Omv: Österreichisches Öl- und Gasunternehmen

Die OMV Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien ist ein börsennotierter integrierter Erdöl-, Erdgas- und Petrochemiekonzern, der sowohl bei der Förderung als auch Verarbeitung aktiv ist.

Bis 1995 verwendete das Unternehmen die Abkürzung ÖMV (Österreichische Mineralölverwaltung Aktiengesellschaft). Mit einem Umsatz von 62 Mrd. Euro und rund 22.300 Beschäftigten (inkl. dem Kunststoffhersteller Borealis) im Jahr 2022 ist die OMV eines der größten Industrieunternehmen Österreichs.

OMV Aktiengesellschaft

Omv: Geschichte, Aktionärsstruktur, Geschäftsbereiche
Logo
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN AT0000743059
Gründung 1956
Sitz Wien, OsterreichOmv: Geschichte, Aktionärsstruktur, Geschäftsbereiche Österreich
Leitung Alfred Stern
Mitarbeiterzahl 22.308 (2022)
Umsatz 62,29 Mrd. Euro (2022)
Branche Öl, Gas und Petrochemie & Recycling
Website omv.com
Omv: Geschichte, Aktionärsstruktur, Geschäftsbereiche
Der OMV-Hauptsitz in 1020 Wien im Hochhaus „Hoch Zwei

Geschichte

Die Gründung des Konzerns erfolgte am 3. Juli 1956 mit seiner offiziellen Eintragung ins Handelsregister als „Österreichische Mineralölverwaltung Aktiengesellschaft“ (ÖMV) und war aus der „Sowjetischen Mineralölverwaltung“ (SMV) hervorgegangen, die bis 1955 von der Sowjetischen Besatzungsmacht kontrolliert wurde. Während der Besatzungszeit verkaufte die SMV unter dem Namen ÖROP bzw. OROP, nach dem Wechsel zur ÖMV wechselte der Markenname zu ELAN, ab 1990 zu ÖMV/OMV. Um 1960/70 gab es auch den Markennamen MARTHA.

Ein frühes Logo, das bis um 1970 verwendet wurde, symbolisiert mit einem kreisförmigen dünnen O etwa den Querschnitt eines Rohrs oder Kessels. Darübergelegt ist die zarte trapezförmige Kontur eines Bohrturms an die sich die fetten Umlaut-Striche des Ö und darunter das M anlehnen. Das folgende V kann als Flaschenzug für das Bohrgestänge interpretiert werden. Um 1980 findet sich eine mittelblaue fette Schrift ÖMV. 1982/1983 wurde die Bildmarke der nach rechts laufenden Folge Kreis-Quadrat-Dreieck eingeführt. Zarte Einschnitte (1, 2, 1) von oben im Winkel kursiver Schrift in die sonst vollflächigen schwarzen Figuren unterstützt das Lesen als die geometrisch ähnlich konturierte Buchstabenfolge ÖMV. 1991 wurde erstmals eine Tankstelle im Ausland, in Ungarn eröffnet. Um gute Lesbarkeit auch im Ausland zu erreichen, wurde 1992 der explizite Schriftzug ÖMV unten dazugestellt. Für die international bessere Verständlichkeit wurde 1994 der Umlaut Ö zu einem O reduziert, im Logo wie im Firmennamen.

Im Jahr 1960 wurde die Raffinerie Schwechat südöstlich von Wien in Betrieb genommen, 1968 wurde der erste Erdgasliefervertrag mit der damaligen UdSSR abgeschlossen. Im Rahmen des ersten Börsengangs eines staatlichen österreichischen Unternehmens wurden 15 % der ÖMV Ende 1987 privatisiert. Die ÖMV beteiligte sich 1989 beim dänischen Kunststoffkonzern Borealis mit zunächst 25 %. Die erste ÖMV-Tankstelle nahm am 26. Juni 1990 ihren Betrieb in Wien-Auhof auf. Im selben Jahr übernahm die ÖMV die Chemie Linz (die später in Borealis eingegliedert wurde).

