Mit dem Begriff Kulturlandschaft wird meist die dauerhaft vom Menschen geprägte Landschaft bezeichnet.
Zusammen mit dem gegensätzlichen Begriff „Naturlandschaft“ entsteht ein komplementäres Begriffspaar (Dichotomie). Je nach Definition werden z. B. Stadtlandschaft, Industrie- oder Wirtschaftslandschaft und der ländliche Raum teilweise zu den Kulturlandschaften gezählt, teilweise jedoch nicht. Kulturlandschaft wird oft verwendet, wenn der historische Bezug und die enge Verknüpfung von „gewachsener“ Landschaft und bäuerlicher Kultur betont werden soll.
Wichtige Faktoren für die Entstehung und Entwicklung der Kulturlandschaft sind die Beschaffenheit (Standortbedingungen) des Naturraums mit seiner Fauna und Flora sowie die Wechselwirkungen, die aus der anthropogenen Veränderung des Naturraums resultieren.
In der Volkskunde und in der sogenannten historischen Kulturraumforschung, einem Zweig der historischen Landeskunde, werden mit dem Terminus 'Kulturlandschaften' keine materiellen Landschaften, sondern eher Kulturräume angedeutet.
In der wissenschaftlichen Literatur der Geo- und Biowissenschaften sowie in Schriften aus Landesplanung und Naturschutz wird der Begriff „Kulturlandschaft“ in vielfältiger Weise und teilweise deutlich voneinander abweichend verwendet. Die Ursache für diese Uneinheitlichkeit liegt vor allem in der Bewertung der Hemerobie (Maß für den gesamten Einfluss des Menschen auf natürliche Ökosysteme): „Wer prägt die Landschaft stärker – Mensch oder Natur?“ lautet die „Glaubensfrage“.
Drei grundlegende Definitionen können formuliert werden:
Nach dieser Definition müsste heute die gesamte Landoberfläche der Erde als Kulturlandschaft betrachtet werden, da zumindest anthropogene Emissionen überall nachweisbar sind. Demnach wäre eine Unterscheidung zur Naturlandschaft obsolet.
Diese weite Auslegung hat die meisten Befürworter unter den Landschaftsplanern. Als Beispiel für anthropogene Veränderungen von Wildnis zur Kulturlandschaft wird gern das Amazonasgebiet und die dort vorkommende Terra preta angeführt, ein über Jahrhunderte anthropogen veränderter Boden, der auf großen Flächen entlang der Flussläufe vorkommt. Die weite Auslegung wird häufig kritisiert und führt zu Debatten im Sinne von „Wildnis oder Kulturlandschaft?“. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie die Prozesse des globalen Klimawandels in diesem Zusammenhang zu bewerten sind. Kulturlandschaften erscheinen dann in mehr oder weniger großen Anteilen als nicht beabsichtigte, prozessuale Effekte menschlicher Tätigkeiten.
In diesem Sinne werden die unbewohnbare Anökumene der Erde (Inlandeis, Gletscher, vegetationslose Wüsten), aber auch die nicht dauerhaft besiedelten Teile der Subökumene den Naturlandschaften zugerechnet. Das wären beispielsweise Naturräume wie die Primärwälder der feuchten Tropen oder die Steppen und Tundren Asiens, die traditionell nur zeitweise und extensiv genutzt werden. Selbst durch Raubbau zerstörte Ökosysteme in den Wildnisregionen rechnet man nach dieser Definition nicht zu den Kulturlandschaften. Die gesamte Ökumene – vom ländlichen Raum über die Siedlungs- oder Stadtlandschaften bis hin zu den Industrie- und Wirtschaftslandschaften – wird hier den Kulturlandschaften zugerechnet. Das schließt auch alle „verwilderten“ Gebiete innerhalb der Ökumene ein, die historisch vom Menschen geprägt wurden. Auch Reste von Hutewäldern oder sehr alte Schutzgebiete gehören demnach dazu, da sie als inselhafte Relikte im besiedelten Raum nicht abseits „deutlicher Beeinflussungen“ liegen. Genannt seien in diesem Zusammenhang häufige Besucher, die ihre Spuren hinterlassen und den Naturhaushalt stören, und die nicht mehr existierende europäische Megafauna (z. B. Wisent, Auerochse, Elch, Braunbär), deren landschaftsgestaltende Rolle unbesetzt bleibt. Je nach Betrachtungsweise kann man Anfang des 21. Jahrhunderts rund 50 bis 70 % der Landoberfläche diesen anthropogenen Landschaften zurechnen.
Diese Vorstellung wird gemeinhin von Geographen und Landschaftsökologen verwendet. Sie fand, nicht zuletzt durch die geographische Schule Carl Ortwin Sauers (Berkeley School) über die amerikanische Geographie einzug in die internationale wissenschaftliche Debatte.
Der Begriff Anthropogene Landschaft wird zuweilen synonym für diese Definition verwendet. Diese bildet beispielsweise auch die Grundlage für das Konzept der Anthropogenen Biome nach Ellis und Ramankutty.
