Der Luftangriff auf Hanau am frühen Morgen des 19.
März 1945 war der letzte, aber auch schwerste Luftangriff auf Hanau im Zweiten Weltkrieg. Die Stadt wurde dabei von Einheiten des RAF Bomber Command weitgehend zerstört. Die Angriffe auf die Stadt folgten dabei der britischen Strategie des morale bombing.
Der Angriff wurde unter dem Befehl von Luftmarschall Arthur Harris von der No. 5 Bomber Group der Royal Air Force (RAF) durchgeführt. Die No. 5 Bomber Group war unter anderem für die Flächenbombardements auf Dresden, Kassel, Königsberg, Braunschweig, Pforzheim, Hamburg und Darmstadt verantwortlich. Die Einheit wandte eine Kombination aus Spreng- und Brandbomben an. Diese Kombination führte im militärischen Optimalfall zu einem Feuersturm. Das Feuer vervielfachte dabei die Erstschäden, die zunächst die Sprengbomben verursachten. Ziel war die systematische Zerstörung ziviler Flächenziele. Die am Stadtrand gelegene Industrie (Sondermetalle, Vakuumpumpen u. a.) war dagegen nicht Ziel des Angriffs.
Die genaue Auswahl der zu bombardierenden Stadtteile wurde anhand von Luftbildern, Bevölkerungsdichtekarten und Brandversicherungskatasterkarten getroffen. Die Katasterkarten waren vor dem Krieg durch deutsche Feuerversicherungen bei britischen Rückversicherungsgesellschaften hinterlegt worden. Die Hanauer Innenstadt war das Kerngebiet des Angriffs.
Die RAF setzte für den Angriff unter anderem 227 Lancaster-Bomber und 8 Mosquito Flugzeuge ein, insgesamt 279 Flugzeuge mit mehr als 1950 Besatzungsmitgliedern. Der Angriff wurde durch eine Radarstörung (Düppelstörung) vorbereitet. Die Flugzeuge der RAF flogen zwischen Köln und Bonn in das Reichsgebiet ein, täuschten zunächst als Ziel Kassel vor, bevor sie scharf nach Südosten abbogen. So flogen die Flugzeuge der deutschen Abwehr nach Kassel und kamen dort zu dem Zeitpunkt an, zu dem der Angriff auf Hanau begann. Der Konvoi der britischen Bomber war etwa 110 km lang.
Vor dem Bombardement wurde das Zielgebiet von Mosquito-Flugzeugen durch 70 rote und grüne Leuchtbomben (sogenannte „Christbäume“) markiert und das Zielgebiet durch weitere 804 Leuchtbomben taghell ausgeleuchtet. Dies wurde überwacht durch einen in großer Höhe fliegenden Masterbomber, der über Funk mit den Markierungsfliegern verbunden war. Nachdem dies beendet war, wurde vom Masterbomber aus auf einer tieferen Flugbahn nochmals das Hanauer Zielgebiet geprüft, die Anflughöhen festgelegt und der Angriff freigegeben.
Es war kein Fliegeralarm ausgelöst worden: Die deutsche Luftüberwachung hatte durch die britischen Täuschungen die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt. So wurde die Mehrheit der Bevölkerung erst durch die ersten Bombenexplosionen alarmiert und begab sich in die Luftschutzkeller.
Das Zielgebiet des Angriffs auf Hanau stellte im Wesentlichen das dichtbesiedelte Stadtzentrum dar. Der Zielpunkt lag in der Mitte der Innenstadt. Das Bombardement begann um 04:24 Uhr und endete gegen 04:40 Uhr und dauerte so nur etwa 17 Minuten. Aufgrund der klaren Wetterlage konnten die Bomben sehr gezielt und konzentriert abgeworfen werden.
Zuerst wurden 117 schwere und mittelschwere Sprengbomben und 225 Luftminen abgeworfen. Durch die Druckwellen der Explosionen wurden die Dächer aufgerissen. Danach wurden 360.000 Stabbrandbomben (643 Tonnen) über dem Stadtgebiet abgeworfen, die nun in die aufgerissenen Dachstühle der Häuser fielen und diese innerhalb kürzester Zeit in Vollbrand setzten. Binnen kurzer Zeit breiteten sich tausende kleinere Gebäudebrände zu einem Feuersturm aus. Die abfliegenden britischen Bomber konnten den Brand noch in 100 km Entfernung sehen. Insgesamt wurden bei diesem Angriff auf Hanau 1200 Tonnen Bomben abgeworfen.
Die Mehrheit der Opfer waren Menschen, die in den Luftschutzkellern Zuflucht gesucht hatten. Ein Teil wurde während des Angriffs durch Trümmer erschlagen, sie erstickten oder verbrannten dort. Eine Flucht aus den Kellern war nur selten möglich, da die Hitzeentwicklung zu groß war und sich teilweise auch der Teer des Straßenbelags entzündet hatte. Dem Angriff auf die dichtbesiedelte Stadt fielen bis zu 2.003 Menschen zum Opfer. 382 Tote konnten nicht mehr identifiziert werden. 2.240 Häuser wurden zerstört. Anschließend waren 87 Prozent der Innenstadt zerstört. Das entsprach 80 Prozent der Bausubstanz Hanaus, ein Zerstörungsgrad wie in kaum einer anderen Stadt im heutigen Hessen. In der Innenstadt standen nur noch sieben Häuser. Die Einwohnerzahl der Stadt sank unter 10.000. Hanau verlor eine Vielzahl seiner Kulturdenkmäler.
Die RAF verlor bei dem Angriff einen Bomber.
Eine Gedenkstätte auf dem Hauptfriedhof Hanau erinnert auch an die Opfer des Luftangriffs vom 19. März 1945.
Beim Wiederaufbau der Stadt wurden gegen große Widerstände aus der Bürgerschaft und zivilgesellschaftlicher Organisationen, wie des Hanauer Geschichtsvereins, die Ruinen des Stadtschlosses, der Kommandantur, des Zeughauses und des Stadttheaters abgerissen, ebenso die meisten noch erhaltenen Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Die Umfassungsmauer der wallonischen Hälfte der Wallonisch-Niederländischen Doppelkirche steht bis heute als Ruine und Mahnmal. Das Hanauer Stadtbild hat sich so durch die Luftangriffe und den Wiederaufbau radikal gegenüber dem Erscheinungsbild von vor 1945 verändert.
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