Vergewaltigung ist die vierthäufigste der gegen Frauen verübten Straftaten in Indien.
Nach Aussage des jährlichen Berichts des Nationalen Amts für Verbrechensstatistiken (National Crime Records Bureau – NCRB) wurden im Jahr 2012 24.923 Vergewaltigungen angezeigt. Davon wurden 24.470 von jemandem, den das Opfer kannte, begangen (was 98 % entspricht). Nach den Statistiken des NCRB aus dem Jahr 2015 hatte Madhya Pradesh die höchste Anzahl an Anzeigen von Vergewaltigungen in Indien, während Jodhpur in Rajasthan die höchste Vergewaltigungsrate vorwies. Die zweithöchste Vergewaltigungsrate wurde in Delhi, der Hauptstadt Indiens, registriert.
Indien wurde als eines der Länder mit der niedrigsten Vergewaltigungsrate weltweit beschrieben. Jedoch wird spekuliert, dass dies daran liegt, dass ein Großteil der Vergewaltigungen nicht angezeigt wird. Die Bereitschaft, Vergewaltigungen anzuzeigen, ist in den 2010er Jahren gestiegen, da einige Fälle große Aufmerksamkeit in den Medien erhielten und zahlreiche öffentliche Proteste gegen das Verbrechen stattfanden. Dies führte zu einer Reform des Strafrechts für Sexualstraftaten.
Vor dem 3. Februar 2013 wurde im Indischen Strafrecht im Paragraph 375 Vergewaltigung wie folgt definiert:
§375. Vergewaltigung. Ein Mann, der eine Vergewaltigung begeht, hat sich der Straftat schuldig gemacht, wenn er den Geschlechtsverkehr mit einer Frau hatte und einer oder mehrere der folgenden Umstände zutrafen:
Diese Definition machte Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar. Außerdem wurden Straftaten zwischen Gleichgeschlechtlichen ausgenommen und das Schutzalter betrug 16 Jahre. Nach dem 3. Februar 2013 wurde die Definition abgeändert und unter anderem das Schutzalter auf 18 angehoben:
§375. Ein Mann verübt die Straftat der Vergewaltigung, wenn a) er mit seinem Penis in Vagina, Mund, Harnröhre oder Anus eindringt oder die Frau dazu bringt diese Handlungen mit einer anderen Person durchzuführen; oder b) er mit einem Objekt oder einem anderen Körperteil in die Vagina, die Harnröhre oder den Anus der Frau eindringt oder sie dazu bringt diese Handlungen mit einer anderen Person durchzuführen; oder c) den Körper einer Frau stimuliert, sodass ein Eindringen in die Vagina, die Harnröhre oder dem Anus stattfindet oder die Frau dazu bringt diese Handlungen mit einer anderen Person durchzuführen; oder d) mit seinem Mund die Vagina, den Anus oder die Harnröhre berührt oder die Frau dazu bringt diese Handlungen mit einer anderen Person durchzuführen und einer der folgenden Umstände gleichzeitig zutraf:
Dabei wird es nicht als Einwilligung gewertet, wenn die Frau sich nicht körperlich gegen das Eindringen wehrt.
Ausnahmen – 1. Medizinische Eingriffe gelten nicht als Vergewaltigung; 2. Der Geschlechtsverkehr eines Mannes mit seiner Frau, solange sie das fünfzehnte Lebensjahr vollendet hat, gilt nie als Vergewaltigung.
Selbst nach der Reformierung war Vergewaltigung in der Ehe immer noch nicht strafbar. Lediglich wurde im Paragraph 376 b die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt, solange Ehemann und Ehefrau nicht zusammen lebten. Das Strafmaß lag bei mindestens 2 Jahren Gefängnis. Erzwungener Geschlechtsverkehr in der Ehe wurde ebenfalls als Teil von häuslicher Gewalt unter Paragraph 498 a des indischen Strafgesetzbuches und des Gesetzes zum Schutz vor häuslicher Gewalt aus dem Jahre 2005 unter Strafe gestellt.
Weiterhin war jedweder gleichgeschlechtlicher Sex, egal ob einvernehmlich oder nicht, unter Paragraph 377 des indischen Strafgesetzbuchs eine Straftat.
Jedoch wurde in einer hohen Gerichtsentscheidung am 6. September 2018 festgelegt, dass jedweder einvernehmlicher Geschlechtsverkehr zwischen Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten, nicht strafbar ist. Somit wurde gleichgeschlechtlicher Sex dekriminalisiert.
