Als naturräumliche Haupteinheiten werden in der Naturraumerfassung und -gliederung nach dem System des Handbuchs der naturräumlichen Gliederung Deutschlands und seiner Folgebearbeitungen die Naturräume der 4. Ordnung innerhalb einer siebenstufig konzipierten hierarchischen Struktur bezeichnet.
Da dieses System keine Typisierung vornimmt, handelt es sich bei den Haupteinheiten um individuelle Naturräume. Neben einem Individualnamen, der oft einer traditionellen Landschaftsbezeichnung entlehnt ist, erhielt jede Haupteinheit einen dreistelligen Zifferncode. Dieser kennzeichnet zugleich ihre Einordnung in die Naturräume der 3. Ordnung, die mit zweistelligem Zifferncode versehenen Haupteinheitengruppen, die ihrerseits zu Einheiten 2. und 1. Ordnung zusammengefasst werden, vgl. Naturräumliche Großregionen Deutschlands. Je nach Beschaffenheit des jeweiligen Naturraumes werden die Haupteinheiten in Teileinheiten, Untereinheiten und Grundeinheiten untergliedert (Naturräume 5., 6. und 7. Ordnung, Zifferncode mit Nachkommastellen). Die Rangstufe der Haupteinheit nimmt somit eine zentrale Position in der Hierarchie ein.
In manchen Veröffentlichungen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) wurden irreführenderweise die großräumigeren Haupteinheitengruppen als Haupteinheiten bezeichnet. Jedoch wird auch vom BfN der Begriff Haupteinheit in der Hauptsache nach seiner ursprünglichen Definition des Instituts für Landeskunde verwendet.
Beispiele für Haupteinheiten sind kleinere Mittelgebirge wie der Kellerwald (350 km²), Gebirgs-Untergruppen wie das alpine Wettersteingebirge (130 km²) und Senken wie die Stuttgarter Bucht (100 km²).
Durch diverse Folgebearbeitungen in den Einzelblättern 1 : 200.000 wurde, allerdings weitgehend auf Westdeutschland beschränkt, die im Jahre 1960 abgeschlossene Erstfassung der Gliederung bis Mitte der 1990er Jahre mehrfach verändert und erweitert. Parallel dazu bearbeiteten die zuständigen Gremien der DDR nach der Schließung der innerdeutschen Grenze von 1961 bis 1990 ihre Territorien autonom, was zum Teil auch mit einer deutlichen Veränderung der Prämissen und Methoden verbunden war. Da überdies die Bearbeitungen im wiedervereinigten Deutschland ab Mitte der 1990er Jahre nicht mehr zentral, sondern durch Institutionen auf der Ebene der Bundesländer getragen wurden, kam es im Bereich der politischen Grenzen zu Inkompatibilitäten bei der Festlegung der Naturraumgrenzen sowie zu Unterschieden in der Nomenklatur.
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen entwickelten für ihre Landschaftsplanungen eigenständige Gliederungen, so dass die alten Haupteinheiten in diesen Bundesländern durch keine aktuelle Datenbasis mehr gestützt sind. Immerhin ist die Einheitenstufe der Makrogeochoren in der Systematik der Naturräume in Sachsen nach ihrer Größenordnung und Merkmalskombination mit dem Begriff der „Haupteinheit“ weitgehend vergleichbar. Nicht ohne weiteres vergleichbar sind dagegen die als Naturraumtypen statt naturräumlicher Individuen konzipierten „Landschaftseinheiten“ Sachsen-Anhalts und die Naturräume Thüringens.
Der Begriff der Haupteinheit stellte zunächst den Grundbegriff der naturräumlichen Gliederung Deutschlands des Instituts für Landeskunde dar. Gleichzeitig war es die kleinste Einheit, in die im Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands streng strukturiert aufgeteilt wurde. Die Abschnitte des Handbuches sind auch haupteinheitenweise zusammengefasst, wobei hinter jedem Abschnitt über eine Haupteinheit der Name des bearbeitenden Autors steht. Übergeordnet steht vor jeder Haupteinheitengruppe ein zusammenfassender Abschnitt, dessen Autorenname ebenfalls nachgestellt wird.