Ende 1994 stieg die International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi mit vorerst 19,6 % beim Konzern ein. Im Zuge dieser Internationalisierung wurde der Konzernname „ÖMV“ 1995 auf „OMV“ vereinfacht, da Umlautzeichen in etlichen Sprachen wenig geläufig sind. Auch in Osteuropa wuchs die OMV: 2000 erwarb das Unternehmen rund 10 % am ungarischen Mineralölkonzern MOL, 2003 akquirierte die OMV auch die Upstream-Sparte der deutschen Preussag Energie und baute das Tankstellennetz weiter aus.

Zum Marktführer in Mittel- und Osteuropa wurde die OMV 2004 durch den Erwerb von 51 % des rumänischen Öl- und Gaskonzerns Petrom. Im gleichen Jahr erhöhte die OMV das Grundkapital, womit erstmals mehr als 50 % der Aktien im Streubesitz waren. Nach dem Verkauf von 50 % der Tochtergesellschaft Agrolinz Melamine an die IPIC im Jahre 2005 wurde gemeinsam mit IPIC die Borealis-Gruppe zur Gänze übernommen.

2006 beteiligte sich die OMV mit 34 % am türkischen Erdölkonzern Petrol Ofisi.

Im Mai 2006 kündigten die Vorstände der OMV und der Verbund AG (Elektrizität) an, dass eine Fusion angestrebt werde. Es wurde spekuliert, dass diese Idee eher politisch als wirtschaftlich motiviert wäre. Zuerst schien eine Fusion politisch möglich, letztlich scheiterte sie aber am Widerstand der Landeshauptleute.

Omv: Geschichte, Aktionärsstruktur, Geschäftsbereiche 
Erdölraffinerie in Schwechat nahe Wien

2007 erhöhte die OMV ihre Anteile am ungarischen Mineralölkonzern MOL auf vorerst 20,2 %. Nachdem ein Übernahmeangebot im August 2008 von der MOL abgelehnt worden war, und die EU-Kommission scharfe Auflagen für eine Genehmigung gemacht hatte, veräußerte die OMV im März 2009 ihre gesamte 21,2 % MOL-Beteiligung für 1,4 Mrd. Euro an Surgutneftegas.

Ende 2010 übernahm die OMV den Anteil der Dogan-Holding an der Petrol Ofisi und erhöhte ihren Anteil somit auf 95,75 %. 2012 konnte mit der Domino-1-Bohrung im Neptun-Block vor der rumänischen Schwarzmeerküste der bisher ergiebigste Gasfund der OMV gemacht werden.

Im Oktober 2013 schloss die OMV Verhandlungen über eine Beteiligung an den Öl- und Gasfeldern der norwegischen Statoil in Norwegen und Großbritannien (westlich der Shetlandinseln) erfolgreich ab. Mit 2,65 Mrd. US-Dollar stellte dies damals die größte Akquisition in der Unternehmensgeschichte dar. Der Verkauf des 45%-Anteils an der deutschen Raffinerie Bayernoil an die Varo Energy wurde im Juni 2014 abgeschlossen.

2015 erhöhte die OMV ihre Beteiligung an der Petrol Ofisi auf 100 %. Im Jahr 2017 verkaufte sie das Unternehmen an die Vitol Gruppe. Ebenfalls 2017 unterzeichnete die OMV gemeinsam mit ENGIE, Shell, Uniper und Wintershall einen Finanzierungsvertrag mit der Nord Stream 2 AG. Die 1.220 Kilometer lange Nord Stream 2 Gaspipeline wird von der russischen Küste durch die Ostsee nach Deutschland verlaufen.

Am 3. Oktober 2018 wurde mit Gazprom ein Basic Sale Agreement geschlossen über den möglichen Erwerb einer 24,98 % Beteiligung an den Blöcken 4A/5A der Achimov-Formation des Urengoi-Gasfelds.

