Arabische Zahlschrift: Zahlschrift

Sogenannte arabische Ziffern sind die zehn Ziffern: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9.

2021
2021 in heute weltweit verbreiteter Druckschrift
٢٠٢١
2021 in arabisch-indischer Druckschrift
२०२१
2021 in der Devanagari-Schrift
௨௦௨௧
2021 in tamilischer Schrift

Der Begriff Zahl impliziert oft eine Dezimalzahl, deren Zahlzeichen mit diesen Ziffern geschrieben wird (insbesondere im Gegensatz zu römischen Ziffern). Die europäischen Zeichen für diese Ziffern haben nicht die Form, die in der arabischen Welt heute verwendet wird, sondern eine, die historisch daraus entstanden ist.

Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur
Brahmi-Ziffern im 1. Jahrhundert n. Chr.
Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur
arabische/indische und persische Ziffern
Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur
Arabische und europäische Ziffern auf einem Verkehrsschild in Abu Dhabi

Die arabischen Ziffern, auch indische oder indisch-arabische Ziffern genannt, sind die elementaren Zeichen einer Zahlschrift, in der Zahlen auf der Grundlage eines Dezimalsystems mit neun aus der altindischen Brahmi-Schrift herzuleitenden Zahlzeichen positionell dargestellt werden. Die Null als zehntes Zeichen wird oft durch ein als Kreis oder Punkt geschriebenes Zahlzeichen dargestellt. Diese Zahlschrift hat sich in der Neuzeit weltweit durchgesetzt.

Entstehung und Ausbreitung

Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur 
Entwicklung der arabischen Ziffern
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Entwicklung der arabischen Ziffern in Europa; Legende (en, fr) nach Klick
Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur 
Verwendung der arabischen Ziffern in abendländischen Werken von 976 (Codex Vigilanus) bis zum beginnenden 13. Jahrhundert

Indien

Am Beginn der Entwicklung der indischen Ziffern standen die Brahmi-Ziffern. Sie sind zusammen mit der Brahmi-Schrift ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. im altindischen Maurya-Reich belegbar.

Zahlen ohne die Null

Kann eine Stelle in einem Zahlzeichen mit keiner der neun Ziffern belegt werden, wird heutzutage eine Null geschrieben wie oben in den Jahreszahlen. Ursprünglich wurde eine Lücke gelassen. Diese wurde mit dem Wort śūnya (n., Sanskrit शून्य, „die Leere, das Nichts, das Nichtvorhandensein“) bezeichnet. Die philosophische Wurzel dafür war wahrscheinlich das buddhistische Konzept śūnyatā (f., Sanskrit शून्यता, „die Leerheit, die illusorische Natur der Phänomene“) wie es Nāgārjuna (2. Jahrhundert n. Chr.) in der Lehre von der Leerheit (śūnyatāvāda) beschrieben hat. Als weitere Wurzel für die Lücke kommt die babylonische Zahlschrift in Betracht, in der ein Leerzeichen ohne Wert bereits ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. bekannt ist.

Später (z. B. im Bakhshali-Manuskript) wird die leere Stelle mit einem Punkt oder einem Kreis markiert, siehe auch das Bild zur Entwicklung der Ziffern im Artikel Dezimalsystem.

Die Null als Ziffer

Im Jahr 628 n. Chr. verfasste der indische Astronom und Mathematiker Brahmagupta das Brahmasphutasiddhanta („Der Anfang des Universums“). Es ist, wenn man vom Zahlensystem der Maya absieht, der früheste bekannte Text, in dem die Null als vollwertige Ziffer behandelt wird. Darüber hinaus stellte Brahmagupta in diesem Werk Regeln für die Arithmetik mit negativen Zahlen und mit der Zahl 0 auf, die weitgehend unserem modernen Verständnis entsprechen. Der größte Unterschied bestand darin, dass Brahmagupta auch die Division durch 0 zuließ, während in der modernen Mathematik Quotienten mit dem Divisor 0 nicht definiert sind.

Weiterentwicklung

Die weltweite Verbreitung der indischen Ziffern ging nicht direkt mit einer weltweiten Verbreitung des Brahmasphutasiddhanta einher, sondern benötigte einige Zwischenschritte.