Nach den Ergebnissen einer Umfrage von Human Rights Watch werden 7.200 Minderjährige (1,6 von 100.000) jährlich in Indien vergewaltigt. Es gibt Berichte, dass Minderjährige, die ihre Vergewaltigung zur Anzeige bringen, dazu noch Demütigungen und falsche Behandlung durch die Polizei erfahren. Minderjährige werden des Weiteren Opfer von Menschenhandel in die Prostitution. Dieses führt zu lebenslangen Qualen. Unter den Ländern, die von der auf Länderrisiken spezialisierten internationalen Beratungsfirma Maplecroft untersucht wurden, wurde Indien als siebtschlechtestes Land im Bereich Menschenhandel und Straftaten gegen Minderjährige eingestuft.
Die meisten Vergewaltigungen werden nicht angezeigt, aus Angst vor Vergeltung oder Demütigung. Indische Abgeordnete haben ausgesagt, dass das Vergewaltigungsproblem in Indien unterschätzt wird, da die meisten Straftaten nicht angezeigt werden. In letzter Zeit stieg die Rate von angezeigten Vergewaltigungen jedoch.
Es ist schwer abzuschätzen, wie viel Prozent der Vergewaltigungen nicht angezeigt werden. Nach Schätzungen des NCRB aus einem Bericht im Jahr 2006 werden 71 % nicht angezeigt. Die UN schätzt, dass weltweit 89 % aller Sexualstraftaten nie angezeigt werden.
Die Rate von Verurteilungen in Prozessen, bei der es um Vergewaltigungen geht, ist in den letzten 40 Jahren kontinuierlich gesunken. Nur einer von vier Vergewaltigungsprozessen führt in Indien zu einer Verurteilung. Die Verurteilungsrate von Vergewaltigungen in Indien war 44,3 Prozent im Jahr 1973, 37,7 Prozent im Jahr 1983, 26,9 Prozent im Jahr 2010 und 24,2 Prozent im Jahr 2012. Erst im Jahr 2013 fand wieder ein leichter Anstieg auf 27,1 Prozent statt.
Verurteilungsrate (%) | Jahr |
44,3 | 1973 |
37,7 | 1983 |
26,9 | 2009 |
26,6 | 2010 |
26,4 | 2011 |
24,2 | 2012 |
27,1 | 2013 |
Damit liegt Indiens Verurteilungsrate aber immer noch über der von 7 % in Großbritannien oder 10 % in Schweden und 25 % in Frankreich im Jahr 2011–12.
Die Gruppenvergewaltigung einer 23-jährigen Studentin in einem öffentlichen Bus am 16. Dezember 2012 führte zu großen Protesten in Delhi. Sie war in Begleitung eines männlichen Freundes, der mit einer Eisenstange zusammengeschlagen und dadurch ebenfalls schwer verletzt wurde. Dieselbe Eisenstange wurde von den Peinigern benutzt, um das Opfer zu vergewaltigen, wodurch es schwere Organschäden erlitt. Ihre Eingeweide mussten chirurgisch entfernt werden, bevor sie 13 Tage nach der Vergewaltigung starb.
Am folgenden Tag wurde im Parlament der Vorfall diskutiert. Mitglieder aller Parteien forderten harte Strafen für die Schuldigen. Die Oppositionsführerin Sushma Swaraj (BJP) forderte, „dass die Vergewaltiger gehängt werden sollen.“ Tausende zumeist junge Menschen, nahmen an großen Protesten am 22. Dezember teil. Sechs tatverdächtige Männer wurden von den Behörden festgenommen. Vier der sechs erhielten Todesstrafen und wurden am 20. März 2020 in Neu-Delhi hingerichtet. Der Hauptangeklagte war bereits im März 2013 tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden worden. Ein weiterer Täter war zum Tatzeitpunkt minderjährig und wurde zu einer dreijährigen Jugendstrafe verurteilt, die er 2015 vollständig verbüßt hatte.
Vergewaltigungen von weiblichen Ausländern in Indien haben dazu geführt, dass mehrere Länder Empfehlungen für Frauen aussprachen, Vorsicht bei Reisen in Indien walten zu lassen. Es sollte nur in Gruppen gereist werden, Taxis sollten vermieden werden, der öffentliche Nahverkehr sollte nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr genutzt werden, die lokalen Regeln sollten bei der Wahl der Kleidung beachtet werden und nicht stark bewohnte Gegenden sollten gemieden werden.
This article uses material from the Wikipedia Deutsch article Vergewaltigungen in Indien, which is released under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 license ("CC BY-SA 3.0"); additional terms may apply (view authors). Abrufstatistik · Autoren Der Inhalt ist verfügbar unter CC BY-SA 4.0, sofern nicht anders angegeben. Images, videos and audio are available under their respective licenses.
®Wikipedia is a registered trademark of the Wiki Foundation, Inc. Wiki Deutsch (DUHOCTRUNGQUOC.VN) is an independent company and has no affiliation with Wiki Foundation.