Bleiglasfenster sind Fenster, bei denen die einzelnen Flachglas-Stücke durch U- und H-förmige Bleiruten eingefasst und entlang der Kanten miteinander verlötet werden.
Bevor es gelang, größere Glasflächen herzustellen, waren Sprossen- und Bleiglasfenster die einzige Möglichkeit, größere Wandöffnungen zu verglasen. Heute werden sie überwiegend als künstlerische Arbeiten realisiert. Trotz der Namensähnlichkeit wird in Bleiglasfenstern kein Bleiglas verwendet. Aus diesem Grunde wird eine solche Verglasung auch weit verbreitet als Bleiverglasung bezeichnet.
Bleiglasfenster sind seit dem Hochmittelalter in Europa üblich. Zunächst wurde diese Technik nur für die Fenster der großen Kathedralen angewandt. Bleiglasfenster bilden ein wichtiges Merkmal der Gotik. Ab dem ausgehenden Mittelalter wurden immer mehr profane Gebäude mit Glasmalereien ausgestattet.
Das Verfahren, eine größere Glasfläche aus kleinen Stücken zusammenzusetzen, begründet sich in der Schwierigkeit, flüssiges Glas in einer größeren Fläche so abzukühlen, dass es nicht reißt. Erst mit der Herstellung von Echtantikglas wurden auch größere Glasflächen möglich, durch Flachglas wurde dieses Problem ganz gelöst. So blieb den Glasmachern des Mittelalters nur der Weg, kleine Glasscheiben herzustellen und diese mittels Bleiruten zu verbinden und zu kitten. Durch die Verwendung unterschiedlich gefärbter Glasstücke schuf man auf diese Weise Bildfenster, die den scheinbaren Nachteil in eine eigene Kunstform umwandelten. Dabei bildet das technisch bedingte Gerüst der Bleiruten ein besonderes „graphisches“ Gestaltungsmittel. Die Scherben wurden vielfach mit Schwarzlot und Silbergelb bearbeitet, um feine Konturen, Schattenwirkungen und gelbe Stellen zu erzielen.
Als Kabinettscheibe wird der Mittelteil einer mit Lasurfarben bemalten Bleiglasscheibe bezeichnet.
Bleiglasfenster werden auch heute noch für sakrale und profane Bauten angefertigt.
Der Entwurf wird meist im Maßstab 1:10 angelegt. Wichtig dabei ist eine dem Material angemessene klare Linienführung. Ungünstig sind kleine Flächen und schwierig zu schneidende Formen. Nach der Entwurfszeichnung fertigt der Künstler den Werkkarton an. In Originalgröße bestimmt er die Bleilinien, die Dicke der Bleiruten und die vorläufige Farbgestaltung und markiert die Bereiche für Ätz- oder Schleifarbeiten. Im Bleiriss legt der Glaser die Bleisprossen fest, wobei das Randblei nach dem Falz der Umrahmung berechnet wird.
Der Bleiriss bildet die Vorlage für die Schablonen aus kräftigem Papier; sie werden so durchnummeriert, wie das Bleifeld einbleibar ist, oder von oben nach rechts unten durchnummeriert. Mit der Schablonenschere oder einem Schablonenmesser schneidet der Glaser den Linien entlang und legt die fertigen Teile wieder auf den Entwurf.
Nun sucht er die farbigen Gläser aus und ordnet sie den Schablonen zu. Er legt sie möglichst platzsparend auf eine Glasscheibe, schneidet mit dem Glasschneider am Schablonenrand entlang und bricht das Stück mit den Händen ab. Grate oder Spitzen werden mit Kröselzange oder Schleifstein entschärft.
Abweichend von dieser Technik ist es möglich, ohne Karton und Schablonen zu arbeiten. Sind die Glasstücke frei geschnitten, können Form und Farbe jederzeit geändert werden. Auf große Trägerglasscheiben werden die genauen Umrisse der Bleifelder gezeichnet und die Schnittlinien der Gläser darauf skizziert. Die Glasstücke werden mosaikartig aneinander geschnitten und dabei den daneben befindlichen Scheiben angepasst. Durch dieses freie Improvisieren, ständige Überprüfen und Ändern ist man nicht durch anfängliche Festlegungen behindert. Josef Oberberger gestaltete mit dieser Methode des Freischneidens beispielsweise die Fenster im Augsburger Dom und im Regensburger Dom.
Nach dem Glaszuschnitt beginnt das Verbleien. Auf einem großen Bleitisch sind zwei flache Anschlagsleisten links und vorne im rechten Winkel aufgenagelt. An diese legt der Glaser zunächst zwei Randbleie oder Randbleche. Er schiebt das erste Glasstück in ein Randblei und fixiert es mit einem Nagel. Ein Stück Innenblei wird gestaucht und an das Glas geführt, sodass es das Stück mit der einen Seite des H-förmigen Profils umschließt. Überstehende Enden werden scharf am Glasrand mit dem Bleimesser abgeschnitten und wiederum durch Unterlegen eines Bleimessers mit dem Hammer gestaucht. Diese Arbeit führt man fort bis zum Abschluss durch die letzten beiden Randbleie, worauf der Glaser das Fenster mit Holzleisten fixiert. Nun gibt er auf die Verbindungsstellen der Bleistücke etwas Lötmittel und setzt mit Lötzinn und einem heißen Lötkolben einen flachen, ausreichend großen Lötpunkt. Wenn alle Bleiruten auf diese Weise fest miteinander verbunden sind, wiederholt er das Ganze auf der Rückseite des Bleifeldes. Damit es stabiler wird, kann Kitt in die offenen Bleiprofile gegeben werden. Diese werden dann zugestrichen. Besonders steif wird das Fenster durch vollständiges Verzinnen der Bleisprossen. Stahleinlagen oder Windeisen geben zusätzliche Festigkeit.
Zum Schluss reinigt man das Fenster mit Petroleum, Schlämmkreide oder Sägemehl. Wenn das Bild zum Aufhängen bestimmt ist, werden noch Schlaufen aus Kupferdraht oder Blei angebracht. Meistens fügt man es jedoch in einen gefalzten Rahmen aus Holz, Metall oder Stein ein. Diese Technik wird auch bei Glasmalereien angewandt, bei denen die Scheiben vor dem Verbleien mit Schwarzlot und Schmelzfarben bemalt und gebrannt werden.
Bei Glasbruch, witterungsbedingten Beschädigungen oder Restaurierungen von alten Glasfenstern ist es wichtig, die vorhandene Substanz so weit wie möglich zu erhalten. Sprünge können geklebt oder mit Sprungblei gesichert werden. Das Reinigen verschmutzter Gläser muss sehr sanft erfolgen, um eine eventuell vorhandene Bemalung und die Glasoberfläche nicht zu verletzen. Fehlende Glasstücke werden originalgetreu ergänzt, ebenso zerstörte Teile des Bleinetzes. Insbesondere bei mittelalterlichen Bleiglasfenstern kommen umweltbedingte Schadensmechanismen an der Glassubstanz als Risiken hinzu, welche als Glaskorrosion bezeichnet werden. Gegenmaßnahmen sind Außenschutzverglasungen sowie spezifische Schutzmaßnahmen an der Glassubstanz selbst.
Chromolithografie 1868.
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