktorenwerk im Kriegsfall den dann steigenden Bedarf an 5TDF-Triebwerken nicht hätte decken können. Der 5TDF war schlicht zu komplex und etwa doppelt so teuer wie der W-45-Motor. 1967 wurde „Sektion 520“ eingerichtet, die am Ural die für 1970 anvisierte Serienfertigung des T-64 vorbereitete. Man fand jedoch heraus, dass der stärkere W-45-Motor die Wanne und das Leichtbaulaufwerk des T-64 zu sehr beanspruchte, wodurch es nach einiger Zeit zu Belastungsbrüchen kam. Daher musste eine stabilere Lösung gefunden werden.
Um das Problem zu lösen, griff man auf Ideen aus dem Jahr 1960 zurück, als Überlegungen zu einer Modifikation des T-62 angestellt worden waren. 1961 wurden zwei Prototypen des „Objekts 167“ in Tscheljabinsk bei Uralwagonsawod gebaut, um eine leistungsfähigere Wannen- und Laufwerkskonfiguration zu erproben. Das Modell hatte aber damals – unter dem Einfluss aus Charkow, wo ebenfalls bereits eine Weiterentwicklung zum T-64 angestrebt wurde – keine Fürsprecher bei den Entscheidungsträgern gefunden. Ebendiese Konstruktion mit ihren großen gummibeschichteten Laufrollen wurde nun Basis der Mobilmachungsversion des T-64.
Eine weitere Änderung wurde am automatischen Lademechanismus vorgenommen, der nun ebenfalls aus einem früheren Projekt, das man ursprünglich für den T-62 entwickelt hatte, übernommen wurde. Die Munition – bestehend aus Geschoss und separater Treibladung – wurde nicht vertikal auf einer Ebene wie im T-64 aus Charkow gelagert, sondern horizontal auf zwei Ebenen. Diese Version galt als zuverlässiger als die Version im T-64.
Da Uralwagonsawod bereits 1964 zwei 125-mm-Kanonen des Typs D-81 erhalten hatte und gleich deren probeweisen Einbau an einem T-62 vornahm, war auch die Adaption der neuen 125-mm-Waffe des T-64A vorbereitet. Bereits Anfang 1968 begann man damit, die Vorbereitungen für die Produktion des modifizierten T-64 auch mit der Bewaffnung des T-64A zu treffen.
Der erste Prototyp mit 125-mm-Kanone und W-45K-Dieselmotor aus Tscheljabinsk wurde noch 1968 als „Objekt 172“ hergestellt. Nach ausführlichen Vergleichstests mit dem T-64A wurde Objekt 172 im Jahr 1970 nochmals überarbeitet, um kleinere Mängel abzustellen.
Da es sich aber noch immer nur um eine „Mobilmachungsversion“ handelte, konnte die Serienfertigung von Objekt 172 im Frieden nicht beginnen. In einem politisch nicht ganz aufgeklärten Prozess wurde das Regierungsdekret Nummer 326-113 erstellt, das die Produktion von Objekt 172 in der Sowjetunion als eigenständiges Muster neben dem T-64A zum 1. Januar 1972 genehmigte und die Fabrik Uralwagonsawod im Zuge dieser Maßnahme auch von der Produktion des eigentlichen T-64A freistellte.
Das erste Baulos wurde unter dem Namen „Objekt 172M“ nach dem Abstellen kleinerer Mängel Anfang 1973 nochmals intensiv getestet und noch im gleichen Jahr per Regierungsdekret als „T-72“ akzeptiert.
Wegen der beschränkten Produktionskapazität der Zulieferer von Feuerleitanlagen und des internen Konkurrenzkampfes der Entwicklerbüros erhielt der T-72 nie eine so moderne automatische Feuerleitanlage wie die T-64B und T-80B. Der T-72 war als Ersatz für die älteren Bestände an T-55- und T-62-Panzern der Armeen des Warschauer Vertrages gedacht und wurde neben der Sowjetunion auch in Polen, der ČSSR und in Jugoslawien produziert. Ab 1980 wurde der Panzer auch in Indien in Lizenz gefertigt.
Der T-72 wurde nach dem Beginn der Serienproduktion im Jahr 1974 ständig modernisiert und den unterschiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten verschiedener Nutzerstaaten angepasst, so dass zahlreiche Varianten des Fahrzeugs entstanden.
