Schlesisch oder Schlonsakisch (im Schlesischen ślōnskŏ gŏdka) ist ein polnischer Dialekt und wird in Oberschlesien sowie teilweise in Tschechisch-Schlesien gesprochen.
Im Deutschen sprach man auch etwas pejorativ von „Wasserpolnisch“ zur Unterscheidung von den schlesischen Dialekten der deutschen Sprache. In der Linguistik wird er als eine der vier großen Dialektgruppen des Polnischen und von einigen wenigen Linguisten sogar als eine eigene Sprachgruppe angesehen, so zum Beispiel von der ISO. Der Dialekt ähnelt der Teschener Mundart, die meist als ihre Untergruppe betrachtet wird.
Schlesische Dialekte | ||
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Gesprochen in | Schlesien in Polen und Tschechien | |
Sprecher | 457.900 | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache in | - | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 | – | |
ISO 639-2 | – | |
ISO 639-3 | szl |
Während man im Polnischen von der schlesischen Umgangssprache oder dem schlesischen Dialekt (dialekt śląski, gwara śląska) spricht, nennen sie die Muttersprachler schlesische Sprache (ślōnskŏ gŏdka/ślōnskŏ mŏwa) oder einfach kurz Schlesisch (po ślōnsku). Im Deutschen versteht man unter dem Begriff Schlesisch die schlesischen Dialekte der deutschen Sprache. Für den polnischen Dialekt gibt es zur Unterscheidung den Begriff Wasserpolnisch (auch für Oberschlesisch), der sich zunächst auf die geographische Lage bezog und die Bevölkerung der rechten Oderseite bei Brzeg (Brieg) meinte. Ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich eine negative Konnotation dazu, welche der Bedeutung „verwässertes Polnisch“ entspricht und sich auf Personen bezieht, die vom Schlesischen zum Deutschen als primäre Sprache wechseln. Ein weiterer Begriff ist Schlonsakisch, die eingedeutschte Form des polnischen Worts Ślązak (falls die Basis die schlesische Ślónzok war, wäre es Schlonsokisch). Im Teschener Schlesien wurde 1909 die Schlesische Volkspartei von Józef Kożdoń gegründet, deren Parteizeitung die polnischsprachige Ślązak war. Nach der Zeitung wurden die Anhänger der Partei im Polnischen Ślązakowcy benannt und in der der Bewegung wohlwollenden und größten deutschsprachigen Zeitung im Gebiet Silesia: Schlonsaken. Im Teschener Schlesien wird die örtliche Mundart meistens po naszymu ‚auf unsere Art‘ genannt.
Es gibt auch Debatten darüber, ob es sich beim Schlesischen um eine Kreol- oder Pidginsprache handelt. Ein Argument, welches das Schlesische als Pidgin-Sprache begründet, ist, dass es zu einem deutsch-polnischen Sprachkontakt zwischen den Oberschlesiern in Städten kam, wo eine deutsche Administration vorherrschte und Hochdeutsch verbreitet war. Zudem käme es im 19. Jahrhundert durch die Industrialisierung häufiger zu Ballungszentren in Oberschlesien, wo es zum Kontakt mit dem Standarddeutschen kam und ein Pidgin entstehen konnte. Gegenargumente sind, dass Pidgin erst entstehen kann, wenn eine räumliche Distanz zwischen dominanter und dominierender Gruppe vorherrscht, was beim Polnischen und Deutschen nicht der Fall ist. Darüber hinaus sei es bei Pidgin-Sprachen häufig der Fall, dass bei häufigem Kontakt eine Seite die Sprache der anderen Sprecher annimmt und es seltener zum Pidgin kommt.
Das polnische Schlesisch wird in seinen verschiedenen Dialekten fast ausschließlich mündlich gebraucht. Es gibt aber Versuche, eine einheitliche Schriftsprache zu entwickeln. Aus verschiedenen Ansätzen zur Verschriftlichung ergeben sich unterschiedliche Schreibweisen für die Eigenbezeichnung. Es wird daher angenommen, dass es sich um keine Ausbausprache handelt, weil das Oberschlesische nicht verschriftlicht ist.
Eine weitere Kategorisierung des Oberschlesischen ist, dass es sich um eine Mischsprache handelt, was durch die vielen Germanismen zu erklären sei.
Die Anzahl der Sprecher wurde nur in Polen genau ermittelt und betrug im Jahr 2021 457.900, von diesen war es für 53.300 die einzige Umgangssprache. Insgesamt bezeichneten sich in Polen 585.700 (Volkszählung 2021) und 31.301 in Tschechien (Volkszählung 2021) der Befragten als ethnische Schlesier. Wie viele Personen (bzw. ob überhaupt welche) in Deutschland sich als (polnische) Schlesier bezeichnen und ggf. wie viele den polnischen Dialekt Schlesisch sprechen, wurde nie ermittelt.
