Die Überlebensfunktion gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein spezielles Ereignis (beispielsweise der Tod eines Patienten) nicht vor einem gewissen Zeitpunkt passiert.
Sie ist eine spezielle reelle Funktion in der Stochastik (insbesondere der Ereigniszeitanalyse), die eine Ergänzung zum Konzept der Verteilungsfunktion darstellt. Wie auch bei Verteilungsfunktionen kann jeder Überlebensfunktion eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet werden. Umgekehrt kann jeder Wahrscheinlichkeitsverteilung auf den reellen Zahlen eine Überlebensfunktion zugeordnet werden.
Ihren Namen tragen die Überlebensfunktionen, weil sie bei der Modellierung von Lebensdauern auftreten, beispielsweise von Individuen oder von Bauteilen. Gebe die Wahrscheinlichkeitsverteilung die kumulative Sterbewahrscheinlichkeit einer Spezies an. Dann entspricht die Überlebensfunktion an der Stelle der Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum älter als wird. Es „überlebt“ also den Zeitpunkt . Häufig wird die individuelle Überlebensfunktion betrachtet, welche bedingt auf andere Eigenschaften des Individuums ist.
Eine übliche graphische Darstellung für die Überlebenswahrscheinlichkeit gemittelt über alle Individuen einer Population ist die Überlebenskurve.
Gegeben sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf , versehen mit der Borelschen σ-Algebra , oder eine reellwertige Zufallsvariable . Dann heißt
beziehungsweise
die Überlebensfunktion von beziehungsweise .
Ähnlich wie bei den Verteilungsfunktionen gilt:
Aus der Überlebensfunktion lassen sich Quantile direkt ablesen. Beispielsweise ist die geschätzte Median-Überlebenszeit der Wert, bei dem die Überlebensfunktion den Wert 0.5 annimmt. Konfidenzintervalle für die geschätzten Quantile lassen sich ebenfalls ableiten.
Die Überlebenszeit T ist eine Zufallsvariable mit , wobei die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ist. Der Erwartungswert ist
Wegen gilt:
bzw. durch partielle Integration:
Ist die Verteilungsfunktion einer Wahrscheinlichkeitsverteilung und die Überlebensfunktion von , so gilt
Ebenso gilt für eine Zufallsvariable
Dies folgt direkt aus den Definitionen der jeweiligen Funktionen und der Normiertheit der Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Denn die Verteilungsfunktion ist genau die Wahrscheinlichkeit, einen Wert kleinergleich anzunehmen, die Überlebensfunktion die Wahrscheinlichkeit, einen Wert echt größer als anzunehmen. Somit ist ihre Summe die Wahrscheinlichkeit, irgendeinen Wert anzunehmen und damit eins.
Damit kann aus jeder Überlebensfunktion eine Verteilungsfunktion gewonnen werden. Ebenso kann aus jeder Verteilungsfunktion eine Überlebensfunktion gewonnen werden. Insbesondere lässt sich damit analog zum Vorgehen bei Verteilungsfunktionen jeder Funktion, welche die drei unter „Eigenschaften“ aufgezählten Punkte erfüllt, zur Überlebensfunktion einer eindeutig bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilung erklären (siehe auch Korrespondenzsatz).
Sieht man eine Wahrscheinlichkeitsverteilung als Wahrscheinlichkeit an, dass ein Individuum stirbt oder ein Bauteil versagt, so ist man häufig an einer Neueinschätzung der Überlebensdauer interessiert. Hat zum Beispiel eine Qualitätskontrolle ergeben, dass ein Bauteil zum Zeitpunkt noch arbeitet, so wird sich auf der Basis dieser Information die Einschätzung die Wahrscheinlichkeit verändern. Mittels der bedingten Wahrscheinlichkeit erhält man dann für die bedingte Überlebenswahrscheinlichkeit
und für die Restlebensdauer
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