2019 gründeten die OMV und Sapura Energy Berhad die SapuraOMV Upstream Sdn. Bhd., ein führendes, unabhängiges Öl- und Gasunternehmen in Malaysia. Im gleichen Jahr beteiligte sich die OMV mit einem 15 %-Anteil an ADNOC Refining in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Im März 2020 unterzeichnete die OMV eine Vereinbarung zur Aufstockung ihrer Beteiligung an Borealis: die OMV, die bislang 36 % der Anteile an Borealis hielt, erwirbt weitere 39 % und erhöhte damit ihren Anteil auf 75 %. Diese Akquisition war die bisher größte in der Unternehmensgeschichte und gleichzeitig eine Erweiterung der Wertschöpfungskette in Richtung Petrochemie. Im Dezember 2020 verkaufte die OMV ihr Tankstellennetz in Deutschland mit 285 Tankstellen an die britische EG Group. Das deutsche Tankstellennetz wird unter der Marke OMV über die EG-Group-Tochtergesellschaft Echo Tankstellen weiterbetrieben.

Im Dezember 2020 nahm die OMV gemeinsam mit ihrem Partner Verbund in Schönkirchen (Niederösterreich) die mit 11,4 MWp damals größte Photovoltaikanlage Österreichs in Betrieb.

Im Mai 2021 schloss der Verbund den Erwerb des 51%-Anteils der OMV an der Gas Connect Austria ab. Seit Anfang Juni 2021 ist Alfred Stern CEO der OMV, und OMV und MOL Group einigen sich über den Kauf von OMV Slowenien durch MOL Group.

Im März 2022 musste OMV vor dem Hintergrund des russischen Einmarschs in der Ukraine 1,5 – 1,8 Mrd. Euro abschreiben für Beteiligungen am Gasfeld Juschno Russkoj und Darlehen für die Nord Stream 2 AG. Sie möchte keine Investitionen in Russland mehr tätigen.

Vorstandsvorsitzende

Weitere Vorstandsmitglieder

Aufsichtsratsvorsitzende

  • September 2020 bis Mai 2023: Mark Garrett
  • Seit Mai 2023: Lutz Feldmann

Aktionärsstruktur

Aktionärsstruktur 2022

31,5 % ÖBAG – Österreichische Beteiligungs AG
24,9 % Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC)
30,8 % Institutionelle Investoren
10,1 % Privatanleger und diverse
2,2 % Unidentifizierter Streubesitz
0,4 % Mitarbeiteraktienprogramm
0,1 % Eigene Aktien

Der Syndikatsvertrag zwischen MPPH (Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company L.L.C) und ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) sieht ein gemeinsames Verhalten sowie bestimmte Übertragungsbeschränkungen bezüglich der gehaltenen Aktien vor.

Im Februar 2024 übernahm Abu Dhabi National Oil Company den 24,9%igen Anteil von Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company.

Geschäftsbereiche

Chemicals & Materials

Im Geschäftsbereich „Chemicals & Materials“ zählte die OMV laut Angaben des Unternehmensmarketings im Jahr 2022 zu den weltweit führenden Anbietern von fortschrittlichen und kreislauforientierten Polyolefinlösungen und war einer der europäischen Marktführer bei Basischemikalien sowie im Kunststoffrecycling. Das Unternehmen versorgte 2022 über die OMV und Borealis und seine beiden Joint Ventures – Borouge mit ADNOC in den VAE und Singapur und Baystar mit TotalEnergies in den USA – Kunden mit Dienstleistungen und Produkten.

Fuels & Feedstock

Der OMV-Geschäftsbereich „Fuels & Feedstock“ produziert und vermarktet Kraftstoffe sowie Rohstoffe für die chemische Industrie, betreibt drei Raffinerien in Europa und hält eine Beteiligung von 15 % an einem Raffinerie-Joint-Venture in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die OMV betreibt rund 1.700 Tankstellen in acht europäischen Ländern. Der strategische Fokus in Fuels & Feedstock liegt laut Angaben des Unternehmensmarketings auf der Entwicklung und Produktion von nachhaltigeren Kraftstoffen, grüneren chemischen Ausgangsstoffen sowie CO2-ärmeren Mobilitätslösungen.

