49.9876368.27164749° 59′ 15,49″ N, 8° 16′ 17,93″ O
BioNTech SE
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Rechtsform | Europäische Gesellschaft |
ISIN | US09075V1026 |
Gründung | 2008 |
Sitz | Mainz, Deutschland |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 4,530 (2022) |
Umsatz | 17,31 Mrd. EUR (2022) |
Branche | Biotechnologie |
Website | https://biontech.de/de |
Stand: 31. Dezember 2022 |
Die Biontech SE (Eigenschreibweise: BioNTech, gebildet aus englisch Biopharmaceutical New Technologies, Aussprache:
oder ) ist ein seit Ende 2019 börsennotiertes deutsches Biotechnologieunternehmen mit Sitz in Mainz. Es hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von aktiven Immuntherapien für einen patientenspezifischen Ansatz zur Behandlung von Krebs und anderen schweren Erkrankungen sowie Coronavorsorge fokussiert. Die Schwerpunkte von Biontech liegen in der Erforschung von Medikamenten auf mRNA-Basis. Diese kommen für den Einsatz als individualisierte Krebsimmuntherapien, als Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten und als Proteinersatztherapien bei seltenen Erkrankungen in Frage. Darüber hinaus ist das Unternehmen aktiv in der Erforschung von programmierbaren Zelltherapien („Engineered Cell Therapy“), neuartigen Antikörpern und niedermolekularen Immunmodulatoren („Small Molecules“) als Behandlungsoptionen bei Krebserkrankungen.Biontech ist nach eigener Darstellung das erste Unternehmen, das ein mRNA-basiertes Humantherapeutikum zur intramuskulären Verabreichung entwickelte, die individualisierte mRNA-basierte Krebsimmuntherapie in klinische Studien brachte und einen eigenen Herstellungsprozess für einen solchen Produktkandidaten etablierte. Ab Anfang 2020 entwickelte Biontech den Impfstoff BNT162b2 (vorgeschlagener Internationaler Freiname Tozinameran) gegen das humane Coronavirus SARS-CoV-2, der in Werken von Pfizer für den weltweiten Bedarf konfektioniert wird. BioNTech hat somit als weltweit erstes Unternehmen die Zulassung für ein mRNA-basiertes Covid-Vakzin erhalten. Es ist das erste zugelassene Produkt des Unternehmens; rund 20 potenzielle Medikamente sind laut Unternehmensangaben in der Entwicklungsphase.
Biontech wurde 2008 auf der Grundlage langjähriger Forschungsarbeiten, die unter anderem vom Bundesforschungsministerium in der Gründungsoffensive Biotechnologie (GO-Bio) gefördert wurden, von Uğur Şahin, Özlem Türeci und Christoph Huber als BioNTech RNA Pharmaceuticals GmbH gegründet. Der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt auf der Entwicklung und Herstellung von Technologien und Medikamenten für individualisierte Krebsimmuntherapien.
An der Gründung beteiligt waren mit einem Startkapital von rund 180 Millionen US-Dollar Andreas und Thomas Strüngmann, die MIG-Fonds sowie Aufsichtsratsvorsitzender Helmut Jeggle. Im Jahr 2009 erfolgte die Übernahme der EUFETS und der JPT Peptide Technologies. Im gleichen Jahr war der Start der klinischen Phase-1-Studien mit MERIT (Melanoma RNA Immunotherapy; feste Kombination aus krebsspezifischen Antigenen) und IVAC MUTANOME (erste Studie mit individualisierten Neoepitopen). Im Jahr 2009 konnte die initiale Seed-Finanzierung abgeschlossen werden.
Zwischen den Jahren 2014 bis 2018 erfolgten umfangreiche Publikationen der Forschungsergebnisse u. a. in Nature. Darüber hinaus wurden ab 2015 umfangreiche Kollaborationen und gemeinsame Entwicklungsprogramme und Kommerzialisierungsprogramme mit verschiedenen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen abgeschlossen. Biontech meldete in diesem Zeitraum mehrere Patente an und entwickelte eine mehrschichtige Strategie, um den Schutz seines geistigen Eigentums an den verschiedenen Technologieplattformen und ihrer Anwendung bei der Behandlung von Krebs und anderen schweren Krankheiten zu gewährleisten.
