Göttinger Sieben: Professoren, die 1837 gegen die Abschaffung der liberalen Verfassung von Hannover protestierten

Die Göttinger Sieben waren eine Gruppe von Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der 1833 eingeführten liberalen Verfassung im Königreich Hannover durch Ernst August I.

(Hannover)">Ernst August I. protestierten. Die sieben Professoren wurden deshalb entlassen; drei von ihnen wurden darüber hinaus des Landes verwiesen.

Göttinger Sieben: Beteiligte, Geschichte, Gedenken
Die Göttinger Sieben, Lithografie nach einer Zeichnung von Carl Rohde, 1837/1838
Oben: Wilhelm und Jacob Grimm
Mitte: Wilhelm Eduard Albrecht,
Friedrich Christoph Dahlmann,
Georg Gottfried Gervinus
Unten: Wilhelm Eduard Weber,
Heinrich Georg August Ewald

Beteiligte

Die Namen dieser sieben Professoren der Georg-August-Universität waren:

Geschichte

Göttinger Sieben: Beteiligte, Geschichte, Gedenken 
Denkmal der Göttinger Sieben vor dem Niedersächsischen Landtag in Hannover

Nachdem die 123-jährige Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover geendet hatte, bestieg Ernst August I. 1837 den Thron im Königreich Hannover. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt hob er die relativ freiheitliche Verfassung, das vier Jahre zuvor in Kraft getretene Staatsgrundgesetz, zum 1. November 1837 auf. Am 18. November des Jahres reichten die Göttinger Sieben schriftlich eine öffentliche „Protestation“ ein.

Ende November 1837 übergaben der Prorektor und die vier Dekane, ohne ein Mandat von der Universität zu haben, dem König im Jagdschloss Rothenkirchen eine Adresse, mit der sich die Universität „von aller Gemeinschaft mit den Sieben lossagt“ und deren Gesinnung schmäht.

Am 12. Dezember 1837 entließ Ernst August I. die Professoren und verwies drei von ihnen – Friedrich Dahlmann, Jacob Grimm und Georg Gottfried Gervinus – sogar des Landes. Diese wurden dann 1840 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. empfangen, der politisch Verfolgte teilweise rehabilitierte. Gleichzeitig zeigte sich ein großer Solidarisierungseffekt in der Bevölkerung, die den drei Ausgewiesenen ihr Gehalt aus Spendengeldern zahlte. Spätestens hier wurde erkennbar, dass der Liberalismus als Massenbewegung nun nicht mehr durch Beschlüsse und Verordnungen unterdrückt werden konnte.

Alle Sieben sind früher oder später wieder in ehrenvolle akademische Wirksamkeit zurückberufen worden, Ewald und Weber sogar nach Göttingen selbst.

Die Protestation, der Protestbrief, fand im ganzen Deutschen Bund Verbreitung und förderte eine liberale Gesinnung. Jacob Grimm begründete später seine Entscheidung zu dem Protest in einer Rechtfertigungsschrift:

„Die Geschichte zeigt uns edle und freie Männer, welche es wagten, vor dem Angesicht der Könige die volle Wahrheit zu sagen; das Befugtsein gehört denen, die den Mut dazu haben. Oft hat ihr Bekenntnis gefruchtet, zuweilen hat es sie verderbt, nicht ihren Namen. Auch die Poesie, der Geschichte Widerschein, unterläßt es nicht, Handlungen der Fürsten nach der Gerechtigkeit zu wägen. Solche Beispiele lösen dem Untertanen seine Zunge, da wo die Not drängt, und trösten über jeden Ausgang.“

Jacob Grimm: Über meine Entlassung (1838)

In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 hatte Jacob Grimm einen Ehrenplatz inne, Albrecht, Dahlmann und Gervinus waren Mitverfasser der gesetzgebenden Initiativen. Der Ruf der Göttinger Universität litt noch lange Zeit an der Entlassung dieser als hervorragend geltenden Lehrer.

Gedenken

Göttinger Sieben: Beteiligte, Geschichte, Gedenken 
Skulptur von Günter Grass zum Gedenken an die Göttinger Sieben auf dem Universitäts-Campus in Göttingen

Literatur

  • Johann Friedrich Herbart: Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837. Königsberg 1842 (posthum hrsg. von Gottfried Friedrich Taute) https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_goettingen_1842
  • Ulrich Hunger: Die Georgia Augusta als hannoversche Landesuniversität. Von ihrer Gründung bis zum Ende des Königreichs. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866) (= Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 197 ff.
  • Jörg H. Lampe: Politische Entwicklungen in Göttingen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Vormärz. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866) (= Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 45–137, hier S. 91 ff..
  • Miriam Saage-Maaß: Die Göttinger Sieben – demokratische Vorkämpfer oder nationale Helden? V&R unipress, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89971-368-8.
  • Georg Weber: Die Göttinger Sieben und das geflügelte Wort vom „beschränkten Unterthanenverstand“. In: Deutsche Revue 13. Jg. (1888) 4. Bd., S. 311–322. (Digitalisat)

Einzelnachweise

Commons: Göttinger Sieben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Göttinger Sieben – Quellen und Volltexte

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