Unter einigen Sprachwissenschaftlern besteht Uneinigkeit darüber, ob das Schlesische eine polnische Mundart ist oder neben dem Polnischen als eigene Sprache angesehen werden kann. Einige führen an, dass diese Sprachform durch die Vermischung des Polnischen, Deutschen und Tschechischen entstanden sei, und somit kein Dialekt aus einem Dialektkontinuum, sondern nur eine Mundart, die zudem eine Volksgruppe von anderen Volksgruppen abgrenzt. Andere jedoch sehen Schlesisch als eine auf dem Polnischen basierende Mischsprache mit tschechischen Elementen und zahlreichen Germanismen.
Am 18. Juli 2007 vergab der SIL dem Schlesischen das ISO-639-3-Sprachenkürzel szl. Dies hat dazu geführt, dass unter Vertretern des Schlesischen die Annahme entstand, Schlesisch sei als eigene Sprache anerkannt. Die Aufnahme legitimiert dies jedoch nicht, da unter anderem auch Sprachen, wie Klingonisch im ISO-639-3 aufgenommen wurden.
Die Grammatik ist weitgehend mit der polnischen identisch und wird nur wenig vom Deutschen beeinflusst. Es gibt lediglich eine Vielzahl von Germanismen und Einflüsse aus dem Tschechischen.
Die Beeinflussung des Deutschen sieht man im Schlesischen u. a. an:
Das Schlesische selbst unterscheidet sich von Stadt zu Stadt. Es gibt nur wenige gemeinsame Merkmale:
Für die nördlichen Dialekte ist auch das sog. Masurieren typisch, d. h. die Aussprache von sz als s, von ż als z, von cz als c und von dż als dz; es kommt seltener in den oberschlesischen Dialekten vor. Diese Unterschiede führen dazu, dass Versuche der Vereinheitlichung des Schlesischen gescheitert sind, da es nicht möglich ist, dabei einzelne Varianten zu vernachlässigen. Bereits das Bestimmen eines gemeinsamen Alphabets führte zu Schwierigkeiten. Auf einer Konferenz wurde beschlossen, dass die Kodifizierung der Sprache einfach gehalten werden muss, gleichzeitig allerdings auch die korrekte Sprache wiedergeben sollte. Problematisch wurde dabei u. a. das geneigte o, welches entweder als das favorisierte ů oder als ō geschrieben werden soll (andere Varianten sind oo, ô oder o̱). Hier entstand jedoch die Debatte, dass bei der Variante mit ů, dies fälschlicherweise als /u/ gelesen wird, während beim ō die Gefahr besteht, dass es von Nicht-Schlesiern als das gewohnte /o/ ausgesprochen wird.
Die Nasalität der Vokale ą oder ę (wie im Standardpolnischen) erfährt auf einem Teil des schlesischen Dialektgebietes eine Umwandlung zu der Kombination „nichtnasaler Vokal + nasaler Konsonant“, wie „yn“ bzw. „ón“ (wie im z. B. im Ślónzok geschrieben und ausgesprochen). In Kattowitz ist eher eine denasalierte Variante im Auslaut verbreitet wie z. B. in widza ta krowa statt standardpolnisch widzę tę krowę ‘ich sehe die(se) Kuh’.
Die südschlesischen Dialekte stellen in einem gewissen Sinne einen Übergang vom Polnischen zum Tschechischen (und Slowakischen) dar, besitzen aber auch je nach Gebiet Germanismen mit einem Anteil von 2 bis 10 %.
Die ersten Spuren der Sprache der slawischen Bevölkerung Schlesiens stammen aus urkundlichen Erwähnungen der Ortsnamen in den lateinischsprachigen Dokumenten. Den ersten geschriebenen vollständigen Satz fand man dagegen in der Chronik des Klosters Heinrichau bei Breslau. Unter den Einträgen des Jahres 1270 findet sich eine Aufforderung eines Mannes zu seiner mahlenden Frau. Day ut ia pobrusa. a ti poziwai (heutzutage Daj, ać ja pobruszę, a ty poczywaj, vergleiche jedoch das heute typisch schlesische Wortende im Verb: pobrusa bzw. pobrusza), was in der Übersetzung ungefähr lautet: „Lass mich jetzt mahlen, und du ruh dich aus.“
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde Schlesien zur Lehensherrschaft von Böhmen, was die Entwicklung der slawisch-schlesischen Dialekte in eine andere Richtung im Vergleich zu den anderen polnischen Dialekten im Königreich Polen lenkte, obwohl z. B. in den Nasalvokalen die gleichen Änderungen wie in Polen erfolgten.
