Giorgia Meloni: Italienische Politikerin und Ministerpräsidentin

Giorgia Meloni (* 15.

Januar 1977 in Rom) ist eine italienische Politikerin und seit dem 22. Oktober 2022 italienische Ministerpräsidentin. Sie ist seit der Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts in Italien 1946 die erste Frau, die eine italienische Regierung anführt.

Giorgia Meloni: Jugend und Familie, Politischer Werdegang, Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni (2023)
Unterschrift von Giorgia Meloni
Unterschrift von Giorgia Meloni

Meloni ist seit 2014 Vorsitzende der als postfaschistisch klassifizierten Partei Fratelli d’Italia (FdI) und seit 2020 Präsidentin der Europapartei Europäische Konservative und Reformer (EKR). Im vierten Kabinett von Silvio Berlusconi war sie von Mai 2008 bis November 2011 Ministerin für Jugend und Sport. Bei der Parlamentswahl in Italien 2022 trat sie als Spitzenkandidatin ihrer Partei an, die als stärkste Kraft aus der Wahl hervorging.

Jugend und Familie

Meloni wuchs mit ihrer älteren Schwester Arianna bei ihrer Mutter im römischen Viertel Garbatella (Municipio VIII) auf. Ihr Vater, Francesco Meloni, ein aus Sardinien stammender Steuerberater, verließ die Familie, als sie ein Jahr alt war und wanderte auf die Kanarischen Inseln aus. Sie besuchte ihn dort jährlich, bis sie sich bei ihrem letzten Besuch 1989 mit ihm zerstritt und daraufhin den Kontakt abbrach. Meloni bezeichnete ihren Vater in einem Interview 2006 als überzeugten Kommunisten. Die traumatisch empfundene Trennung von ihm, die sie erst Jahre später überwand, soll nach eigener Aussage ihren „kämpferischen“ Charakter wesentlich geprägt haben.

Ihre aus Sizilien stammende Mutter, Anna Paratore, war im neofaschistischen Movimento Sociale Italiano und später in der Nachfolgepartei Alleanza Nazionale tätig. Die Mutter verfasste unter dem Pseudonym Josie Bell über 140 Liebesromane.

Mit 15 Jahren trat Meloni der Jugendorganisation des Movimento Sociale Italiano, der Fronte della Gioventù, bei. Diese habe „mit den Gaunereien und der Korruption jener Jahre“ nichts zu tun gehabt. Meloni besuchte das neusprachliche Gymnasium, das sie mit Bestnoten abschloss. Als Schülerin gründete und organisierte sie die Protestbewegung Gli Antenati (deutsch: „Die Vorfahren“, aber auch der italienische Name der Zeichentrickserie Familie Feuerstein) gegen die von der christdemokratischen Unterrichtsministerin Rosa Russo Iervolino eingeleitete Schulreform. 1996 schloss sie eine Sprachenausbildung an einer Hotelfachschule ab. Nach eigenen Angaben arbeitete sie zeitweilig als Kellnerin, als Barfrau in der Diskothek Piper und als Kindermädchen im Haushalt des Showmasters Fiorello. Seit 2006 ist sie beim Journalistenverband von Latium registriert.

Meloni spricht neben Italienisch fließend Englisch, Französisch und Spanisch. Sie ist römisch-katholisch und hat mit dem TV-Journalisten Andrea Giambruno eine Tochter. Im Oktober 2023 gab sie ihre Trennung von Andrea Giambruno bekannt, nachdem von ihm gemachte sexistische Bemerkungen gegenüber Arbeitskolleginnen der Öffentlichkeit zugespielt worden waren.

Melonis Schwester Arianna ist mit Francesco Lollobrigida verheiratet, von 2018 bis 2022 Fraktionsvorsitzender von Fratelli d’Italia in der Abgeordnetenkammer. Ihr Schwager bekleidet seit Oktober 2022 in ihrem Kabinett das Amt des Landwirtschaftsministers.

