Grundlast: Arbeitsanteil der Kraftwerke im Netzverbund

Grundlast bezeichnet die Belastung eines Stromnetzes, die während eines Tages nicht unterschritten wird.

Die jeweilige Grundlast ist daher abhängig vom Tag der Betrachtung (jahreszeitliche Schwankungen) sowie von der räumlichen Betrachtung (z. B. Versorgungsgebiet eines Netzbetreibers oder das ganze Land). In Deutschland liegt sie an einzelnen Tagen bei bis zu 40 Gigawatt (2005) im Gegensatz zur Jahreshöchstlast mit 75 bis 80 Gigawatt.

Grundlast: Grundlastkraftwerke, Ausblick, Schweiz
Last, Wind- und Solareinspeisung und die verbleibende Residuallast im Jan 2024 (1. bis 7. Jan), Daten Entso-E Transparenzplattform

Durch die Einspeisung erneuerbarer Energien sinkt die Grundlast, die durch Kraftwerke mit geringen Flexibilitäten gedeckt werden kann, fast auf Null, während die zu deckende Spitzenlast davon kaum beeinflusst ist. So reduzierte sich beispielhaft durch die Einspeisung von Wind- und Solarenergie in der ersten Januarwoche 2024 die Spitzenlast nur um 17 % von 65,55 GW auf 54,16 GW, während das Minimum der zu deckenden Last im gleichen Zeitraum um 97 % von 35,77 GW auf 1 GW sank.

Die verbleibende Residuallast enthält somit fast keine Grundlast mehr und stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität des verbleibenden konventionellen Kraftwerksparks. Die Struktur der Residuallast bestimmt auch im Wesentlichen den Strompreis (siehe Merit-Order-Modell). Die Anreize des Strommarktes bewirken dann, dass auch traditionelle Grundlastkraftwerke wie Braunkohlekraftwerke alle ihre Flexibilitäten nutzen, um der Residuallast zu folgen und so maximale Erlöse im Stromhandel zu erzielen. Somit ist der klassische Einsatz von Grundkraftwerken in Deutschland nicht mehr zu beobachten (siehe Stromerzeugung in Deutschland).

Grundlastkraftwerke

Es gibt keine eindeutige Definition, die Grundlastkraftwerke von anderen Kraftwerken abgrenzt. Generell kann jede Kraftwerksart zum Abdecken des Strombedarfes der Grundlast eingesetzt werden. Die Einstufung geschieht auf der Basis betriebswirtschaftlicher und technischer Kriterien und ist nicht starr. Als Grundlastkraftwerke bezeichnet man die Kraftwerke, welche möglichst ununterbrochen und möglichst nahe an der Volllastgrenze betrieben werden. Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke haben hohe Fixkosten und niedrige Grenzkosten (vor allem Brennstoffkosten) und werden daher meist zuerst als Grundlastkraftwerke benannt. Die Kraftwerksbetreiber versuchen, den Grundlastbedarf langfristig im Voraus abzuschätzen. Bei Unterschreitung des abgeschätzten Wertes müssen sie reagieren: durch Einschalten zusätzlicher Verbraucher (Pumpspeicherkraftwerke), durch Abgabe von Strom in andere Stromnetze und/oder auch durch Drosselung der Grundlastkraftwerke bei nächtlichen Schwachlastzeiten.

Auf Grund der historischen Entwicklung der Stromerzeugung in Deutschland wurden verschiedene Kraftwerke bei ihrem Bau nicht dafür konzipiert, schnell regelbar zu sein bzw. sind dieses prinzipbedingt nicht. Dies schließt eine (träge) Nachregelbarkeit an den Strombedarf nicht aus, beispielsweise durch generelle jahreszeitliche Bedarfsschwankungen.

Grundlastkraftwerke sind nicht zu verwechseln mit grundlastfähigen Kraftwerken.

