Kommunalwahlen In Der Ddr 1989: Wahlen in der Deutschen Demokratischen Republik

Die Kommunalwahlen in der DDR 1989 fanden am 7.

Mai 1989 statt. Es wurden die Volksvertreter in Gemeinden, Städten und Kreisen gewählt. Es war die letzte Wahl in der DDR, die nach Einheitslisten der Nationalen Front stattfand. Nach der Wahl konnte der Staatsführung Wahlfälschung nachgewiesen werden.

Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik
Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik

Vor der Wahl

Bereits vor der Wahl wurden bei „Volksaussprachen“ mit den Kandidaten kommunale Missstände angeprangert, außerdem kam es zu Unmutsäußerungen über das undemokratische Wahlverfahren, besonders, nachdem es in der Sowjetunion bei der Wahl zum Volksdeputiertenkongress die Möglichkeit gegeben hatte, zwischen verschiedenen Kandidaten zu wählen. Verschiedene oppositionelle Gruppen verabredeten sich, nachdem es bereits bei den letzten Volkskammerwahlen Fälschungsvorwürfe gegeben hatte, zur Beobachtung der Auszählung der Stimmen.

Wahlsystem

Kommunalwahlen In Der Ddr 1989: Vor der Wahl, Wahlsystem, Offizielles Ergebnis 
Ausländer geben in Karl-Marx-Stadt ihre Stimmen ab.

Es stand nur die Liste der Nationalen Front zur Auswahl.

Um mit Ja zu stimmen, musste man den Wahlzettel einfach falten und in die Wahlurne geben. Auch Streichungen einzelner Namen änderten nichts an der Wertung als Ja-Stimme. Für eine Neinstimme musste jeder einzelne aufgeführte Kandidat sauber waagerecht durchgestrichen werden.

Im März 1989 war beschlossen worden, dass die in der DDR lebenden Ausländer das aktive und das passive Wahlrecht zu den Kommunalwahlen haben sollen.

Offizielles Ergebnis

Das offizielle Ergebnis wurde am späten Abend des 7. Mai durch Egon Krenz, der Vorsitzender der Wahlkommission war, im Fernsehen der DDR bekanntgegeben.

absolut in Prozent
Wahlberechtigte 12.488.742 100,00
Abgegebene Stimmen 12.335.487 98,77
Ungültige Stimmen 11.136 0,09
Gültige Stimmen 12.324.351 99,91
Gültige Stimmen für den Wahlvorschlag 12.182.050 98,85
Gültige Stimmen gegen den Wahlvorschlag 142.301 1,15

Dies war auch nach den offiziellen Wahlergebnissen das „schlechteste“ in der Geschichte der DDR. Bei den Volkskammerwahlen hatte es immer über 99 Prozent Zustimmung gegeben.

Fälschung

Kommunalwahlen In Der Ddr 1989: Vor der Wahl, Wahlsystem, Offizielles Ergebnis 
Titelseite des Informationsblattes der ÖAG Halle/Saale (Juni 1989)

Erstmals versammelten sich nach der Schließung der Wahllokale in diesen Bürger, um die Auszählung der Stimmen zu beobachten. Oftmals wurden sie daran gehindert, obwohl nach § 37 Abs. 1 des DDR-Wahlgesetzes die Stimmauszählung öffentlich war. In so gut wie allen Wahlkreisen wurden von den Beobachtern deutlich mehr Neinstimmen registriert als offiziell bekanntgegeben.

Belege der gefälschten Stimmauszählung wurden erstmals auch in Schriften zum „innerkirchlichen Gebrauch“ thematisiert. Das „Informationsblatt der ökologischen Arbeitsgruppe beim evangelischen Kirchenkreis Halle/Saale“ berichtete in einem doppelseitigen Artikel „Wahlnachlese“ von der nachweislichen Fälschung der Stimmauszählung, da „Berichte aus vielen Städten der DDR bekannt geworden“ seien. Das per Wachsmatrizen-Drucker hergestellte Heft wurde vom 6. bis 9. Juli 1989 in einer Auflage von etwa 800 bis 1000 Stück auf dem Evangelischen Kirchentag in Leipzig verbreitet. Darin wurde über eine Eingabe eines Mitglieds der ökologischen Arbeitsgruppe (ÖAG) an die Volkskammer der DDR bezüglich gefälschter Wahlergebnisse berichtet, deren Eingang vom Stellvertretenden Wahlleiter der Wahlkommission auch bestätigt wurde. In einem gleichzeitig in Halle (Saale) verbreiteten Flugblatt wurde berichtet, dass etwa 20 Prozent der Auszählungsergebnisse innerkirchlich dokumentiert werden konnten und dabei bereits 68 Prozent der für Halle (Saale) offiziell angegebenen Neinstimmen auftraten.