Politischer Werdegang

Giorgia Meloni: Jugend und Familie, Politischer Werdegang, Ministerpräsidentin 
Meloni im Jahr 2008 als jüngste Abgeordnete und zugleich Vizepräsidentin der Abgeordnetenkammer

Meloni wurde 1996 an die Spitze der Azione Studentesca gewählt, der Studentenorganisation der Partei Alleanza Nazionale. Von 1998 bis 2002 saß sie für ihre Partei im Provinzrat von Rom. Im Jahr 2000 rückte sie an die Führungsspitze der Azione Giovane auf, der Jugendorganisation der Alleanza Nazionale, und wurde 2004 als erste Frau zur Präsidentin gewählt.

Bei den italienischen Parlamentswahlen 2006 wurde sie im Wahlbezirk Latium 1 in die Abgeordnetenkammer gewählt. Auf Vorschlag des Parteivorsitzenden Gianfranco Fini bekleidete sie in der 15. Legislaturperiode (2006–2008) als jüngste Abgeordnete das Amt einer Vizepräsidentin. Nach ihrer Wiederwahl 2008 und dem Gewinn von Berlusconis Mitte-rechts-Bündnis Popolo della Libertà (PdL) wurde sie mit 31 Jahren Jugend- und Sportministerin und damit jüngste Ressortchefin in der Geschichte der italienischen Republik. Dieses Amt hatte sie bis November 2011 inne. Nachdem Alleanza Nazionale und Forza Italia 2009 zur PdL fusioniert hatten, wurde sie Vorsitzende von deren Jugendorganisation Giovane Italia, die sie bis 2012 führte.

Zusammen mit Ignazio La Russa und Guido Crosetto gründete Meloni 2012 die Partei Fratelli d’Italia (FdI) und wurde 2014 zu ihrer Vorsitzenden gewählt. Über die Gründung der FdI sagte Meloni, die Rechte habe in der Spätphase Berlusconis zu verschwinden gedroht und sie und ihre FdI-Mitgründer hätten den Gedanken nicht ertragen, als die Generation in die Geschichtsbücher einzugehen, welche die Rechte ermordet habe. Sie wolle die Rechte stärker denn je machen und der italienischen Nation wieder eine patriotische Regierung geben.

Bei der Europawahl 2014 erhielt Meloni 348.000 Stimmen, ihre Partei scheiterte jedoch an der Sperrklausel von 4 %. Bei der Kommunalwahl in Rom 2016 trat sie als Kandidatin für das Amt der Bürgermeisterin an und kam mit 20,7 % auf den dritten Platz. Seit September 2020 ist Meloni Präsidentin der Europapartei Europäische Konservative und Reformer (EKR). Bei der Parlamentswahl 2022 führte Meloni ihre Partei als Spitzenkandidatin an. Die Partei wurde mit etwa 26 % der Stimmen die mit Abstand stärkste Kraft.

Ministerpräsidentin

Giorgia Meloni: Jugend und Familie, Politischer Werdegang, Ministerpräsidentin 
Meloni mit Matteo Salvini und Silvio Berlusconi sowie anderen Vertretern der Mitte-Rechts-Koalition im Quirinalspalast (2022)

