Obwohl die Hoheitsgewalt über die Insel Taiwan de facto seit 1945 von der Republik China ausgeübt wird, wird die rechtliche Frage, welches staatsrechtliche Gebilde de jure die Souveränität über Taiwan ausübt, seit der Anerkennung des Alleinvertretungsanspruchs der Volksrepublik China durch die UN kontrovers diskutiert.
Die Frage hat einen wichtigen Einfluss auf den politischen Status Taiwans und berührt viele Aspekte des Internationalen Rechts.
Taiwan (Formosa) und die Pescadoren wurden am 8. Mai 1895 im Vertrag von Shimonoseki von der Qing-Dynastie (China) an das Kaiserliche Japan abgetreten (Artikel 2b und 2c des Vertrages, der aus chinesischer Sicht einer der Ungleichen Verträge ist). Kinmen und Matsu an der Küste von Fujian, und die Inseln in der südchinesischen See, die momentan von der Republik China auf Taiwan beherrscht werden, waren nicht Teil der Abtretung. Als unmittelbare Reaktion auf den Vertrag erklärten Vertreter in Taiwan die Unabhängigkeit, in der Hoffnung, die Insel wieder unter die Herrschaft der Qing-Dynastie zu bringen. Die Republik Taiwan zerbrach nach 12 Tagen unter innenpolitischen Querelen, aber lokale Führer leisteten weiter Widerstand in der Hoffnung auf die Selbständigkeit. Die eintreffenden japanischen Truppen zerschlugen die Unabhängigkeitsbewegung in einer fünfmonatigen Operation. Die Qing-Dynastie wurde anschließend von der Republik China gestürzt und durch diese ersetzt.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges erklärte die Regierung der Republik China in ihrer Kriegserklärung an Japan den Vertrag von Shimonoseki für ungültig. Der Krieg ging kurz danach im Zweiten Weltkrieg auf. Die Vereinigten Staaten von Amerika traten im Dezember 1941 in den Krieg ein. Die meisten militärischen Angriffe auf japanische Einrichtungen und Truppen auf Taiwan wurden von den Streitkräften der Vereinigten Staaten durchgeführt. In der Konferenz von Kairo einigten sich die USA, das Vereinigte Königreich und die Republik China, dass Taiwan nach dem Krieg wieder an die Republik China übergeben werden sollte, und die Potsdamer Erklärung skizzierte die Bedingungen für eine Kapitulation. Japan wurde schließlich 1945 von den Alliierten, denen die Republik China angehörte, geschlagen. Als Japan bedingungslos kapitulierte, akzeptierte es in seiner Kapitulationserklärung die Bedingungen der Potsdamer Erklärung. Die japanischen Truppen in Taiwan wurden angewiesen, gegenüber dem Repräsentanten des höchsten alliierten Befehlshabers in China, Chiang Kai-Shek (d. h. der Armee der Republik China), zu kapitulieren. Dieser Befehl wurde am 2. September 1945 von General Douglas MacArthur, dem Oberkommandierenden der Alliierten, als General Order No. 1 gegeben. Statthalter Chen Yi rief bald den „Taiwan-Rückübertragungstag“ am 25. Oktober 1945 aus.
Nach den Geschehnissen des Zwischenfalls vom 28. Februar 1947 erstellte das US-Konsulat in Taipei einen Bericht, der zu Beginn März 1947 fertig wurde und nach einer sofortigen Intervention der USA oder Vereinten Nationen verlangte. Ausgehend von dem Argument, dass die japanische Kapitulation formal nicht die Souveränität Taiwans an die Republik China übertragen hatte, war Taiwan juristisch immer noch Teil Japans und von den USA (welche die Administration der Besatzungsmacht an das nationalistische China abgegeben hatten) besetzt. Mit diesem Status war eine solche Intervention angemessen. Dieses Vorgehen wurde allerdings vom amerikanischen Außenministerium abgelehnt. In einem Zeitungsbericht nach den „228 Vorfällen“ gab es Berichte über einige Taiwaner, die sich an die Vereinten Nationen wenden wollten, um die Insel unter ein internationales Mandat zu stellen, da zu dieser Zeit der Anspruch Chinas auf die Insel nach keinem internationalen Vertrag formalisiert war und daher die Insel immer noch unter einer aggressiven Besatzung stand. Später verlangten sie einen Platz als Repräsentanten in der bevorstehenden Friedenskonferenz mit Japan, in der Hoffnung auf ein Plebiszit zur Bestimmung der politischen Zukunft der Insel.