Nach dem Jahr 1430, besonders 1450 verdrängte die tschechische Amtssprache fast völlig die vorherigen Amtssprachen Latein und Deutsch besonders im polnisch-schlesischen Sprachraum. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde diese Sprache in den Berichten der bischöflichen Visitationen aus Breslau concio Polonica (con- + cieō – “einberufen”, bzw. die Sprache der Predigt) benannt. Die sprachliche Grenze zur deutschen Sprache deckte sich darin nicht mit der Sprachgrenze des 19. Jahrhunderts. Die Grenze zwischen Brzeg (Brieg) und Prudnik (Neustadt) war ziemlich beständig, im Norden verkleinerte sich das Sprachgebiet im Niederschlesien sogar von einer Breslauer Vorstadt schrittweise bis zu einem schmalen Streifen bei Syców (Polnisch/Groß Warthenberg).
Nach dem Ersten Schlesischen Krieg wurde Schlesien zum größten Teil vom Königreich Preußen erobert. Der polnisch-oberschlesische Dialekt, bisher mehr unter Einfluss der tschechischen Amtssprache, kam zunehmend unter den Einfluss der deutschen Sprache, besonders nach 1749, die Teschener Mundarten blieben dagegen weiterhin mehr vom Tschechischen beeinflusst. 1763 wurde die Schulpflicht eingeführt und in der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine starke Industrialisierung in Oberschlesien, was die Sprachverhältnisse änderte und die Einflüsse der deutschen Sprache verstärkte.
Zu den ersten Sprachwissenschaftlern, die sich um 1800 der Forschung der slawisch-schlesischen Mundarten widmete und sie als Dialekt des Polnischen kategorisierte, gehörte Jerzy Samuel Bandtkie.
Nach dem Jahr 1945 wanderten viele Sprecher aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Oppeln sowie aus der niederschlesischen Umgebung von Syców nach Deutschland aus. Besonders litt der heute fast verschwundenen Kreuzburger Dialekt im äußersten Norden des Sprachgebiets.
Jahr | 1819 | 1828 | 1831 | 1837 | 1840 |
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Polnisch | 377.100 (67,2 %) | 418.437 | 456.348 | 495.362 | 525.395 |
Deutsch | 162.600 (29,0 %) | 255.383 | 257.852 | 290.168 | 330.099 |
Jahr | 1843 | 1846 | 1852 | 1858 | 1861 |
Polnisch | 540.402 | 568.582 | 584.293 | 612.849 | 665.865 |
Deutsch | 348.094 | 364.175 | 363.990 | 406.950 | 409.218 |
Jahr | 1867 | 1890 | 1900 | 1905 | 1910 |
Polnisch | 742.153 | 918.728 (58,2 %) | 1.048.230 (56,1 %) | 1.158.805 (56,9 %) | 1.169.340 (53,0 %) |
Deutsch | 457.545 | 566.523 (35,9 %) | 684.397 (36,6 %) | 757.200 (37,2 %) | 884.045 (40,0 %) |
Nach dem Systemwandel in Polen erlebt dieser Dialekt in Schlesien eine kleine Wiedergeburt. Im sozialistischen Polen hatte man den Dialekt ungern gehört, da zum einen Dialekte als rückständig galten, und zum anderen der schlesische viele Germanismen enthält. Dennoch erschienen auch schon vor 1989 Bücher zumeist witzigen Inhalts, die komplett oder größtenteils im schlesischen Dialekt verfasst wurden. Es gibt auch Musikgruppen, die Schlesisch singen (Oberschlesien (Band)), Kabaretts oder Radio- und Fernsehsendungen, die ebenfalls auf Schlesisch abgehalten werden.
Eine offizielle einheitliche Rechtschreibung und Alphabet existieren allerdings nicht. Auf Internetseiten werden zahlreiche Vorschläge verbreitet, die Elemente des polnischen und tschechischen Alphabets und Orthographie kombinieren.
Deutscher Dialekt | Polnischer Dialekt | Deutsch | Polnisch |
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Jungaohs | huncwot, rojber | Hundsfott (ungezogener Junge) | łobuz, huncwot |
kascheln | klojzdnōnć | auf dem Eis ausrutschen | poślizgnąć się |
Kastrull | kastrol | großer Topf, Kasserolle | sagan |
Nudelkulle | nudelkula | Nudelholz | wałek do ciasta |
Ritsche | ryczka | Hocker | taboret |
Wurscht | wuszt | Wurst | kiełbasa |
rumurbern | rōmplować/sznupać | rumwühlen | myszkować |
Pfusch | fucha | Schwarzarbeit, mangelhafte Arbeit, Pfusch | praca na czarno, ugs. robota na czarno, fucha |
Morast | maras | Schlamm, Morast | błoto |
Kokott | kokot | Hahn | kogut |
Kreppel | krepel | Krapfen/Berliner | pączek |
Wasserwaage | waserwoga | Wasserwaage | poziomica, waserwaga |
Mostrich | zynft, mostrich | Senf, Mostert, Mustard, Mostrich | musztarda |
Oberrübe | oberrieba | Kohlrabi | kalarepa |
Kapfel | kabsa | (Hosen-)Tasche | kieszeń spodni |
Kluski | kluski | Knödel | knedel |
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