Wanne
Die Fahrzeugwanne ist hauptsächlich aus Panzerstahl gefertigt. Die Wannenfront besteht aus einer Verbundpanzerung. Diese setzt sich aus einer inneren 20 mm starken Schicht Stahl, einer 100 mm starken Mittelschicht aus Polyurethan sowie einer Außenschicht aus 80 mm hochfestem Stahl zusammen. Bei den Ausführungen T-72M und T-72B wurde die Mittelschicht auf 105 mm verstärkt. Die Füllung besteht bei diesen Modellen aus GFK (Steltexolit). Ebenso wurde bei diesen Modellen die Wannenfront durch eine zusätzliche aufgeschweißte Platte aus Panzerstahl verstärkt.
Turm
Der Turm des T-72 besteht aus Stahlguss. Bei der zweiten Serienversion T-72A wurde die Panzerung an der Turmfront durch zwei aufgesetzte Taschen mit Verbundpanzerung verstärkt. Wegen dieser Zusatzpanzerung wurde dem Panzer von amerikanischen Panzerbesatzungen der Spitzname „Dolly Parton“ verliehen. Anfänglich wurde die Verbundpanzerung vom Typ Kombination-K des T-64B verwendet. Nach einigen hundert Produktionsmodellen wurde auf die Verbundpanzerung vom Typ Kwarz umgestellt. Diese besteht aus einer inneren 50 mm starken Schicht Stahl, einem 105 mm breiten Hohlraum mit einer Füllung aus mit Borsilikatglas vergossenem Siliziumdioxid, sowie einer 60 mm starken Außenschicht aus hochfestem Stahl. Diese Panzerung wird auch bei vielen Exportmodellen eingesetzt. Bei den späteren Modellen T-72M und T-72M1 wurde die Panzerung an der Turmfront durch zwei aufgesetzte Taschen mit Schottpanzerung verstärkt. Diese bestehen aus einer inneren 50 mm starken Schicht Stahl, einem 100 mm breiten Hohlraum für die Schottpanzerung sowie einer 60 mm starken Außenschicht aus hochfestem Stahl. Die Schottpanzerung besteht aus einem Block von 20 Platten, die aus Verbundmaterial bestehen. Der gesamte Block ist 1,455 m lang und wiegt 781,6 kg. Die einzelnen Platten sind wie folgt aufgebaut: 21 mm Panzerstahl, 6 mm Gummi und 3 mm Hartmetall. Zwischen jeweils zwei Verbundmaterialplatten sind Abstandshalter aus 45 mm starken Stahlstücken angeordnet. Sämtliche Elemente sind in Sandwichbauweise zusammengefügt. Der gesamte Verbundmaterialblock ist in einer Polyurethanfüllung eingebettet. Ab der Ausführung T-72B kommt am Turm eine Verbundpanzerung zum Einsatz, die noch der Geheimhaltung unterliegt. Diese Verbundpanzerung ist in einem 495 mm breiten Hohlraum in der vorderen Turmhälfte untergebracht. Die Verbundpanzerung besteht vermutlich aus hochfesten Stählen mit verschiedenen Härtegraden, Aluminium sowie Keramiken auf Basis von Al2O3. Diese Panzerung war die dickste und effektivste, die bis zu diesem Zeitpunkt an einem sowjetischen Panzer angebracht wurde.
Zusätzliche Schutzsysteme
Ab Mitte der 1980er-Jahre wurde die Standardpanzerung durch zusätzlich angebrachte Elemente aus Reaktivpanzerung verstärkt. Diese Zusatzpanzerung erhöht den Panzerschutz um 25 bis 30 Prozent. Die verschiedenen Ausführungen des T-72 verfügen gemäß dem RHA-Äquivalent über folgende – theoretisch angenommene – Stahlpanzerung gegenüber HEAT- und KE-Geschossen:
Bauteil | T-72 (Proj. 172M) | T-72A (Proj. 176) | T-72M1 (Proj. 172M-E5) | T-72B (Proj.184)1 | T-72BM (Proj.187)2 |
Wannenfront: KE-Geschosse | 305–410 mm | 360–420 mm | 360–400 mm | 450–530 mm | 670– | 710 mm
Wannenfront: HEAT-Granaten | 405–450 mm | 490–500 mm | 420–490 mm | 480–900 mm | 990–1050 mm |
Turmfront: KE-Geschosse | 380–410 mm | 380–500 mm | 380–410 mm | 400–520 mm | 420– | 920 mm
Turmfront: HEAT-Granaten | 380–500 mm | 490–560 mm | 490–500 mm | 500–950 mm | 580–1020 mm |
