Türkistan: Stadt in Kasachstan

Türkistan (kasachisch Түркістан, russisch Туркестан Turkestan, usbekisch Turkiston), historischer Name Yasi (arabisch-persisch يسى, DMG Yasī), ist eine Stadt in Kasachstan.

Sie befindet sich im Süden des Landes am Fuße des Qaratau, einem Ausläufer des Tianshan rund 160 Kilometer nördlich von Schymkent. Sie ist das Verwaltungszentrum und mit 220.133 Einwohnern (Stand 1. Januar 2023) zugleich größte Stadt des Gebietes Türkistan.

Türkistan
Түркістан (kas.) | Туркестан (rus.)
Wappen
Wappen
Basisdaten
Staat: Kasachstan
Oblys: Türkistan
 
Koordinaten: , 68° 15′ O43° 20′ 0″ N, 68° 15′ 0″ O
Höhe: 212 m
 
Fläche: 196,3 km²
Einwohner: 220.133 (1. Jan. 2023)
Bevölkerungsdichte: 1.121 Einwohner je km²
 
Telefonvorwahl: (+7) 72533
Postleitzahl: 161200–161205
Kfz-Kennzeichen: 13 (alt: X)
KATO-Code: 611010000
 
Äkim (Bürgermeister): Nurbol Turaschbekow
Website:
Lage in Kasachstan
Türkistan (Kasachstan)
Türkistan (Kasachstan)
Türkistan: Namensherkunft, Geographie, Geschichte

Türkistan ist eine der ältesten Städte Kasachstans. Im Mittelalter war die Stadt ein Zentrum des Karawanenhandels und im 12. Jahrhundert wurde der Ort zu einem kulturellen und religiösen Zentrum der Region, was die Stadt vor allem Hodscha Ahmed Yesevi zu verdanken hatte. Im 16. Jahrhundert wählten die kasachischen Herrscher den Ort als Hauptstadt ihres Khanats. Während des Kasachisch-Dschungarischen Krieges wurde ein Großteil des historischen Türkistan zerstört und im Zuge der russischen Eroberung Zentralasiens gehörte der Ort ab 1864 zum Russischen Reich. Heute ist die Stadt ein bedeutendes touristisches Zentrum des Landes, vor allem wegen der zahlreichen Mausoleen, die sich in der Stadt und der Umgebung befinden. Das Bekannteste davon ist das Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasawi, das seit 2003 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.

Der Türkische Rat hatte in der Sitzung vom 31. März 2021 Türkistan zur spirituellen Hauptstadt der türkischen Welt erklärt.

Namensherkunft

Die Stadt heißt heute Türkistan (von persisch تركستان, DMG Turkistān, ‚Land der Türken‘, auch „Ort der Türken“), gegründet wurde sie jedoch unter dem Namen Yasi. Eine weitere persische Bezeichnung, حضرت ترکستان, DMG Ḥażrat-i Turkistān, bezieht sich auf „den Heiligen [der Stadt] Turkestans“; auch die Alternativbezeichnung „Gesegnete Stadt Turkestans“ ist gebräuchlich.

Geographie

Geographische Lage

Türkistan: Namensherkunft, Geographie, Geschichte 
Satellitenaufnahme von Türkistan

Türkistan liegt im Süden Kasachstans und ist Verwaltungszentrum des gleichnamigen Gebietes. Nördlich der Stadt ragt der Qaratau, ein nordwestlicher Ausläufer des Tianshan auf. Im Süden durchfließt der Syrdarja die Region. Der Ort liegt rund 160 Kilometer nördlich von Schymkent und 240 Kilometer nördlich der usbekischen Hauptstadt Taschkent.

Klima

Türkistan weist ein semiarides Steppenklima auf, was der effektiven Klimaklassifikation Bsk entspricht. Die Sommer sind sehr heiß und sehr trocken mit einer durchschnittlichen Temperatur von über 25 °C. Die kurzen Winter sind relativ mild und bei weitem nicht von derart tiefen Temperaturen geprägt, wie es in den Steppenregionen Nordkasachstans der Fall ist. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt nur rund 200 mm, wobei der meiste Niederschlag im Frühling auftritt. Die Sommer in Türkistan sind extrem niederschlagsarm. Die tiefste jemals gemessene Temperatur betrug −38,6 °C (11. Februar 1969), der höchste Temperaturwert betrug 47,9 °C und wurde am 30. Juli 1983 gemessen.

