2008 Eisenbahnunfall Von Studénka

Bei dem Eisenbahnunfall von Studénka fuhr am 8.

August 2008 bei Studénka, Tschechien, der EuroCity 108 Comenius der České dráhy in die Trümmer einer kurz zuvor eingestürzten Brücke. Acht Menschen starben.

2008 Eisenbahnunfall Von Studénka
Herabgestürztes Brückenteil und zerstörter Wagen des EuroCitys
2008 Eisenbahnunfall Von Studénka
Verkeilte Zugteile
2008 Eisenbahnunfall Von Studénka
Gedenkstein für die Opfer des Unfalls

Ausgangslage

Über die von dem Zug befahrene Bahnstrecke Břeclav–Petrovice u Karviné führt in der südwestlichen Ausfahrt des Bahnhofs Studénka die Landstraße 464 mit einer Stahlbrücke, die einen Ersatzneubau erhielt. Ausführende Firma war die tschechische Tochter der deutschen Baufirma Max Bögl, die Bögl a Krýsl.

Der EuroCity 108 Comenius war hier am Morgen des 8. August 2008 von Krakau nach Prag unterwegs. Der Zug durchfuhr den Bahnhof Studénka an diesem Tag mit 10 Minuten Verspätung und war mit 134 km/h unterwegs.

Unfallhergang

Als der EuroCity gegen 10:30 Uhr den Bahnhof passierte, knickte die im Bau befindliche Brücke ein, löste sich von ihren Hilfsstützen und stürzte unmittelbar vor dem Zug auf die darunter verlaufende Bahnstrecke. Der Lokführer veranlasste unmittelbar eine Schnellbremsung, konnte die Geschwindigkeit des Zuges aber nur noch auf 90 km/h reduzieren. Die Lokomotive entgleiste und die fünf folgenden Wagen verkeilten sich ineinander. Das abgestürzte und hunderte Tonnen schwere Tragwerk der Straßenbrücke wurde um 33,4 m in Fahrtrichtung des Zuges verschoben.

Folgen

Bei dem Unfall starben acht Menschen. 95 wurden darüber hinaus teils schwer verletzt.

Die materiellen Schäden beliefen sich auf circa 2,549 Mio. Euro – davon 2,084 Mio. € an Fahrzeugen der Tschechischen Bahnen, 158.000 € an Fahrzeugen eines im Nachbargleis wartenden Güterzuges der TSS Cargo und 305.000 € an der Infrastruktur. Das Triebfahrzeug 151.018-9 und die ersten drei Wagen des EuroCity 108 der České dráhy – einer der Gattung Bpee, zwei Bee – sowie die letzten drei Wagen des Güterzuges der TSS Cargo – einer der Bauart Faccpp, zwei Faccp – wurden aufgrund ihrer Schäden ausgemustert und verschrottet.

Drei Jahre nach dem Unglück wurde mithilfe des Bürgervereins Comenius 2008 Studénka in der Nähe der Katastrophe ein Denkmal mit den Vornamen aller acht Opfer enthüllt. Neben den Angehörigen der Opfer, Unfallbeteiligten und Bekannten war bei der Gedenkveranstaltung auch der Lokführer anwesend, der durch sein Handeln Schlimmeres verhindern konnte.

Ermittlungen

Eine Hauptursache für den Brückeneinsturz konnte nicht ermittelt werden, bloß eine Vielzahl von Nachlässigkeiten und Mängeln. Die Bahnispektion untersuchte nicht die Ursachen des Brückeneinsturzes, sondern konzentrierte sich auf die Gewährleistung der Sicherheit im Gleisbereich und des Bahnbetriebs während der Bauarbeiten. Auf diesem Gebiet bemängelte sie das Versäumnis, vor Erteilung der Baugenehmigung Bedingungen festzulegen, die die Sicherheitsrisiken einer gegenseitigen Beeinflussung der Bautätigkeit auf dem Gelände der betriebenen Bahn und des Schienenverkehrs eliminieren.

Die Berufungskammer des Bezirksgerichts Ostrava verhängte am 26. September 2022 Bewährungsstrafen von drei bis dreieinhalb Jahren gegen fünf Mitarbeiter der Bauunternehmen – drei des Generalunternehmers ODS (Dopravní stavby Ostrava, jetzt Eurovia) und zwei der bauausführenden Firma Bögl a Krýsl. Die Kammer differenzierte die Bewährungszeit nur geringfügig nach der Bedeutung wesentlicher Pflichtverletzungen und wandelte beide ursprünglich verhängten Haftstrafen gegen zwei Angestellte der Firma Bögl a Krýsl in Bewährungsstrafen um. Der Senatsvorsitzende erklärte, der Grund für die Strafmilderung sei die Verfahrensdauer und die Tatsache, dass die Angeklagten vor und nach der Tat ein ordentliches Leben führten. Ihm zufolge war es eine unbewusste Nachlässigkeit, wenn sie nicht wussten, was für ein Unglück sie verursachen könnten. Das Gericht hielt die Schuldfeststellung für richtig, auch wenn die Angeklagten behaupteten, sie hätten weder gegen ihre Arbeits- noch gegen ihre gesetzlichen Pflichten verstoßen.

Sicherheitsempfehlungen

Die Bahninspektion empfahl der Eisenbahnbehörde (als nationales Sicherheitsorgan für den Bahnbereich und Eisenbahnverkehr) bei der Bauplanung an gesamtstaatlichen-, Regional- und Anschlussbahnen und in deren Schutzzone:

  • sicherzustellen, dass während Baumaßnahmen eine Analyse deren Auswirkungen auf die betriebene Bahn und den Bahnverkehr sowie der Einflüsse der betriebenen Bahn und des Schienenverkehrs auf die Bauarbeiten erfolgt;
  • die Erteilung der Baugenehmigung an festgelegte Bedingungen zu knüpfen, die sich aus der Analyse zur Risikobeseitigung ergeben;
  • die Durchführung von Bautätigkeiten mit höherem Risiko von der Anwesenheit eines autorisierten Inspektors mit direkter Telefonverbindung zur Person, die den Eisenbahnverkehr leitet - konkret die Telekommunikationsanlage ständig in Reichweite zu haben, abhängig zu machen, um bei drohender Gefahr unverzüglich geeignete Maßnahmen zur sicheren Durchführung des Eisenbahnbetriebs bzw. zur sofortigen Einstellung des Eisenbahnverkehrs fordern zu können;
  • eigene Vorkehrungen zur Umsetzung der an die Eisenbahninfrastrukturverwaltung und weitere Infrastrukturbetreiber in Tschechien gerichteten Sicherheitsempfehlungen zu treffen.

Die Bahninspektion behält sich das Recht vor, nach Feststellung der Ursachen des Brückeneinsturzes im Interesse des sicheren Bahnbetriebs und Schienenverkehrs diese Sicherheitsempfehlung zu ergänzen.

Einzelnachweise

Literatur

  • Petr Slonek: Studénka 10 Jahre später: Erinnerungen und Ernüchterung in Der Eisenbahner, Monatsmagazin der České dráhy a. s., Nr. 15/2018, S. 20–21 (tschechisch)

49° 42′ 17,5″ N, 18° 3′ 4,1″ O

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