Josef Schmithüsen führte in der 1. Lieferung des Handbuchs von 1953 den Begriff der Haupteinheit auf den Begriff der landschaftsräumlichen Grundeinheit zurück. Explizit heißt es:
„In unserem gestuften Gliederungsschema bezeichnen wir als „Haupteinheiten“ solche naturräumliche Einheiten, deren Größenordnung ungefähr mit denen der „Landschaftsraumeinheit“ übereinstimmt. Je nach der Art der Beschaffenheit der Erdgegenden können sie im einzelnen noch recht unterschiedliche Größe haben.
Die Haupteinheiten entsprechen den „natürlichen Wuchsbezirken“ von Gustav Krauß (1936), jenen „naturgemäß abgegrenzten landschaftlichen Einheiten“, innerhalb derer zwar „noch größere örtliche Standorts- und Wuchsunterschiede in regelloser Gemenglage vorkommen“, die aber „trotz aller Vielgestaltigkeit von Lage, Klima und Boden … in sich verwandte Grundzüge der Standortsbedingungen aufweisen und sich im ganzen von den benachbarten Bezirken deutlich abheben“. Es sind also Räume mit einem bereits sehr stark differenziertem Fliesengefüge.“
– Josef Schmithüsen: auf Seite 17 des Handbuchs der naturräumlichen Gliederung Deutschlands, 1. Lieferung 1953
Als Beispiele für landschaftsräumliche Grundeinheiten gibt Schmithüsen auf Seite 5 desselben Buches die folgenden an:
* Namensgeber einer Haupteinheitengruppe ** Namensgeber einer Haupteinheit *** Namensgeber einer Einheit 5. Ordnung
Das Ruhrgebiet wird im Fließtext als eine typische durch den Menschen bestimmte Raumeinheit hervorgehoben, das Ries als eine typische im Grenzverlauf vorwiegend bzw. fast ausschließlich durch die Landesnatur bestimmte. Das Ruhrgebiet stellt daher keine naturräumliche Einheit dar, während das Ries in nahezu identischen Grenzen eine naturräumliche Haupteinheit darstellt.
Die Auflistung zeigt, dass der Begriff der landschaftsräumlichen Grundeinheit in etwa dem typischen Umfange namentlich bekannter Landschaften entspricht. Indes zeigt sich darin auch, dass manche der Beispiellandschaften naturräumlich einer Haupteinheitengruppe entsprechen (Harz, Lüneburger Heide, Schwarzwald, Spreewald), manche hingegen nur einem Unternaturraum (Goldene Aue, Senne). De facto kam also dem zu Grunde gelegten naturräumlichen Maßstab eine zusätzliche Rolle zu.
Haupteinheitenkarte 1960
Gegenüber der ursprünglichen Karte von 1 : 1.000.000 von 1954 und dem Text des Handbuches bis ca. zur 4./5. Lieferung (bis Gruppe 38) wurden bis zum Jahr 1960 vom Institut für Landeskunde noch diverse Änderungen vorgenommen.
Die Namen und Anmerkungen sind wörtlich aus der Kartenlegende übernommen, Anmerkungen zu späteren Aktualisierungen in Grenzziehung und Namensgebung sind als solche gekennzeichnet und kursiv.
Zu beachten: Die hier aufgeführten Haupteinheiten sind nicht alle mehr „aktuell“. Eine Navigation zu den heute etablierten Haupteinheiten finden sich in den im Artikel Naturräumliche Großregionen Deutschlands verlinkten Artikeln zu den (zweistelligen) Haupteinheitengruppen!
