Verhältnismäßigkeitsprinzip: Rechtsgrundsatz

Als Verhältnismäßigkeitsprinzip wird der Rechtsgrundsatz bezeichnet, der besagt, dass bei Eingriffen in persönliche Rechte, die im Falle eines öffentlichen Interesses als zulässig gelten, ein gewisses Maß gehalten wird.

Der Grundsatz gehört zum elementaren modernen Konzept eines Rechtsstaates. Traditionell kam das Verhältnismäßigkeitsprinzip dort zur Anwendung, wo das Gesetz verschiedene Möglichkeiten vorsah oder wo eine gesetzliche Grundlage fehlte (polizeiliche Generalklausel). Darüber hinaus prüften Verfassungsgerichte mit Rückgriff auf die Verhältnismäßigkeit die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. Ist das Gesetz verhältnismäßig (und wird es auch korrekt angewandt), ist es auch rechtmäßig.

Nationales Recht:

Unionsrecht:

Praxis des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) pflegt eine andere Praxis, als sie sonst gebräuchlich ist. Normalerweise trifft ein Richter bei der Beurteilung nicht umgehend eine Einzelfallentscheidung, sondern er sucht (richterrechtlich) eine allgemeine Regel aufzustellen, die auf den konkreten Einzelfall (aber eben auch auf andere Fälle) angewendet werden kann. Der EGMR hingegen prüft direkt, ob eine staatliche Handlung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) konform ist. Die Grundrechte der EMRK gelten in allen Staaten, die die Konvention ratifiziert haben. Diese Grundrechte gelten nicht absolut, sondern können eingeschränkt werden, sofern eine gesetzliche Grundlage existiert, ein öffentliches Interesse besteht und der Akt verhältnismäßig ist. Der Fokus bei der Prüfung, ob der Eingriff in ein EMRK-Grundrecht rechtens ist, liegt bei der Verhältnismäßigkeit, da gesetzliche Grundlage und öffentliches Interesse nach Ansicht des EGMR meistens vorliegen.

Zentrale Aufgabe der Rechtsprechung ist die Herstellung von Rechtssicherheit. Durch Lektüre des Gesetzes soll im Vornherein feststehen, wie man sich zu verhalten hat, und nicht erst durch ein richterliches Urteil. Die Rechtsprechung des EGMR untegräbt das eherne Prinzip im Rechtsstaat: Wenn ein gesetzlich festgelegter Tatbestand erfüllt ist, tritt die Rechtsfolge ein. Der EGMR und andere Vertreter dieser Praxis argumentieren ihrerseits, dass das Prinzip an sich menschenrechtswidrig sei, da es eine Einzelfallbetrachtung verunmögliche.

Einzelnachweise

Tags:

Eingriff (Grundrechte)IndividualrechtPolizei- und ordnungsrechtliche GeneralklauselRechtsgrundsatzRechtsstaatVerfassungsgerichtsbarkeitÖffentliches Interesse

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