Hermann-Mauguin-Symbolik

Die Hermann-Mauguin-Symbolik (nach den Kristallographen Carl Hermann und Charles-Victor Mauguin) wird zur Beschreibung von Symmetrieelementen und Symmetriegruppen verwendet.

Ihr Hauptanwendungsgebiet ist die Beschreibung der 32 kristallographischen Punktgruppen und der 230 kristallographischen Raumgruppen. Weiter wird sie zur Beschreibung zweidimensionaler ebener Gruppen, zwei- und dreidimensionaler subperiodischer Gruppen (Bandornament-, Stab- und Schichtgruppen) und nicht-kristallographischer Gruppen verwendet. Normiert ist sie in den International Tables for Crystallography.

Neben der Symbolik nach Hermann-Mauguin existiert eine Schreibweise nach Arthur Schoenflies, die Schoenflies-Symbolik. Sie wird jedoch kaum noch für die Beschreibung eines kristallinen Zustands genutzt, sondern zur Beschreibung der Symmetrie von Molekülen.

Symbole der Symmetrieelemente

Drehachsen

Eine Drehung um Hermann-Mauguin-Symbolik  wird dargestellt durch Hermann-Mauguin-Symbolik  (gesprochen „n-fache Drehung“).

Spezialfälle sind:

  • Hermann-Mauguin-Symbolik , eine Drehung um 360°, entsprechend der Identität
  • Hermann-Mauguin-Symbolik , eine Drehung um einen beliebig kleinen Winkel.

In kristallographischen Raum- und Punktgruppen können folgende Drehungen vorkommen:

n (= Anzahl
symmetrieäquivalente Teilchen)
Beschreibung Drehwinkel Bemerkung
Hermann-Mauguin-Symbolik  Identität 0° = 360° Element jeder Gruppe;
entfällt meist im Kurzsymbol
Hermann-Mauguin-Symbolik  zweizählige
Drehachse
180°
Hermann-Mauguin-Symbolik  dreizählige
Drehachse
120°
Hermann-Mauguin-Symbolik  vierzählige
Drehachse
90°
Hermann-Mauguin-Symbolik  sechszählige
Drehachse
60°

Inversionszentrum

  • Hermann-Mauguin-Symbolik : Inversionszentrum. Vervielfältigung eines Teilchens durch Punktspiegelung. Es entstehen insgesamt zwei symmetrieäquivalente Teilchen.

Gekoppelte Symmetrieoperationen (Drehinversionsachsen)

Eine Drehung um Hermann-Mauguin-Symbolik  und anschließende Punktspiegelung an einem Punkt auf der Drehachse wird dargestellt durch Hermann-Mauguin-Symbolik .

In kristallographischen Raum- und Punktgruppen können folgende Drehinversionen vorkommen:

Hermann-Mauguin-Symbolik  Beschreibung Drehwinkel Anzahl
symmetrieäquivalente Teilchen
Hermann-Mauguin-Symbolik  Inversion / Punktspiegelung 0° = 360° 2
Hermann-Mauguin-Symbolik 
Hermann-Mauguin-Symbolik *
zweizählige
Drehinversionsachse
180° 2
Hermann-Mauguin-Symbolik  dreizählige
Drehinversionsachse
120° 6
Hermann-Mauguin-Symbolik  vierzählige
Drehinversionsachse
90° 4
Hermann-Mauguin-Symbolik  sechszählige
Drehinversionsachse
60° 6

*) Da diese Operation zum selben Ergebnis führt wie die Spiegelung an einer Ebene, wird das Symbol Hermann-Mauguin-Symbolik  nicht verwendet, sondern immer als Spiegelebene Hermann-Mauguin-Symbolik  angegeben.

Spiegelebene

  • Hermann-Mauguin-Symbolik : Spiegelebene. Vervielfältigung eines Teilchens durch Spiegelung an einer Ebene. Es entstehen insgesamt zwei symmetrieäquivalente Teilchen.

Kombinierte Symmetrieoperationen (Drehachsen senkrecht zu Spiegelebenen)

Eine Drehachse senkrecht zu einer Spiegelebene Hermann-Mauguin-Symbolik  wird dargestellt durch Hermann-Mauguin-Symbolik  oder Hermann-Mauguin-Symbolik  (jeweils gesprochen „n über m“; beide Schreibweisen sind äquivalent, die erste ist in der älteren Literatur üblich).

Hermann-Mauguin-Symbolik  Beschreibung Anzahl
symmetrieäquivalente Teilchen
Hermann-Mauguin-Symbolik  zweizählige Drehachse
senkrecht zu einer Spiegelebene
4
Hermann-Mauguin-Symbolik 
Hermann-Mauguin-Symbolik *
dreizählige Drehachse
senkrecht zu einer Spiegelebene
6
Hermann-Mauguin-Symbolik  vierzählige Drehachse
senkrecht zu einer Spiegelebene
8
Hermann-Mauguin-Symbolik  sechszählige Drehachse
senkrecht zu einer Spiegelebene
12

*) Da diese Operation zum selben Ergebnis wie die sechszählige Drehinversionsachse führt, wird das Symbol Hermann-Mauguin-Symbolik  bzw. Hermann-Mauguin-Symbolik  nicht verwendet, sondern immer als sechszählige Drehinversionsachse Hermann-Mauguin-Symbolik  angegeben.

