Die NATO-Russland-Grundakte (offiziell Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation) ist eine am 27.
Mai 1997 in Paris unterzeichnete völkerrechtliche Absichtserklärung zwischen der NATO und Russland.
Nach Ende des Kalten Krieges fingen Russland und die NATO mit der Aufstellung einer Partnerschaft an, mit dem Ziel, ihr Verhältnis aus Misstrauen und gegenseitiger Bedrohung zu überwinden.
Als 1994 die Russische Föderation Mitglied des Programmes Partnerschaft für den Frieden wurde, bereitete man langsam eine formalisierte Vereinbarung vor, die dann 1997 zur Ratifizierung vorgelegt wurde.
Die Grundakte stellte den Versuch dar, einen Ausgleich zwischen den sicherheitspolitischen Interessen der NATO-Partner einerseits und Russlands andererseits herzustellen. Im Wesentlichen sollte dies durch vertrauensbildende Maßnahmen, vertiefte Zusammenarbeit im Rahmen der OSZE und Abrüstung erreicht werden, zugleich wollte aber die NATO nicht gänzlich auf ihr Abschreckungspotenzial verzichten. Im Hinblick auf Russland wurde von westlicher Seite daran festgehalten, dass eine Fortsetzung der Bemühungen Russlands um Demokratisierung, gegründet auf Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung von Freiheitsrechten, erwartet würde. Im Gegenzug wurden Russland gegenüber der NATO Privilegien eingeräumt, wie sie kein anderer Nicht-Mitgliedstaat vorweisen konnte. Beide Seiten bekannten sich zum Verzicht auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt, zu gegenseitigen Konsultationen und friedlicher Beilegung von Konflikten.
Die Grundakte erkennt die Veränderungen seit dem Ende des Kalten Kriegs an und strebt ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis an, um einen gemeinsamen Sicherheits- und Stabilitätsraum zu schaffen. Grundsätze, auf die man sich geeinigt hatte, waren:
Im Bereich der direkten politisch-militärischen Angelegenheiten ist der Verzicht auf die Stationierung von Atomwaffen in den neuen Mitgliedsstaaten der NATO in Mittel- und Osteuropa enthalten. Abhängig von der Sicherheitslage begrenzt der Vertrag die Stationierung von Truppen in den neuen NATO-Mitgliedsstaaten, wobei eine Truppenaufstockung nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird. „In diesem Zusammenhang können, falls erforderlich, Verstärkungen erfolgen für den Fall der Verteidigung gegen eine Aggressionsdrohung und für Missionen zur Stützung des Friedens.“
Erstmals 1998 im Kosovokrieg, aber auch im Irakkrieg 2003 verstießen NATO-Staaten gegen die in der Grundakte festgelegte Verpflichtung zum Verzicht auf Gewaltanwendung sowie zur Achtung der territorialen Integrität anderer Staaten. Weitere Verstöße erfolgten durch Russland: Bei der Missachtung der territorialen Souveränität im Georgienkrieg, später 2014 mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und 2022 mit dem russischen Überfall auf die Ukraine verstieß Russland gegen das in der Grundakte garantierte Recht aller Staaten auf territoriale Unversehrtheit.
Bei der Annexion der Krim erwartete die ukrainische Führung fast von Anfang an auch militärische Hilfe in Form von Präzisionswaffen. Nachdem der ukrainische Präsident Petro Poroschenko vage von bilateralen Vereinbarungen einzelner NATO-Mitglieder bezüglich Waffenlieferungen sprach, kritisierte der russische Außenpolitiker Alexei Puschkow bereits diese vage Vereinbarung als einen „möglichen Verstoß“ gegen die Grundakte.
Andere Stimmen betrachten die Grundakte nur als eine Absichtserklärung und erkennen das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung als mit den Grundsätzen übereinstimmende Regelungen im Völkerrecht an.
Infolge des russischen Kriegs in der Ukraine forderten Polen und die Staaten Estland, Lettland und Litauen seit 2014 eine größere und vor allem dauerhafte Präsenz von NATO-Truppen in ihren Staaten. Diese Forderung berührte die 1997 verfasste Grundakte insoweit, als es dort heißt, dass das NATO-Bündnis „in dem gegenwärtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld seine kollektive Verteidigung und andere Aufgaben eher dadurch wahrnimmt, daß es die erforderliche Interoperabilität, Integration und Fähigkeit zur Verstärkung gewährleistet, als daß es zusätzlich substantielle Kampftruppen dauerhaft stationiert“. Deutschland, um einen Ausgleich in der Krise in der Ostukraine bemüht, drängte beim NATO-Gipfel in Wales 2014 in Newport auf die Feststellung, dass die vereinbarten Maßnahmen in der Ostukraine im Einklang mit der Grundakte stehen. Im September 2014 bekräftigte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass das Abkommen zur Sicherheitsarchitektur Europas gehöre, die man respektiere. Am 26. Juni 2023 wurde bekanntgegeben, infolge der russischen Invasion, dass 4000 Bundeswehrsoldaten schrittweise nach Litauen verlegt werden sollen um die NATO-Ostflanke zu sichern. Seit 2017 sind dort schon Soldaten stationiert.
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