Energy

Mit dem Geschäftsbereich „Energy“ exploriert, erschließt und produziert OMV Exploration & Production Öl und Gas in den vier Kernregionen Mittel- und Osteuropa, Afrika, Nordsee sowie Asien-Pazifik und vermarktet Erdgas in acht europäischen Ländern. Zu den Aktivitäten gehören auch das Low Carbon Business sowie das gesamte Gasgeschäft dazu. Strategische Schwerpunkte des Energy-Segments sind laut Angaben des Unternehmensmarketings die Steigerung des Anteils von Erdgas gegenüber Rohöl und die Verringerung der CO2-Intensität im gesamten Portfolio.

Beteiligungen (Auswahl)

Die OMV ist unter anderem an folgenden Unternehmen bzw. Projekten beteiligt:

Kritik

Sudan

In der Vergangenheit stand die OMV vor allem wegen ihres Engagements im Sudan mit der schwedischen Lundin Oil in der Kritik.

Iran

Im September 2007 hatte die OMV mit der National Iranian Oil Company einen Vorvertrag unterzeichnet, der nach iranischen Medienangaben über 25 Jahre ein Geschäftsvolumen von 22 Milliarden Euro umfassen soll. Während die österreichische Regierung die Vertragsverhandlungen wegen der größeren Unabhängigkeit von russischen Lieferungen begrüßte, stieß das Vorhaben bei der US-Regierung und bei Organisationen wie dem Jüdischen Weltkongress auf massive Kritik. Die OMV wurde aufgerufen, auf das Geschäft zu verzichten. Auf entsprechende Proteste vor der Jahreshauptversammlung 2008 entgegnete OMV-Chef Ruttenstorfer, dass noch kein Abschluss des Geschäfts absehbar sei und man geringere Abhängigkeit von russischen Energielieferungen gewährleisten wolle. Des Weiteren stieß der kostspielige Übernahmeversuch des ungarischen Mitbewerbers MOL auf Kritik bei der Jahreshauptversammlung.

Neuseeland

Im Sommer 2019 plante die OMV, vor der Küste Neuseelands nach Öl zu bohren. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte diese Bestrebungen wegen der schützenswerten Delphin- und Blauwalpopulationen. Alle anderen großen Ölkonzerne hätten sich bereits aus Neuseeland zurückgezogen. Das österreichische Klimavolksbegehren betonte zudem die klimaschädlichen Auswirkungen von Ölförderungen und bezeichnete die Bohrpläne als an „Verantwortungslosigkeit nicht zu überbieten“. Der im November 2019 angekündigte Verkauf des Ölfeldes reichte Greenpeace nicht, da weiterhin Öl- und Gasbohrungen geplant und die OMV dort immer noch im Besitz von zwei Gasfeldern sei.

Spitzel

Im April 2021 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass Vorstandsvorsitzender Rainer Seele wegen schwerer Vorwürfe auf eine Vertragsverlängerung 2022 verzichtet. Der OMV wurde vorgeworfen, Klimaaktivisten mithilfe von internationalen Spionagedienstleistern systematisch überwachen zu lassen. Hinzu kommen Vorwürfe, einen überhöhten Preis bei der Borealis-Übernahme gezahlt und den Aufsichtsrat ungenügend informiert zu haben. Die OMV bestritt dies und ging deshalb juristisch gegen die Berichte der Süddeutsche Zeitung vor.

Greenwashing

Der Konzern sah sich im Jahr 2023 mit Vorwürfen des Greenwashings konfrontiert.

Commons: OMV – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

48° 12′ 49,2″ N, 16° 24′ 50,7″ O

Tags:

Omv GeschichteOmv AktionärsstrukturOmv GeschäftsbereicheOmv Beteiligungen (Auswahl)Omv KritikOmv WeblinksOmv EinzelnachweiseOmvBorealis (Unternehmen)ErdgasErdölPetrochemieWien

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