Arabische Verbreitung

Zwischen 640 und 644 eroberten die Araber den Irak und Persien. Die ersten überlieferten Hinweise auf indische Zahlzeichen im Westen stammen von dem syrischen nestorianischen Bischof Severus Sebokht im 7. Jahrhundert.

Um 825 schrieb der persische Mathematiker, Astronom und Geograph al-Chwarizmi sein Werk über das Rechnen mit indischen Zahlzeichen, das nur in lateinischer Übersetzung bekannt ist (Algoritmi de numero indorum, 12. Jahrhundert).

Die Null wird bei den Arabern als ṣifr (arabisch الصفر, DMG aṣ-ṣifr ‚null, nichts‘) vom Verb ṣafira („leer sein“) bezeichnet – eine Lehnübersetzung des Wortes śūnya. Daraus entstand das Wort Ziffer.

Der Sprung ins Abendland

Die Form der Brahmi-Ziffern änderte sich im Laufe der Jahrhunderte, und das Zahlensystem entwickelte sich zum ersten echten Stellenwertsystem mit Null. Zumindest im 9. Jahrhundert n. Chr. waren die Brahmi-Ziffern schon nicht mehr in Gebrauch, anstatt ihnen wurden die Gupta-Ziffern oder die aus ihnen entwickelten Nagari-Ziffern verwendet.

Einer der Ersten, der die indoarabischen Ziffern in Europa benutzte, war Gerbert von Aurillac, der spätere Papst Sylvester II. Er studierte in Katalonien und kam in Kontakt zur Wissenschaft der arabischen Welt. Er verfasste Schriften über Arithmetik und Geometrie. Trotz seines Einflusses blieben die von Gerbert vorgestellten Ziffern weitgehend unbenutzt.

Erst durch Leonardo von Pisa, auch Fibonacci genannt, der auf seinen Reisen im Mittelmeerraum die dort verwendete Arithmetik und das Rechnungswesen kennenlernte, fanden die Ziffern in Italien Eingang. Im Jahr 1202 vollendete Fibonacci das Rechenbuch Liber abaci, in welchem er unter anderem die neun als indisch bezeichneten Ziffern und das Zeichen Null vorstellte. Die Ausbreitung dieser Ziffern in Italien und in weitere europäische Länder dauerte mehrere Jahrhunderte. Ihre Einführung stieß in der Öffentlichkeit auf Widerstand und ihre Verwendung wurde sogar verboten, z. B. in Florenz im Jahre 1299. Auch die Verwechselung des Wertes „nichts“ der Zahl null mit dem metaphysischen Nichts führte dazu, dass sich diese Ziffern lange nicht in Europa durchsetzen konnten.

Zur weiteren Verbreitung in Deutschland und zur endgültigen Ablösung der römische Zahlschrift trugen insbesondere die Rechenbücher von Adam Ries bei, die ab dem Jahr 1522 erschienen.

Weltweite Verbreitung

In der Folge verdrängten die arabischen Ziffern in Europa die römischen. Zwar konnten auch mit den römischen einfache Berechnungen durchgeführt werden, jedoch ermöglichten erst die arabischen Ziffern eine anspruchsvollere Mathematik. Inzwischen werden sie weltweit verwendet.

Michael Schmidt-Salomon begründet diesen Erfolg evolutionär-humanistisch. Die Bevorzugung dieser Ziffern sei nicht die Folge von Kulturimperialismus, sondern der „besonderen Fruchtbarkeit der arabischen Zahlen“ geschuldet. Tatsächlich beruht der Erfolg der indisch-arabischen Ziffern im Dezimalsystem darauf, dass sich mit ihnen ein überschaubares Stellenwertsystem anlegen ließ. Zum Durchbruch führte die sich in Indien bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. hinziehende Einführung der Zahl null und die Anerkennung eines Schriftzeichens für diese als vollwertige Ziffer, mit dem auch gerechnet werden konnte. „Zweifellos ist die Null eine der genialsten Erfindungen der Menschheit.“

Typographische Varianten

Dieser Abschnitt ist der historischen Entstehung der verschiedenen typographischen Varianten und den heute gebräuchlichen Formen der indischen Ziffern gewidmet.

