Die Göttinger Gedenktafeln sind seit 1874 gebräuchliche Gedenktafeln in der Universitätsstadt Göttingen in Niedersachsen, die an herausragende Persönlichkeiten erinnern.
Die seit bald 150 Jahren gebräuchlichen Göttinger Gedenktafeln sind für das Göttinger Stadtbild charakteristisch. Sie wurden und werden an denjenigen Häusern angebracht, in denen die zu Ehrenden gelebt haben, allerdings ohne einen Hinweis, ob es sich noch um das originale Gebäude handelt. Die Tafeln sind querrechteckig, in der Regel aus weißem Marmor gearbeitet und werden unter oder neben den Obergeschoss-Wohnfenstern angebracht. Die auf den Gedenktafeln zusätzlich zu den Namen und oft den Berufsbezeichnungen auch genannten Jahreszahlen geben die Zeitspanne an, in der sich die betreffende Person in Göttingen aufgehalten hat. Die relative Einheitlichkeit der Gestaltung liegt auch darin begründet, dass die Anfertigung der Göttinger Gedenktafeln „nur bei wenigen Göttinger Steinmetzformen gelegen“ hat.
Geehrt wurden und werden auf diese Weise bedeutende Hochschullehrer der Georg-August-Universität sowie später bedeutend gewordene, ehemalige Studenten, aber auch bekannte Bürger der Stadt und berühmte Persönlichkeiten, die aus anderem Anlass, möglicherweise auch nur kurz, hier lebten. Die meisten Göttinger Gedenktafeln erinnern an jeweils einen ehemaligen Hausbewohner, manche an zwei auf einer Tafel, in Einzelfällen an bis zu acht Bewohner. An einigen Häusern befinden sich mehrere Gedenktafeln, angeführt vom Michaelishaus (Prinzenstraße 21) mit sogar sieben Tafeln.
Auch andere Städte, vor allem Universitätsstädte (wie beispielsweise Jena, Heidelberg, Tübingen, Stuttgart, Leipzig und Wittenberg) erinnern in ähnlicher Weise an ihre berühmten Persönlichkeiten; Göttingen weist – nach den über 3.300 Porzellan-Gedenktafeln in Berlin – in Deutschland die zweitgrößte Anzahl von Personen-Gedenktafeln auf.
Die Göttinger Gedenktafeln wurden 1874 nach dem 1858 begonnenen Vorbild von Emailletafeln der Universitätsstadt Jena auf Initiative des Göttinger Bürgermeisters Georg Merkel eingeführt, um herausragende Persönlichkeiten zu ehren, die einst in Göttingen studierten oder lebten. Die erste Gedenktafel erinnerte 1874 an Karl Otfried Müller an seinem Wohnhaus Hospitalstraße 1.
1905 war die Anzahl der Tafeln auf 108 angewachsen, was Anlass zur Veröffentlichung eines „Nachschlagebüchleins für Einheimische und Fremde“ gab, das seither in mehreren erweiterten Auflagen (1910, 1962, 2002, 2016) erschien. Die genaue Anzahl der seit 1874 angebrachten Göttinger Gedenktafeln ist unbekannt; 1989 wurde sie von der zuständigen Stadtarchivarin Helga-Maria Kühn auf „etwa 250“ geschätzt; 2002 sollen es 320 gewesen sein. Zuletzt wurden pro Jahr im Durchschnitt mehr als zwei Personen durch eine neue Gedenktafel geehrt. Einige Gedenktafeln gingen verloren und wurden wiederhergestellt, über 30 Tafeln aber nicht.
Stets wird die Anbringung neuer Göttinger Gedenktafeln durch öffentliche Einweihungstermine gefeiert, mit Vortrag einer Laudatio auf die geehrte Person, der seit 1979 bisweilen anschließend im Göttinger Jahrbuch erscheint.
Wer von dem eingesetzten „Denkmäler-Ausschuss“ durch eine Göttinger Gedenktafel als „herausragende Persönlichkeit“ eingestuft wurde und wird, ist dem Wandel der Zeit unterworfen. Anträge kann jedermann stellen. Über neue Gedenktafeln entscheidet seit 1974 politisch der Kulturausschuss der Stadt Göttingen nach Prüfung und auf Vorschlag des Stadtarchivs Göttingen sowie nach Anhörung des Denkmalbeauftragten der Georg-August-Universität. 1977 wurde ein Kriterienkatalog aufgestellt, nach dem über Anträge auf Gedenktafeln entschieden werden soll. Die gesamte Organisation des Anbringens und Renovierens der Tafeln liegt in der Zuständigkeit des Stadtarchivs. Als erste Frau erhielt immerhin schon 1911 Caroline Michaelis (Prinzenstraße 21) eine Gedenktafel. Bisweilen wurde für die Entfernung von Gedenktafeln demonstriert. Und es hat aus Protest gegen einzelne Persönlichkeiten sogar die offizielle Abhängung (z. B. für vier jüdische Bürger) oder auch die mutwillige Zerstörung von Gedenktafeln gegeben.
Einige der zuletzt angebrachten Gedenktafeln erinnern an den Widerstandskämpfer Adam von Trott zu Solz, den ungarisch-amerikanischen Physiker Eugene Paul Wigner, den Aufklärer Adolph Knigge, den Mathematiker Paul Bernays, den Komponisten Franz Herzog und den Kunsthistoriker Johann Dominicus Fiorillo, sowie an den Physiker Julius Robert Oppenheimer, den Naturwissenschaftler Johann Andreas Segner und den Mathematiker Hugo Steinhaus (Stand: Mai 2018).
Neben den im Auftrag der Stadt angebrachten Tafeln gibt es inzwischen auch privat initiierte Tafeln, welche in Material und Ausführung den städtischen Gedenktafeln entsprechen.
Die meisten Göttinger Gedenktafeln befinden sich in der Innenstadt und im Ostviertel, dazu fünf Stück in den Göttinger Ortsteilen Elliehausen, Geismar, Roringen und Weende. Zwei Göttinger Gedenktafeln hängen weit auswärts in Hann. Münden.
(chronologisch)
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