Ujest: Stadt in Polen

Ujest (polnisch Ujazd, 1936–1945 Bischofstal) ist eine Stadt in Oberschlesien.

Der Ort ist Sitz der Stadt-und-Land-Gemeinde im Powiat Strzelecki (Kreis Groß Strehlitz) in der polnischen Woiwodschaft Oppeln. Die Stadt ist seit 2006 zweisprachig (Polnisch und Deutsch).

Ujest
Ujazd
Wappen von Ujest
Ujest Ujazd (Polen)
Ujest
Ujazd (Polen)
Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten
Ujest
Ujazd
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Opole
Powiat: Strzelecki
Gmina: Ujest
Fläche: 14,69 km²
Geographische Lage: , 18° 21′ O50° 24′ 0″ N, 18° 21′ 0″ O
Höhe: 180–240 m n.p.m.
Einwohner: 1785 (31. Dez. 2016)
Postleitzahl: 47-143
Telefonvorwahl: (+48) 77
Kfz-Kennzeichen: OST
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK 40 GłuchołazyPyskowice
Nächster int. Flughafen: Flughafen Katowice



Geographie

Geographische Lage

Die Stadt liegt 18 Kilometer südlich der Kreisstadt Strzelce Opolskie (Groß Strehlitz) und 51 Kilometer südöstlich von der Woiwodschaftshauptstadt Opole. Der Ort liegt in der Nizina Śląska (Schlesische Tiefebene) innerhalb der Kotlina Raciborska (Ratiborer Becken) an der Klodnitz und dem Gleiwitzer Kanal. Durch die Stadt fließt der Fluss Jordan, welcher nordwestlich der Stadt zu einem See aufgestaut wird.

Nachbarorte

Nachbarorte von Ujest sind im Südwesten die Stadt Kędzierzyn-Koźle (Kandzrin-Cosel), im Nordwesten Alt Ujest (Stary Ujazd) und im Südosten Niesdrowitz (Niezdrowice).

Geschichte

Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Ruine des Schlosses
Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Luftbild aus den 1930er Jahren
Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Andreaskirche

Die erste Erwähnung des circuitio iuxta Cozli als Besitz des Bistums Breslau stammt aus dem Jahre 1155. Herzog Kasimir I. erteilte 1222 dem Breslauer Bischof Lorenz die Erlaubnis, im bischöflichen Gebiet von Ujest Deutsche anzusiedeln. Während der Herrschaft Bischofs Lorenz begründete 1223 der Neisser Vogt die Stadt Ujest mit den Dörfern Alt Ujest, Niesdrowitz, Jarischau und Kaltwasser, 1239 kam noch Klutschau hinzu. Dies ist auch die älteste nachweisliche Siedlungstätigkeit durch das Bistum Breslau überhaupt.

Der Ujester Halt, wie der bischöfliche Besitz im Herzogtum Oppeln genannt wurde, wurde noch um mehrere Dörfer erweitert, und der Versuch der Herzöge, mit der bischöflichen Kolonisation zu konkurrieren, scheiterte bald und dem herzöglichen Slawentzitz wurden die Stadtrechte wieder entzogen.

Der Ujester Halt wurde 1443 aus dem bischöflichen Besitz verkauft und war seitdem im Besitz verschiedener Adelshäuser, die 1580 das Schloss Ujest errichteten und mehrfach umbauten. 1535 wurde eine Aquarellansicht von Ogest für die Reisebilder Pfalzgraf Ottheinrichs angefertigt. Die damalige Bedeutung Ujests verdeutlichen die dargestellte hölzerne Klodnitzbrücke, sowie das von einer Stadtmauer geschützte Stadtbild mit Burg und Stadtpfarrkirche.

1837 gelangte der Ujester Halt an die Fürsten von Hohenlohe-Öhringen, die damit ihren umfangreichen Grundbesitz an der Klodnitz und Birawka, der bereits Slawentzitz und Bitschin (Bycina) umfasste, erweiterten. 1861 wurde Fürst Hugo zu Hohenlohe-Öhringen der Titel Herzog von Ujest verliehen. Das Herzogtum Ujest umfasste 1910 eine Fläche von 416 km², dazu gehörten drei Fideikommisse (Ujest, Slawentzitz und Bitschin).

Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Ujest zwei katholische Kirchen (darunter die Wallfahrtskirche Maria-Brunn), eine Synagoge, eine Bierbrauerei, eine Müllerei und war Sitz eines Amtsgerichts. Die Stadt erlangte nur kirchliche Bedeutung, vom wirtschaftlichen und industriellen Aufschwung Oberschlesiens wurde sie nicht erfasst.