Im Jahre 2019 erfolgte der Gang an die amerikanische Technologiebörse NASDAQ: Seit dem 10. Oktober 2019 wird Biontech als American Depository Shares (ADS) an unter dem Tickersymbol BNTX gehandelt. Biontech erzielte mit dem Börsengang insgesamt 150 Millionen US-Dollar Bruttoerlös. Mit einer Bewertung von rund 3,1 Milliarden Euro auf Basis des Emissionspreises von 15 US-Dollar je Aktie konnte sich Biontech in der Spitzengruppe der deutschen Biotech-Szene etablieren.
Im Jahr 2019 wurden sechs klinische Studien initiiert, die vier therapeutische Plattformen nutzen und zwei Wirkstoffklassen abdecken. Insgesamt wurden 2019 zehn Produktkandidaten in elf klinischen Studien bearbeitet. Darüber hinaus wurden 2019 das Antikörperproduktionsgeschäft von MAB Discovery, Antikörper-Assets von MabVax Therapeutics sowie Lipocalyx aufgekauft.
Nachdem Anfang des Jahres 2020 der Ausbruch eines neuen Virus in China öffentlich bekannt geworden war, begann Mitte Januar das globale Entwicklungsprojekt Lightspeed, um einen gut verträglichen, potenten Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus in kürzest möglicher Zeit zu entwickeln. Mitte März 2020 vereinbarte Biontech für die Erprobung und spätere Vermarktung Allianzen mit zwei Partnern: Fosun Pharma (Shanghai) für den chinesischen Markt und Pfizer für den Rest der Welt. Es wurden dazu auch Studien in den USA, Europa, China, Lateinamerika und Südafrika initiiert. Im April 2020 wurden die ersten klinischen Tests durchgeführt. Im November 2020 teilte Biontech mit, dass der zusammen mit Pfizer entwickelte Coronavirus-Impfstoff eine Wirksamkeit von über 95 % beim Schutz vor der Krankheit COVID-19 biete. Am 1. Dezember 2020 gab die Europäische Arzneimittel-Agentur bekannt, einen Antrag auf eine bedingte Zulassung für BNT162b2 erhalten zu haben. Am darauffolgenden Tag erklärte das Vereinigte Königreich eine Notfallzulassung des Impfstoffes und den Beginn der Impfungen in der darauffolgenden Woche.
Im September 2020 erhielt Biontech durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Zusage für staatliche Fördermittel von etwa 375 Millionen Euro zur Beschleunigung der Entwicklung und Produktion von COVID-19-Impfstoffen. Auch die Europäische Investitionsbank förderte Biontech mit einem Kredit in Höhe von 100 Millionen Euro.
Am 21. Dezember 2020 wurde BNT162b2 von der Europäischen Kommission eine bedingte Marktzulassung erteilt. Der Impfstoff wird offiziell seit 27. Dezember 2020 in Deutschland und weiteren EU-Staaten eingesetzt.
Das Geschäft von Biontech wird in zwei übergreifenden Geschäftseinheiten geführt, dem Geschäftsbereich Biotech und dem Geschäftsbereich External Services. Der Bereich External Services umfasst alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Verkauf von diagnostischen Produkten, Peptiden, retroviralen Vektoren für die klinische Versorgung sowie Entwicklungs- und Produktionsdienstleistungen, die für Drittkunden erbracht werden.
Die Aktien von Biontech werden seit dem 10. Oktober 2019 öffentlich als American Depositary Receipts an der US-Börse NASDAQ im Segment „Global Select Market“ gehandelt. Im Vorfeld der Börseneinführung und mit Wirkung zum 8. März 2019 wurde das Unternehmen von einer AG in eine SE gewandelt.