Türkistan
Klimadiagramm
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_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: pogodaiklimat.ru, www.weather-atlas.com
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Türkistan
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) −3,1 −0,3 6,5 14,8 21 26,8 28,7 26,9 20,3 12 4,5 −1,7 13,1
Mittl. Tagesmax. (°C) 1,6 5,3 13,5 21,8 28,3 34,3 36,3 35,0 28,8 20,3 11,4 3,3 20,1
Mittl. Tagesmin. (°C) −7,2 −4,6 1,2 8,1 13,5 18,2 20,2 18,2 11,7 4,3 −0,4 −5,7 6,5
Niederschlag (mm) 22 26 28 23 24 5 6 3 3 10 26 27 Σ 203
Sonnenstunden (h/d) 4,5 5,5 6,4 8,2 10,9 12,7 12,9 12,4 12,5 8 5,6 3,9 8,6
Regentage (d) 5 6 8 8 7 4 3 1 2 4 7 5 Σ 60
Luftfeuchtigkeit (%) 79 73 63 50 43 33 34 32 36 51 69 79 53,4
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34,3
18,2
36,3
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11,7
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4,3
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−0,4
3,3
−5,7
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
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Geschichte

Türkistan: Namensherkunft, Geographie, Geschichte 
Das Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasawi gehört heute zum Weltkulturerbe der UNESCO

Erste Siedlungsspuren stammen aus dem 7. Jahrhundert. Türkistan war wohl bereits ein wichtiges Handels- und religiöses Zentrum vor dem Auftreten von Chodscha Ahmed Yasawi, einem Sufi-Scheich, der etwa 1103 in Sayram geboren wurde. Yasavi widmete sich im Alter von etwa 61 Jahren der Meditation – der Legende nach verbrachte er weitere 61 Jahre in Isolation und Meditation unter der Erde. Sein kleines Grabmal wurde schon damals zum Pilgerzentrum, bevor in den 1390er Jahren Timur Lenk das Yasavi-Mausoleum errichtete, das bis heute als eines der bedeutendsten Bauwerke Kasachstans gilt. Bevor das Mausoleum fertiggestellt werden konnte, starb Timur. Die Architekten verließen Türkistan in Richtung Samarqand und Buxoro (Buchara). An der Eingangsfassade sind noch heute die alten Baugerüste sichtbar; die Fliesen fehlen. Dennoch ist Türkistan heute das wichtigste Pilgerzentrum Kasachstans. Man sagt, drei Pilgerreisen in diese Stadt seien äquivalent zur Haddsch nach Mekka.

Trotz alledem war die Stadt als reine Grenzstadt zwischen den persisch-islamischen Gebieten des Südens und den turko-mongolischen Steppengebieten des Nordens angelegt worden.

In der Zeit zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert galt die Stadt als Hauptort des Kasachen-Khanates und füllte damit den Status einer kasachischen Hauptstadt aus. Die Stadt unterstand überwiegend den Khanaten des Südens und fiel 1863 an Russisch-Turkestan. Sie wurde Teil des Generalgouvernements Turkestan des deutschstämmigen russischen Generals Konstantin Petrowitsch (von) Kaufmann und gehörte zur Oblast Syrdarja.

Mit dem Zusammenbruch des Russischen Reiches (1917/18) war die Stadt Teil der kurzlebigen Autonomen SSR Turkestan, bevor sie 1924 in das Kasak-Kirgisische Gebiet und ab 1936 in die neu gegründete SSR Kasachstan eingegliedert wurde.

Nach der Auflösung der Sowjetunion wurde zwischen dem nun unabhängigen Kasachstan und der Türkei 1990/91 beschlossen, in Türkistan eine kasachisch-türkische Moschee nebst Koranschule zu errichten. Mit der Ahmed-Yesevi-Universität wurde eine kasachisch-türkische Universität gegründet.

Seit dem 19. Juni 2018 ist Türkistan Hauptstadt und Namensgeberin des gleichnamigen Gebiets, das vorher „Südkasachstan“ hieß und Schymkent als Hauptstadt hatte.

Bevölkerung

Jahr Einwohner
1897¹ 11.253
1959¹ 38.152
1970¹ 53.965
1979¹ 66.741
1989¹ 78.285
1999¹ 85.613
Jahr Einwohner
2004 86.855
2005 88.054
2006 90.315
2007 93.256
2008 115.528
2009¹ 142.899
Jahr Einwohner
2010 146.231
2011 148.554
2012 150.595
2013 153.028
2014 155.552
2015 157.765
Jahr Einwohner
2016 159.632
2017 159.953
2018 161.251
2019 164.963
2020 171.934

¹ Volkszählungsergebnis

Politik

Bürgermeister

Nachfolgend die Bürgermeister der Stadt seit 1992:

