Grüner Wasserstoff: Durch Wasserelektrolyse aus erneuerbaren Energien gewonnen

Der Begriff grüner Wasserstoff bezeichnet Wasserstoff, der mittels erneuerbaren Energien gewonnen wurde.

Zur Gewinnung wird der chemische Prozess der Wasserelektrolyse genutzt, der neben Strom nur Wasser benötigt. Grüner Wasserstoff gilt als die einzige umweltfreundliche, klimaneutrale Möglichkeit der Wasserstoffgewinnung. Perspektivisch soll damit zumindest ein Teil des heutigen Verbrauchs von fossiler Energie (Erdöl, Erdgas, Kohle usw.) ersetzt werden. Im Gegensatz zu Strom wird mit Wasserstoff speicherbare Sekundärenergie gewonnen. Auf diese Weise kann eine zeitliche und örtliche Entkopplung zwischen Erzeugung und Verbrauch erreicht werden. Es ist von Natur aus ein farbloses durchsichtiges Gas, die Herstellungsmethoden werden mit verschiedenen Farben charakterisiert. Wasserstoff gilt als ein Treibstoff der Zukunft im Rahmen einer möglichen Wasserstoffwirtschaft.

Allgemeines

Ziel ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen, in dem Fall hauptsächlich CO2, allmählich im Rahmen der Energiewende zu verringern und zu vermeiden. Es gibt viele Anwendungen oder Teilsektoren, die sich technisch oder ökonomisch nicht direkt mit Strom betreiben lassen; dort kann Wasserstoff eine alternative (Zwischen-)stufe für klimaneutrale gasförmige und flüssige Kraftstoffe sein. Die Schwerpunkte der Bemühungen bei den bisherigen Phasen der Dekarbonisierung lagen eher beim unmittelbaren Strombedarf. In den kommenden Phasen der Energiewende wird grüner Wasserstoff mit großer Wahrscheinlichkeit eine immer wichtigere Rolle spielen, um die dann strengeren Treibhausgassparziele noch erreichen zu können.

Unter anderem mit der europäischen und der deutschen Nationalen Wasserstoffstrategie wird die Wasserstofftechnologie massiv gefördert und soll in Zukunft eine der tragenden Säulen der Energiewirtschaft werden. Bisher ist grüner Wasserstoff sehr teuer und kann noch nicht in großen Mengen produziert werden. Die Kosten sollen mit Forschung reduziert und der Ausbau gefördert werden. Da die potenzielle Stromerzeugungskapazität in Europa dafür absehbar nicht ausreicht, soll später auch Wasserstoff aus dem Ausland importiert werden. Die Herstellung ist an allen entweder sonnenreichen oder windreichen Standorten besonders vorteilhaft, also überall dort, wo die Stromgestehungskosten niedrig sind, wie etwa in der schottischen See, der arabischen Halbinsel, Südamerika oder Australien (siehe auch Abschnitt Kritik). Der so gewonnene Wasserstoff kann dann beispielsweise mit Tankschiffen oder über Pipelines weitertransportiert werden.

Laut einer Untersuchung des Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt aus dem Jahr 2020, beträgt der Anteil an grünem Wasserstoff am Gesamtwasserstoffverbrauch in Deutschland nur fünf Prozent. Der Rest ist überwiegend Grauer Wasserstoff aus Erdgas.

Verwendung

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Die unterschiedlichen Einsatzbereiche von sauberem Wasserstoff nach ihrer Wirtschaftlichkeit

Wasserstoff ist vielseitig einsetzbar. Grüner Wasserstoff soll beispielsweise einem Ausgleich von schwankendem Strombedarf dienen. Es ist ein geeigneter Energieträger, um regenerativ erzeugten Strom zwischenspeichern zu können. Je nach Bedarf kann dieser Wasserstoff beispielsweise als Strom über Brennstoffzellenkraftwerke zurückgewonnen werden. Dabei könnten unterirdische Salzkavernenspeicher verwendet werden, wodurch eine saisonale Speicherung oder für Dunkelflauten möglich wäre. In weiteren möglichen Umwandlungsschritten kann Wasserstoff die Grundlage von sogenannten Power-to-X-Energieträgern sein. Diese damit gewonnenen Erzeugnisse können beispielsweise als umweltfreundlicher Ersatz für heutige flüssige und gasförmige Treibstoffe (Power to Liquid, Power-to-Gas) dienen. Außerdem soll zukünftig unter anderem umweltfreundlicher grüner Stahl damit erzeugt werden. Wasserstoff kann zur Sektorenkopplung zwischen Stromerzeugung, Mobilität, Wärmesektor und Industrie beitragen. Darüber hinaus sollen damit zukünftig schwere Nutzfahrzeuge, Flugzeuge und andere Mobilitätslösungen über Brennstoffzellen angetrieben werden, wobei keine Abgase entstehen, sondern lediglich Wasserdampf. In der Gebäudetechnik kann mithilfe von Brennstoffzellenheizungen gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt werden.

