Archivradio

Das Archivradio ist ein am 19.

Juli">19. Juli 2007 mit Unterstützung des Deutschen Rundfunkarchivs (DRA) gegründetes multimediales Angebot der ARD. Bis 2024 hieß das Projekt SWR2 Archivradio und gehörte zum Internetangebot des Südwestrundfunks.

Archivradio
SWR2 Archivradio
Hörfunksender (öffentlich-rechtlich)
Empfang Webradio
Empfangsgebiet unbegrenzt
Sendestart 1. Sep. 2007
Sendeanstalt Südwestrundfunk
Intendant Kai Gniffke
Liste von Hörfunksendern
Website

Das Archivradio dient dem Zweck, historisch bedeutsame Tondokumente aus deutschen Rundfunkarchiven und anderen Audiobeständen öffentlich zugänglich zu machen. Initiator war der Rundfunkjournalist Maximilian Schönherr, die redaktionelle Zuständigkeit und Weiterentwicklung des Angebots übernahm die Redaktion SWR2 Wissen.

Konzept

Das Archivradio begann zunächst als Internetradio. Seit 2018 besteht es im Wesentlichen aus vier Säulen:

  • einem Webradio-Kanal mit umfangreichen Originalaufnahmen zu jeweils einem Schwerpunkt-Thema
  • einem Podcast, der auch über die ARD Audiothek ausgespielt wird
  • der Website archivradio.de, auf der ein großer Teil der Aufnahmen „on demand“ abrufbar ist. Die Seite ist chronologisch und thematisch sortiert und enthält zu vielen Originaltönen ausführlichen Hintergrundinformationen.
  • einordnenden Sendungen in der Reihe SWR2 Wissen, in denen anhand der Originalaufnahmen Hintergründe erläutert werden

Bildungsauftrag

Das Programm wird federführend im Rahmen des Bildungsangebots des öffentlich-rechtlichen Kulturradiokanals SWR2 mitverantwortet. Als Zielgruppe wurden von Beginn an insbesondere „Schüler höherer Schulstufen, Studenten, Lehrer, Hochschullehrer und Journalisten“ genannt, sowie generell „onlineaffine Radiohörer“ mit einem großen Interesse an zeitgeschichtlichen Themen. Ende 2010 bestand das SWR2 Archivradio den Drei-Stufen-Test, in dem ihm der „Public Value“ (Wert für die Öffentlichkeit) laut Rundfunkgesetz bescheinigt wurde: „Das Programm hat eine typisch öffentlich-rechtliche Ausrichtung und sorgt für ein Mehr an Bildung für die interessierte Öffentlichkeit.“

Das Archivradio enthält keine Werbung.

Webradio und Podcast

Archivradio 
Handschriftliche Planungsskizze für das Archivradio anlässlich 10 Jahre 9/11

Weil das Archivradio nicht an Formate wie zum Beispiel stündliche Nachrichten gebunden ist, gilt es als formatfreies Radio. Zu seinen Grundprämissen gehört, möglichst ungeschnittenes Rohmaterial zu senden, zu streamen und on demand abrufbar zu machen. Dieses Tonmaterial kann aus historisch wichtigen Hörfunksendungen, Interviews, Veranstaltungsmitschnitten, Reportagen, parlamentarischen Debatten und Diskussionen bestehen, meist eingebettet in einen bestimmten Themenschwerpunkt. Eine kurze Moderation leitet die einzelnen Originalaufnahmen ein. Darüber hinaus erfolgt keinerlei Kommentierung der Originaltöne; historisch einordnendes Hintergrundmaterial liefern allein die dazugehörige Webseite sowie linear ausgestrahlte Sendungen auf SWR2.