Bei der oberschlesischen Volksabstimmung 1921, die über die weitere staatliche Zugehörigkeit des Landes entscheiden sollte, wurden in Ujest von 1545 abgegebenen Stimmen 1384, also fast 90 Prozent, für den Verbleib bei Deutschland und 161 für eine Angliederung an Polen abgegeben. Ujest verblieb in der Weimarer Republik.

Bis 1945 gehörte Ujest, das am 3. September 1936 in Bischofstal umbenannt wurde, dem Landkreis Groß Strehlitz an.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region von der Roten Armee besetzt. Nach Kriegsende 1945 wurde die Stadt von der Sowjetunion unter polnische Verwaltung gestellt. Die Stadt wurde in Ujazd umbenannt. Es begann die Zuwanderung polnischer Migranten, die zum Teil aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen, wo sie der polnischen Minderheit angehört hatten. Soweit die deutschen Einheimischen nicht vor Kriegsende geflüchtet waren, wurden sie in der Folgezeit größtenteils von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde vertrieben.

Der Wiederaufbau der zu großen Teilen ausgebrannten Stadt erfolgte am Ring vornehmlich mit Neubauten, in den Nebenstraßen konnte sich teilweise die historische Bausubstanz erhalten. Das Schloss der Fürsten von Hohenlohe-Öhringen wurde nach seiner Zerstörung nicht wiederaufgebaut und ist seitdem eine Ruine. Vor allem in den ländlichen Teilen der Gemeinde konnte sich eine starke deutsche Minderheit halten, der laut der letzten polnischen Volkszählung von 2002 25,34 % der Gemeindebevölkerung angehören, weitere 12,48 % bezeichneten sich als „Schlesier“. Seit 2006 ist die Gemeinde offiziell zweisprachig und führte 2008 zweisprachige Ortsbezeichnungen ein. Am 19. September 2009 wurden die polnisch-deutschen Ortsschilder in der Gemeinde Ujest aufgestellt.

Demographie

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1783 840
1816 1286
1825 1718 darunter 37 Evangelische, 176 Juden
1840 1272 davon 109 Evangelische, 1006 Katholiken, 157

Juden

1843 2312 davon 80 Evangelische, 2076 Katholiken, 156 Juden
1855 2396
1861 2452 davon 76 Evangelische, 2278 Katholiken, 107 Juden; die Sprache ist deutsch und polnisch
1867 2618 am 3. Dezember
1871 2524 darunter 90 Evangelische, 130 Juden (1700 Polen); nach anderen Angaben 2524 Einwohner (am 1. Dezember), davon 61 Evangelische, 2379 Katholiken, fünf sonstige Christen, 79 Juden
1905 2214 meist Katholiken
1910 2058 am 1. Dezember, ohne Schloss und Gutsbezirk (149 Einwohner)
1933 2097
1939 2201
Anzahl der Einwohner seit dem Zweiten Weltkrieg
Jahr Einwohner Anmerkungen
1961 3192
1969 2725
1984 1900
1995 1758
2000 1649
2005 1652

Sehenswürdigkeiten

Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Wallfahrtskirche Brünnelkirche
Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Barocke St.-Josephs-Statue

Andreaskirche

Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Andreas (poln. Kościół św. Andrzeja Apostoła) wurde 1245 erstmals erwähnt. Sie liegt auf einem Hügel am nördlichen Rand der Altstadt von Ujest. Die heutige Kirche wurde 1613 errichtet. Das heutige Erscheinungsbilde entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Kirchenbau steht seit 1966 unter Denkmalschutz.

Brünnelkirche

Die römisch-katholische Brünnelkirche (poln. Kościół Nawiedzenia Najświętszej Maryi Panny) eine römisch-katholische Feld- und Wallfahrtskirche, welche in der Mitte des 19. Jahrhunderts im neogotischen Stil errichtet wurde. Die Kirche liegt außerhalb des bebauten Stadtkerns im Osten an der Straße nach Pyskowice. Der Kirchenbau steht seit 2018 unter Denkmalschutz.

Schloss Ujest

Das Schloss Ujest (poln. Zamek Ujazd) ist eine heutige Schlossruine im Norden der Ujester Innenstadt. Das Schloss entstand als Bischofssitz im 13. Jahrhundert. Im Januar 1945 wurde das Schloss von sowjetischen Soldaten in Brand gesteckt. Die Ruinen des Schlosses wurden 2015 und 2016 abgesichert. Die Ruinen stehen seit 1964 unter Denkmalschutz.