Die größten Aktionäre von Biontech sind mit 47,371 Prozent die AT Impf GmbH, eine Beteiligungsgesellschaft von Andreas und Thomas Strüngmann, und Gründer Uğur Şahin mit 17,25 Prozent über die Medine GmbH.
2022 erfolgte erstmals eine Dividendenausschüttung an die Aktionäre.
Der Vorstand von Biontech besteht seit 2023 aus sieben Mitgliedern. Seit Gründung ist Uğur Şahin Vorstandsvorsitzender (Chief Executive Officer). Weitere Mitglieder sind: Sean Marett (seit 2012, Chief Business Officer und Chief Commercial Officer), Sierk Poetting (seit 2014, Chief Financial Officer (bis Ende Juni 2021) und Chief Operating Officer),Özlem Türeci (seit 2018; Chief Medical Officer), Ryan Richardson (seit 2020, Chief Strategy Officer), Jens Holstein (ab Juli 2021 Chief Financial Officer) und James Ryan (seit 2023, Chief Legal Officer).
Der Aufsichtsrat besteht aus vier Mitgliedern. Der Vorsitzende ist Helmut Jeggle, der seit 2007 in leitenden Positionen bei der Athos Service beschäftigt ist. Seit 2015 ist er dort Chief Executive Officer and Chief Operating Officer. Zuvor hatte er verschiedene Positionen bei der Hexal inne. Weitere Mitglieder sind Ulrich Wandschneider (seit 2018, von 2011 bis 2016 Chief Executive Officer der Asklepios Kliniken), Michael Motschmann (seit 2008, Mitgründer der MIG-Verwaltung) und Christoph Huber (österreichischer Hämatologe, Onkologe und Immunologe mit den Forschungsschwerpunkten Tumor-Abwehr und Stammzelltransplantation). Von 1990 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2009 war er Direktor der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Der Hauptsitz von Biontech befindet sich im Mainzer Stadtteil Oberstadt. Die Firmenzentrale entstand auf dem Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne, die von der Bundeswehr 2023 vollständig geräumt wurde. Biontech erwarb im März 2020 weitere Grundstücke in Mainz, um expandieren zu können. Das Unternehmen betreibt in Deutschland mehrere GMP-zertifizierte Produktionsstätten zur Herstellung von mRNA-Therapeutika und programmierbaren Zelltherapien („Engineered Cell Therapies“). Die Standorte sind Idar-Oberstein (BioNTech Innovative Manufacturing Services), Martinsried (BioNTech Small Molecules), Neuried (Biontech) und eine vierte Einrichtung in Berlin, die peptidbasierte Dienstleistungen und Produkte für verschiedene Bereiche der biomedizinischen Forschung anbietet (JPT Peptide Technologies).
Im Jahr 2019 wurden die Standorte um eine Tochtergesellschaft in San Diego, USA, erweitert (BioNTech Research & Development). Im Jahr 2020 wurde Neon Therapeutics übernommen und zu BioNTech US. Neon wurde 2015 von Wissenschaftlern, darunter ein Nobelpreisträger, gegründet und basierte auf Erkenntnissen bei der Entwicklung von Neonantigen-Therapien mit Fokus auf Impfstoffe und T-Zell-Therapeutika. Die komplementären Fähigkeiten und Ressourcen für Neonantigen-basierte Therapeutika in den Bereichen der Krebsmedizin und Immunologie wurden dadurch vereint. Der Zusammenschluss ermöglichte es Biontech, die Fähigkeiten im T-Zell-Rezeptor-Feld weiter auszubauen und die Position im Bereich programmierbarer T-Zelltherapien zu stärken. Die Stammaktien von Neon wurden im Mai 2020 aus dem Börsenhandel genommen. BioNTech US ist in Cambridge, Massachusetts, ansässig und ist eine vollintegrierte Tochtergesellschaft und verstärkt damit die Präsenz von Biontech in den USA.