Diese enge Betrachtung orientiert sich an subjektiven Vorstellungen von „wünschenswerten Landschaften“ und spielt insbesondere im Naturschutz eine wichtige Rolle. Zur Abgrenzung von anderen Definitionen wird zuweilen von historischen Kulturlandschaften oder auf bestimmte Gebiete bezogene Kulturlandschaften gesprochen. Etwa 15 Prozent der weltweiten Landfläche können als „Siedlungsnahe Kulturlandschaften“ (Residential irrigated- und Residential rainfed mosaic cropland nach Erle C. Ellis und Navin Ramankutty) betrachtet werden.
Beispielsweise wird unter der mitteleuropäischen Kulturlandschaft ein durch landwirtschaftliche Nutzung geprägtes Gebiet verstanden, bei der die Nutzung ein bestimmtes Intensivitätsniveau nicht überschritten hat. So entstanden bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr artenreiche Biotope (beispielsweise Feuchtwiesen, Heiden, Streuobstwiesen), die danach im Zuge der weiteren Intensivierung der Landwirtschaft zu großen Teilen wieder verschwunden sind. Solche historische Kulturlandschaften Europas sind artenreicher (→ siehe: Biodiversität) als eine natürlich entstandene Klimaxvegetation. Aufgrund ihrer Eigenarten lassen sich verschiedene Kulturlandschaften voneinander abgrenzen.
Auch der qualitative Ansatz wird wiederum in verschiedenen „Spielarten“ ausgedrückt. Zwei Beispiele:
Das Wort Kultur (im landbaulichen Sinne) wird hier nicht nur verstanden als Urbarmachung und Pflege des Bodens, sondern vielmehr als Ausdruck des menschlichen Schaffens im ländlichen Raum schlechthin. Für die landschaftliche Ausstattung gelten somit die gleichen Maßstäbe wie für die kulturellen Bauten und das geistig-kulturelle Gedanken- und Brauchtumsgut. Demzufolge ist nicht nur die Pflanzendecke relevant, sondern auch jedes sichtbare Zeichen für die Landschaftsverbundenheit des Bauern. Bei Art, Umfang und Intensität der Bewirtschaftung machte er sich den sich weitgehend selbst stabilisierenden Naturhaushalt zunutze. Solche von Menschen geschaffene Landschaftselemente sind z. B. Heckensäume und Gehölzinseln neben Feldern zum Schutz vor Wind und Austrocknung. Einzelbäume wie Obsthochstämme oder Eichen als Schattenbäume auf Viehweiden. Aber auch Feldraine und Trockenmauern zur Minderung von Erosionsschäden und zur Erleichterung der Bewirtschaftung. Lesesteinriegel wurden bei der Urbarmachung von steinigen Wiesen oder Feldern angelegt. Diese ehemals in Sinne einer bäuerlichen Landwirtschaft nützlichen Landschaftselemente stören heute oftmals bei der Bewirtschaftung großer Flächen. Sie erfahren Kulturlandschaftsschutz z. B. durch die Ausweisung als Kulturdenkmäler.
Bereits 1946 hat der Schweizer Geograph Hans Carol versucht, die unterschiedlichen Begriffe in einem Schema zusammenzuführen. Unter Berücksichtigung der heutigen Situation lässt sich etwa folgende Kategorisierung von Kulturlandschaften durchführen:
Das Welterbekomitee versieht seit 1992 bestimmte Stätten des Weltkulturerbes mit dem Zusatz „Kulturlandschaft“. Dazu schreibt es in seinen Durchführungsbestimmungen:
„Kulturlandschaften sind Kulturgüter und stellen die in Artikel 1 des Übereinkommens bezeichneten‚ gemeinsamen Werke von Natur und Mensch‘ dar. Sie sind beispielhaft für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und Ansiedlung im Verlauf der Zeit unter dem Einfluss der physischen Beschränkungen und/oder Möglichkeiten, die ihre natürliche Umwelt aufweist sowie der von außen und innen einwirkenden aufeinander folgenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte.“
Folgende Kulturlandschaften im deutschsprachigen Raum wurden bisher in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen, da sie durch ihren „außergewöhnlich universellen Wert“ besonders erhaltenswert sind:
Die Aufnahme in die UNESCO-Liste beinhaltet eine besondere Verpflichtung zum Erhalt dieser Kulturlandschaften.
Anhand von historischen Kulturlandschaftselementen kann der regionaltypische Charakter von Kulturlandschaften näher beschrieben werden. Man unterscheidet zwischen baulichen Elementen (z. B. Baudenkmäler, Kapellen und Kreuze) und nutzungsbedingten Elementen (z. B. Hohlwege, Ackerraine, Streuobstwiesen, Alleen, Hecken, Weinberge und historische Flurformen). Viele historische Kulturlandschaftselemente sind Zeugnisse früheren Wirtschaftens. Als historische Kulturlandschaftselemente werden sie bezeichnet, wenn sie unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen nicht wieder entstehen würden.
Die Cultural Landscape als System der Interaktion menschlicher Tätigkeit und natürlicher Umwelt ist in einem Sinne, der über die UNESCO-Definition hinausgeht, Gegenstand des Studiengangs Master of Cultural Landscapes (MaCLands), der als European Master gemeinsam von den Universitäten Neapel, St.-Étienne und Stuttgart angeboten wird.
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