  • Zu den Grundlastkraftwerken zählen Braunkohlekraftwerke. Sie werden wegen ihrer niedrigen Brennstoffkosten grundlasttypisch vorzugsweise rund um die Uhr eingesetzt. Sie lassen sich aber ähnlich gut bzw. schnell wie ein Mittellastkraftwerk regeln, welches lediglich höhere Brennstoffkosten besitzt.
  • Laufwasserkraftwerke liefern ebenfalls Energie für die Grundlast. Sie nutzen die potentielle Energie des auf ein bestimmtes Niveau angestauten Wassers. Häufig ist das Einhalten des Stauzieles in der Konzessionsvorschrift enthalten. Die verfügbare Energie ergibt sich aus der Masse des Wassers und dem Höhenunterschied zwischen Oberwasser und Unterwasser. Daher versucht man, das dem Kraftwerk zufließende Wasser möglichst vollständig durch die Turbine zu führen und in elektrische Energie umzuwandeln. Laufwasserkraftwerke lassen sich gut drosseln und haben keine Primärenergiekosten.
  • Windkraftanlagen können bei Windstille keinen Anteil der Grundlastenergie liefern. Herkömmliche Kraftwerke müssen dann einspringen. Mit steigendem Wind müssen herkömmliche Kraftwerke ihre Leistung drosseln, wenn mehr Windstrom eingespeist wird, weil die Energieversorger nach dem Energieeinspeisegesetz dazu verpflichtet sind, Windenergie abzunehmen. Durch einen zunehmenden Anteil an regenerativen Energien werden bisherige Grundlastkraftwerke im Mittel geringer ausgelastet.
  • Kernkraftwerke werden aus betriebswirtschaftlichen und technischen Gründen als Grundlastkraftwerke eingestuft. Kernkraftwerke besitzen hohe Investitions- und Fixkosten. Ausschlaggebend für die betriebswirtschaftliche Einordnung als Grundlastkraftwerke sind die niedrigen Grenzkosten. Diese sind so niedrig, weil ein Atomkraftwerk nahezu keine Treibstoffkosten durch Herunterfahren des Kraftwerks einsparen kann und somit ergibt es Sinn AKWs bei Strompreisen über null möglichst in Volllast laufen zu lassen.

Eignung von Kernkraftwerken für Lastfolgebetrieb

Laut Betreiberangaben sind zumindest einige Kernkraftwerke des Typs Druckwasserreaktor in Deutschland technisch für einen Einsatz im Lastfolgebetrieb schon beim Entwurf ausgelegt worden. Beim Lastfolgebetrieb wird die Kraftwerksleistung der sich ändernden Stromnachfrage („Last“) und dem Stromangebot automatisch nachgeregelt. Beispiele dafür waren Neckarwestheim 1, Philipsburg 1, Philipsburg 2, Biblis A im Jahre 2009. Bei den älteren Siedewasserreaktoren war diese Betriebsweise nie Gegenstand der Auslegungskriterien insbesondere des Druckbehälters und der Steuerungstechnik.

Die technisch mögliche Änderungsgeschwindigkeit hängt von der absoluten Laständerung ab und beträgt bis zu 10 % pro Minute bezogen auf die Nennleistung.

Das Wiederhochfahren eines Reaktors bis auf volle Leistung benötigt je nach Betriebsbedingungen mindestens 2 bis 3 Stunden aus unterkritisch heißem Zustand und bis zu 10 bis 12 Stunden aus dem kalten Zustand. „Bei einem schnellen Herunterfahren insbesondere um 50 % der Leistung oder mehr kann die eintretende Xenonvergiftung des Spaltmaterials zu einer weiteren deutlichen Verzögerung des Hochfahrens führen.“

Neben technischen Hürden bezüglich der Eignung von Kernkraftwerken für den Lastfolgebetrieb stellt sich ein ökonomisches Problem: die Stromgestehungskosten im Kernkraftwerk bestehen fast ausschließlich aus Fixkosten. Die Gestehungskosten aus einem Kernkraftwerk sind bei 50 % Leistung fast doppelt so hoch wie bei 100 % Leistung. Besonders bilanziell noch nicht abgeschriebene Kernkraftwerke sind deshalb aus ökonomischen Gründen zum Volllastbetrieb gezwungen.

„Für die Druckwasserreaktoren, die etwa zwei Drittel der in Deutschland vorhandenen Kernenergiekapazität darstellen, ist grundsätzlich ein variabler Betrieb zwischen 100 % und 50 % der Leistung zulässig, für die Druckwasserreaktoren der sog. Konvoi- und Vor-Konvoi-Typen darüber hinaus ein variabler Betrieb bis zu 20 % der Leistung. Der Regelbereich der Siedewasserreaktoren beschränkt sich auf 100 % bis 60 % der Nennleistung (Hundt, 2009). Je stärker die Leistung verändert wird, desto geringer ist die zulässige Änderungsgeschwindigkeit.“

Eignung von Braunkohlekraftwerken für Lastfolgebetrieb

Grundlast: Grundlastkraftwerke, Ausblick, Schweiz 
Einspeiseprofil Braunkohle Deutschland und Luxemburg, Jan 2024, Daten Entso-E Transparenzplattform

Braunkohlekraftwerke weisen Kaltstartzeiten von 9 bis 15 Stunden auf. Ein Heißstart nach weniger als 8 Stunden Stillstand ist allerdings innerhalb von 2–4 Stunden möglich. Braunkohlekraftwerke können traditionell nicht unter 50 % der Nennleistung gedrosselt werden, eine Flexibilisierung auf 35 % ist erreichbar.

