Die Zwölf Artikel (auch: Zwölf Artikel der Bauernschaft, Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben oder 12 Artikel der Bauernschaft) gehören zu den Forderungen, welche die Bauern im Deutschen Bauernkrieg 1525 in Memmingen gegenüber dem Schwäbischen Bund erhoben.
Sie gelten nach der Magna Carta von 1215 als eine der ersten niedergeschriebenen Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten in Europa. Die zu den Zwölf Artikeln führenden Versammlungen werden als „eine Art verfassungsgebende Versammlung“ bezeichnet, „die, wenn auch nur in Grundzügen, die politische Macht bestimmten Institutionen zuschrieb“.
Die Zwölf Artikel waren zudem ein mediengeschichtliches Ereignis, weil sie dank des Buchdrucks rasch und preisgünstig vervielfältig werden konnten und sich weit verbreiteten. Fast alle Aufständischen bezogen sich auf diese Flugschrift.
Am 6. März 1525 trafen sich in Memmingen etwa 50 Vertreter der oberschwäbischen Bauerngruppen (des Baltringer Haufens, des Allgäuer Haufens und des Bodensee-Haufens), um sich über das gemeinsame Auftreten gegenüber dem Schwäbischen Bund zu beraten. Nach schwierigen Verhandlungen verkündeten sie einen Tag später die Christliche Vereinigung der Bauern, auch als oberschwäbische Eidgenossenschaft bezeichnet. Am 15. und am 20. März 1525 trafen sich die Bauern wieder in Memmingen und verabschiedeten nach weiteren Beratungen die Zwölf Artikel und die Bundesordnung.
Diese beiden sind die einzigen der vielen Programme des Bauernkrieges, die gedruckt wurden. Besonders die Zwölf Artikel wurden innerhalb der nächsten zwei Monate mit einer für die damalige Zeit ungeheuren Auflage von insgesamt 25.000 Exemplaren gedruckt und verbreiteten sich im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches. Da die beiden Texte im Laufe des Bauernkrieges nicht weiter entwickelt wurden, spricht der Historiker Peter Blickle von einer „verfassungsgebenden Bauernversammlung“ in Memmingen.
Eine der Originalurkunden der Zwölf Artikel wird im Stadtarchiv Memmingen verwahrt. Nachfolgend eine grobe Übertragung des Texts der Zwölf Artikel in heutiges Deutsch:
Auch die Bundesordnung erreichte hohe Auflagen und war wohl vor allem deshalb bei den Bauern populär, weil sie ein Modell für eine kommunale, föderative Gesellschaftsordnung bot. Im Schwarzwald, im Elsass und in Franken lassen sich Bauernschaften nachweisen, die danach organisiert waren.
Auf welche Person die Zwölf Artikel zurückgehen, ist umstritten. Manche Quellen weisen sie dem Bauernkanzler Wendel Hipler zu. In der Regel rechnet man sie aber dem Memminger Sebastian Lotzer zu, der möglicherweise zusammen mit dem Reformator Christoph Schappeler schon bestehende Texte erweitert hat. Auch Johann Hüglin wurde als Helfer beim Verfassen der Artikel in Betracht gezogen. Zumindest gehörte seine angebliche Mithilfe zu den Anklagepunkten bei seinem Inquisitionsprozess, in dessen Folge er verbrannt wurde.
Am 16. Februar 1525 begehrten etwa 25 zu Memmingen gehörige Dörfer auf und forderten angesichts ihrer wirtschaftlichen Lage und der allgemeinen politischen Situation beim Rat der Stadt deutliche Verbesserungen. Die Beschwerden wurden in den Memminger Artikeln zusammengefasst. Sie berührten die Leibherrschaft, die Grundherrschaft, Nutzungsrechte am Wald und der Allmende sowie kirchliche Forderungen. Die Bauern wollten Reformen auf breiter Front. Die Stadt ließ einen Ausschuss der Dörfler bilden und rechnete mit einem langen Katalog an spezifischen Forderungen. Sehr unerwartet gaben die Bauern aber eine einheitliche grundsätzliche Erklärung ab, die aus zwölf Artikeln bestand. Viele dieser Forderungen konnten im Rat in der Folge nicht durchgesetzt werden, aber es kann davon ausgegangen werden, dass die Artikel der Memminger Landschaft die Diskussionsgrundlage für die Zwölf Artikel der Oberschwäbischen Eidgenossenschaft vom 20. März 1525 waren.
Es ist gut möglich, dass auch die Forderungen von Joß Fritz, die dieser bei der Bundschuh-Verschwörung 1513 erhoben hatte, die Artikel der Memminger Landschaft und dadurch wiederum die Zwölf Artikel selbst beeinflusst haben.
Die Bauern trugen schwer unter den vielen ihnen auferlegten Lasten und sahen in den Standpunkten Luthers und der Reformation die Bestätigung, dass die meisten davon nach Gottes Willen nicht vorgesehen waren.
Luther aber war nicht erbaut über die Aufstände der Bauern und deren Berufung auf ihn. Möglicherweise sah er darin schädliche Folgen für die Sache der Reformation. Er wandte sich an die Bauernschaft und ermahnte sie zum Frieden. Auch an die Herren schrieb er:
„Sie haben zwölf Artikel aufgestellt, unter denen einige so gerecht sind, daß sie euch vor Gott und der Welt zur Schande gereichen. Doch sie sind fast alle auf ihren Nutzen und ihnen zugut abgestellt und nicht aufs beste ausgearbeitet. […] Nun ist’s ja auf die Dauer unerträglich, die Leute so zu besteuern und zu schinden.“
Im Mai 1525 erschien Luthers Schrift Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern, in der er sich auf die Seite der Obrigkeit schlug und diese zur Vernichtung der Bauern aus Sorge um die gottgefügte Ordnung aufrief. Konkreter Anlass hierfür war die Weinsberger Bluttat, bei der die Bauern unter Jäcklein Rohrbach nach der Erstürmung von Stadt und Burg Weinsberg den Obervogt Graf Ludwig V. von Helfenstein-Wiesensteig mit seinen Gefolgsleuten töteten.
Die in den Forderungen niedergelegten Grundgedanken scheinen wesentlich länger überdauert zu haben als ihre führenden Vertreter und Kämpfer.
Ein Vergleich mit der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 liefert einige Entsprechungen in den Motiven und der Umsetzung im Text. Auch in den Ergebnissen der Französischen Revolution ab 1789 lassen sich Parallelen finden.
In den folgenden drei Jahrhunderten der Frühen Neuzeit begehrten die Bauern kaum noch auf. Erst mit der Revolution 1848/49 konnten in den Zwölf Artikeln von 1525 genannte Ziele durchgesetzt werden.
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