Weitere Sehenswürdigkeiten

Ujest: Geographie, Geschichte, Sehenswürdigkeiten 
Ring
  • Barocke St.-Josephs-Statue
  • Ring mit moderner Bebauung aus den 1960er und 1990er Jahren
  • Rathaus – ehemaliges Amtsgericht
  • Cholerafriedhof

Verkehr

Durch den Ort führt die Landesstraße Droga krajowa 40.

Politik

Wappen

Das Wappen der Stadt Ujest zeigt einen roten, von einer goldenen Fürstenkrone zusammengehaltenen Wappenmantel, dessen Innenseite aus blauem Hermelin zu einem Schild geformt und mit einer, von zwei goldenen Krummstäben flankierten, goldenen Mitra belegt ist.

Dieses Stadtwappen wird bereits 1898 von Otto Hupp beschrieben – das ursprüngliche, seit dem 17. Jahrhundert nachgewiesene Wappen Ujests zeigte aber noch keinen Wappenmantel, stattdessen auf blauem Grund übereinander zwei waagerecht gespiegelte Türme, flankiert von zwei goldenen Krummstäben sowie außen zwei silbernen Sternen.

Beide zentralen Wappenmotive erinnern an das Bistum Breslau, dessen Gründung und Besitz Ujest lange Zeit war, der Wappenmantel wurde wohl nach dem Aufkommen des Titels Herzog von Ujest hinzugefügt.

Städtepartnerschaften

Ujest unterhält seit 2001 eine Partnerschaft mit der deutschen Gemeinde Nusplingen in Baden-Württemberg. Seit 2004 gibt es zudem eine Städtepartnerschaft mit dem thüringischen Kurort Bad Lobenstein.

Vereine

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

  • Josef Treumann (1846–um 1904), deutsch-US-amerikanischer Journalist und Autor, wurde in Ujest geboren
  • Julius Brzoska (1859–1930), deutscher Klassischer Philologe und Gymnasialdirektor
  • Paul Drosdek (1878–1945), Geistlicher und Märtyrer
  • Hugo Eichhof Geburtsname Gnielczyk (1888–1977), deutscher Lehrer und Heimatkundler

Persönlichkeiten, die vor Ort wirkten

  • August von Heyden (1827–1897), deutscher Maler und Dichter, leitete bis 1859 als Generalbevollmächtigter die Bergwerke im Ujester Halt
  • Johann Mandrella, deutscher Politiker, 1845–1850 Bürgermeister von Ujest

Gemeinde

Der Stadt-und-Land-Gemeinde Ujest gehören neben der Stadt elf Dörfer mit Schulzenämtern an.

Literatur

  • Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien. Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 300–302.
  • Viktor Loewe: Geschichte der Stadt Ujest. Festschrift zum 700jährigen Jubiläum. Oppeln 1923.
Commons: Ujazd – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

Tags:

Ujest GeographieUjest GeschichteUjest SehenswürdigkeitenUjest VerkehrUjest PolitikUjest VereineUjest PersönlichkeitenUjest GemeindeUjest LiteraturUjest WeblinksUjest EinzelnachweiseUjestGemeinde UjestOberschlesienPolenPolnische SprachePowiat StrzeleckiWoiwodschaft Oppeln

🔥 Trending searches on Wiki Deutsch:

Jeanne GoursaudMoseIranFiguren aus dem Marvel-UniversumChronologie des Kriegs in Israel und Gaza seit 2023Harold RamisAbigail und Brittany HenselPfingstenSan MarinoToni KroosDer Name der Rose (Film)Liste der Kfz-Kennzeichen in Deutschland28. MärzKasia LenhardtMitgliedstaaten der Europäischen UnionChaturbateSheryl CrowMaximilian MittelstädtFelice BauerParis JacksonNürnbergGewöhnlicher DeguSahr SenesieKlub 27Vespa velutinaWerner HeisenbergBauhausMercedes-BenzZionismusFinn WolfhardKleopatra VII.Jeremy Ray TaylorAnnemarie PieperDora DiamantLisa EckhartListe der Großstädte in DeutschlandKarl LauterbachDer ProcessRebecca Ferguson (Schauspielerin)Jakob I. (England)SüdkoreaRocco SiffrediGuy RitchieSandra BullockGoldJaeden MartellSophia LillisBreaking BadFußball-Weltmeisterschaft 2026Heiko WestermannKurt WarnerEva MendesEnquete-KommissionWilliam Adams (Weltreisender)Madonna (Künstlerin)Lisa KüppersKarwocheGott von Ferdinand von SchirachCOVID-19Verona PoothXHamsterSerbienMyanmarJohnny KnoxvilleListe der Tatort-FolgenHongkongMenowin FröhlichBulgarienBruce WillisEstlandBelgienMarco ReusThüringenKaren GillanRonan O’Rahilly🡆 More