Im Jahr 2021 kaufte Biontech eine Zelltherapie-Produktionsstätte und eine Forschungs-Plattform für TCR-Zelltherapien in Gaithersburg von Kite Pharma.
Im September 2020 verkaufte Novartis Vaccines and Diagnostics sein Werk in Marburg an Biontech, das seitdem als Biontech Manufacturing Marburg geführt wird. Das Werk in Marburg ist eine moderne Multi-Plattform GMP-zertifizierte Produktionsstätte, die rund 300 Mitarbeiter beschäftigt. Es ist für die Produktion von rekombinanten Proteinen sowie für Zell- und Gentherapien ausgestattet und verfügt über Zellkultur-Labore und Produktionsfähigkeiten für die Herstellung von viralen Vektoren, mit der Möglichkeit, diese langfristig zu erweitern. Die Übernahme des Werkes ermöglicht Biontech, die kommerziellen Produktionskapazitäten zur Herstellung des mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffkandidaten BNT162 auszubauen. Die Anlage soll neben zwei bei Biontech bereits bestehenden GMP-zertifizierten Stätten, die COVID-19-Impfstoffkandidaten für klinische Studien hergestellt haben, eine der größten Produktionsstätten für mRNA in Europa werden. Die Produktion der mRNA und die Lipid-Nanopartikel-Formulierung eines COVID-19-Impfstoffes soll in Marburg im Februar 2021 beginnen. Das zuständige Regierungspräsidium Gießen hat den Betrieb der Anlage aus umweltrechtlicher Sicht am 15. Januar 2021 genehmigt. Die arzneimittelrechtliche Erlaubnis des Regierungspräsidium Darmstadt erfolgte am 28. Januar 2021. Am Standort erfolgen drei der vier erforderlichen Produktionsschritte. Geplant ist eine Jahresproduktion von 750 Millionen Impfstoffdosen. Am 26. März 2021 erhielt Biontech Manufacturing Marburg die Zulassung der EMA als einer von drei Herstellstandorten für Comirnaty.
Die Produktionsstätte in Marburg geht auf Emil von Behring zurück, der 1904 ein Privatlaboratorium errichten ließ, aus dem die Behringwerke hervorgingen. Behring entwickelte das Gegengift für Diphtherie und Tetanus und nutzte das Preisgeld, das er 1901 für seinen Nobelpreis in Medizin erhielt, um die Produktionsstätte zu finanzieren.
Am 10. Mai 2021 teilte Biontech in einer Presseerklärung mit, seine globale Präsenz mit der Errichtung eines regionalen Südostasien-Hauptsitzes in Singapur auf Asien ausdehnen zu wollen. Dort soll mit Unterstützung des Singapore Economic Development Board eine mRNA-Produktionsanlage entstehen. Sie soll regionale und globale Versorgungskapazitäten von mRNA-basierten Impfstoffen und Therapeutika gegen Infektionskrankheiten und Krebs schaffen. Der Baubeginn ist für 2021 vorgesehen; 2023 soll die Anlage betriebsbereit sein. Geplant ist zunächst eine Kapazität von mehreren Hundert Millionen Impfdosen pro Jahr.
Als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat Biontech im Oktober 2021 mit Senegal und Ruanda eine Vereinbarung für den Bau einer Fabrik für mRNA-Impfstoffe geschlossen. Diese soll den afrikanischen Kontinent auch mit Vakzinen gegen andere Krankheiten wie Malaria beliefern. 2022 begann das Unternehmen mit dem Bau eines Produktionszentrums für die Herstellung von MRNA-Impfstoffen in Ruanda. Das Werk in Kigali wurde am 18. Dezember 2023 eingeweiht und damit als erstes in Afrika.
Anfang 2023 teilte das Unternehmen mit, in Cambridge (England) ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum zu eröffnen. Zur Begründung wurde eine bessere Finanzierung von Forschung sowie schnellere Möglichkeiten der Zulassung von Medikamenten und neue Medizinische Technologien genannt.