Autorenliste
Folgende Autoren hatten bis 1960 an der Gliederung in Haupteinheiten mitgewirkt (Herausgeber in Fettdruck, Projekt- und Institutsleiter zusätzlich unterstrichen; †-Zeichen beziehen sich auf das Jahr 1960), eingerückt gegebenenfalls die in den Buchteilen bearbeiteten Haupteinheiten(gruppen):
17 Haardtgebirge (Anm: Der Name hat sich allgemein nicht durchgesetzt, geläufiger sind Pfälzerwald oder Pfälzer Wald; In der Gliederung ist die Dreiteilung
Unterer Pfälzerwald (flachwelligerer Nordteil)
Mittlerer Pfälzerwald
Wasgau (bis Frankreich reichender Südteil inklusive des Dahn(-Annweil)er Felsenlandes)
geläufiger.)
170 Haardt (Anm: Diese Bezeichnung ist irreführend, da die eigentliche Haardt nur den schmalen Ostrand des Mittleren Pfälzerwaldes bezeichnet. Blatt Landau nennt diese Haupteinheit Pfälzer Wald)
171 Dahner Felsenland (Bezeichnung auf Blatt Landau: Dahn-Annweiler Felsenland)
18 Pfälzisch-Saarländisches Muschelkalkgebiet
180 Zweibrücker Westrich (Anm: auch Westricher Hochfläche)
181 Bliesgau
182 Merziger Muschelkalkplatte
19 Saar-Nahe-Bergland
190 Prims-Blies-Hügelland
191 Mittelsaarländisches Waldland
192 Kaiserslauterer Senke (Anm: auch Westricher Niederung)
193 Glan-Alsenz-Berg- und Hügelland (Anm: geläufiger ist Nordpfälzer Bergland)
194 Oberes Nahebergland (Anm: auf Blatt Saarbrücken Prims-Nahe-Bergland)
195 Soonwaldvorstufe
(Anm: Das Blatt Saarbrücken gliedert die Gruppen 18 und 19 deutlich feiner:
18 Pfälzisch-Saarländisches Muschelkalkgebiet
180 Zweibrücker Westrich (außerhalb von Blatt Saarbrücken)
181 Bliesgau (181 (alt) ohne Saartal und den kleineren Westteil)
182 Merziger Muschelkalkplatte (nur der kleinere Nordostteil von 182 (alt) rechts der Saar)
183 Saar-Nied-Gau (Zentralteil von 182 (alt))
184 Nied-Rossel-Gau (Südteil von 182 (alt) und Westteil von 181 (alt), verbunden durch einen schmalen Südsaum um 191 (alt))
185 Bist-Rossel-Stufe (schmale, halbkreisförmige Südwest-Umrahmung von 191 (alt), ihrerseits umrahmt von 184 (neu); ganz in Frankreich)
186 Saarbrücken-Kirkeler Wald (schmaler Nordsaum um 181 (neu) im Südosten von 191 (alt))
190 Saar-Nahe-Bergland
190 Prims-Blies-Hügelland (wie 190 (alt), jedoch ohne das Saartal und den kleinen Teil links der Saar sowie die Hunsrück-Abdachung im Norden)
191 Saarkohlenwald (Nordostteil von 191 (alt))
192 St. Ingbert-Kaiserslauterer Senke (191 (alt) plus seine westliche Fortsetzung in 191 (alt))
193 Nordpfälzer Bergland (weitgehend unverändert)
194 Prims-Nahe-Bergland (weitgehend unverändert)
195 Soonwaldvorstufe (außerhalb von Blatt Saarbrücken)
196 Sobernheimer Talweitung (auf Blatt Mainz eingeführt und ganz innerhalb dessen; Südwestteil von 228 (alt))
197 Mittleres Saartal (Saartal innerhalb der alten Haupteinheiten 181 (separiert kleineren Westteil), 191 (etwa zentral), 190 (zweigeteilter Westteil), 182 (separiert kleineren Nordostteil))
198 Warndt (Westteil von 191 (alt) ohne schmale Südwestrahmung)
199 Hochwaldvorland (kleiner Nordteil von 190 (alt), Blatt Saarbrücken und Blatt Trier))
333333 Hochsauerland (Rothaargebirge) (Anm: seit 1963 nur noch „Rothaargebirge (mit Hochsauerland)“, da das landläufig als Hochsauerland bezeichnete Gebiet deutlich kleiner ist.)