Staatspräsident Sergio Mattarella begann am 20. Oktober, mit den Parteien Gespräche über die zukünftige Regierung zu führen. Am folgenden Tag lud er Meloni in den Quirinalspalast ein und bat sie, eine neue Regierung zu bilden. Sie nahm die Aufgabe an und gab am selben Tag die Zusammensetzung ihres Kabinetts bekannt, welches am 22. Oktober offiziell vereidigt wurde. Sie ist die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung. Als solche verwendet sie weiterhin die Amtsbezeichnung il presidente del consiglio (wörtlich „der Präsident des Ministerrates“) und will ausdrücklich nicht la Presidente genannt werden, obschon das nach Auskunft der Sprachgesellschaft Accademia della Crusca möglich wäre, was vor allem aus Linkskreisen Kritik bezüglich der Nichtverwendung gendergerechter Sprache nach sich zog. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung ist dies ein mit Bedacht gewählter symbolischer Akt, der das Amt mit all seinem historischen Gewicht und nicht die Person, die es temporär bekleidet, und deren Geschlecht in den Vordergrund stellen soll. In ihrer Regierungsansprache vor der Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments zum Amtsantritt distanzierte sich Meloni vom Faschismus und nannte die italienischen Rassengesetze von 1938 den „tiefsten Punkt in der italienischen Geschichte, eine Schande, die das italienische Volk für immer zu tragen habe.“ Zudem kündigte sie darin an, die Wiederherstellung der Autonomiestandards Südtirols anzustreben, welche zur Streitbeilegung mit Österreich vor den Vereinten Nationen im Jahr 1992 geführt hatten. Politische Beobachter sahen darin das Bestreben, die Parlamentarier der nicht-italienischen Minderheiten in der SVP zu einer Enthaltung in der Vertrauensabstimmung zu bewegen. Der Außenminister des Kabinetts Meloni, Antonio Tajani, stellte in einem Tweet an seinen österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg eine Zusammenarbeit diesbezüglich in Aussicht.

Giorgia Meloni: Jugend und Familie, Politischer Werdegang, Ministerpräsidentin 
Meloni als Ministerpräsidentin

Im November 2022 entbrannte ein Konflikt zwischen Meloni und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über Flucht und Migration über das Mittelmeer in die EU, deren Ursachen, sowie die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen im Zuge der Europäischen Migrationspolitik, welcher schlussendlich zu einem Kompromissvorschlag durch die Europäische Kommission führte. Parallel ging in sozialen Medien ein Video aus dem Jahr 2019 viral, in welchem Meloni einen gegenwärtigen französischen Kolonialismus in den Staaten Westafrikas kritisierte, in welchem der CFA-Franc BCEAO eine bedeutende Rolle als ein Werkzeug der Ausbeutung spiele und welcher eine Fluchtursache darstelle. Im Dezember 2022 listete das Forbes-Magazin Meloni als die siebtmächtigste Frau der Welt. Obwohl mit Silvio Berlusconi und Matteo Salvini die zwei Parteivorsitzenden ihrer Koalitionspartner teils enge Verbindungen zu dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin haben oder hatten, unterstützt Melonis Regierung die Ukraine im Krieg gegen Russland; so führte Meloni als Ministerpräsidentin die Auslandshilfen für die Ukraine, die durch die Vorgängerregierung von Mario Draghi begonnen worden war, weiter. Sie sprach sich außerdem dafür aus, die Ukraine EU-Beitrittskandidat werden zu lassen.

Anfang August 2023 strich Melonis Regierung den nichtarbeitenden, aber arbeitsfähigen Bürgern zwischen 18 und 59 Jahren Teile der Sozialhilfe, für Alleinstehende bis zu 55 %. Medienberichten zufolge waren rund 160.000 Personen von der Streichung betroffen.

Im September 2023 wurde Meloni Opfer eines Täuschungsanrufes aus Russland, wobei sie sich auch zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geäußert habe.

Im November 2023 unterzeichneten Meloni und Albaniens Regierungschef Edi Rama eine Absichtserklärung zur Errichtung von zwei Zentren zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migranten in Albanien, was vom Europarat kritisiert wurde.

Die Ausladung des Schriftstellers Antonio Scurati, der anlässlich des 25. April 2024, des Tages der Befreiung Italiens, im staatlichen Fernsehen Rai eine Rede verlesen sollte, führte zu einem Medienskandal, bei dem Meloni Zensur und Verletzung der Pressefreiheit vorgeworfen wurden.