Mit dem zunehmenden Ausbau von Erzeugungskapazitäten regenerativer Energien kommt es immer häufiger zu zeitweiliger Überbedarfsdeckung im Stromangebot, was dann auch zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden könnte. Bei der Herstellung des heute meist verwendeten grauen Wasserstoffs entsteht sehr viel Treibhausgas, dieser kann durch grünen Wasserstoff ersetzt werden.

Kritik

Der resultierende Gesamtwirkungsgrad innerhalb der Prozessketten zur Herstellung von grünem Wasserstoff ist nicht besonders hoch. Eine Studie von Greenpeace Energy kam Ende 2020 zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von grünem Wasserstoff aufgrund des vergleichsweise schlechten Wirkungsgrades nur dann dem Klimaschutz diene, falls es Ökostrom im Überfluss gäbe. Da aber der Strom aus erneuerbaren Energien oft schon ungenutzt abgeregelt werden muss, könnte der immer größer werdende Überschuss in Zukunft noch verwertet werden. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordert u. a. eine vollständige Ökobilanz von grünem Wasserstoff.

Daneben wird der Wasserverbrauch, insbesondere in wasserarmen Regionen, kritisiert. Um grünen Wasserstoff kostengünstig herzustellen, soll er dort produziert werden, wo der Ertrag aus Photovoltaik- und Solarthermieanlagen am größten ist, wie beispielsweise in Nordafrika und dem Nahen Osten. In diesen wasserarmen Gebieten fehlt aber das für die Wasserstoffherstellung notwendige Süßwasser, welches nur mittels Meerwasserentsalzung bereitgestellt werden kann. Bei der Entsalzung, die zusätzliche Energie benötigt, entsteht eine stark salzhaltige Lauge als Abfallprodukt, die betriebsbedingt auch Chemikalien und Schwermetalle enthält, und in der Regel wieder ins Meer zurückgepumpt wird und das Ökosystem belastet.

Im Frühsommer 2023 sind die Autoren einer Studie des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie zu dem Ergebnis gekommen, dass die heimische Elektrolyse wirtschaftlicher als beispielsweise ein Schiffstransport aus Nordafrika wäre. Dadurch würde zudem eine neue Importabhängigkeit vermieden werden. Um die Nachfrage zu decken, müssten allerdings die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden.

In den Elektroden von Elektrolyseuren beziehungsweise eventuell nachfolgenden Prozessen mit Brennstoffzellen, sind seltene Rohstoffe der Platingruppe wie Platin oder Iridium enthalten.

Unabhängig von seiner Herstellung (hier: grüner Wasserstoff) gilt Wasserstoff als bei weitem nicht so einfach zu verwenden wie herkömmliche Kraftstoffe, was den Einsatz erschwert. Es muss entweder unter hohem Druck gasförmig vorhanden sein oder sogar kryogen in verflüssigter Form. So kann es unter anderem zu mehr Wartungsbedarf und höheren Kosten kommen. Eine einfachere Transportmöglichkeit ist dagegen aber als LOHC durchaus möglich.

Literatur

  • Sven Geitmann, Eva Augsten: Wasserstoff und Brennstoffzellen: Die Technik von gestern, heute und morgen. 5., komplett überarbeitete Auflage. Hydrogeit Verlag, Oberkrämer 2021, ISBN 978-3-937863-54-2.
  • Thomas Schmidt: Wasserstofftechnik: Grundlagen, Systeme, Anwendungen, Wirtschaft. Hanser, München 2020, ISBN 978-3-446-46001-0.
    • Kapitel 1: Einführung. S. 1–14.
    • Kapitel 4: Technologiepfade mit Wasserstoff. S. 185–215.
  • Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen und Methanisierung. In: Volker Quaschning: Regenerative Energiesysteme. 9., aktualisierte Auflage. Hanser, München 2015, ISBN 978-3-446-44267-2, S. 381–393 (Kapitel 10).

Einzelnachweise

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