Der Forschungsansatz von Biontech beruht auf der Auffassung, dass die Nutzung komplementärer, potenziell synergistischer Wirkmechanismen die Wahrscheinlichkeit für den Therapieerfolg erhöht, das Risiko für sekundäre Resistenzmechanismen verringert und auch einen größeren potenziellen Markt erschließt. Entscheidend sei ein Technologie-agnostischer Ansatz für die Bereitstellung der am besten geeigneten therapeutischen Plattform oder einer Plattform-Kombination für den jeweiligen Patienten und seine Erkrankung und hierbei die Bioinformatik für die Herstellung individualisierter Therapien. Der validierte patientenzentrierte bioinformatische Prozess ermöglicht im Kontext der Arzneimittelherstellung die Anwendung komplexer Algorithmen auf Patientendaten. Die Bioinformatikprozesse sind dabei robust, skalierbar und stützen sich auf die Erfahrung im Umgang mit Genomdaten mit hoher Datenverarbeitungsrate. Die Forschung von Biontech soll die Produktion individualisierter On-Demand Immuntherapien für den kommerziellen Einsatz ermöglichen.
Biontech erforscht Wirkstoffe auf Basis des Botenmoleküls Messenger-RNA (mRNA) als potenzielle neue Medikamentenklasse. mRNA bringt genetische Information zu den Ribosomen, dem Ort in der Zelle, wo Proteine gebildet werden. In den Ribosomen wird die genetische Information der mRNA in entsprechende Proteine übersetzt. Erste mRNA-basierte Produktkandidaten sind als Krebsimmuntherapeutika und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten bereits in die klinische Entwicklung eingetreten. Als Medikament liefert die hergestellte mRNA Anweisungen an eine Zielzelle, um ein gewünschtes therapeutisches Protein herzustellen. Bei der Behandlung von Krebs richtet sich das hergestellte Protein gegen Zielstrukturen, die direkt von den Mutationen der Krebszellen abstammen. Auf diese Weise soll der Krebs bekämpft werden.
Biontech hat mehrere Formate und Formulierungen von mRNA entwickelt, um genetische Informationen an Zellen zu liefern, wo sie zur körpereigenen Herstellung von Proteinen für therapeutische Zwecke verwendet werden. Biontech erforscht mehrere mRNA-basierte Therapieplattformen für die Krebsimmuntherapie, insbesondere für die individualisierte Krebsimmuntherapie.
Mit vier Wirkstoffklassen soll der Paradigmenwechsel zur individualisierten Immuntherapie eingeleitet werden. Biontech verfolgt den Ansatz, mit der Kombination verschiedener Wirkmechanismen der unterschiedlichen Wirkstoffklassen die Krebsbehandlung koordinierter und präziser zu gestalten, als dies mit den derzeit zur Verfügung stehenden Therapien möglich ist. Aus den vier unterschiedlichen mRNA-Formaten sollen fünf verschiedene Plattformen für die Behandlung von Krebs hervorgehen.
Die Nukleotidsequenz der mRNA bestimmt die Aminosäuresequenz des Proteins. Darüber hinaus kann die Art Nukleoside, die zur Herstellung von mRNA-Arzneimitteln verwendet wird, auch die Erkennung des Moleküls durch das Immunsystem beeinflussen.
Immunogene Reaktionen gegen mRNA-Wirkstoffe müssen bei Anwendungen vermieden werden, bei denen therapeutische Proteine hergestellt werden, beispielsweise auf den beiden Biontech-eigenen Plattformen RiboMabs und RiboCytokines.
Die Produktkandidaten mit selbstamplifizierender mRNA (saRNA) beruhen auf dem Konzept der Virusreplikation, sind jedoch laut Herstellerangabe selbst weder infektiös noch krankheitserregend. saRNA gleicht herkömmlicher mRNA: Sie codiert zum einen das jeweilige Protein, zusätzlich jedoch auch eine Polymerase. Diese so genannte Replikase vervielfältigt einen Teil der mRNA innerhalb der Zielzelle. Während der Selbstamplifikation innerhalb der Zelle, wird eine doppelsträngige RNA als Zwischenstufe gebildet, die von intrazellulären Immunsensoren erkannt wird. Dadurch kann gemäß Firmenaussage mit saRNA eine sehr starke Aktivierung des Immunsystems erzielt werden.