1 Mit Reaktivpanzerung (ERA) vom Typ Kontakt-1.
2 Mit Reaktivpanzerung (ERA) vom Typ Kontakt-5.
Der Innenraum des Panzers ist mit einer Resin-imprägnierten Bleiauskleidung versehen, um die Besatzung vor ionisierender Strahlung zu schützen. Zusätzlich haben die späteren Modelle eine Brandunterdrückungsanlage.
Der Panzer hat eine automatische ABC-Schutzanlage zum Schutz vor chemischen und biologischen Kampfstoffen sowie zum Schutz vor den Wirkungsfaktoren einer Kernwaffenexplosion, wie beispielsweise Druckwelle, Sofort- und Restkernstrahlung sowie radioaktivem Staub. Zur Feststellung ionisierender Strahlung und chemischer Kampfstoffe dient das Strahlungsmess- und Kampfstoffspürgerät GO-27.
Die Hauptwaffe des T-72 ist die 125-mm-Kanone D-81TM, die unter dem GRAU-Index 2A46 in die Bewaffnung der sowjetischen Streitkräfte übernommen wurde. Es handelt sich um eine Glattrohrkanone, die zur Vermeidung von ungleichmäßiger Erwärmung infolge von Witterungsbedingungen mit einer Wärmeschutzhülle aus Blech versehen ist und über einen Rauchabsauger verfügt. Die Stabilisierung der Waffenanlage erfolgt durch das Stabilisierungssystem 2E28M. Die Optik des Richtschützen ist in der vertikalen Achse stabilisiert, die Waffenanlage in der horizontalen Achse. Der Höhenrichtbereich der Waffe beträgt −6° bis +14°.
Als Munition können folgende Varianten verschossen werden:
Die APFSDS-Munition ist in verschiedenen Varianten verfügbar, darunter solche aus Stahl, Wolframcarbid oder Uran. Das Rohr der Kanone ist auf der Innenseite nicht hartverchromt und weist bei der Verwendung der APFSDS-Munition nur eine sehr geringe Lebensdauer von 80 bis 100 Schuss auf, bevor die Präzision erheblich nachlässt. Die Kampfbeladung des T-72 besteht aus 44 Schuss. 22 Schuss der Munition werden in einem Ladekarussell im Wannenboden unter dem Turm aufbewahrt, die restlichen an verschiedenen Plätzen im Kampfraum. Es handelt sich um zweigeteilte Munition, die in die Kartusche für die Treibladung und das Geschoss unterteilt ist. Die Kartusche ist eine Teilabbrandladung, von der nach dem Abschuss nur ein metallener Hülsenboden übrigbleibt. Dieser wird vom Ladeautomaten beim Nachladen durch eine Luke in der Turmhinterwand ausgeworfen. Der Ladeautomat wird elektromechanisch angetrieben und dreht sich mit einer Geschwindigkeit von 70° pro Sekunde, so dass die Munition in weniger als drei Sekunden unter der Waffenanlage ist und geladen werden kann. Der Lader ermöglicht eine theoretische Feuergeschwindigkeit von bis zu acht Schuss pro Minute. Die Bereitschaftsmunition im Kampfraum kann von der Besatzung unproblematisch nachgefüllt werden. Der Ladeautomat gilt als sehr zuverlässig; durchschnittlich können etwa 2200 Ladezyklen durchlaufen werden, bevor es zu einem Ausfall kommt. Die meisten Störungen des Laders sind in der Regel auf fehlerhafte Bedienung zurückzuführen. Im Falle einer Beschädigung oder des Ausfalls des Automaten kann die Kanone auch vom Kommandanten von Hand nachgeladen werden, dies reduziert die Feuergeschwindigkeit jedoch auf ein bis zwei Schuss pro Minute.
Die Sekundärbewaffnung besteht aus einem koaxialen 7,62-mm-MG PKT und einem 12,7-mm-MG NSWT zur Fliegerabwehr. Ab der Version T-72A ist zusätzlich eine Nebelmittelwurfanlage im Kaliber 81 mm mit zwölf Rohren vorhanden. Diese kann einen Nebelvorhang mit einer Ausdehnung von 300 m² vor dem Panzer erzeugen.
