Karl Heinz Bohrer: Deutscher Literaturwissenschaftler und Essayist

Karl Heinz Bohrer (* 26.

September">26. September 1932 in Köln; † 4. August 2021 in London) war ein deutscher Literaturkritiker, Literaturtheoretiker und Publizist.

Leben

Bohrer war der Sohn des promovierten Volkswirts Hermann Bohrer und seiner Ehefrau Elisabeth Bohrer, geb. Ottersbach. Er besuchte von 1939 bis 1943 die Volksschule in seiner Heimatstadt. Danach war er Schüler am humanistischen Gymnasium und Landschulheim Birklehof in Hinterzarten im Schwarzwald. Die Pädagogik des Internats wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Philosophen Georg Picht neu begründet. 1953 legte Bohrer die Reifeprüfung ab und studierte zunächst zwei Semester lang Germanistik, Theaterwissenschaft und Geschichte an der Universität zu Köln. Im selben Jahr fuhr er zum ersten Mal nach England, über das er in den kommenden Jahrzehnten immer wieder geschrieben und wo er auch lange gelebt hat.

Im Sommersemester 1954 wechselte er an die Universität Göttingen, wo er Germanistik, Geschichte und Philosophie studierte. Er begegnete dort unter anderem den Germanisten Arthur Henkel (der später sein Doktorvater wurde), Wolfgang Kayser und Hans Neumann, den Historikern Hermann Heimpel, Karl Lange, Percy Ernst Schramm und Reinhard Wittram sowie den Philosophen Helmuth Plessner und Hermann Wein.

Im Jahr 1957 legte Bohrer an der Universität Göttingen das Staatsexamen in den Fächern Deutsch und Geschichte ab. Danach nahm er eine Tätigkeit als Lektor für deutsche Sprache am Deutschen Zentrum in Stockholm auf. Für seine Promotion immatrikulierte er sich im Sommersemester 1960 an der Universität Heidelberg, an der er den Historiker Rudolf von Albertini sowie die Germanisten Arthur Henkel und Peter Wapnewski hörte. 1961 wurde er bei Arthur Henkel mit der Arbeit Der Mythos vom Norden. Studien zur romantischen Geschichtsprophetie promoviert.

Bohrer schrieb Kulturreportagen und literarische Essays für den Rundfunk und die Deutsche Zeitung, ehe er 1962 nach Hamburg in die Feuilletonredaktion der Welt kam. Von 1966 bis 1982 gehörte er der Feuilletonredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an und leitete ab 1968 deren Literaturressort. 1974 wurde er in dieser Funktion durch Marcel Reich-Ranicki abgelöst, der später über seinen Vorgänger Bohrer sagte, dieser habe den Literaturteil „mit dem Rücken zum Publikum redigiert“. Nach einer Pause von einem Jahr ging Bohrer dann 1975 für die FAZ als Korrespondent nach London.

1977/78 habilitierte er sich an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld mit einer Studie über die Ästhetik des Schreckens. Die pessimistische Romantik und Ernst Jüngers Frühwerk. 1982 wurde er auf den Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturgeschichte an die Universität Bielefeld berufen. 1984 wurde ihm als Nachfolger von Hans Schwab-Felisch die Herausgeberschaft des Merkur übertragen, die er von 1991 bis 2011 gemeinsam mit Kurt Scheel wahrnahm. Ab 1993 gab er zudem die Schriftenreihe Aesthetica des Suhrkamp-Verlags heraus. Bohrer war der erste Inhaber der Heidelberger Gadamer-Professur.

1997 wurde er in Bielefeld emeritiert. Karl Heinz Bohrer war in erster Ehe mit Barbara Bohrer verheiratet, in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Undine Gruenter († 2002). Er wohnte zuletzt in London und lebte in dritter Ehe mit Angela Bielenberg (geb. Gräfin von der Schulenburg). Bohrer starb Anfang August 2021 im Alter von 88 Jahren in London.

Im September 2021 ist bei Suhrkamp Was alles so vorkommt: Dreizehn alltägliche Phantasiestücke postum erschienen.

Werk

Der österreichische Schriftsteller Franz Schuh bezeichnete Bohrer in einem weiträumigen Essay Der letzte Ästhet. Zu den Schriften Karl Heinz Bohrers als „derzeit wichtigsten Denker des Ästhetischen“. In diesem Aufsatz besprach Schuh eine Reihe von Arbeiten Bohrers, die dieser der Thematik eines ästhetisierenden Schrecklichen und Bösen gewidmet hatte. Es handelt sich um: 1. Erscheinungsschrecken und Erwartungsangst, 2. Die Ästhetik des Schreckens. Die pessimistische Romantik und Ernst Jüngers Frühwerk, 3. Die Grenzen des Ästhetischen, 4. Sprachen der Ironie – Sprachen des Ernstes. Das Problem, 5. Ästhetik des Staates, 6. Das Böse – eine ästhetische Kategorie?, 7. Der Abschied. Theorie der Trauer. Baudelaire, Goethe, Nietzsche, Benjamin und 8. Möglichkeiten einer nihilistischen Ethik. Neben seinen späteren Essays schrieb Bohrer auch eine Autobiographie in zwei Bänden: Granatsplitter (2012) und Jetzt (2017).

Anlässlich des Spieles der Wembley-Elf (1972) prägte der damalige London-Korrespondent Bohrer die Wendung, Netzer habe seine Vorstöße „aus der Tiefe des Raumes“ vorgetragen. Die Formulierung brachte es zur stehenden Redewendung, nicht nur im Fußballdiskurs, und zum Titel eines Kinofilms. Bohrer wird ebenso mit der Prägung des Begriffs „Gutmensch“ in Verbindung gebracht.

Auszeichnungen

Schriften

Interviews

Einzelnachweise

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