Diese Technologie ist eine Weiterentwicklung der saRNA-Plattform. Durch die Trennung der zu amplifizierenden Ziel-mRNA von der Replikase-codierenden mRNA soll nach Herstellerangabe das Anwendungsspektrum erweitert werden. Dadurch wird die Entwicklung therapeutischer mRNAs noch flexibler, da die Replikase mRNA amplifizieren kann, die nicht nur ein Protein, sondern mehrere verschiedene Proteine codiert.
Drei der Plattformen befinden sich derzeit in klinischen Studien.
Zwei weitere Plattformen befinden sich darüber hinaus in der Entwicklung.
Biontech entwickelt eine Reihe neuer Zelltherapien (Engineered Cell Therapies), um die T-Zellen des Patienten so zu verändern, dass sie sich gezielt gegen krebsspezifische Antigene richten. Die Forschung erfolgt zu programmierbaren Zelltherapien und einem erweiterten Patientenuniversum. Es werden eine Reihe neuer Zelltherapien entwickelt, bei denen die T-Zellen des Patienten so verändert werden, dass sie sich gezielt gegen krebsspezifische Antigene richten. Dazu gehören zwei Plattformen zur Behandlung von soliden Tumoren: Eine Plattform für T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T-Zellen) und eine Plattform für T-Zellrezeptor (TCR)-Programme. Biontech untersucht unter anderem einen CAR-T-Produktkandidaten, BNT211, der sich gegen Claudin-6 (CLDN6) richtet. Das Antigen CLDN6 ist spezifisch für solide Tumoren.
Biontech entwickelt Antikörper der nächsten Generation (Checkpoint-Immunmodulatoren und zielgerichtete Krebsantikörper), um die Immunantwort des Patienten auf Krebs zu modulieren.
In Zusammenarbeit mit Genmab erforscht Biontech bispezifische Antikörper, die als duale Immunmodulatoren fungieren. Hierfür wendet das Unternehmen die von Genmab entwickelte DuoBody-Technologie an. Im Jahr 2019 erwarb Biontech von MabVax einen Antikörper (MVT-5873 bzw. BNT321) mit einer neuartigen Wirkweise. Bei BNT321 handelt es sich um einen vollständig humanen monoklonalen IgG1-Antikörper, der sich gegen Sialyl Lewis A (sLea) richtet. sLEA ist ein neues identifiziertes Epitop, das spezifisch in Bauchspeicheldrüsenkrebs und anderen soliden Tumoren exprimiert wird.
Biontech erforscht niedermolekulare Wirkstoffe (Small Molecules) zur spezifischen Immunmodulation. Ziel ist es, die Aktivität anderer Wirkstoffe durch die Immunmodulation zu steigern. In diesem Zusammenhang entwickelt das Unternehmen einen niedermolekularen Toll-like-Rezeptor-7 (TLR7) basierten Immunmodulator für die Behandlung solider Tumoren. TLR7 spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivierung der angeborenen Immunantwort. Bei vielen Krebsarten werden Tumoren durch eine entzündungshemmende Umgebung geschützt. Dadurch wird die Fähigkeit des Immunsystems, Krebszellen anzugreifen, verringert. TLR7-Agonisten können hier eine direkte zelluläre Immunantwort auslösen. Small Molecule-Immunmodulatoren bzw. niedermolekulare Krebstherapeutika können eingesetzt werden, um das Wachstum von Krebstumoren zu kontrollieren, die Bildung von Blutgefäßen in Tumoren zu stoppen und Toxine an Krebszellen abzugeben. Sie eignen sich auch als Marker von Krebszellen, um diese für das Immunsystem erkennbar zu machen und zu zerstören. Anders als Krebstherapien mit größeren Antikörpermolekülen sind niedermolekulare Verbindungen oftmals gegen Zielstrukturen im Inneren von Zellen gerichtet.