Am 1. Oktober 1949 proklamierte Mao Zedong die Volksrepublik China und errichtete auf dem Festland einen kommunistischen Staat.
Nach dem Ausbruch des Koreakrieges entschied sich der US-Präsident Harry S. Truman dazu, Taiwan zu „neutralisieren“, da er behauptete, dass sich an der Taiwanfrage ein neuer Weltkrieg entzünden könnte. Im Juni 1950 schwor Präsident Truman, der bis dahin nur passive Unterstützung für Chiang Kai-Shek gegeben hatte und bereit gewesen war, Taiwan in die Hände der chinesischen Kommunisten fallen zu lassen, eine Ausbreitung des Kommunismus zu verhindern, und entsandte die 7. US-Flotte in die Taiwan-Straße, um einen Angriff der Volksrepublik China auf Taiwan, aber auch einen Angriff der Republik China auf das chinesische Festland zu verhindern. Er erklärte, dass die „Bestimmung des zukünftigen Status Formosas eine Wiederherstellung des Friedens im Pazifik, einen Friedensvertrag mit Japan oder einen Entschluss der Vereinten Nationen abwarten muss.“ Präsident Truman bestätigte später nochmals in seiner Botschaft an den Kongress der Vereinigten Staaten die Position, „dass alle Fragen, die Formosa betreffen, durch friedliche Maßnahmen im Sinne der Charta der Vereinten Nationen geregelt werden müssen.“ Die Volksrepublik China brandmarkte dieses Vorgehen als „ungeheuerliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“.
Am 8. September 1950 befahl Präsident Truman dem damaligen außenpolitischen Berater des US-Außenministers, John Foster Dulles, die Durchführung der „Neutralisierung“ der Taiwanfrage durch den Entwurf des Friedensvertrages mit Japan von 1951. Laut George H. Kerrs Memoiren Formosa Betrayed entwarf Dulles einen Plan, wonach Japan zunächst nur die Souveränität über Taiwan abgeben sollte, ohne diese an einen anderen Staat zu übergeben. Über diese sollte später zusammen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich, der Sowjetunion und der Republik China im Namen der anderen am Friedensvertrag beteiligten Nationen entschieden werden. Wenn diese vier Parteien binnen eines Jahres keine Einigung erreichen könnten, sollte die Taiwanfrage vor die Vereinten Nationen gebracht werden, in denen die Republik China immer noch Mitglied war.
Als Japan seine vollständige Souveränität 1952 mit dem Friedensvertrag von San Francisco wiedererlangte, gab es alle rechtlichen Titel und Ansprüche über Taiwan und die Pescadoren auf. Es gibt viele Stimmen, dass die japanische Souveränität erst damit endete. Bemerkenswert war das Fehlen der Republik China, welche im Dezember 1949 vom chinesischen Festland im Verlaufe des chinesischen Bürgerkrieges vertrieben wurde und nach Taiwan auswich, auf der Friedenskonferenz. Die Volksrepublik China, die am 1. Oktober 1949 ausgerufen wurde, war auch nicht eingeladen. Die fehlende Einladung resultierte wahrscheinlich aus der Diskussion, welche Regierung die rechtmäßige Regierung Chinas darstellte (was beide Seiten für sich beanspruchten); Überlegungen vor dem Hintergrund des Kalten Krieges könnten ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Einige wichtige Regierungen, die an der Konferenz teilnahmen, wie das Vereinigte Königreich und die Sowjetunion, hatten bereits Beziehungen zur Volksrepublik China aufgenommen, während andere, wie die USA und Japan, immer noch Beziehungen zur Republik China unterhielten.