3323372 Sauerländer Unterland (Anm: auf Blatt Düsseldorf „Märkisch-Sauerländisches Unterland“: auf Blatt Arnsberg, auf dem es fast komplett liegt, „Niedersauerland (Unteres Sauerland)“)
3403401 Waldecker Gebirgsvorland (Anm: Sowohl auf Blatt Arolsen, auf dem es komplett liegt, als auch im Umweltatlas Hessen mit „Waldecker Gefilde“ bezeichnet.)
390 Südliches Vorland des Thüringer Waldes (Anm: Die Zuordnung des Vorlandes ist strittig; Schönfelder rechnet sie bereits dem Südwestdeutschen Schichtstufenland zu.)
391 Thüringer Wald
392 Thüringer Schiefergebirge (Anm: Auf Blatt Coburg etwas treffender mit „Thüringisch-Fränkisches Schiefergebirge“ bezeichnet; heute gängige Dreiteilung ist:)
Bei den mit einem Stern bezeichneten Einheiten sind in der vorliegenden Karte Nummern-, Grenz- und Namensänderungen auf Grund neuester Forschungen und Geländeaufnahmen berücksichtigt. Dies ist bei Benutzung des Handbuchs der naturräumlichen Gliederung Deutschlands und der dessen 1. Lieferung (1953) beigegebenen vorläufigen Ausgabe der Karte Naturräumliche Gliederung Deutschlands (1954) zu beachten. Die nachstehend aufgeführten Verweise erläutern die Änderungen. In Klammern gesetzte Einheiten werden nicht mehr unter dieser Nummer geführt oder gelten nicht mehr als Haupteinheiten in der bisherigen Form.
1382: einschl. eines Teils von (354)
29: bisher. Bez.: Mittelrheintal
292: umfasst (273), (292), Teile von (326)
(292 Unteres Mittelrheintal); als Teil zu 292
(324 Montabaurer Westerwald) s. 324
(325 Rheinwesterweld) s. 324
(326 Vorderwesterwälder Hochflächen) s. 324
(332 Wittgensteiner Land); je ein Teil zu 332 und 333
(334 Ostsauerländisches Oberland); Teile zu 332 (neu), 334 (neu), 335 (neu), 3362
336: s. (335) einschl. Teilen von 333, (334), 333; unterteilt in 3361 und 3362
3361: einschl. eines Teils von 338
3362: einschl. Teilen von 333, (334)
(336 Unteres Sauerland) s. 3372;
3371: s. (337)
3372: s. (336)
(337 Niederbergisches Hügelland) s. 3371
3401: bisher Teil von (340)
3402: bisher Teil von (341)
(340 Waldecker Hochfläche); Teile zu 3401 und 332 (neu)
(341 Waldecker Buntsandsteinrücken); Teile zu 3402 und 341 (neu)
(352 Schwalm) zu 343
(353 Knüllgebirge und Homberger Hochland) s. 356; Teile zu 355 (neu) und 357
(354 Rhön); Teile zu 1382, 352 (neu), 353 (neu), 354 (neu), 355 (neu)
(355 Fulda-Werra-Bergland) s. 357 einschl. Teilen von (353), (357); Teil zu 359 (neu)
(356 Unteres Werratal) s. 358
(357 Fuldatal); Teile zu 352 (neu), 355 (neu) und 357
(360 Diemelplatten) zu 360 (neu)
(365 Pyrmonter Bergland) s. 365; Teile zu 364 und 363 (neu)
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