Der Schneider im Himmel ist ein Schwank (ATU 800).
Er steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm ab der 2. Auflage von 1819 an Stelle 35 (KHM 35). Wilhelm Grimm veröffentlichte ihn zuerst 1818 nach Justus Möser in der Zeitschrift Wünschelruthe als Das Märchen vom Schneider der in den Himmel kam.
Gott geht spazieren. Nur Petrus bleibt da. Er darf niemand einlassen, doch erbettelt sich ein Schneider, hinter der Tür zu sitzen. Als Petrus weg ist, sieht er sich um und setzt sich auf Gottes Stuhl. Er sieht die Welt und wirft zornig den Fußschemel auf eine diebische Wäscherin. Dann versteckt er sich wieder. Als Gott den Verlust bemerkt, lässt er den Schneider kommen, der ihm alles erzählt. Gott rügt seine Anmaßung und schickt ihn weg. Der Schneider geht nach Warteinweil zu den frommen Soldaten.
Der Schwank beruht in der 2. und 3. Auflage auf Freys Gartengesellschaft Nr. 61 und Kirchhofs Wendunmuth 1, Nr. 230, ab der 4. Auflage mehr auf Wickrams Rollwagenbüchlein (Kap. 110). Der Schluss mit „zog nach Warteinweil“ stammt aus Brentanos Märchen Bärenhäuter (in der Zeitung für Einsiedler vom 15. Juni 1808, Sp. 173). Grimms Anmerkung nennt noch Varianten bei Hans Sachs Der Schneider mit dem Panier, Wolfs Deutsche Sagen und Märchen Nr. 16 Jan im Himmel, Ernst Heinrich Meier Nr. 35 und eine Erwähnung bei Möser „in seinen vermischten Schriften 2, 332 u. 2.235.“ Fischart im Flohschatz (Dornavius 390) fasst Petrus’ Jähzorn auf:
Altmeistergesangbuch 3 in Wolfs Zeitschrift für deutsche Mythologie 2,2 zeigt den Schneider als Feindbild:
Wilhelm Grimm spielt in Die klugen Leute auf den Schneider im Himmel an, wenn er schreibt, im Himmel gäbe es keine Schneider, „der heil. Petrus läßt keinen hinein, wie Ihr aus dem Märchen wißt.“ Seine Anmerkung zu De Spielhansl erklärt auch den Ort „Warteinweil“, den Petrus den Soldaten einräumen musste, weil sie weder im Himmel noch in der Hölle aufgenommen werden (S. 143 im Anmerkungsband).
Laut Rudolf Meyer ist der Schneider der überkluge Verstand. Er kann nicht anders, als sich anmaßen, und meint Gerechtigkeit als unmittelbare Verkettung von Schuld und Sühne. Edzard Storck spricht von illusionärer Geistigkeit, die von allem Halbfertigen löst und hindert, den Schicksalsfaden im Irdischen zu wirken. Für Eugen Drewermann parodiert das Märchen unsere Haltung des Moralisierens und der Besserwisserei und zeigt so den praktischen Sinn der Beschäftigung mit Märchen: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (Bergpredigt, Mt 7,1 EU).
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