Das Vereinigte Königreich gab zu dieser Zeit zu Protokoll, dass der Friedensvertrag von San Francisco „nicht die Zukunft dieser Inseln festlegt“, und daher das Vereinigte Königreich, zusammen mit Australien und Neuseeland, glücklich seien, diesen Friedensvertrag unterschreiben zu können. Einer der Hauptgründe, den der Delegierte der Sowjetunion für die Nichtunterzeichnung des Vertrages vorgab, war: „Dieser Entwurf enthält nur eine Referenz auf die Aufgabe der Rechte Japans auf diese Gebiete [Taiwan], aber vermeidet absichtlich jegliche Verweise auf das zukünftige Schicksal dieses Gebietes.“
Artikel 25 des Vertrages schrieb offiziell fest, dass nur die im Vertrag definierten Alliierten von dem Vertrag profitieren konnten. China war nicht als einer der Alliierten genannt, allerdings gewährte Artikel 21 immer noch beschränkte Vorteile aus den Artikeln 10 und 14(a)2 für China. Japans Aufgabe von Taiwan ist ungewöhnlich in dem Sinne, dass kein Empfänger der Souveränität Taiwans im Sinne von Dulles „Neutralisierung“ Taiwans genannt wurde. Die Republik China protestierte gegen die fehlende Einladung zum Friedensvertrag von San Francisco, allerdings ohne Resultat.
Nachträglich wurde der Vertrag von Taipei zwischen der Republik China und Japan abgeschlossen (und trat zum 5. August 1952 in Kraft), in dem Japan grundsätzlich die Bedingungen des Friedensvertrages von San Francisco bestätigte und den Frieden zwischen der Republik China und Japan formalisierte. Daneben hob es alle vorhergehenden Verträge zwischen China und Japan auf, inklusive des Vertrags von Shimonoseki. Artikel 10 des Vertrages spezifizierte: „Für den Zweck dieses vorliegenden Vertrages sollen die Bewohner und vorherigen Bewohner Taiwans (Formosa) und Penghu (Pescadoren) und ihrer Nachfahren als Teil der Bevölkerung der Republik China betrachtet werden, in Übereinstimmung mit den Gesetzen und Regularien, die von der Republik China auf Taiwan (Formosa) und Penghu (Pescadoren) bisher oder möglicherweise zukünftig erlassen werden.“
Allerdings erklärte der Außenminister der Republik China George Kung-ch’ao Yeh(葉公超) nach Unterzeichnung des Vertrages dem Parlament, dass „die heikle internationale Situation dafür verantwortlich ist, dass Taiwan und die Pescadoren uns nicht gehören. Unter den gegenwärtigen Umständen hat Japan weder ein Recht, Taiwan an uns zu übergeben, noch können wir diese Übergabe durch Japan annehmen, selbst wenn es dies möchte“. Im Juli 1971 war und ist die Position des US-amerikanischen Außenministeriums bis heute: „Da Taiwan und die Pescadoren von keinem internationalen Vertrag behandelt werden, ist die Souveränität über dieses Gebiet eine offene Frage, die einer zukünftigen internationalen Lösung harrt.“
Im Jahr 2005 hat die Volksrepublik ein Anti-Abspaltungsgesetz geschaffen, womit sie sich einseitig legitimiert, Taiwan mit der VR zu vereinigen; im Fall weiterer formeller Unabhängigkeitsbestrebungen durch die Republik auch mit militärischen Mitteln.
Argumente, die sowohl von der Republik als auch der Volksrepublik benutzt werden („chinesisch“ kann sich hier auf beide sich jeweils als rechtmäßiger Vertreter Chinas betrachtende Staaten beziehen)
Argumente für den Anspruch der Republik China
Argumente für den Anspruch der Volksrepublik China
Argumente für ein bereits unabhängiges und souveränes Taiwan
Argumente für eine Unabhängigkeitserklärung Taiwans
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