Archivradio 
SWR-Dokumentar Georg Polster im Archiv (2007)
Archivradio 
Tonband mit Sendemitschnitten vom Herbst 1977, eingesetzt im Archivradio 2007

Der Podcast bringt in der Regel wöchentlich mehrere Episoden zu einem Thema, meist mit einem aktuellen Bezug. Das Webradio dagegen sendet Töne zu größeren Themenschwerpunkten. Dabei arbeitet die Redaktion im SWR mit Archivaren des SWR, seit 2024 den ARD-Anstalten BR, HR, MDR und WDR zusammen. Mit seinem Grundkonzept unterscheidet sich das Archivradio deutlich von anderen Radioprogrammen.

Sendungen in SWR2

Seit Oktober 2010 strahlt SWR2 zu einzelnen Schwerpunkten auch einordnende Sendungen aus. Im Gespräch mit einem Studiogast – meist dem Autor eines der Schwerpunkte oder auch externen Experten – werden Hintergründe zu den Tondokumenten erläutert. Diese Sendungen laufen in der Reihe (somit auch im Podcast von) SWR2 Wissen. Auch diese Sendungen stehen im Internet als Audiodateien zum Abruf bereit.

Das Archivradio diente als Keimzelle für andere Projekte, etwa der WDR-Features über den Stammheim-Prozess (2009, Deutscher Hörbuchpreis) und den DDR-Spionageprozess gegen Elli Barczatis und Karl Laurenz („Fallbeil für Gänseblümchen“, Featurepreis der Stiftung Radio Basel 2012).

Originaltöne

Die Tondokumente entstammen weitgehend den Archiven der ARD-Rundfunkanstalten und dem Deutschen Rundfunkarchiv. Das Archivradio betrat Neuland, indem es erstmals Originalmitschnitte aus dem Stammheim-Prozess und dem Tonarchiv des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) streamte. Von der Existenz der Stammheim-Bänder wusste man bis zu dahin nichts. Die Veröffentlichungen von Stasi-Aufnahmen gehören zu Anstrengungen des Stasiunterlagenarchivs, historisches Tonmaterial aufzuarbeiten und in geordneten Bahnen zu publizieren.

Sprachrohr der Archivare

Archivradio 
Archivmitarbeiter im SWR Stuttgart 2007

Weil sich das Archivradio auch als Plattform zur Öffnung der Archive und als Brücke zwischen der Öffentlichkeit und den Abteilungen für Dokumentation in den ARD-Hörfunkanstalten und dem Deutschen Rundfunkarchiv versteht, kommen hier die Archivare und Dokumentare selbst zu Wort, in Form von ungekürzten „Archivgesprächen“. Zum Beispiel unterhielt sich anlässlich der Archivradio-Bestückung mit Originaltönen aus den Stasi-Bändern Maximilian Schönherr mit Katri Jurichs und Elke Steinbach aus dem Stasiunterlagenarchiv über ihre Archivarbeit, unter anderem darüber, wie sie für exotische Aufnahmemedien (wie Tondrähte) heute noch Abspielgeräte finden, um die alten Aufnahmen zu retten und zu digitalisieren. In einem anderen Archivgespräch erzählte Georg Polster, Historiker und Archivar in der Wortdokumentation im SWR Stuttgart, von der Entstehung und Archivierung eines speziellen Tonbands, das das Archivradio anlässlich des Schwerpunkts „30 Jahre Deutscher Herbst 1977“ in voller Länge sendete. Anlässlich des Archivradio-Schwerpunkts „China in historischen Originaltönen“ berichtete die Leiterin der Dokumentation Wort bei der Deutschen Welle, Diana Redlich, vom Zustand ihres Archivs und konkret von der Herkunft von vier Tonbändern mit Petra Kelly, Franz Josef Strauß, Eugen Gerstenmaier und Carl Friedrich von Weizsäcker, die sich über die Öffnung der Volksrepublik China äußern.