Symbole der Punktgruppen

Mit den oben beschriebenen Symbolen lassen sich die 32 Punktgruppen (Kristallklassen) beschreiben, da deren Symmetrieoperationen anders als die Raumgruppen (s. u.) keine Translation beinhalten.

Für jedes Kristallsystem werden die Symmetrieoperationen bezüglich dreier vorgegebener kristallographischer Richtungen angegeben:

  • die Dreh- und Drehinversionsachsen parallel zu folgenden Richtungen
  • die Spiegelebenen senkrecht zu folgenden Richtungen:
Kristallsystem 1. Stelle 2. Stelle 3. Stelle
monoklin Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
orthorhombisch Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
tetragonal Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
trigonal,
hexagonale Aufstellung
Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
hexagonal Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
trigonal,
rhomboedrische Aufstellung
Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 
kubisch Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik  Hermann-Mauguin-Symbolik 

Im triklinen Kristallsystem gibt es die Punktgruppen

  • Hermann-Mauguin-Symbolik  (Abwesenheit von Inversionszentren)
  • Hermann-Mauguin-Symbolik  (Anwesenheit von Inversionszentren).

(Die farbig hinterlegten Richtungen werden in den Punktgruppensymbolen grundsätzlich nicht angegeben, da dort nie Symmetrieelemente außer Hermann-Mauguin-Symbolik  oder Hermann-Mauguin-Symbolik  liegen. Für die Raumgruppensymbole werden sie aber gelegentlich benötigt.)

Bei der gekürzten Schreibweise der Hermann-Mauguin-Symbole werden redundante Informationen weggelassen: so wird z. B. Hermann-Mauguin-Symbolik  statt Hermann-Mauguin-Symbolik  geschrieben.

Beispiel

Als Beispiel lässt sich die kristallographische Punktgruppe bzw. Kristallklasse orthorhombisch-disphenoidisch (Kristallklasse Nr. 6) beschreiben mit dem Hermann-Mauguin-Symbol 222. (Die konkreten Symbole für die weiteren Kristallklassen finden sich hier: Punktgruppe #Die 32 kristallographischen Punktgruppen (Kristallklassen).)

Dieses Symbol ist wie folgt zu deuten: es ist aus drei Einzelysmbolen zusammengesetzt, die sich jeweils auf eine vorgegebene (Blick-)Richtung beziehen. Die drei betrachteten Richtungen sind im orthorhombischen Kristallsystem:

  • Richtung der a-Achse (<100>): 1. Einzelysmbol
  • Richtung der b-Achse (<010>): 2. Einzelysmbol
  • Richtung der c-Achse (<001>): 3. Einzelysmbol.

In diesen drei Richtungen enthält die beschriebene Kristallklasse jeweils eine zweizählige Drehachse (Einzelsymbol 2), aber im Unterschied zu den anderen orthorhombischen Kristallklassen keine Drehinversionsachse.

Die drei o. g. Richtungen und damit auch die zweizähligen Drehachsen, die bei dieser Kristallklasse in ihnen liegen, stehen jeweils paarweise senkrecht aufeinander.

Da es bei dieser Kristallklasse keine Richtung ohne Symmetrieelement gibt, die man bei der Aufstellung des Symbols weglassen könnte, ist die Kurzform des Symbols identisch mit der Langform.

Symbole der Raumgruppen

Die Bezeichnung für die Raumgruppen funktioniert im Prinzip wie die der Punktgruppen.

Zusätzlich wird das Bravais-Gitter vorangestellt:

Außerdem treten zusätzliche Symbole auf:

  • Hermann-Mauguin-Symbolik : Hermann-Mauguin-Symbolik -zählige Schraubenachse mit Translation um Hermann-Mauguin-Symbolik  Teile eines Gittervektors
  • Hermann-Mauguin-Symbolik , Hermann-Mauguin-Symbolik  oder Hermann-Mauguin-Symbolik : Gleitspiegelebene mit Translation entlang eines halben Gittervektors
  • Hermann-Mauguin-Symbolik : Gleitspiegelebene mit Translation entlang einer halben Flächendiagonale
  • Hermann-Mauguin-Symbolik : Gleitspiegelebene mit Translation entlang einer viertel Flächendiagonale
  • Hermann-Mauguin-Symbolik : zwei Gleitspiegelungen mit gleicher Gleitspiegelebene und Translation entlang zweier (verschiedener) halber Gittervektoren

Ein Beispiel für eine tetragonale Raumgruppe in gekürzter Schreibweise ist Hermann-Mauguin-Symbolik .

Literatur

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