Die Forschung erfolgt über die Biontech Small Molecules in Martinsried.
Krebs wird durch Anormalitäten verursacht, die als somatische Mutationen bezeichnet werden. Diese Mutationen können sich im Laufe der Zeit im Genom von Zellen ansammeln und zu einer malignen Transformation führen. Der Prozess der Karzinogenese beinhaltet das Unvermögen des Immunsystems, solche transformierten Zellen zu erkennen und auszurotten.
Ziel der Immuntherapie in der Onkologie ist es, das Immunsystem zu nutzen, um bösartige Zellen als „fremd“ zu erkennen und Mechanismen zu überwinden, mit denen sich die Krebszellen der Immunabwehr entziehen. Das Immunsystem soll derart aktiviert werden, dass es in der Lage ist, das Tumorwachstum zu begrenzen und bösartige Zellen zu zerstören. Aufgrund ihrer zufälligen Natur führen krebserzeugende genetische Veränderungen zu einer Gesamtheit von Mutationen, dem „Mutanom“, das für den Tumor jedes einzelnen Patienten einzigartig ist. Die Forschung nutzt das patientenspezifische Mutanom, um Medikamente für eine individualisierte Krebsimmuntherapie zu entwickeln. Hierbei wird die Behandlung für den einzelnen Patienten maßgeschneidert. Die Entwicklung von Krebsimmuntherapien, die auf jeden Patienten individuell zugeschnitten sind, steht im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten von Biontech.
Technologien wie die Next-Generation-Sequenzierung (kurz: NGS) haben die problematische Vielfalt von Tumoren auf der interindividuellen Patientenebene eindeutig bestätigt. Gleichzeitig ermöglicht NGS die schnelle, kostengünstige und präzise hochauflösende Kartierung der individuellen Erkrankung eines Patienten. Die Anwendung dieser bahnbrechenden Technologien führt zu einem Wandel in der Arzneimittelentwicklung. Sie birgt das Potenzial, die onkologische Behandlungslandschaft maßgebend zu verändern. Es besteht die Möglichkeit, die umfassende molekulare Kartierung von Tumorgenen in Behandlungsentscheidungen einfließen zu lassen und so individualisierte Therapeutika verfügbar zu machen. Dies steht bei der Entwicklung der nächsten Generation von Krebstherapien im Mittelpunkt.
Im Januar 2023 gab der britische National Health Service eine Zusammenarbeit mit Biontech bekannt, wonach Menschen in Großbritannien exklusiven Zugang zu den Krebsmittelkandidaten von Biontech erhalten würden. Die erste Behandlung solle noch im gleichen Jahr erfolgen. Bis 2030 sollen bis zu 10.000 Patienten behandelt werden.
Neben dem Bereich Onkologie hat Biontech auch mRNA-Plattformen für die Entwicklung von mRNA-basierten Impfstoffen gegen Erreger von Infektionskrankheiten implementiert. Die Impfstoffkandidaten gegen Infektionskrankheiten enthalten modifizierte mRNA-kodierende Antigene, die spezifisch für einen Zielerreger sind, um T-Zellen und B-Zellen zu aktivieren und anzuweisen, den Erreger zu bekämpfen.
Es bestehen Kooperationen mit Pfizer und der University of Pennsylvania. Im August 2019 schloss Biontech mit der Bill & Melinda Gates Foundation ein Investitionsabkommen, um die Entwicklung von Immuntherapien zur Vorbeugung und/oder Behandlung von HIV, Tuberkulose und bis zu drei weiteren Infektionskrankheiten voranzutreiben.
Am 17. März 2020 gaben Pfizer und Biontech eine Vereinbarung zur gemeinsamen Entwicklung und Verteilung eines potenziellen mRNA-basierten Coronavirus-Impfstoffs zur Verhinderung einer COVID-19-Infektion bekannt. Hierzu hat das Paul-Ehrlich-Institut am 22. April 2020 eine klinische Studie Phase 1/2 für das Impfstoffprogramm BNT162 genehmigt. Bis Ende April erhielt eine erste Gruppe von zwölf Probanden die erste Impfung.