Ausblick

Für eine zukünftige Elektrizitätsversorgung auf Basis erneuerbarer Energien stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesrepublik Deutschland im Mai 2009 fest:

„Die Einsatzmöglichkeiten von Grundlastkraftwerken werden bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien eingeschränkt, stattdessen werden schnellstartende Kraftwerke und Regelenergie benötigt.“

Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesrepublik Deutschland, 28. Mai 2009

Schon heute werden Kraftwerksblöcke kurzfristig, das heißt z. B. ohne einen länger geplanten Revisionsstillstand, vom Netz geschaltet, wenn dafür genug Windleistung für Windkraftanlagen zur Verfügung steht. Diese Stillstände werden von den Kraftwerksbetreibern Windaussetzer genannt und bedeuten für die Betreiber wirtschaftliche Einbußen. Je nach Alter und Auslegung der Anlage verschleißt diese durch häufiges An- und Abfahren mehr als im kontinuierlichen Betrieb. Je höher und kontinuierlicher die Auslastung einer Anlage, umso wirtschaftlicher arbeitet sie.

Ein Ausweg wäre durch den massiven Einsatz von grünem Wasserstoff möglich. Hiermit könnten genauso Dunkelflauten überbrückt werden. Dafür wäre der massive Ausbau erneuerbarer Energien im In- oder Ausland nötig.

Schweiz

In der Schweiz bezeichnet der Ausdruck Bandenergie jenen Grundbedarf an Strom, der jeden Tag rund um die Uhr verbraucht wird. Die Bandenergie wird von Kernkraftwerken und Laufkraftwerken an Flüssen geliefert. Der Anteil am Stromverbrauch, der über die Grundlast hinausgeht, wird als Spitzenenergie bezeichnet. Für ihn werden thermische Kraftwerke und vor allem die leicht regulierbaren Speicherkraftwerke in den Alpen eingesetzt. In Deutschland teilt man die Spitzenenergie (der Ausdruck wird dort nicht verwendet) noch einmal auf in Mittellast und Spitzenlast.

Einzelnachweise

Tags:

Grundlast kraftwerkeGrundlast AusblickGrundlast SchweizGrundlast WeblinksGrundlast EinzelnachweiseGrundlastStromnetz

🔥 Trending searches on Wiki Deutsch:

Manson FamilyOrson WellesListe der IPA-ZeichenRainer Werner FassbinderJoko WinterscheidtVereinte NationenTerroranschläge am 11. September 2001Dieter BohlenLabrador-HalbinselEric StoltzBud SpencerMarc MárquezMarder (Schützenpanzer)Breaking BadFola Evans-AkingbolaFranz KafkaT-90Leonard KunzKalifornienDonnie YenHeiliges Römisches ReichKlimaneutralitätKeira KnightleyAngela JonesMaria RasputinAaron HilmerEvelyn BurdeckiSimone MenneHerbert GrönemeyerLuden (Fernsehserie)Roman PolańskiSonne und Beton (Film)Christian LindnerLiam NeesonMalaysia-Airlines-Flug 370Dana GolombekSteve BuscemiBayernVereinigtes KönigreichNorddeutscher RundfunkCredit SuisseRobin WilliamsJulia KoschitzWill PoulterHauptseiteLudwig Simon (Schauspieler)ÖlkäferManuel NeuerBerliner MauerDie Brücke von Arnheim (Film)Shawn ParkerDaniele GanserNordrhein-WestfalenOberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main 2023Sylvester StalloneMichael JordanJe suis KarlListe der Alarm-für-Cobra-11-FigurenStar TrekJohn TravoltaAnnemarie Moser-PröllT-55Selena GomezZypernCharles III.Let’s Dance (Fernsehsendung)Alida ValliListe mathematischer SymboleFrançois MitterrandGaius Iulius CaesarREAL-IndexSexJennifer AnistonWärmepumpeAntónio de Oliveira SalazarRosanna ArquetteIrakkrieg🡆 More