Jörg Jarnut (* 1.
März">1. März 1942 in Weimar; † 6. März 2023 in Lippstadt) war ein deutscher Historiker. Er bekleidete von 1983 bis 2007 einen Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Paderborn. Seine Forschungstätigkeit machte ihn in der Fachwelt zu einem ausgewiesenen Spezialisten für die Geschichte der Langobarden und der Karolinger.
Jörg Jarnut legte 1962 das Abitur am Gymnasium Bonn ab. Er studierte von 1962 bis 1967 Geschichte und Germanistik an den Universitäten Bonn, Caen und Perugia. Er legte 1967 das Staatsexamen ab. Jarnut war 1968 Praktikant am Goethe-Institut in München. Er wurde 1970 an der Universität Bonn bei Eugen Ewig mit der Arbeit Prosopographische und sozialgeschichtliche Studien zum Langobardenreich in Italien (568–774) promoviert. Die Arbeit wurde von der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Universität Bonn mit einem Preis ausgezeichnet. Von 1970 bis 1973 absolvierte er einen Italienaufenthalt. Er war 1973/74 wissenschaftlicher Angestellter der UB Bonn und von 1974/75 wissenschaftlicher Angestellter der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. in Bonn. Von 1975 bis 1983 war er wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Geschichte der Abteilung Aachen der PH Rheinland. Im Jahr 1977 folgte mit der von Ewig betreuten Arbeit über die Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Bergamos die Habilitation an der Universität Bonn. Im Jahr 1980 wurde er ebendort außerplanmäßiger Professor.
Er wurde 1983 an die Universität Paderborn berufen. Einen Ruf an die Universität/GHS Wuppertal lehnte er zuvor ab. Von 1983 bis 2007 war Jarnut Inhaber des Lehrstuhls für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Paderborn. Von 1986 bis 1987 war er Dekan des Fachbereichs I. An der Universität Paderborn war er von 2003 bis 2007 Prorektor für Planung und Finanzen. Von 1989 bis 1995 war er Vizepräsident des Mediävistenverbandes. Jarnut war einer der Direktoren des im Jahre 2000 gegründeten Instituts zur Interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachlebens (IEMAN) an der Universität Paderborn. Er war ordentliches Mitglied in der Historischen Kommission für Westfalen (ab 1999) und korrespondierendes Mitglied der Reial Acadèmia de Bones Lletres de Barcelona. In Paderborn organisierte Jarnut jedes Semester eine gemeinsame Vortragsveranstaltung mit dem Altertumsverein Paderborn. Damit sollten aktuelle Forschungen über die mittelalterliche Vergangenheit der Stadt Paderborn einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden. Sein Lehrstuhlnachfolger in Paderborn wurde 2008 Hermann Kamp. Jarnut verstarb im Alter von 81 Jahren am 6. März 2023. Er wurde auf dem Friedhof in Bad Waldliesborn beigesetzt.
Sein Arbeits- und Forschungsschwerpunkt war die europäische Geschichte des Früh- und Hochmittelalters. Vor allem arbeitete er zur Geschichte der Langobarden, des hochmittelalterlichen Italiens, der Karolingerzeit und zur Ethnogenese im früheren Mittelalter. Anlässlich des 1250. Todestages von Karl Martell war Jarnut mit Ulrich Nonn und Michael Richter einer der Herausgeber eines 1994 veröffentlichten Sammelbandes, der auf eine international besetzte Tagung in Bad Homburg aus dem Jahr 1991 zurückgeht. Karls Zeit deuteten die Herausgeber im Vorwort „als eine Schlüsselepoche der fränkischen Geschichte – zwischen Dekadenz der merowingischen Königsmacht und Aufstieg der arnulfingischen Hausmeier, zwischen Verfall kirchlichen Lebens und bonifatianischer Reform, zwischen akuter Gefährdung der Grenzen und kräftigem Ausgriff über die Grenzen hinaus“. Das Ergebnis der Tagung war eine Revision der bisherigen Vorstellung vom 8. Jahrhundert und vom Aufstieg der Karolinger zur alleinigen Herrschaft im Frankenreich. Gemeinsam mit Matthias Becher veranstaltete Jarnut im April 2002 eine Tagung in Bonn über die Vorgänge, die vor 1250 Jahren zur Ablösung des letzten Merowingers durch König Pippin führten. Die Beiträge über den Dynastiewechsel von 751 wurden 2004 veröffentlicht. Einschlägig wurde seine 1982 veröffentlichte Überblicksdarstellung über die Geschichte der Langobarden. Die Darstellung wurde 1995 ins Italienische übersetzt. Grundlegend wurde auch sein 1988 gehaltener Vortrag auf der Reichenau über die Landnahme der Langobarden in Italien aus historischer Sicht, der 1993 im Band Vorträge und Forschungen erschienen ist. Jarnut hat zu diesem Beitrag selbst weitere Ergänzungen beigesteuert.
In Paderborn organisierte er zahlreiche Tagungen zur früh- und hochmittelalterlichen Geschichte. Eng kooperierte er mit den Paderborner Museen und der Stadtarchäologie. Die große Canossa-Ausstellung, die vom Museum in der Kaiserpfalz, dem Diözesanmuseum und dem Stadtmuseum gemeinsam 2006 durchgeführt wurde, bereitete Jarnut mit einer großen Tagung vor. Das von Jarnut mitbegründete Institut (IEMAN) organisierte regelmäßig Tagungen, deren Ergebnisse in einer eigenen Reihe des Instituts erschienen. Die erste von Jarnut und Hans-Werner Goetz ausgerichtete Tagung befasste sich mit den künftigen Aufgaben und Möglichkeiten interdisziplinärer Mittelalterforschung im 21. Jahrhundert. Die Beiträge dazu wurden 2003 veröffentlicht. Anlässlich des tausendjährigen Jubiläums der Königinnenkrönung Kunigundes am 10. August 2002 veranstalteten der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, das Paderborner Institut zur Interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens (IEMAN) und der Verein für Geschichte und Altertumskunde, Abteilung Paderborn eine Vortragsreihe. Vier Beiträge dazu wurden im fünften Band der Reihe MittelalterStudien von Jarnut mit Stefanie Dick und Matthias Wemhoff herausgegeben. Inzwischen sind 33 Bände der MittelalterStudien veröffentlicht worden. Mit Wemhoff begründete er das Archäologisch-Historische-Forum als feste Tagungsreihe, die regelmäßig Archäologen und Historiker zusammenbrachte. Mit Wemhof veranstaltete er im April 2001 eine Tagung des Archäologisch-Historischen Forums in Paderborn, die aktuelle Forschungskonzepte von Erinnerung und Ritual an mittelalterlichen Grabfunde erprobte.
Er plädierte dafür, das „Germanische“ als eine analytische und wissenschaftliche Kategorie der Frühmittelalterforschung abzuschaffen. Statt nach den Germanen sollte nach den jeweiligen ethnisch dominierten Gruppen (also Vandalen, Goten, Herulern) der Spätantike und des Frühmittelalters gefragt werden. Jarnut war 1999 anlässlich des Bistumsjubiläums und der 1200. Wiederkehr des Treffens von Karl dem Großen und Papst Leo III. Herausgeber des ersten Bandes der dreibändigen Geschichte der Stadt Paderborn vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
Aufsatzsammlung
Monografien
Herausgeberschaften
Personendaten | |
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NAME | Jarnut, Jörg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 1. März 1942 |
GEBURTSORT | Weimar |
STERBEDATUM | 6. März 2023 |
STERBEORT | Lippstadt |
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