Arabische Varianten

In der arabischen Schrift entwickelte sich die Schreibweise von rechts nach links aus einer ursprünglich senkrechten Beschriftung der Papyri von oben nach unten (sie waren aus Längsstreifen zusammengeklebt), das dann aber zum Lesen um 90 Grad gedreht wurde. Ebenso wurden die indischen Zahlzeichen notiert, die deshalb in der Schrift gegenüber dem indischen Original teilweise eine gedrehte Form erhielten und dann weiter dem graphischen Stil der arabischen Schrift angepasst wurden. Der Aufbau der arabischen Worte der indischen Zahlzeichen geht ähnlich wie in westlichen Sprachen vom höchsten Stellenwert (also der linken Ziffer) aus. Beispielsweise setzte sich das Wort für 10.000 (ʕashrat ʔalāf) aus dem Wort ʕashara für 10 und ʔalf für 1000 zusammen. Ähnlich wie in westlichen Sprachen gibt es aber auch Sonderregeln wie bei den Zehnern – beispielsweise ist der Name für 19 tisʕata-ʕschar aus tisʕa für 9 und ʕaschara für 10 wie auch bei der Neunzehn im Deutschen. Geschrieben werden Zahlen in Ziffernform von links nach rechts (im Gegensatz zu den Buchstaben, die im Arabischen von rechts nach links geschrieben werden). Die Stellung der Ziffern ist wie sonst üblich im Dezimalsystem (also die Ziffern mit dem höchsten Stellenwert links).

Bevor die Araber das indische Stellenwertsystem übernahmen, benutzten sie für die Darstellung von Zahlen die Buchstaben ihres Alphabets, denen wie bei vielen anderen Schriftsystemen wie dem altgriechischen, römischen oder hebräischen neben dem Lautwert jeweils auch ein Zahlenwert zugewiesen war (vgl. arabisches Alphabet). Diese Möglichkeit wird auch heute teilweise noch in bestimmten Situationen angewendet, vergleichbar mit der Nutzung römischer Zahlen im westlichen Sprachraum.

Im Maghreb, das heißt, in den arabischsprachigen Ländern westlich des Niltals, verwendet man traditionell Zahlzeichen, die mit den europäischen identisch sind und nicht die hier als arabisch vorgestellten Zeichen.

Europäische Varianten

Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur 
Versalziffern
Arabische Zahlschrift: Entstehung und Ausbreitung, Typographische Varianten, Literatur 
Mediävalziffern

In Europa lassen sich vor allem zwei Darstellungsformen von Ziffern unterscheiden: Versalziffern und Mediävalziffern.

Die meistverbreitete Variante sind Versalziffern: Alle Ziffern haben die gleiche Höhe, und zwar die der Großbuchstaben (Versalien). Um einen sauberen Tabellensatz zu ermöglichen, sind Versalziffern meistens alle gleich breit, nämlich so breit wie ein Halbgeviert. Diese Variante wird auch als Tabellenziffern bezeichnet. Weniger gebräuchlich sind versale Proportionalziffern, bei denen insbesondere die 1 schmaler als die anderen Ziffern ist. Der Nachteil der Versalziffern ist, dass sie im Lauftext einen optischen Fremdkörper bilden und dass bei einigen Halbgeviert-breiten Ziffern (etwa bei der 1) auch der Abstand zu den benachbarten Ziffern oder Buchstaben zu groß wirkt.

Aus diesem Grund verfügen gut ausgebaute Schriften über einen zweiten Satz Ziffern, die Mediävalziffern. Diese haben wie Kleinbuchstaben Ober- und Unterlängen und in der Regel eine individuelle, der Zeichenform angepasste Laufweite. Damit fügen sie sich nahtlos und nach typografischen Gesichtspunkten korrekt in den Text ein. Manche Schriften bieten auch Mediävalziffern gleicher Breite für den Tabellensatz an.

Literatur

  • Paul Kunitzsch: Zur Geschichte der ‚arabischen‘ Ziffern. Bayerische Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte, 2005:3. Beck, München 2005 (Digitalisat).

Quellen

Commons: Indische Zahlschrift – Sammlung von Bildern

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