Kachexie: Krankhafte, sehr starke Abmagerung

Unter Kachexie (altgriechisch κακός kakos ‚schlecht‘ und ἕξις hexis ‚Zustand‘) versteht man eine krankhafte, sehr starke Abmagerung.

Klassifikation nach ICD-10
R64 Kachexie
E41 Alimentärer Marasmus
B22.2 Kachexie-Syndrom infolge HIV-Krankheit
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Kachexie ist ein multifaktorielles Syndrom, das bei verschiedenen chronischen Erkrankungen auftritt. Viele Patienten mit chronischen Krankheiten wie Krebs (50 % bis 80 % der Krebspatienten sind von Kachexie betroffen), AIDS oder Autoimmunerkrankungen leiden an dieser Zusatzerkrankung. Dabei handelt es sich um ein hochkomplexes und noch wenig verstandenes Syndrom, das zu einem unkontrollierbaren Gewichtsverlust führt. Schrumpfende Fettreserven und ein Abbau des Muskelgewebes führen zur Schwächung. Kachexie gilt als einer der Faktoren, die zu einem vorzeitigen Tod beitragen.

In Deutschland gilt gemäß SEG 4-Kodierempfehlungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) der ICD-10-Code R64 – Kachexie als begründet kodiert, wenn aufgrund einer Erkrankung der Body-Mass-Index unter 20 kg/m² liegt und mindestens drei weitere Kriterien (verringerte Muskelkraft, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, niedriger Fettfreie-Masse-Index, abnormale Biochemie) hinzukommen.

Ursachen

Mögliche Ursachen sind:

Pathophysiologie

In den letzten Jahren haben Studien mit experimentellen Modellen von Krebs-assoziierter Kachexie zu einem verbesserten Verständnis beigetragen, wie Entzündungsprozesse und damit verbundene Veränderungen im Stoffwechsel die Kachexie auslösen. Diese Studien zeigten, dass Entzündungsfaktoren durch direkte oder indirekte Mechanismen sowohl den Appetit beeinflussen als auch den Fett- und Muskelstoffwechsel verändern, was zum Gewichtsverlust führen kann.

Aufgrund verringerter Nahrungsaufnahme und eines veränderten Stoffwechsels verlieren Patienten ungewollt Körpergewicht und Kraft. Fettreserven und Skelettmuskelmasse werden zunehmend aufgebraucht, was durch Nahrungsmittelergänzung nicht rückgängig gemacht werden kann. Kachexie beeinträchtigt die Lebensqualität des Patienten erheblich und verschlechtert das Ergebnis laufender Therapien.

Im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten ist über Kachexie deutlich weniger bekannt. So ist es auch ungeklärt, ob dieselben molekularen Mechanismen der Kachexie bei Krebs auch bei chronischen Infektionen vorliegen. So führten Virusinfektionen zu einer gravierenden Reorganisation der Architektur des Fettgewebes verbunden mit der Aktivierung der Lipolyse, einer molekularen Kaskade von Prozessen, die der Körper zur Auflösung seiner Fettdepots verwendet. Jedoch spielten keiner der Entzündungsmediatoren, von denen bekannt ist, dass sie Kachexie bei Krebs auslösen, in einem Mausmodell zur infektions-assoziierten Kachexie eine Rolle.

Im Gegensatz zur Inanition (Abmagerung) werden bei der Kachexie nicht nur die Speicherfettdepots, sondern auch das Baufett und die Muskulatur abgebaut. Symptome sind zunehmende Kraftlosigkeit und Lethargie. Das Knochenmark wandelt sich in Gallertmark um, auch bei anderen Organen kommt es zu Atrophien und Funktionsausfällen. Lebensbedrohlich wird der Zustand, wenn der Herzmuskel angegriffen wird. Kachexie führt damit bald zu unumkehrbaren (irreversiblen) Veränderungen und schließlich zum Tod („terminale Kachexie“ = Endstadium).

Therapie

Trotz des enormen klinischen Bedarfs sind die Standards für Diagnose und Betreuung von kachektischen Patienten nach wie vor unzureichend und wirksame Behandlungsmöglichkeiten fehlen. Die Therapie besteht soweit in einer Ernährungsbehandlung (insbesondere künstliche Ernährung) und Beseitigung der auslösenden Ursache, soweit diese behandelbar ist. Am unvermeidlichen Lebensende ist eine solche Therapie nicht immer geboten. Entscheidend ist der Wille des Patienten, ob der Patient überhaupt Hunger hat und ob sich Symptome mit einer forcierten Nahrungszufuhr tatsächlich lindern lassen.

Siehe auch

Literatur

  • J. M. Bauer, R. Wirth, D. Volker, C. Sieber: Malnutrition, Sarkopenie und Kachexie um Alter – Von der Pathophysiologie zur Therapie. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift, Band 133, 2008, S. 305–310.

Einzelnachweise

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