Dem Kommandanten steht eine eigene Tag-/Nachtsichtoptik mit Infrarotkanal mit der Bezeichnung TKN-3 in seiner um 360° drehbaren Kuppel zur Verfügung. Auf der Kuppel befindet sich ein Infrarotscheinwerfer, der das Infrarotlicht für die Nachtsichtoptik zur Verfügung stellt. Zusätzlich verfügt der Kommandant über zwei weitere Tagsichtoptiken. Der Kommandant kann den Turm automatisch auf seine Sichtlinie einschwenken lassen und den Richtschützen grob in der Horizontalen übersteuern. Eine optische Schnittstelle mit der Optik des Richtschützen ist nicht vorhanden. Der Richtschütze verfügt über zwei getrennte Optiken. Er kann auf ein TPN-1-49-23-Infrarotsichtgerät und eine TPD-K1-Tagsichtoptik zurückgreifen. Als Lichtquelle für die Nachtsichtoptik dient ein an der rechten Turmfront angebrachter Infrarotscheinwerfer. Der Fahrer verfügt über eine Weitwinkel-Tagsichtoptik und ein Infrarotsichtgerät.
Das Feuerleitsystem des T-72 besteht aus der stabilisierten Optik des Richtschützen, dem Entfernungsmesser (bis zur Einführung des T-72A (Objekt 176) ein Schnittbildentfernungsmesser, danach ein Laserentfernungsmesser) und einem Analogrechner. Der Laser misst Entfernungen von 500 bis 4000 m mit einer Genauigkeit von 10 m. Der Richtschütze bestimmt mit Hilfe des Entfernungsmessers den Abstand zum Ziel, der ihm dann in seiner Optik angezeigt wird und automatisch im Zielfernrohr eingestellt wird. Nach dem Einstellen der Entfernung ist manuell nachzurichten. Werte für Lufttemperatur, Treibladungstemperatur, Rohrabnutzung und Luftdruck werden bei Bedarf ebenfalls manuell eingestellt und werden automatisch bei der Einstellung der Entfernung berücksichtigt. Die „Automatik Delta D“ korrigiert die eingestellte Schussentfernung durch fortlaufendes Messen der seit dem Auslösen des Lasers zurückgelegten Fahrstrecke bei Berücksichtigung der Turmstellung. Die Feuerleitanlage erlaubt eine treffsichere Bekämpfung von Zielen bis in etwa 1800 m Entfernung. Das Bekämpfen von Zielen aus der Fahrt ist bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 25 km/h möglich. Die Bekämpfung von Zielen bei Nacht ist möglich, jedoch ist die maximale Bekämpfungsreichweite auf die Reichweite der Infrarotscheinwerfer beschränkt. Die Nutzung des Lasers ist in Verbindung mit dem Nachtsichtgerät nicht möglich, so dass die Entfernung zum Ziel vom Richtschützen geschätzt werden muss. Das Feuerleitsystem entspricht in seiner Leistung etwa denen des M60A1, des Leopard 1 oder des AMX 30.
Der T-72 wird von einem 38,88-Liter-12-Zylinder-Dieselmotor mit Turboaufladung mit der Bezeichnung W-46-6 angetrieben. Die maximale Leistung beträgt 573 kW (780 PS) bei 2000/min, bei späteren Modellen (z. B. T-72B) kam der W-84 Turbo-Dieselmotor mit einer höheren Motorleistung 618 kW (840 PS) bei 2000/min zum Einsatz. Die Treibstofftanks befinden sich vorne in der Wanne rechts und links neben dem Fahrer sowie im hinteren Bereich der Wanne. Der Motor ist im Heck unmittelbar hinter der Trennwand zum Kampfraum untergebracht. Direkt hinter dem Motor befindet sich ein großer Kühler, darunter sitzt das Getriebe. Der Motor ist vielstofffähig und kann mit Kraftstoffen wie Dieselkraftstoff, Motorenbenzin oder Kerosin betrieben werden. Der Treibstoffverbrauch beträgt für den T-72B beim Marsch über befestigte Straßen etwa 250 l/100 km. An Treibstoff können insgesamt 1590 l mitgeführt werden. Es werden 705 l unter Panzerschutz, 495 l über der rechten Kettenschulter sowie etwa 390 l in Rollreifenfässern am Heck mitgeführt.
