Mojib Latif (* 29.
September">29. September 1954 in Hamburg) ist ein deutscher Meteorologe, Ozeanograph, Klimaforscher und Hochschullehrer. Er ist Seniorprofessor der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR). Latif ist seit 2017 Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und seit Januar 2022 Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg.
Von 1961 bis 1974 besuchte Latif die Schule, wobei er sein Abitur am Gymnasium Kaiser-Friedrich-Ufer, Hamburg, absolvierte. Latif studierte von 1974 bis 1976 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. 1976 begann er sein Studium der Meteorologie und schloss es 1983 mit dem Diplom ab. Nach mehreren Aufenthalten an Instituten im Ausland erfolgten auch in Hamburg 1987 die Promotion bei Klaus Hasselmann in Ozeanographie u. a. über das Wetterphänomen El Niño mit der Dissertation Modelltheoretische Untersuchung der niederfrequenten Variabilität der äquatorialen pazifischen Ozeanzirkulation und 1989 die Habilitation für das Fach Ozeanographie.
Zwischen 1983 und 2002 war Latif zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter und dann als Privatdozent am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie beschäftigt. Seit 2003 ist er Professor am damaligen Institut für Meereskunde bzw. dem heutigen GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel. Seit 2007 ist er zudem Mitglied im Exzellenzcluster Ozean der Zukunft der CAU Kiel. Ferner ist er seit 2012 Vorstandsmitglied des Deutschen Klima-Konsortiums e.V. (DKK), seit 2015 dessen Vorsitzender, und Präsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome.
Seine Forschungsgebiete sind jahreszeitliche und interannuelle Klimavariabilität, dekadische und Jahrhundert-Variabilität, anthropogene Einflüsse auf das Klima sowie die Entwicklung von Modellen einschließlich der Analyse und des Vergleichs mit Beobachtungen. Sein h-Index beträgt 92 (Januar 2023).
Bei verschiedenen deutschen Fernseh- und Hörfunksendern ist Mojib Latif häufig zu Gast im Studio als Experte zum Thema globale Erwärmung („Klimawandel“). Für seine Forschungsarbeit und die Fähigkeit zur Vermittlung der Wissenschaft in der Öffentlichkeit erhielt er 2015 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Er sei ein Wissenschaftler, „der Wissen schaffe, der dieses Wissen aber auch in die Breite vermittle“. Aufgrund seiner öffentlichen Äußerungen zur globalen Erwärmung erlebt Latif häufig Anfeindungen von Klimawandelleugnern, die teilweise auch rassistisch sind und bis zu Morddrohungen gehen.
Am 19. November 2021 wurde Mojib Latif zum neuen Präsidenten der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gewählt. Er hat sein Amt zum 1. Januar 2022 angetreten.
Im Mai 2008 stellte ein Team von Klimawissenschaftlern um Noel S. Keenlyside, zu dem auch Latif gehörte, im Fachmagazin Nature eine Studie vor, in der die mögliche Temperaturentwicklung bis 2025 untersucht wurde. Nach dieser Studie könnte die durchschnittliche Temperatur der Jahre 2005 bis 2015 in etwa gleichbleibend oder nur geringfügig wärmer als die des Jahrzehnts von 2000 bis 2010 bleiben, die bislang die wärmste Dekade seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im 19. Jahrhundert ist. Im Zeitraum von 2010 bis 2020 könnte es dann wieder zu einer beschleunigten Erwärmung kommen. Das heißt, dass erst ab dem Jahrzehnt 2010–2020 neue Wärmerekorde zu erwarten sind. Ursache der über einige Jahre möglicherweise stabilen Temperaturen seien kurzfristige natürliche Schwankungen des Klimas, die einen langfristigen anthropogenen Erwärmungstrend überlagerten. Als konkrete Ursache wird eine Veränderung der meridionalen Umwälzzirkulation angenommen.
In einigen Medien wie dem New Scientist wurde dies als Ankündigung einer in den nächsten Jahrzehnten bevorstehenden globalen Abkühlung wiedergegeben. Latif selbst widersprach dieser Darstellung, unter anderem in einem Interview mit Spektrumdirekt. Die Unterbrechung im Erwärmungstrend stelle nur „eine Atempause“ dar, die Erderwärmung sei dadurch keinesfalls vom Tisch. Bereits zuvor hatte sich Latif ausdrücklich von den „Skeptikern“ distanziert, die „nichts von der Physik des Klimas verstehen“. Er habe schon damit gerechnet, dass seine Aussagen über die Klimaentwicklung „von bestimmten Seiten bewusst missverstanden werden“.