  • Baqtijar Qadyrbekow (1992–1993)
  • Qalen Tatibajew (1993)
  • Sultanbek Sügirbajew (1993–1997)
  • Uälichan Qainasarow (1998–1999)
  • Ömirsaq Ametuly (1999–2003)
  • Muchit Älijew (2003–2006)
  • Äli Bektajew (2006–2008)
  • Beibit Sysdyqow (2008–2009)
  • Qairat Moldasseitow (2009–2012)
  • Älipbek Össerbajew (2012–2013)
  • Baqytschan Äschirbekow (2013–2014)
  • Älipbek Össerbajew (2014–2017)
  • Taschibek Mussajew (2017–2018)
  • Älipbek Össerbajew (2018–2019)
  • Raschid Ajupow (2019–2021)
  • Nurbol Turaschbekow (seit 2021)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Im Stadtzentrum von Türkistan befinden sich zahlreiche historische Bauwerke, darunter Mausoleen und Moscheen. Diese architektonischen und archäologischen Denkmäler liegen zum größten Teil auf dem Gelände der historischen Stadt und sind seit 1986 zusammengefasst im Freilichtmuseum Äsiret Sultan. Das wohl bekannteste Bauwerk in der Stadt ist das Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasawi, Grabstätte von Ahmed Yesevi und Ablai Khan. In Auftrag gegeben wurde es vom mongolischen Herrscher und Eroberer Timur, der damit ein kleineres Mausoleum für den Dichter und Sufi-Meister Ahmed Yesevi ersetzen wollte. Das Bauwerk, das nach dem Tod Timurs 1405 nicht vollendet wurde, stellt heute eines der am besten erhaltenen Zeugnisse timuridischer Architektur dar. Am Mausoleum von Yesevi erprobte Timur Bautechnik und Dekorkunst, die später in seiner Hauptstadt Samarkand erstrahlen sollte. 2003 wurde es als erstes Bauwerk in Kasachstan überhaupt in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Unmittelbar gegenüber befindet sich das Mausoleum von Rabia Sultan Begim aus dem 15. Jahrhundert. Architektonisch ist es eng angelehnt an das Mausoleum von Yasawi, gleichzeitig ist die Bauqualität des Mausoleums an den Fassaden deutlich unterlegen, was den deutlichen Rückgang der Bauqualität in Turkestan im 15. Jahrhundert widerspiegelt. In der Krypta unter dem Bauwerk befinden sich die Überreste von Rabia, der Ehefrau von Abu'l-Chair, eines Khan der Usbeken im 15. Jahrhundert. Errichtet wurde das Mausoleum von ihren Söhnen. 1895 wurde es fast zerstört, da das russische Militär die Mauern abbaute und die Kuppel abriss. Erst einhundert Jahre später wurde das Bauwerk rekonstruiert und restauriert. Zwölf Meter südlich des Mausoleums von Yasawi befinden sich die Überreste des Mausoleums von Yesim Khan. Es stammt aus dem 17. Jahrhundert und dient als Grabstätte von Yesim Khan, einem Herrscher des Kasachen-Khanats. Größtenteils zerstört wurde es offenbar gegen Ende des 18. oder zu Beginn des 19. Jahrhunderts; eine Rekonstruktion ist aufgrund des Ausmaßes der Zerstörung nicht mehr möglich. Nordöstlich dieser drei Mausoleen schließen sich die erhaltenen Überreste der Befestigung der Zitadelle an.

Etwas entfernt liegt ein orientalisches Badehaus aus dem 16. Jahrhundert. Das halbunterirdische Bauwerk besitzt mehrere Kuppeln und besteht aus gebrannten quadratischen Ziegeln; die Fassaden sind nicht dekoriert. Es verfügt über neun Räume unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Funktionen, auch deren Bauzeit unterscheidet sich. Das Denkmal wurde 1979 restauriert. Die Schuma-Moschee befindet sich im ehemaligen historischen Zentrum der Stadt. Sie besteht aus einem einzigen Raum mit rechteckigem Grundriss und einem Flachdach, sie stammt aus dem 19. Jahrhundert. Das Bauwerk wurde 1980 restauriert, heute wird sie nicht mehr als Moschee genutzt. Gleich daneben liegt die Hilvet-Moschee, eine unterirdische Moschee. Sie stammt aus dem 16. Jahrhundert und diente Hodscha Ahmad Yasawi und seinen Anhängern als Ort für rituelle Zeremonien. In den 1940er Jahren wurde sie von der örtlichen Verwaltung größtenteils zerstört, da man ihre Ziegel für den Bau einer Molkerei verwendete. Später wurde sie wieder rekonstruiert. Etwas weiter südlich liegen die Überreste der antiken Siedlung Kultobe.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Durch die Stadt führt die Trans-Aral-Eisenbahn, die Orenburg in Russland mit Taschkent in Usbekistan verbindet. Durch die Stadt verläuft die M32, die im Westen Kasachstans ihren Anfang hat und nach Schymkent führt.

Im September 2020 wurde einige Kilometer nördlich der Stadt ein neuer Verkehrsflughafen eröffnet. Mit einer Bauzeit von nur etwa einem Jahr gehört der Flughafen Türkistan-Hazret Sultan zu den am schnellsten gebauten Flughäfen weltweit. Zunächst werden von Türkistan aus nur inländische Verbindungen nach Almaty und Astana angeboten.

Bildung

In der Stadt ist die Ahmed-Yesevi-Universität beheimatet.

Söhne und Töchter der Stadt

Siehe auch

Commons: Türkistan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Tags:

Türkistan NamensherkunftTürkistan GeographieTürkistan GeschichteTürkistan BevölkerungTürkistan PolitikTürkistan Kultur und SehenswürdigkeitenTürkistan Wirtschaft und InfrastrukturTürkistan Söhne und Töchter der StadtTürkistan Siehe auchTürkistan WeblinksTürkistan EinzelnachweiseTürkistanArabische SpracheDIN 31635Kasachische SpracheKasachstanPersische SpracheQaratau (Gebirge)Russische SpracheSchymkentTianshanTürkistan (Gebiet)Usbekische Sprache

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