Die Federung der jeweils sechs Laufrollen erfolgt über Torsionsstäbe. Der maximale Federweg der Laufrollen beträgt 285 mm; beim T-72B wurde der maximale Federweg auf 325 mm erhöht. Das Antriebsrad befindet sich am Heck; zusätzlich sind drei Stützrollen vorhanden, die das Durchhängen der Kette verhindern sollen. An der ersten, zweiten und sechsten Laufrolle an jeder Seite sind zusätzlich hydraulische Stoßdämpfer angebracht. Der obere Teil des Laufwerks wird durch eine vierteilige Kettenschürze geschützt. Die Kette des T-72 ist eine Scharnierkette, die dem Fahrzeug im Gelände sehr gute Bodenhaftung verleiht.
Die Besatzung des T-72 besteht wie bei allen sowjetischen Panzern seit der Einführung des T-64 aus drei Soldaten: dem Fahrer, dem Richtschützen und dem Kommandanten. Richtschütze und Kommandant haben ihre Plätze im Turm unmittelbar über dem Karussell des Ladeautomaten, das die Munition enthält, während der Fahrer mit dem Rücken zum Karussell in seinem Abteil in der Wanne sitzt. Durch das flache Design des Panzers und den Ladeautomaten im Turm steht den Besatzungsmitgliedern nur wenig Platz zur Verfügung. Speziell im Turm sorgt der Ladeautomat des T-72 für 25 Zentimeter weniger Beinfreiheit, als der Besatzung eines T-64 zur Verfügung steht.
22 der 44 Schuss Munition an Bord lagern in einem Ladekarussell im Boden des Kampfraumes, in dem auch die Besatzung sitzt. Ein Feuer im Kampfraum kann daher leicht einen Cook off verursachen. Oft zielen Angreifer auf die Stelle des T-72, hinter der sich die Munition befindet. Wenn ein Geschoss an dieser Stelle die Panzerung durchschlägt, explodiert die gesamte Munition im Inneren des T-72. Manchmal wird dadurch der gesamte Geschützturm des Panzers von der Wanne gerissen und in die Höhe geschleudert. In anderen Panzermodellen wird die Munition aus Sicherheitsgründen von der Besatzung abgegrenzt im hinteren Teil des Panzers gelagert.
Verschiedenste Versionen des T-72 wurden weltweit in zahlreichen Kriegen und Konflikten eingesetzt. Zu den Konflikten mit T-72-Einsätzen gehören:
Der erste Kampfeinsatz des T-72, über den Informationen veröffentlicht wurden, erfolgte 1982 auf syrischer Seite im Libanonkrieg gegen Israel. Zu dieser Zeit verfügte die syrische Armee über etwa 250 T-72 und T-72M, von denen die meisten der 3. Panzerdivision zugeteilt waren. Wie der T-72 in diesem Konflikt abschnitt oder wie viele Fahrzeuge verloren gingen, ist jedoch umstritten. Nachdem die Syrer die Kontrolle über den Luftraum verloren hatten und ihre 1. Panzerdivision bereits den Großteil ihrer Fahrzeuge bei Gefechten um Beirut verloren hatte, wurden ihre verbliebenen Fahrzeuge zusammen mit Teilen der 3. Panzerdivision zur Verteidigung der Hauptstraße zwischen Damaskus und Beirut in der Bekaa-Ebene gegen zahlenmäßig überlegene israelische Kräfte eingesetzt. Die 82. Panzerbrigade der syrischen 3. Division verlor dabei wenige Stunden vor dem Eintreten des Waffenstillstands mehrere T-72. Trotz anderslautender Angaben in mehreren Publikationen gibt es keine Beweise für T-72-Verluste im Gefecht mit israelischen Panzern und insbesondere keinen stichhaltigen Beleg für die Zerstörung von T-72 durch Merkava-I-Panzer oder umgekehrt. Berichte beider Seiten behaupten zwar, dem Gegner im Panzerkampf schwere Verluste beigebracht zu haben, aber das späte Eintreffen der syrischen T-72 erst kurz vor dem Ende des Konfliktes und ihr Einsatzort machen das – neben dem Fehlen physischer Beweise – extrem unwahrscheinlich. Zwischen 9 und 12 syrische T-72 gingen verloren, wurden allerdings durch von Cobra-Kampfhubschraubern oder Geländewagen gestartete TOW-Raketen zerstört, während nur ein israelischer Merkava von einem T-62 außer Gefecht gesetzt wurde und die übrigen israelischen Verluste auf die Wirkung von Panzerabwehrraketen und auf Unfälle zurückzuführen waren. Ein israelischer Versuch, in der Nacht nach dem Waffenstillstand eines der T-72-Wracks aus dem Niemandsland zu bergen, scheiterte, so dass lediglich einige Daten durch Messungen am zerstörten Fahrzeug erhoben und einige Instrumente geborgen werden konnten.