Die in der Studie behandelte so genannte dekadale Klimavariabilität, also die Entwicklung des Klimas über ein bis zwei Jahrzehnte, ist ein kontrovers diskutiertes Forschungsfeld.
Vor dem Hintergrund der Überschwemmungskatastrophe in Pakistan 2010 und der Wald- und Torfbrände in Russland 2010 warnte Latif, dies sei eine „Blaupause für das, womit wir uns in der Zukunft anfreunden müssen“. Der Klimawandel werde zu einer Häufung der Wetterextreme führen mit mehr Trockenheit einerseits und extremen Niederschlägen andererseits.
Angesichts der Dürre und Hitze in Europa 2018 kritisierte Latif, dass weltweit die Klimaschutzbemühungen immer noch viel zu gering seien. Obwohl der Beginn internationaler Klimapolitik bereits im Jahr 1992 gelegen habe, gebe es „defacto“ immer noch „keinen Klimaschutz, weder weltweit noch in Deutschland“. Der Ausstoß an Treibhausgasen nehme weiter zu, gerade im Verkehrssektor. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die „nie wirklich eine Klimakanzlerin“ gewesen sei, sondern oft gegen Klimaschutzbemühungen interveniert habe, beispielsweise wenn es um die Autoindustrie gegangen sei. Es fehle in Deutschland der Mut für eine Verkehrswende. Zudem sei es dringend geboten, „die schmutzigsten Braunkohlekraftwerke [...] so schnell wie möglich vom Netz“ zu nehmen, was auch „problemlos“ möglich sei, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
In einem Spiegel-Interview erklärte Latif im Mai 2022, die Zeit für eine Abwendung des „größten Unheils“ laufe ab; es sei in Wahrheit bereits „fünf nach zwölf“. Immer noch lebten ganze Wirtschaftszweige davon, dass sie für die ökologischen Folgen ihrer Produktion nicht aufkommen müssten. Um die Klimakrise in den Griff zu bekommen, seien unter anderem Steuern und Importzölle auf nicht nachhaltig hergestellte Produkte nötig. Dadurch würde auch China gezwungen, seine extrem viel CO2 produzierende Industrie umzustellen. Im Jahr 2020 habe der chinesische Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen bei 31 Prozent gelegen. Man werde die Erwärmung nicht auf 1,5 Grad Celsius begrenzen können; unter 2 Grad zu bleiben, sei aber noch in Reichweite – unter der Voraussetzung sofortiger Veränderung. „Die Haltung Chinas, den Scheitelpunkt seines gewaltigen CO2-Ausstoßes erst 2030 erreichen zu wollen, ist völlig inakzeptabel.“ Auch bei künftig jährlich sinkenden Emissionen werde sich die Gesamtmenge von CO2 in der Atmosphäre noch erhöhen und auf das Klima entsprechend auswirken. Zurückdrehen lasse sich die Erwärmung nicht.
Mojib Latif wurde in Hamburg geboren und hat dort – gemeinsam mit zwei Brüdern und einer Schwester – auch seine Kindheit verbracht. Seine Eltern sind beide Pakistaner, der Vater war Imam an der Fazle-Omar-Moschee in Stellingen. Latif ist mit der Norwegerin Elisabeth Latif verheiratet; er hat keine Kinder. Mojib Latif ist ehrenamtlicher Botschafter der Stiftung Klimawald und seit Oktober 2017 Präsident des Club of Rome Deutschland. 2017 war er Mitglied der 16. Bundesversammlung. Er lebt in Schönberg (Holstein).
Personendaten | |
---|---|
NAME | Latif, Mojib |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Meteorologe, Klimatologe und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 29. September 1954 |
GEBURTSORT | Hamburg |
This article uses material from the Wikipedia Deutsch article Mojib Latif, which is released under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 license ("CC BY-SA 3.0"); additional terms may apply (view authors). Abrufstatistik · Autoren Der Inhalt ist verfügbar unter CC BY-SA 4.0, sofern nicht anders angegeben. Images, videos and audio are available under their respective licenses.
®Wikipedia is a registered trademark of the Wiki Foundation, Inc. Wiki Deutsch (DUHOCTRUNGQUOC.VN) is an independent company and has no affiliation with Wiki Foundation.