Ein noch deutlicherer – wenn auch nicht absoluter – Nachweis der Fälschung gelang für den Stadtbezirk Berlin-Weißensee: Bürgerrechtler konnten hier zeigen, dass die in den Wahllokalen direkt bei der Auszählung dokumentierte Zahl der Neinstimmen 95 Prozent der offiziell für den Stadtbezirk angegebenen Neinstimmen umfasste, obwohl auch hier nur aus einem Teil der Wahllokale die Ergebnisse zusammengetragen wurden. Auch im Stadtbezirk Berlin-Friedrichshain dokumentierte Pfarrer Rainer Eppelmann die Wahlfälschung. Solche Informationen zu innerkirchlich zusammengetragenen Stimmauszählungen kursierten DDR-weit auf Flugblättern.

Folgen

Die erstmals bewiesene Wahlfälschung stärkte die Oppositionsbewegung in der DDR. Am 7. jedes Monats kam es fortan in Ost-Berlin vor Kirchen und auf dem Alexanderplatz zu Demonstrationen gegen den Wahlbetrug, obwohl die Stasi sich intensiv bemühte, die immer lauter werdende Kritik zu unterbinden. Nach der Wende und friedlichen Revolution fanden am 6. Mai 1990 freie Kommunalwahlen in der DDR statt.

Juristische Aufarbeitung

Eine juristische Aufarbeitung begann erst nach der friedlichen Revolution im Herbst 1989 und erfolgte in der DDR nicht mehr vollständig (obwohl es Verurteilungen gab), wohl aber nach der Wiedervereinigung ab 1990.

Für die auch nach § 211 des Strafgesetzbuches der DDR strafbare Wahlfälschung mussten sich ab dem Herbst 1989 mehrere Bürgermeister und Mitglieder von SED-Leitungen verantworten. Die Professoren der Humboldt-Universität zu Berlin Klaus Marxen und Gerhard Werle dokumentierten in ihrer Studie aus dem Jahr 2000 beispielhaft 20 Fälle von Gerichtsverfahren wegen Wahlfälschungen aus dem Jahr 1989, die zu Verurteilungen führten, wobei die tatsächliche Zahl höher liegen dürfte (die Autoren schließen in ihrer Publikation eine Vollständigkeit aus).

Zu den Verurteilten gehörten unter anderem der frühere Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer (ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe von 36.000 DM), der Dresdner SED-Stadtchef Werner Moke (ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe von 3600 DM) und Hans Modrow als damaliger Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED in Dresden (neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung).

Die Verfahren gegen Egon Krenz und Günter Schabowski stellte das Landgericht Berlin am 26. November 1997 hingegen ein. Begründet wurde dies mit der zu erwartenden Strafe. Diese würde gegenüber den bereits ausgesprochenen Verurteilungen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen wegen des Schießbefehls an den DDR-Grenzen nicht (zusätzlich) ins Gewicht fallen (§ 154 der Strafprozessordnung (StPO)).

Literatur

Einzelnachweise

Tags:

Kommunalwahlen In Der Ddr 1989 Vor der WahlKommunalwahlen In Der Ddr 1989 WahlsystemKommunalwahlen In Der Ddr 1989 Offizielles ErgebnisKommunalwahlen In Der Ddr 1989 FälschungKommunalwahlen In Der Ddr 1989 FolgenKommunalwahlen In Der Ddr 1989 Juristische AufarbeitungKommunalwahlen In Der Ddr 1989 LiteraturKommunalwahlen In Der Ddr 1989 WeblinksKommunalwahlen In Der Ddr 1989 EinzelnachweiseKommunalwahlen In Der Ddr 1989Deutsche Demokratische RepublikListe der Kreise der DDRNationale Front (DDR)Wahlfälschung

🔥 Trending searches on Wiki Deutsch:

Liste der größten Banken der WeltTimothée ChalametKevin KühnertAmon GöthShadow and Bone – Legenden der GrishaNapoleon BonaparteLabrador-HalbinselThüringenSidoMichelangeloIm Westen nichts Neues (2022)Luke MockridgeThe Night AgentGriechisches AlphabetKanton (Schweiz)Kevin DansoPayPalMichael KlammerBundeswehrOlaf SchubertJoaw GalantAbkommen über die Pacht der Liaodong-HalbinselRote Armee FraktionHermann BillungSchönes SchlamasselCredit SuisseGeorgina RodríguezDie FlippersBee GeesMartin LutherStrong Europe Tank ChallengeTate-MordeThe MenuPankaj MishraGibraltarLoriotRomLena Meyer-LandrutPornografieLudwig Simon (Schauspieler)Anne HathawayLibanonRömisches ReichMockingbird (Eminem-Lied)Liste der Präsidenten der Vereinigten StaatenJohn WickEva BraunCharles MansonThe Banshees of InisherinOpel MantaFlorian KainzGClint EastwoodNullBMW E90KroatienAdolf HitlerWikipediaMarvel Cinematic UniverseKlara DeutschmannNichtbinäre GeschlechtsidentitätGleichstellungsbeauftragteFanserviceChristopher WalkenBundestagswahl 2021Luna SchweigerMartin ArmknechtKernwaffeMesut ÖzilWolfgang KielingChronologie des russischen Überfalls auf die UkraineGriechenlandOpenAIOscarverleihung 2023Benjamin NetanjahuThe Last of Us🡆 More