Im Bergkarabachkonflikt beschafften sich die Konfliktgegner Panzer aus Depots der regulären Armee, stellten Besatzungen zusammen und ließen sie von Landsleuten, die in der Sowjetarmee in Panzerverbänden Wehrdienst geleistet hatten, notdürftig ausbilden. Am 8. Mai 1992 kam es zum Duell zwischen T-72-Panzern bei Şuşa. Ein aserbaidschanischer T-72 beschoss dabei auf 350 Meter einen armenischen T-72, der nach drei Treffern und dem Tod von Fahrer und Richtschütze ausbrannte. Im Zuge des Konflikts wurde die Bevölkerung von Şuşa mehrheitlich armenisch, worauf das Wrack des T-72 provisorisch restauriert und als Denkmal aufgestellt wurde.
In Europa kam der T-72 in den Jugoslawienkriegen bei der serbischen 10. mechanisierten Infanteriedivision zum Einsatz. Die Kroaten setzten gegen die T-72 Armbrust-Panzerabwehrwaffen ein, die jedoch nicht in der Lage waren, die Frontpanzerung der Panzer zu durchschlagen.
Im ersten Tschetschenienkrieg 1994 versuchten russische Panzerverbände, im Verbund mit motorisierter Infanterie die tschetschenische Hauptstadt Grosny zu erobern. Die tschetschenischen Milizen zerstörten viele T-72, T-80 und Schützenpanzer mit Panzerfäusten wie der RPG-7 und der RPG-22, indem sie von hohen Gebäuden aus auf die schwach gepanzerten hinteren Teile der Turmdecken und die Motorabdeckungen feuerten. Die Turmwaffen der T-72 konnten nicht genügend erhöht werden, um die Angreifer zu bekämpfen. Am Neujahrstag 1994 wurde so in Grosny nahezu der gesamte Panzerbestand der 131. „Maikop“-Brigade zerstört, darunter viele T-72B. Laut russischen Quellen war die Brigade damals ausschließlich mit dem Typ T-72A ausgerüstet. Von den wenigen verbliebenen T-72 der Brigade wies einer mindestens sieben Treffer von Panzerabwehrraketen auf, die die Kernpanzerung nicht hatten durchschlagen können. In folgenden Operationen hielten die T-72-Besatzungen Abstand zu gegnerischen Stellungen, nutzten die überlegene Reichweite ihrer Bordwaffen und wandten dem Gegner nur die mit Reaktivpanzerung geschützte Front ihrer Panzer zu, so dass selbst 9M111-Treffer weitgehend wirkungslos blieben.
Im Zweiten Golfkrieg 1990 und im Irakkrieg 2003 mussten sich die T-72, T-72M und T-72M1 der Iraker modernen Panzertypen wie dem M1 Abrams stellen. Nachdem bereits 30 bis 40 % der irakischen Panzer aus der Luft zerstört worden waren, wurden die verbliebenen Panzer in offenem Gelände in provisorischen Stellungen postiert und dort weitgehend zerstört oder von den Besatzungen aufgegeben. Während die Panzer der Koalition die T-72 noch auf 4000 Meter wirkungsvoll bekämpfen konnten, war die effektive Reichweite der T-72 deutlich geringer. Die irakischen Richtschützen nutzten wegen mangelhafter Ausbildung den Entfernungsmesser nicht und schossen mit einem voreingestellten Wert von 1800 Metern. Bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen erwies sich zudem das Fehlen von Wärmebildgeräten als katastrophal, weil die T-72 sich nicht verteidigen konnten, während ihre Gegner sie gezielt beschießen konnten. Zudem zeigte sich die Problematik der im Kampfraum untergebrachten Munition: ein Treffer setzte oft eine oder mehrere Treibladungen in Brand; in weniger schweren Fällen brannte die Munition langsam ab, wobei der gesamte Innenraum eingeäschert wurde, in schweren Fällen griff das Feuer auf die Munition im Ladeautomaten über, die dann explodierte und den Turm des Panzers wegschleuderte. Im Englischen wird dies Jack-in-the-box effect genannt. Lediglich sieben M1A1-Panzer der Koalitionstruppen erhielten im Zweiten Golfkrieg Treffer von irakischen T-72, ohne dabei zerstört oder schwer beschädigt worden zu sein. Die Iraker verwendeten 1990 veraltete 3BM9-Unterkalibergeschosse, die in der Sowjetunion bereits seit 1973 ausgemustert waren.
