Ein Ereignis (aus althochdeutsch irougen, neuhochdeutsch eräugen „vor Augen stellen, zeigen“) ist im allgemeinen Sinn eine Situation, die durch Dynamik oder Veränderung gekennzeichnet ist.
Das Gegenteil eines Ereignisses ist ein „Zustand“: eine Situation ohne Veränderung oder Dynamik. Eine klassische Definition ist, dass ein Ereignis (minimal) darin besteht, dass ein Übergang von einem Zustand in einen anderen Zustand stattfindet.
Im ursprünglichen Sinne des deutschen Wortes „Ereignis“ wäre es ein Geschehen, das vor Augen tritt und eräugt wird (ein „Eräugnis“); es ist in vielen Verwendungen des Wortes ein wichtiger Aspekt, dass ein Ereignis etwas ist, das beobachtet wird. Jedoch wird von der Beobachtung eines Ereignisses auch dann gesprochen, wenn es auf anderem Wege erfahren wird als nur visuell.
Ein astronomisches Ereignis ist ein am Himmel zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindendes Phänomen. Manche astronomischen Ereignisse treten mit hoher Regelmäßigkeit ein, wie die Mondphasen. Andere astronomische Ereignisse unterliegen keinen direkten Periodizitäten, wie Okkultationen durch Planeten. Nicht alle astronomischen Ereignisse können vorausgesagt werden.
Die Entdeckung einer chemischen Reaktion im Rahmen von labortechnischen Versuchsserien, bei denen chemische Bindungen ein bisher nicht existentes, neues Produkt hervorrufen.
Unter einem Ereignis (englisch event) versteht man in der ereignisorientierten Programmierung eine Begebenheit, die – über ein Event-Handler-Programm – eine Aktion und (in deren Folge) ggf. eine Zustandsveränderung auslöst. Diese Ereignisse können Benutzereingaben (Mausklick, Taste, Spracheingabe, Geräteanschluss …) oder Systemereignisse (Zeitpunkt, Fehler, Datenveränderung, Sensor …) sein.
In der Wahrscheinlichkeitstheorie wird ein Zufallsereignis auch Ereignis genannt und in Bezug auf die möglichen Ausgänge oder Ergebnisse eines Zufallsexperiments definiert. Als Ereignis wird eine Zusammenfassung von Ergebnissen bezeichnet, die eine Teilmenge der Ergebnismenge ist und der eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 zugeordnet werden kann.
In der Medizin wird der Begriff vorwiegend im Zusammenhang mit einem unerwünschten oder nachteiligen Geschehen im Rahmen einer Behandlung verwendet: man spricht dann häufig von einem „unerwünschten Ereignis“ (UE). Vielfach findet man auch in der deutschsprachigen Literatur die englische Entsprechung »adverse event« oder »AE«. Unerwünschte Ereignisse werden in der Regel entsprechend Medical Dictionary for Regulatory Activities (MedDRA) klassifiziert. Insbesondere bei onkologischen Studien wird der Schweregrad unerwünschter Ereignisse oft nach den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE) eingeteilt.
Der Begriff des unerwünschten Ereignisses wird in zwei Bereichen der Medizin, der Qualitätssicherung und der Arzneimittelforschung, unterschiedlich definiert:
In der modernen Philosophie wird zumeist in zwei verschiedenen Kontexten von „Ereignis“ gesprochen:
Von einigen Theoretikern wird dabei vertreten, dass im Grunde die gesamte Ontologie nicht auf Gegenständen, sondern auf Ereignissen fußen sollte. Beispielsweise, indem argumentiert wird, dass eine wechselseitige Reduzierbarkeit besteht, man aber Ereignisse ohnehin für eine funktionierende Ontologie benötigt und also ohne Gegenstände auskommt, oder, indem argumentiert wird, dass damit ontologische Probleme des qualitativen Wandels bei Objektpersistenz besser zu behandeln sind. Ein klassischer Vertreter einer solchen Ereignisontologie ist beispielsweise Alfred North Whitehead, ein jüngerer Klassiker Donald Davidson.
Die philosophische Konzeption von Ereignissen als eigener Sorte von Entitäten in der Welt, insbesondere nach Donald Davidson, hat einen starken Einfluss auf linguistische Darstellungen der Semantik von Verben genommen und führte zum Entstehen der sog. Ereignissemantik.
