Windröschen: Gattung der Familie Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
Die Windröschen (Anemone) bilden eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae).
Zu dieser Gattung zählen rund 150 Arten, die vor allem auf der Nordhalbkugel und dort schwerpunktmäßig in den gemäßigten Gebieten Asiens heimisch sind.
Als Zierpflanze haben viele Arten auch in mitteleuropäischen Gärten Verbreitung gefunden. Die wichtigsten darunter sind die Garten-Anemone (Anemone coronaria) und das aus der Türkei stammende Balkan-Windröschen (Anemone blanda), auch Strahlen-Anemone genannt.
Anemone-Arten wachsen als ausdauernde, krautige Pflanzen, je nach Art können sie sehr unterschiedliche Wuchshöhen (10 bis 60 Zentimeter) erreichen. Es werden Rhizome oder Knollen als Überdauerungsorgane gebildet.
Die Laubblätter sind meist nur grundständig; zur Blütezeit fehlen die Grundblätter bei einigen Arten. Die gestielten Grundblätter sind einfach oder zusammengesetzt. Die Blattspreite kann gelappt oder geteilt sein. Die Blattränder sind glatt bis gezähnt.
Generative Merkmale
Am Stängel befindet sich je nach Art in unterschiedlicher Höhe ein Quirl (Wirtel) meist zwei bis sieben (selten bis zu neun) laubblatt- oder kelchblattähnlichen Hochblättern. Die endständigen, zymösen oder doldigenBlütenstände sind selten ein-, meist zwei- bis neunblütig.
Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch. Die 4 bis 20 (selten bis 27) freien Blütenhüllblätter sind 1,5 bis 40 Millimeter lang. Die Farben der Blütenhüllblätter reichen von weiß über rosa bis rot, von violett bis blau, grün und gelb. Nektarien sind vorhanden. Es sind 10 bis 200 Staubblätter vorhanden. Es sind viele freie Fruchtblätter vorhanden, die jeweils nur eine Samenanlage enthalten. Ein Griffel ist ausgebildet.
Je Blüten werden viele, gestielte oder ungestielte, eiförmige bis verkehrt-eiförmige Früchte (Balgfrüchte oder Nüsschen) gebildet. Die Früchte sind bis zu 40, selten bis zu 50 Millimeter lang und manchmal behaart. Auf den Früchten ist meist der Griffel noch gut erkennbar.
Giftigkeit
Alle Arten sind im frischen Zustand durch Protoanemonin schwach giftig, deshalb wurde früher daraus Pfeilgift gewonnen. Beim Trocknen und Kochen wird das enthaltene Gift in das ungefährliche Anemonin umgewandelt. Im frischen Futter können Anemonen Vergiftungen beim Vieh hervorrufen.
Systematik und Verbreitung
Taxonomie
Die Erstveröffentlichung des Gattungsnamens Anemone erfolgte durch Carl von Linné.
Der botanische Gattungsnamen Anemone geht auf die Antike zurück. Plinius der Ältere bringt ihn mit dem griechischen anemos = Wind in Verbindung. Anemona war auch eine Nymphe am Hofe der Göttin Flora. Der Sage nach soll sich Floras Gatte Zephyr, der Gott des Windes, in Anemona verliebt haben, worauf sie von der eifersüchtigen Göttin in eine Blume verwandelt wurde. Man nimmt aber eher an, dass der Name Anemone auf ein arabisches Wort für Adonis, nämlich an-nu'mān (= Blut) zurückzuführen ist und eine rotblühende Pflanzenart bezeichnet.
Die Gattung Anemone gehört zur Tribus Anemoneae innerhalb der Familie der Ranunculaceae. Der Umfang der Gattungen innerhalb der Tribus Anemoneae wird kontrovers diskutiert.
Die etwa 150 Arten sind weltweit auf allen Kontinenten verbreitet außer auf Antarktika. Hauptsächlich liegen die Areale in den Gemäßigten Gebieten. In China werden 2001 etwa 53 Arten verzeichnet, 22 davon gibt es nur dort. In Nordamerika kommen etwa 25 Arten vor. In Europa gibt es etwa 17 Arten.
Die Leberblümchen mit dem in Europa heimischen Leberblümchen (Anemone hepatica) waren früher eine eigene Gattung (Hepatica), die etwa sechs Arten umfasste: Außer Hepatica nobilis, Hepatica transsylvanica aus Rumänien und vier Arten aus eng umgrenzten Arealen in Ostasien, Hepatica falconeri, Hepatica henryi, Hepatica maxima und Hepatica yamatutai. Sie werden nach Hoot al. 1994 in die Gattung Anemone eingegliedert.
