Das Forum Queeres Archiv München ist ein Verein mit Sitz in München, der zu LGBTIQ*-Geschichte sammelt und forscht.
Der regionale Fokus liegt auf München und Bayern. Der Verein besteht unter anderen Bezeichnungen seit 1999; zum 20-jährigen Bestehen erfolgte eine Umbenennung in Forum Queeres Archiv München – LesBiSchwulTransInter* in Geschichte und Kultur e.V.
Forum Queeres Archiv München | |
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Gründung | 1999 |
Mitglieder | 80 (2024) |
Website | forummuenchen.org |
Das Forum Queeres Archiv München sammelt zur Kultur- und Alltagsgeschichte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und intersexuellen Menschen. Ziel ist es, „die Lebenskultur von LGBTIQ* der vergangenen Jahrzehnte in München und der Region zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.
Die Sammlung zur Schwulengeschichte setzt mit den Aktivitäten der ersten Homosexuellenbewegung ein, die sich dem Vorbild von Magnus Hirschfeld in Berlin folgend, im Jahr 1902 als Wissenschaftlich-humanitäres Komitee in München gründete.
Nach dem Erhalt des literarischen Nachlasses von Gustl Angstmann, der durch seine Aktivität seit den 1970er Jahren herausragende emanzipationspolitische Zeichen setzte, verfügte das Forum, seine schwulenbezogene Sammlung nach ihm zu benennen. Das Gustl-Angstmann-Archiv enthält und würdigt die Verdienste des Autors und Gesprächstherapeuten, der das öffentliche Schweigen in München brach und lange scharfzüngig die politischen Entwicklungen mit seinen Glossen kommentierte.
Seit 2014 wird im Forum ein Lesbenarchiv „Raum für Lesbengeschichte“ aufgebaut. Zu den Beständen gehören inzwischen mehrere Vor- und Nachlässe der Neuen Frauen-Lesben-Bewegung bzw. historische Dokumente, Fotos, Notizen, Programmzettel, Zeitschriften, Plakate oder andere Gedenkstücke der Bewegungsgeschichte, die Informationen über lesbisches Leben und Identität in Vergangenheit und Gegenwart gewähren.
Der Gesamtbestand des Forum umfasst etwa 3700 Bücher, mehr als 200 Zeitschriftentitel mit mehr als 9200 Exemplaren, etwa 950 Poster, 1200 Videokassetten, DVDs und CDs sowie 600 Digitalisate. Dazu kommen private Dokumente, Tagebücher, Fotoalben und Flyer. Das Forum verfügt u. a. über eine umfangreiche Sammlung von Zeitzeug*inneninterviews, Fotos des Fotografen Horst Middelhoff sowie Privataufnahmen aus dem Nachlass des Aktivisten Guido Vael und Unterlagen des ersten offen schwulen Stadtrats Gerd Wolter. Im Oktober 2019 gründete sich am Forum eine Forschungsgruppe, die das Leben und Werk des Malers Paul Hoecker untersucht. Ein Teil des Familiennachlasses Hoeckers befindet sich seit 2020 im Archiv des Forums und wurde digitalisiert. In Interviews und Zeitzeuginnengesprächen wird seit 2019 die Geschichte lesbischer Kneipen in München rekonstruiert. In den letzten Jahren traten Bisexualität, Trans und Inter* zu den Sammlungsthemen hinzu.
Das Forum Queeres Archiv München kooperiert u. a. mit dem Münchner Stadtmuseum und dem Stadtarchiv München: Im Februar 2020 riefen sie gemeinsam unter dem Motto „München sucht seine LGBTI*-Geschichte“ dazu auf, Dokumente und Objekte abzugeben, um eine Sammlung zur LGBTIQ*-Stadtgeschichte im Münchner Stadtmuseum aufzubauen. Der Künstler Philipp Gufler verwendete die Postersammlung des Forum Queeres Archiv München für seine Installation „I Wanna Give You Devotion“, die 2021/2022 in der Ausstellung „Sweat“ im Haus der Kunst München und 2023 im Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg zu sehen war.