Geschichte

Frühe Tests mit Internet-Streams

Das Archivradio geht auf eine Idee des Rundfunkjournalisten Maximilian Schönherr zurück. Am 1. März 2002 testete er einen Radiostream von seinem PC im Büro aus. Im Jahr 2003 lernte er im Rahmen eines Interviews für die WDR-Sendung „Wortlaut“ zwei Programmierer und Webdesigner, Hans und Hartmut Landwehr, in Haan kennen, die gerade eine breitbandige Internetverbindung installiert hatten und nach Inhalten suchten, um sie testweise zu streamen. Zu den Teilnehmern des Experiments gehörte bereits die Edition Wandelweiser, eine Gruppe experimenteller E-Musiker, die vor allem Stille sendete. Schönherr speiste einige Stunden Originaltöne aus seiner privaten Interview- und Geräuschsammlung ein, ließ sich von einem englischen Programmierer ein Plug-in schreiben, um auf seiner Webseite den Titel der gerade abgespielten Audiodatei sichtbar zu machen.

Erstes Konzept

Archivradio 
Erstes Konzept für ein „Deutsches Archivradio“, mit Platzhaltern und einem strengen Sendeschema, 2005

Nach diesem problemlosen Test-Stream von sich monatelang wiederholendem, etwa 12 Stunden langem O-Ton-Material erarbeitete er mit Hilfe des Feature-Regisseurs Nikolai von Koslowski das Konzept eines Internetradios für die ARD, welches ungeschnittene Originaltöne aus den Rundfunkarchiven streamen würde. Die Sender begannen damals mit den Streams ihrer Antennenprogramme, stiegen also gerade in die Welt des Internetradios ein. Mit seinem Konzept eines „Deutschen Archivradios“ trat Schönherr, der mit den Hörfunkarchiven aus seiner journalistischen Arbeit her vertraut war, an den Leiter des Deutschen Rundfunkarchivs Hans-Gerhard Stülb heran. Stülb unterstützte das Projekt.

Sendersuche

Archivradio 
Archivradio – Bestückung des ersten Prototyps mit Originaltönen zum „Deutschen Herbst“, 2007

Die Idee benötigte einen ARD-Sender, wo das Archivradio redaktionell und technisch unterkam. Beim WDR-Intendanten Fritz Pleitgen stieß die Idee im Jahr 2006 auf Interesse, jedoch hielt dessen Multimediabeauftragter Rüdiger Malfeld sie für nicht attraktiv und unrealisierbar. Beim SWR dagegen fiel die Idee sofort auf fruchtbaren Boden. Der Sender hatte gerade eine Kommission für einen „Wissens-Channel“ gegründet, in dem es um Zusatzangebote fürs Internet ging. Der Leiter der Wissenschaftsredaktion im Hörfunk (SWR2), Detlef Clas, brachte die Idee des Archivradios hier ein, stellte Verbindungen zum Leiter der Dokumentation im SWR, Michael Harms, zu dem Archivar Georg Polster, dem Hörfunkdirektor des SWR, Bernhard Herrmann und der Online-Redaktion in Baden-Baden her. Innerhalb kürzester Zeit entstand im Frühjahr und Sommer 2007 unter Leitung von Schönherr der erste Prototyp, ein 24-stündiger Stream mit ungeschnittenen Originaltönen anlässlich 30 Jahre „Deutscher Herbst“ 1977. Die Probephase des – nun „SWR2 Archivradio“ genannten – Projekts endete Ende 2010 mit dem erfolgreichen Abschluss des Dreistufentests.

Podcast

Der Podcast begann im Oktober 2017, kurz vor dem offiziellen Start der ARD Audiothek. Wie auch das Internetradio zehn Jahre zuvor, startete auch der Podcast mit Aufnahmen zum Deutschen Herbst. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Webseite umgebaut. Begleitete sie ursprünglich nur die jeweiligen Schwerpunkte, entstand nun ein chronologisch und thematisch sortierter Online-Katalog der Audios. Im April stiegen weitere ARD-Anstalten beim Archivradio ein.

Themenschwerpunkte (Ausschnitt)

Nachweise

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