Europäische Arten:
Altai-Windröschen (Anemone altaicaFischer ex C.A.Meyer): In Asien kommt sie im Altai-Gebirge vor und sie kommt im europäischen Teil Russlands vor.
Stern-Anemone (Anemone hortensisL.): Die zwei Unterarten kommen von Frankreich und Italien mit Korsika, Sardinien und Sizilien bis Slowenien, Kroatien, Albanien und Kreta vor.
Anemone jenisseensis(Korsh.) Krylov & Steinb.: Sie kommt vom europäischen Teil Russlands bis Ostasien vor.
Buschwindröschen, volkstümlich auch "Hexenblume" (Anemone nemorosaL.) Sie ist in Eurasien weitverbreitet.
Westmediterrane Anemone oder Handförmige Anemone (Anemone palmataL.): Sie kommt in Tunesien, Algerien, Marokko, Gibraltar, Spanien, Portugal, Sardinien und Sizilien vor, früher auch in Frankreich.
Rückwärtsgebogene Anemone (Anemone reflexaStephan): Sie kommt vom europäischen Teil Russlands bis Ostasien vor.
Großes Windröschen (Anemone sylvestrisL.) Sie ist in Eurasien weitverbreitet, kommt aber im Mittelmeerraum kaum vor.
Siebenbürger Leberblümchen (Anemone transsilvanica(Fuss) Heuffel), (Syn.: Hepatica transsilvanicaFuss): Sie kommt in krautreichen Laubwäldern in Rumänien in den Karpaten und in Siebenbürgen bis in eine Höhenlage von 2000 Metern vor.
Dreiblatt-Windröschen (Anemone trifoliaL.) Sie kommt von der Iberischen Halbinsel über Frankreich bis Italien, Slowenien, Kroatien, Ungarn und Finnland vor.
Anemone uralensisFisch. ex DC.: Sie kommt vom europäischen Teil Russlands bis zum Ural vor.
Asiatische Arten:
Baikal-Windröschen (Anemone baicalensisTurcz. & Ledeb.): Sie kommt in Ostsibirien, Nordkorea, in der Mongolei und in den chinesischen Provinzen südliches Gansu, östliches Heilongjiang, Jilin, Liaoning, südliches Shanxi, zentrales sowie nordwestliches Sichuan und in Yunnan vor.
Schlaffes Windröschen (Anemone flaccidaF.Schmidt): Es kommt in Russlands Fernem Osten, auf Sachalin, in Japan und in China in vier Varietäten vor.
Fiederblättrige Anemone (Anemone glaucifoliaFranch.; wird auch als Anemoclema glaucifolium(Franch.) W.T.Wang in eine eigene Gattung Anemoclema gestellt): Sie gedeiht in Wäldern und Grasfluren in Höhenlagen von 1700 bis 3000 Metern in den chinesischen Provinzen südwestliches Sichuan sowie nordwestliches Yunnan.
Herbstanemone (Anemone hupehensis(E.Lémoine) E.Lémoine): Sie kommt ursprünglich in Taiwan, im nördlichen Guangdong, im nördlichen Guangxi, in Guizhou, im westlichen Hubei, in Jiangxi, im südlichen Shaanxi, in Sichuan, Yunnan und im östlichen Zhejiang (nur auf dem Tiantai Shan) vor. Sie gedeiht in den Heimatgebieten in Höhenlagen von 400 bis 2600 Metern.
Stumpflappige Anemone (Anemone obtusilobaD.Don): Sie kommt in etwa drei Unterarten in Afghanistan, Pakistan, Bhutan, im nördlichen Indien, in Kaschmir, Nepal, Sikkim, Myanmar, in der Mongolei, im östlichen sowie südlichen Tibet und in den chinesischen Provinzen südwestliches Sichuan sowie westliches Yunnan vor.
Vielblütiges Windröschen (Anemone polyanthesD.Don) (östlicher Himalaya und Pakistan)
Fasan Windröschen (Anemone raddeanaRegel): Sie kommt in Japan, Korea, in Russlands Fernem Osten und in zwei Varietäten in den chinesischen Provinzen Heilongjiang, östliches Jilin, Liaoning, östliches Shandong sowie nördliches Zhejiang vor.
Anemone rivularis var. rivularis (Syn.: Anemone levielleiUlbr.): Sie kommt in Indien, Bhutan, Nepal, Sikkim, auf Sumatra, in Sri Lanka. östlichen sowie südlichen Tibet und in den chinesischen Provinzen südwestliches Gansu, westliches Guangxi, Guizhou, südwestliches Hubei, südöstliches Qinghai, Sichuan sowie Yunnan vor.