Während des Kaukasus-Konfliktes im August 2008 setzten georgische Streitkräfte Panzer ein, um die ossetische Hauptstadt Zchinwali zu besetzen. Die örtlichen Milizen zerstörten mehrere der georgischen T-72 mit Panzerfäusten; die russische Luftwaffe zerstörte weitere T-72. 25 georgische T-72 (darunter 22 T-72(B) und drei T-72Sim1) wurden von russischen Streitkräften während und nach dem Konflikt unbeschädigt erbeutet.
Im Bürgerkrieg in Syrien wurde der T-72 von der Syrischen Armee und anderen Bürgerkriegsparteien eingesetzt. Dabei kamen die Panzer auch bei Gefechten in dicht besiedelten Gebieten zum Einsatz, wie beispielsweise 2015 bei den Kämpfen um Jobar, einem Vorort von Damaskus. Sie erwiesen sich als verwundbar durch Panzerabwehrraketen der Aufständischen, so dass Panzereinheiten der Regierungstruppen mit Hilfe der Russischen Föderation seit Jahresende 2015 auch mit dem besser geschützten T-90 ausgerüstet wurden.
Beim russischen Überfall auf die Ukraine setzen die Streitkräfte Russlands und auch die Ukrainischen Streitkräfte den T-72 ein. Gemäß OSINT-Analysen des Militär-Blogs Oryx soll Russland mit dem Stand von Anfang Februar 2024 mindestens 1350 T-72 in der Ukraine verloren haben; die ukrainischen Streitkräfte sollen mindestens 215 T-72 verloren haben.
Varianten T-72 und T-72A (Export):
Varianten T-72A, T-72G und T-72M:
Variante T-72B:
Varianten T-72S (Export):
Varianten außerhalb der Sowjetunion / Russlands:
Technische Daten aus:
Bezeichnung | Kampfpanzer T-72S |
Typ: | Kampfpanzer |
Besatzung: | 3 |
Motor: | 12-Zylinder-Dieselmotor W-46-6 |
Leistung: | 617 kW (840 PS) bei 2.000 1/min |
Getriebe: | hydraulisch gesteuertes Umlaufräderschalt- und Lenkgetriebe mit sieben Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang mit integriertem Seitenvorgelege für jeden Kettenstrang, |
Fahrwerk: | drehstabgefedertes Stützrollenlaufwerk |
Länge über alles: | 9.533 mm |
Breite über alles: | 3.590 mm |
Höhe über alles: | 2.280 mm |
Bodenfreiheit: | 490 mm |
Watfähigkeit: | 1.200 mm ohne Vorbereitung, 5.000 mm mit Vorbereitung |
Grabenüberschreitfähigkeit: | 2.900 mm |
Kletterfähigkeit: | 850 mm |
Steigfähigkeit: | 60 % |
Querneigung: | 40 % |
Gefechtsgewicht: | 46.500 kg |
Spezifischer Bodendruck: | 0,90 kg/cm² |
Höchstgeschwindigkeit Straße: | 60 km/h |
Höchstgeschwindigkeit Gelände: | 36 km/h |
Kraftstoffmenge: | 1.000 Liter |
Fahrbereich: | 550 km mit Treibstofffässern |
Bewaffnung: | D81-TM-Kanone, 1 × PKT-MG, 1 × NSVT-MG |
Munition: | 44 Schuss für die BK, 2.000 Patronen für das PKT, 300 Patronen für das NSVT |
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