Der Verein wurde 1999 unter dem Namen forum homosexualität und geschichte münchen e.V. gegründet. Ziel war es, Zeugnisse des Lebens von schwulen Männern, lesbischen Frauen und allen weiteren Menschen mit nicht-heterokonformer Sexualität oder abweichender Geschlechtsidentität zu sammeln und zu veröffentlichen sowie die Arbeit von LGBTIQ*-Initiativen zu dokumentieren. Geografischer Schwerpunkt des Sammlungsziels ist München. Die Motivation zur Vereinsgründung erfolgte aus der Erkenntnis, dass andernfalls aufgrund staatlicher Verfolgung und gesellschaftlicher Ausgrenzung wichtige Kulturgüter verloren gehen. Bereits bei der Gründung distanzierte sich das Forum von Aktivisten für Pädophilie wie dem Gründungsmitglied Wolfram Setz.
Eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Archivs spielte der Fachverband Homosexualität und Geschichte und seine jährlichen Tagungen im deutschsprachigen Raum, die einzelne Themen der Bewegungs- und Biografieforschung benennen und vertiefen. Die Arbeit des Forums bewirkte, dass die Geschichts- und Kulturarbeit der LGBTIQ*-Community Münchens aus ungesicherten Privatsammlung gerettet, gebündelt und unter ein Dach gestellt werden konnte. 2007 änderte der Verein seinen Namen in forum homosexualität münchen e.V. - lesben und schwule in geschichte und kultur. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens erfolgte, entsprechend dem erweiterten Fokus der Vereinsarbeit, im Jahr 2019 eine nochmalige Umbenennung in Forum Queeres Archiv München - LesBiSchwulTransInter* in Geschichte und Kultur e.V.
2017 lud das Archiv Wolfram Setz zu einem Vortrag beim Erinnerungsfestakt für Karl Heinz Ulrichs ein. In diesem Rahmen warb Setz ohne Absprache für die Unterstützung von Pädophilie und brachte das Forum damit in Misskredit. Er erhielt daraufhin eine Rüge vom Vorstand. Das war das Ende der Zusammenarbeit, doch das Forum konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob nicht Pädophile oder deren Unterstützer Einfluss auf seine Arbeit genommen hatten. 2023 bat daher der Vorstand beim Münchner Stadtrat um 53.000 Euro für die Untersuchung der Geschichte des Forums in Bezug auf Pädophilie. Es wurden 45.000 Euro aus dem Fonds Queere Gleichstellung und 8.000 Euro aus dem Etat des Kulturreferats bewilligt, zusätzlich zu den jährlich von der Stadt bezahlten 400.000 Euro für die laufende Arbeit. Für die Aufarbeitung wurde im Rahmen einer Ausschreibung das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) ausgewählt. Für die Arbeit wurde ein Jahr veranschlagt.
2023 hatte der Verein etwa 100 Mitglieder.
Das Forum Queeres Archiv München veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Publikationen. Die Reihe „Splitter“ befasst sich mit historischen und gesellschaftsgeschichtlichen Themen, „Lebensgeschichten“ behandeln (auto-)biografische Geschichten, Künstler*innenbücher dokumentieren künstlerische Arbeiten, die aus Archivmaterialien entstanden. Das Forum wirkte u. a. maßgeblich an der Entstehung des ThemenGeschichtsPfads „Geschichte der Schwulen und Lesben in München“ des Kulturreferats der Landeshauptstadt München und war an der Entstehung des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Lesben und Schwulen beteiligt.
Das Forum Queeres Archiv München veranstaltet Stadtrundgänge, Lesungen, Vorträge, Erzählcafés und Ausstellungen zu LGBTIQ*-Themen und -Persönlichkeiten und in Kooperation mit Einrichtungen wie dem NS-Dokumentationszentrum (München) und Gruppen zu historischen oder aktuellen Themen Erlebnistagungen und künstlerische Projekte.
Von November 2021 bis August 2022 war das Forum Queeres Archiv München Teil der Reihe „Archives in Residence“ im Münchner Haus der Kunst.
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