Positionen

In einem Interview 1996 mit dem französischen Nachrichtensender Soir 3 erklärte die damals 19-jährige Meloni, dass „Mussolini ein guter Politiker gewesen sei, der beste der letzten 50 Jahre“. Zehn Jahre später gab sie in einem Interview mit Claudio Sabelli Fioretti an, dass sie zum Faschismus ein „unbeschwertes“ Verhältnis habe und diesen als Teil der italienischen Geschichte ansehe. Meloni zufolge habe Mussolini „einige Fehler gemacht, wie die Rassengesetze, den Kriegseintritt und die Errichtung eines autoritären Systems. Historisch habe er aber auch viel geschaffen, was ihn aber nicht rette(n)“ würde. Es gebe „Werte wie Freiheit und Bürgerrechte, die mehr wert seien als die Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe“.

Meloni spricht sich für eine konservative Gesellschaftspolitik aus und ist gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, toleriert aber eingetragene Partnerschaften. Sie hat sich dafür ausgesprochen, gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption per Verfassungsänderung zu verbieten. Da Homosexuelle nicht diskriminiert würden, brauche es auch keine vorbeugenden Maßnahmen zur Bekämpfung von Homophobie und Transphobie. Eigenen Angaben zufolge habe sie sich nie rassistisch und homophob geäußert. Sie spricht sich für die Beibehaltung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch aus, steht einer freizügigen Anwendung des Rechts jedoch kritisch gegenüber und möchte deshalb die Aufklärung über Alternativen forcieren. Das Recht auf Selbstbestimmung darf sich nach Meloni nicht automatisch darauf beschränken, einer Frau einen Schwangerschaftsabbruch als einzige Option erscheinen zu lassen. Eine Frau müsse frei zwischen mehreren Alternativen wählen können, da sonst das Selbstbestimmungsrecht selbst ausgehöhlt würde. Eine „Banalisierung“ lehnt sie in der Frage ebenso ab, wie „Anreize für Abbrüche zu schaffen“.

Außenpolitisch vertritt Meloni transatlantische Positionen. Seit Februar 2021 ist sie Mitglied des Aspen Institute, einer internationalen Denkfabrik mit Hauptsitz in Washington, der viele Geschäftsleute und Politiker angehören. Der Europäischen Union steht Meloni kritisch gegenüber. Zwar strebt sie keinen Austritt Italiens mehr an, lehnt aber den Vertrag von Lissabon ab; europäische Gesetze sollen den nationalen wieder unterstellt werden. Sie kritisierte wiederholt Mario Draghi, da dieser Italien zu einer „Sklavin Europas“ gemacht habe. Ebenso kritisierte sie wiederholt die „internationale Finanzwelt“ und lehnt den Europäischen Fiskalpakt ab. Ihre frühere Ablehnung des europäischen Corona-Wiederaufbauprogramms, aus dem Italien 191 Milliarden Euro bekommen soll, revidierte sie im Wahlkampf zur Parlamentswahl 2022.

Im Jahr 2023 erklärte Meloni, eine Verfassungsreform anzustreben, um dem Wahlvolk die Direktwahl des italienischen Ministerpräsidenten zu ermöglichen.

Eine Zusammenarbeit mit der gemäßigt linken Demokratischen Partei und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung lehnt sie kategorisch ab.

Veröffentlichungen

  • Noi crediamo. Viaggio nella meglio gioventù d’Italia. Sperling & Kupfer, Mailand 2011, ISBN 978-88-200-4932-4.
  • Io sono Giorgia, le mie radici, le mie idee (Ich bin Giorgia, meine Wurzeln, meine Ideen). Rizzoli, Rom 2021, ISBN 978-88-17-15468-0.

Literatur

  • Barbie Latza Nadeau: Femme Fascista: How Giorgia Meloni became the star of Italy's far right. In: World Policy Journal. Vol. 35, Nr. 2, Summer 2018, S. 14–21 (Digitalisat).
  • Gerhard Feldbauer: Giorgia Meloni und der italienische Faschismus. Papyrossa, Köln 2023, ISBN 978-3-89438-804-1.
Commons: Giorgia Meloni – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise

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