Pauli-Prinzip: Physikalisches Gesetz in der Quantenphysik

Das Pauli-Prinzip (auch Pauli-Verbot oder Paulisches Ausschließungsprinzip) ist ein physikalisches Gesetz, das sich in der Quantenphysik auswirkt.

Es wurde 1925 von Wolfgang Pauli zur quantentheoretischen Erklärung des Aufbaus der Atome formuliert und besagte in seiner ursprünglichen Fassung, dass je zwei Elektronen in einem Atom nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen können. In der modernen Formulierung besagt das Pauli-Prinzip, dass die Wellenfunktion eines Quantensystems in Bezug auf Vertauschung von identischen Fermionen antisymmetrisch ist. Da auch die Quarks als Bausteine von Protonen und Neutronen zu den Fermionen zählen, gilt das Pauli-Prinzip für die gesamte Materie im allgemein verstandenen Sinne: Identische Fermionen „schließen sich gegenseitig aus“, können also nicht zur selben Zeit am selben Ort (Raumzeitpunkt) existieren. Nur so lässt sich der differenzierte Aufbau der Materie mit Atomen und Molekülen verstehen. Das Pauli-Prinzip bestimmt demnach nicht nur den Aufbau des Atoms (z. B. im Schalenmodell der Atomhülle und des Atomkerns), sondern auch den größerer Strukturen. Eine Folge ist der Widerstand, den kondensierte Materie weiterer Kompression entgegensetzt.

Das Pauli-Prinzip ist nicht zu verwechseln mit dem Pauli-Effekt.

Vereinfachte Darstellung

In der Quantenmechanik sind identische Teilchen ununterscheidbar. Das bedeutet, dass etwa der Verlauf eines Experiments oder ganz allgemein die Entwicklung eines physikalischen Systems sich nicht ändern, wenn zwei identische Teilchen vertauscht werden. In der Quantentheorie hängen die Messwerte, die ein System erzeugt, vom Betragsquadrat der Gesamt-Wellenfunktion des Systems ab. Dieses Betragsquadrat muss also nach der Vertauschung zweier identischer Teilchen gleich bleiben – was in diesem Fall bedeutet, dass sich durch die Vertauschung nur der Phasenanteil der Wellenfunktion ändern darf. In einer Welt mit drei Raumdimensionen kann dieser Phasenfaktor nur Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  oder Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  sein. Teilchen, bei denen die Wellenfunktion unter Vertauschung gleich bleibt, heißen Bosonen, Teilchen mit einem Vorzeichenwechsel in der Wellenfunktion heißen Fermionen. Der Vorzeichenwechsel wird als Antisymmetrie der Wellenfunktion bezüglich Teilchenvertauschung bezeichnet.

In seiner speziellen und zuerst beobachteten Form besagt das Pauli-Prinzip, dass in einem Atom keine zwei Elektronen in allen vier Quantenzahlen, die zu seiner Zustandsbeschreibung im Orbitalmodell notwendig sind, übereinstimmen. Wenn zwei Elektronen beispielsweise gleiche Haupt-, Neben- und magnetische Quantenzahlen haben, müssen sie sich in der vierten Quantenzahl, in diesem Fall der Spin-Quantenzahl, unterscheiden. Da diese nur die Werte Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  und Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  annehmen kann, können sich in einem einzigen Atomorbital maximal zwei Elektronen aufhalten. Diese Tatsache bestimmt maßgeblich den Aufbau der chemischen Elemente (siehe Periodensystem).

Als Berechnungsbeispiel kann die Lösung der Schrödingergleichung für das einfachste vom Pauli-Prinzip „betroffene“ Atom, das Heliumatom, dienen.

Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip)

Formulierung

Die Gesamtwellenfunktion Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  eines Systems von Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  identischen Fermionen muss total antisymmetrisch bezüglich jeder Vertauschung P zweier Teilchen sein:

    Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen 

Dabei ist Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  der Ort, Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  der Spin des Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen -ten Fermions und Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  jeder Permutationsoperator, der die Vertauschung jeweils zweier Teilchen bewirkt, also z. B. für die Vertauschung des ersten Teilchens mit dem zweiten:

    Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen 

Anschauliche Deutung

Betrachtet man ein System aus zwei nichtunterscheidbaren Fermionen, so gilt wegen der Antisymmetrie der Gesamtwellenfunktion

    Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen 

Für Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  ergibt sich daraus Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen , d. h. Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen . Somit muss auch das Betragsquadrat dieser Wellenfunktion, also die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür, dass man bei einer Messung beide Fermionen am selben Ort Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  mit demselben Spin Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  findet, null sein.

In vielen Fällen (ein solcher Fall ist z. B. für nichtentartete Eigenfunktionen von Hamilton-Operatoren ohne Spin-Bahn-Kopplung stets gegeben) ist die Gesamtwellenfunktion Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  als Produkt von Ortswellenfunktion Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  und Spinwellenfunktion Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  darstellbar, also

    Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen 

Wegen der Antisymmetrie ist dann Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen . Ist etwa die Spinwellenfunktion symmetrisch, also Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen , so folgt daraus die Antisymmetrie der Ortswellenfunktion Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen . Entsprechend gilt allgemein, dass die Symmetrie einer der Funktionen Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  oder Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  äquivalent zur Antisymmetrie der jeweils anderen ist. Sind also die zwei Fermionen etwa im selben Spinzustand Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen , dann ist Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  symmetrisch und daher folgt die Antisymmetrie der Ortswellenfunktion.