Anemone rivularis var. flore-minoreMaxim.: Sie gedeiht in Höhenlagen von 900 bis 3000 Metern in der Inneren Mongolei und in den chinesischen Provinzen Gansu, Hebei, Henan, Ningxia, Qinghai, Shaanxi, Sichuan sowie westliches Xinjiang.
Felsen-Windröschen (Anemone rupicolaCambess.): Es kommt im Himalaja, in Tibet und in den chinesischen Provinzen Sichuan sowie Yunnan vor.
Westhimalaische Anemone (Anemone tetrasepalaRoyle): Sie gedeiht in Tannenwäldern, auf alpinen Matten, an felsigen Bachufern in Höhenlagen von 2100 bis 3600 Metern im Westhimalaja (Afghanistan, Kaschmir, Nordwestindien, Pakistan).
Filzblättrige Anemone (Anemone tomentosa(Maxim.) C.Pei): Sie gedeiht in Grasfluren in Höhenlagen von 700 bis 3400 Metern in den chinesischen Provinzen Hebei, Henan, Hubei, Qinghai, Shanxi sowie Sichuan.
Löffelblättrige Anemone (Anemone trullifoliaHook. f. & Thomson): Die etwa drei Varietäten kommen in Bhutan, Nepal, Sikkim, im südlichen Tibet und in den chinesischen Provinzen südwestliches Gansu, südliches Qinghai, südliches Sichuan sowie nordwestliches Yunnan vor.
Weinblättrige Anemone (Anemone vitifoliaBuch.-Ham. ex DC.): Sie kommt vor in lichten Wäldern, in Grasfluren, an Flussufern in Höhenlagen von 1200 bis 2700 Metern in Bhutan, Nepal, Sikkim, nördlichen Myanmar, Tibet und in den chinesischen Provinzen Sichuan sowie Yunnan.
Dazu:
Hepatica henryi(Oliv.) Steward (Syn.: Anemone henryiOliv.): Sie kommt in China vor.
Nordamerikanische Arten:
Kanada-Buschwindröschen (Anemone canadensisL.) (Kanada, USA, in Skandinavien eingebürgert)
Carolina-Anemone (Anemone carolinianaWalter) (von Texas und Alabama bis South-Dakota und Minnesota)
Prärie-Anemone (Anemone cylindricaA. Gray): Sie kommt in trockenen lichten Wäldern, in Prärien, auf Weiden, an Straßenrändern in Nordamerika in Höhenlagen von 300 bis 3000 Metern vor.
Drummonds Windröschen (Anemone drummondiiS. Watson) (Alaska, Kanada, USA)
Pazifisches Windröschen (Anemone multifidaPoir.) (Alaska, Kanada, USA, gemäßigtes Südamerika)
Riff-Windröschen (Anemone ripariaFernald) (Kanada, USA)
Virginia-Anemone (Anemone virginianaL.) (Kanada, USA)
Viele Arten der Gattung Windröschen (Anemone) werden in Parks und Gärten als Zierpflanzen verwendet. Für die Kultivierung in Gärten der gemäßigten Gebiete war neben der schönen Blüte entscheidend, dass diese Arten ausdauernd, winterhart und leicht zu vermehren sind.
Anemone im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
Werner Greuter, Hervé-Maurice Burdet, Gilbert Long (Hrsg.): Med-Checklist. A critical inventory of vascular plants of the circum-mediterranean countries. Vol. 4: Dicotyledones (Lauraceae – Rhamnaceae). Conservatoire et Jardin Botanique, Genève 1989, ISBN 2-8277-0154-5, S.393–395 (englisch, online).
Literatur
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Bryan E. Dutton, Carl S. Keener, Bruce A. Ford: Anemone. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 3: Magnoliophyta: Magnoliidae and Hamamelidae. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 1997, ISBN 0-19-511246-6, S.139–141 (englisch, online).
Einzelnachweise
Weiterführende Literatur
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Svetlana Ziman, Elena Bulakh, Olga Tsarenko: Anemone L. (Ranunculaceae): comparative morphology and taxonomy of the species from the Balkan flora. In: Botanica Serbica, Volume 35, Issue 2, 2011, S. 87–97. Volltext-PDF.
Sara B. Hoot, Kyle M. Meyer, John C. Manning: Phylogeny and Reclassification of Anemone (Ranunculaceae), with an Emphasis on Austral Species. In: Systematic Botany, Volume 37, Issue 1, 2012, S. 139–152. doi:10.1600/036364412X616729
S. M. Ziman, Y. Kadota, Olena V. Bulakh: Comparative-morphological approaches to the taxonomy of the genus Anemone L. (Ranunculaceae). In: Ukrainian Botanical Journal, Volume 70, April 2013. doi:10.15407/ukrbotj70.02.152
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