Das Ereignis in der Psychologie ist die Erfahrung als das im Gedächtnis registrierte und fortan verfügbare Geschehen einer Situation, in der ein Individuum lebt. Die Speicherung des Ereignisses ist subjektiv und damit im Gedächtnis die Grundlage für Lernprozesse, wie überhaupt für die menschliche Entwicklung grundlegend. Diese Entwicklung (siehe Entwicklungspsychologie) ist ohne Erfahrung(en) (bzw. Ereignisse) nicht denkbar bzw. nicht möglich. Ein menschlicher Organismus ist davon abhängig, Erfahrungen zu machen, insbesondere in der frühen Kindheit; andernfalls erleidet er (Existenz gefährdende) Schädigungen (siehe dazu René A. Spitz).
Im deutschen Zivilrecht können Ansprüche erlöschen, weil ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist. Dazu gehören die auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB und der Endtermin bei Vereinbarung einer Zeitbestimmung im Sinne von § 163 BGB.
Aber auch der Tod einer Person bei höchstpersönlichen Ansprüchen ist der rechtlich relevante Eintritt eines bestimmten Ereignisses. Dazu gehören etwa das Erlöschen eines Rechtsversprechens nach § 520 BGB, die Beendigung einer persönlichen Dienstverpflichtung wegen Unübertragbarkeit derselben, gemäß § 613 BGB und die Beendigung eines Auftragsverhältnisses nach Auflösung einer Gesellschaft wegen Todes eines Gesellschafters.
Ereignis ist versicherungsrechtlich der Auslöser, der die Leistungspflicht des Versicherers begründet. Bestandteil des Begriffs Schaden ist das ihn auslösende Ereignis; ein schädigendes Ereignis löst den Versicherungsfall aus. Beim Ereignis handelt es sich um zufällig eintretende, also nicht vorhersehbare Vorkommnisse, deren negative Folgen zu einem Schaden führen. Ereignis ist ein Geschehensablauf, als dessen Folge die Schädigung unmittelbar entstanden ist. Ereignis ist nach § 1 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) ein plötzlicher und heftiger Geschehensablauf, der in seiner Gesamtheit nicht objektiv voraussehbar ist. Als Schadensereignis im Sinne des § 5 Nr. 1 AHB ist das vor dem Schadenseintritt liegende äußere oder innere Geschehen zu verstehen, von dessen Beginn an der Schadenseintritt in hohem Maße wahrscheinlich ist. Nach § 7 Abs. 2 StVG haftet der Fahrzeughalter nicht bei einem unabwendbaren Ereignis (höhere Gewalt). Dies ist ein Vorfall, der selbst dann nicht zu vermeiden ist, wenn die größtmögliche Sorgfalt angewendet wird. Damit geht der verkehrsrechtliche Sorgfaltsbegriff weit über den des § 276 BGB hinaus. Unabwendbar ist ein Ereignis, das „weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Verrichtungen beruht“ (§ 7 Abs. 2 Satz 1 StVG). Unabwendbar kann auch auf das Verhalten des Verletzten oder eines Tieres zurückzuführen sein. Unfall ist ein von außen auf den Menschen einwirkendes, schädigendes, plötzliches Ereignis. Das Ereignis ist versicherungsrechtlich immer ein negativer Vorgang, positive Vorkommnisse wie das „freudige Ereignis“ (als Umschreibung einer bevorstehenden Geburt) werden hiervon nicht erfasst.
In der Relativitätstheorie wird ein durch Ort und Zeit festgelegter Punkt der Raumzeit als Ereignis bezeichnet. Die gesamte Beschreibung der Realität fußt auf diesen Ereignissen – was für einige Interpreten eine Ereignisontologie begünstigt.
In der soziologischen Systemtheorie bezeichnet Ereignis die zeitpunktbezogene, nicht bestandsfähige Einheit der Differenz von Vorher/Nachher in autopoietischen Systemen. Nach dem Ereignis ist etwas anderes möglich als vorher. Genau dieser Unterschied verleiht den Systemelementen trotz fehlender Dauerhaftigkeit ihre operative Anschlussfähigkeit im Zeitablauf. Beispielsweise bestehen mündliche Äußerungen nur zum Zeitpunkt des Sprechens und sind danach sofort wieder vergangen. Haben nacheinander gesprochene Worte eine Anschlussfähigkeit, dann ergeben sie einen zusammenhängenden Satz. Der Satz kann nur dann entstehen, wenn die einzelnen Ereignisse (hier: Worte) keine dauerhafte Existenz haben.
Das Ereignis wird seit dem Jahrtausendwechsel in der englischen Version „Event“ (Veranstaltung) immer häufiger verwendet. Als Beispiele gelten Eventmanager, Eventtechniker, Eventsafety oder Eventversicherung.
Psychologie
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