Diese Zusammenhänge gelten sinngemäß auch dann, wenn mehr als zwei nichtunterscheidbare Fermionen beteiligt sind.

Gültigkeit

In der Natur kommen Teilchen mit halbzahligem Spin (Fermionen) und Teilchen mit ganzzahligem Spin (Bosonen) vor. Das Spin-Statistik-Theorem liefert die theoretische Begründung für den empirischen Befund, dass alle Elementarteilchen mit halbzahligem Spin der Fermi-Dirac-Statistik folgen, hingegen alle Teilchen mit ganzzahligem Spin der Bose-Einstein-Statistik folgen.

Das Paulische Ausschließungsprinzip gilt für alle Teilchen mit halbzahligem Spin und nur für diese. Für Bosonen gilt das Paulische Ausschließungsprinzip hingegen nicht. Diese Teilchen genügen der Bose-Einstein-Statistik und können gleiche Quantenzustände einnehmen, im Extremfall bis hin zum Bose-Einstein-Kondensat.

Permutations- und Drehverhalten

Das verschiedene Permutationsverhalten von Fermionen und Bosonen passt zum verschiedenen Drehverhalten der jeweiligen Spinoren. In beiden Fällen ergibt sich ein Faktor von Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen , mit dem (+)-Zeichen für Bosonen (Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  ganzzahlig) und dem (−)-Zeichen für Fermionen (Pauli-Prinzip: Vereinfachte Darstellung, Allgemeine Form (verallgemeinertes Pauli-Prinzip), Konsequenzen  halbzahlig), entsprechend einer Drehung um 360°. Der Zusammenhang liegt unter anderem deshalb nahe, weil eine Vertauschung der Teilchen 1 und 2 einer komplementären Drehung der beiden Teilchen um 180° entspricht (zum Beispiel Teilchen 1 zum Ort 2 auf dem oberen Halbkreis, Teilchen 2 zum Ort 1 auf dem unteren Halbkreis).

Konsequenzen

Das Pauli-Prinzip führt zur Austauschwechselwirkung und erklärt die Spinordnung in Atomen (Hundsche Regeln) und Festkörpern (Magnetismus).

In der Astrophysik wird durch das Pauli-Prinzip erklärt, dass alte Sterne mit Ausnahme der Schwarzen Löcher – zum Beispiel Weiße Zwerge oder Neutronensterne – nicht unter ihrer eigenen Gravitation zusammenbrechen. Die Fermionen erzeugen einen Gegendruck, den Entartungsdruck, der einer weiteren Kontraktion entgegenwirkt.

Bei Streuprozessen zweier identischer Teilchen ergeben sich für das Trajektorienpaar durch Vertauschung stets zwei verschiedene, aber von außen nicht unterscheidbare Möglichkeiten. Dies muss bei der theoretischen Berechnung von Wirkungsquerschnitt und Streuwellenfunktion berücksichtigt werden.

Einzelnachweise

Tags:

Pauli-Prinzip Vereinfachte DarstellungPauli-Prinzip Allgemeine Form (verallgemeinertes )Pauli-Prinzip KonsequenzenPauli-Prinzip EinzelnachweisePauli-PrinzipAtomElektronElektronenkonfigurationFermionKondensierte MaterieNeutronPhysikalisches GesetzProtonQuantenphysikQuantenstatistikQuantenzahlQuark (Physik)Schalenmodell (Atomphysik)Schalenmodell (Kernphysik)WellenfunktionWolfgang Pauli

🔥 Trending searches on Wiki Deutsch:

Die nackte KanoneKirgisistanVereinigtes KönigreichSopwith BabyDakota FanningUli HoeneßCloud Atlas (Film)Juliette SchoppmannThe GazettECristiano RonaldoHessenBernd EichingerFreimaurereiBMW 5erHelmut HolgerListe der größten Metropolregionen der WeltKasachstanDubaiZDFPessachXVideosZinédine ZidaneLaura DernKönigsberg (Preußen)LibanonIron DomeMateo KovačićAlbert EinsteinJulia-Niharika SenDaniel RadcliffeKroatienHamasSozialdemokratische Partei DeutschlandsSexUEFA-Champions-League-Finale 2023Die üblichen VerdächtigenEmmanuelle RivaPraxis mit MeerblickBorwin BandelowLiam NeesonJames BondTschernihiwAustralienMartin LutherErster MaiSwastikaMichael EmersonKampf der Realitystars – Schiffbruch am TraumstrandMario GómezLea WagnerJesidenBremerhavenOmanOlaf SchubertBoeing 737Perfect WorldBuddhismusAnalverkehrBob Graham (Politiker)FriedrichshafenKosovoDie Rosenheim-CopsNicole Brown SimpsonFC BarcelonaVolksrepublik ChinaFranz MuxenederReiner SchöneTom HollanderAutismusChristoph KolumbusJenna JamesonLena Meyer-LandrutReiner CalmundEmpress of IrelandKyle MacLachlanAndreas Gabalier🡆 More