Graf Franz Ludwig Evarist Alexander von Pocci () (* 7.
März">7. März 1807 in München; † 7. Mai 1876 ebenda) war ein deutscher Zeichner, Radierer, Schriftsteller, Musiker und Komponist. Aufgrund seiner Werke für das Kasperl- und Marionettentheater wurde er auch als „Kasperlgraf“ bekannt.
Franz von Pocci war der Sohn des aus Italien stammenden Offiziers Graf Fabrizio Evaristo von Pocci (1766–1844), der unter Kurfürst Karl Theodor in bayerische Dienste getreten war und es bei der Geburt von Franz von Pocci zum Generalleutnant und Obersthofmeister der Königin Karoline gebracht hatte. Seine Mutter war die Dresdner Baronin Xaveria von Posch. Er studierte Rechtswissenschaft und wurde 1826 Mitglied des Corps Isaria. Mit 23 Jahren wurde er Zeremonienmeister von Ludwig I. von Bayern. Dieser berief ihn 1847 zum Hofmusikintendanten und Ludwig II. ernannte ihn 1864 zum königlich bayerischen Oberstkämmerer.
Pocci unterstützte den Marionettentheater-Gründer Josef Leonhard Schmid beim schwierigen Genehmigungsverfahren für das Münchner Marionettentheater, für das Pocci ab 1858 zahlreiche Puppenspiele mit Stoffen aus alten deutschen Volksbüchern, Märchen, Opern und Theaterstücken schuf. Auf seinen Rat hin beantragte Schmid das Theater für Kinder und Erwachsene.
Der „Kasperlgraf“ verfasste mehr als 40 Kasperlstücke für das Marionettentheater mit Themen aus der Märchen- und Sagenwelt sowie Beiträge für die Münchener Bilderbogen. Er war sehr kreativ und produktiv und hinterließ der Nachwelt unzählige Karikaturen und rund 600 Musikstücke, so zum Beispiel das Lied Wenn ich ein Vöglein wär.
Seine Kasperlgeschichten ranken sich um den Kasperl Larifari, der jedoch kein netter Held, sondern eine eher ambivalente Figur ist. Larifari weist auch dunkle Seiten auf und ist als ein nie erwachsen gewordener Erwachsener zu verstehen. Larifari hat keine Eltern, sondern wird von einem Zauberer in ein goldenes Ei hineingezaubert und einer Henne zum Ausbrüten gegeben. Er hat nie die Chance, in einer intakten Familie aufzuwachsen, und wird zum Blender, Trickser und Narzissten.
Zu seinen wichtigsten Werken zählt das Lustige Komödienbüchlein, das unter anderem die Kasperlgeschichten Kasperl unter den Wilden und Kasperl in der Türkei enthält.
Gleichwohl ist Pocci nicht der Erfinder des Kasperltheaters. Beispielsweise existierten davor schon in England der Mr. Punch oder im deutschsprachigen Raum der Hanswurst. Entstanden ist die Figur des Larifari im Salzburger Land als derbes Vergnügen, das Pocci in seinen Werken kultivieren wollte.
Pocci war zeitlebens ein geradezu besessener Zeichner. „Und hättʼ ich wohl an hundert Händʼ / mit Burgen kämʼ ich nie zu Endʼ!“, dichtete er selbst über seine Leidenschaft, ständig die Bildphantasie spielen zu lassen. Pocci schuf erfundene Landschaften und illustrierte seine Texte, konnte aber auch genauso gut mit unbestechlicher Schärfe seine Kollegen in Verwaltung und Künstlerschaft als Karikaturen aufspießen. So entstanden tausende, überwiegend kleinformatige Zeichnungen im Laufe seines Lebens. In den Fliegenden Blättern und im Münchener Bilderbogen erreichten seine Bildideen auch ein breites Publikum. Die Geschichte vom Staatshämorrhoidarius kann als erster deutschsprachiger Comic gelten.
Von 1837 bis 1875 war er Mitglied der Zwanglosen Gesellschaft München, für die er viele Zeichnungen und Radierungen fertigte.
In München ist nach ihm die Poccistraße und die anliegende U-Bahn-Haltestelle benannt, in Landshut der Graf-Pocci-Weg und in Ingolstadt die Poccistraße.
Am 11. März 2006 wurde ihm zu Ehren in Münsing ein Denkmal errichtet: Poccis Sommerresidenz war für mehr als die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens sein zu Münsing gehörendes Schloss Ammerland gewesen.
Zusätzlich wurde 2007 in München vor dem Marionettentheater anlässlich seines 200. Geburtstages ein weiteres Denkmal neben dem Eingang in der Blumenstraße aufgestellt. Geschaffen wurde es vom Künstler Ernst Grünwald. Seine Form erinnert an eine kleine transportable Bühne. Vor einem großen Porträt Poccis steht das Münchner Kindl, das den sich verneigenden Kasperl Larifari vorstellt.
Der Nachlass wird in der Bayerischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt und besteht aus großen Mappen, drei Bänden und drei Konvoluten. Darin enthalten sind sein Briefverkehr und Zeichnungen und Grafiken sowie Dichtungen. Ebenfalls sind auch das Archiv des Herrenclubs Zwanglose Gesellschaft und eine Sammlung seiner Druckschriften sowie ein umfangreiches Repertorium vorhanden. Der Nachlass ist in großen Teilen digitalisiert und wurde in das Verzeichnis national wertvoller Archive aufgenommen.
Anlässlich des 200. Geburtstages des Künstlers zeigte die Bayerische Staatsbibliothek vom 27. Juli bis 14. Oktober 2007 eine Ausstellung des Schriftstellers, Zeichners und Komponisten Pocci: Lebensdokumente, Briefe, Originalzeichnungen und Druckgrafiken aus seinem Nachlass.
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NAME | Pocci, Franz von |
ALTERNATIVNAMEN | Pocci, Franz Ludwig Evarist Alexander von (vollständiger Name); Barth, F. (Pseudonym); Kaspergraf (Pseudonym); Kasperlgraf (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Zeichner, Radierer, Schriftsteller, Musiker und Komponist |
GEBURTSDATUM | 7. März 1807 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 7. Mai 1876 |
STERBEORT | München |
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