Am 18. November 2020 wurden die Ergebnisse der Zulassungsstudie des Coronavirus-Impfstoffes veröffentlicht. Die gemeldete Wirksamkeit liegt demnach bei 95 Prozent. Das Risiko für Studienteilnehmer, an Covid-19 zu erkranken, ist also um 95 Prozent geringer gewesen als ohne Impfung. Schwere Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten. Im November wurde noch die Notzulassung in den Vereinigten Staaten und in der Europäischen Union beantragt. Am 2. Dezember erfolgte eine bedingte Zulassung durch die Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) für das Vereinigte Königreich. Am 21. Dezember folgte die Zulassung durch die Europäische Kommission für die 27 Staaten der Europäischen Union.
Im Bereich der seltenen Erkrankungen hat Biontech Plattformen für die Entwicklung von mRNA-basierten Proteinersatztherapien implementiert. Ziel ist es, die benötigten Proteine mithilfe der mRNA direkt im Körper des Patienten zu codieren und herzustellen. Biontech teilt sich die Kosten und Gewinne mit Genevant Sciences. Die proteinbasierten Ersatztherapien wurden entwickelt, um seltene Krankheiten durch die Verabreichung rekombinanter Proteine zu behandeln. Solche Therapien sind auf Krankheiten beschränkt, bei denen die fehlende Proteinfunktion extrazellulär ist. Die mRNA-basierte Proteinersatztherapie hat jedoch auch das Potenzial, Krankheiten mit intrazellulären Proteindefekten zu behandeln, solange die mRNA in die betroffenen Zellen eingeschleust werden kann.
Biontech setzt mehrere Proteinersatz-Plattform für seltene Krankheiten ein:
Biontech hat mehrere Kooperationsvereinbarungen mit biopharmazeutischen und wissenschaftlichen Partnern geschlossen, um die Ressourcen in den Bereichen Wissenschaft und Entwicklung zu erweitern. Darunter sind mehrere Vereinbarungen, die es Biontech ermöglichen, die maßgebliche Kontrolle über seine Entwicklungsprogramme zu behalten und an der Zukunft der Produkte teilzuhaben. Ziel ist es, das Potenzial der Technologie-Plattformen zu erweitern und die umfangreiche Anwendbarkeit der mRNA-Wirkstoffklasse über die Krebstherapie hinaus auch in weiteren Indikationsgebieten zu nutzen. Die Kooperationen betreffen sowohl den Bereich Onkologie als auch die Bereiche Infektionskrankheiten und seltene Erkrankungen. Zu den biopharmazeutischen Partnern gehören: Genentech, Sanofi, Genmab, Genevant Sciences, Eli Lilly, Bayer und Pfizer. Darüber hinaus unterhält Biontech Forschungskooperationen mit der University of Pennsylvania („Penn“) und dem Forschungsinstitut TRON (Translationale Onkologie) an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Für die Durchführung klinischer Studien kooperiert Biontech mit einer Vielzahl von Universitäten und medizinischen Zentren in Europa und den USA.
Während eines Anstiegs der COVID-19-Infektionen in Taiwan im Mai 2021 und akuten Impfstoffmangels beschuldigte die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen das Unternehmen, bei gescheiterten Vertragsverhandlungen über Impfstofflieferungen auf der Streichung der Formulierung „unser Land“ bestanden zu haben. Zu einer Vertragsunterzeichnung kam es jedoch auch dann nicht, als der Forderung nachgekommen wurde. Dies wurde medial unter anderem als Schwächung der Unabhängigkeit der Republik China und Beeinflussung Biontechs durch die Volksrepublik gewertet. Andere sahen rechtliche Vorbehalte als Auslöser, da bereits das chinesische Unternehmen Fosun Pharma über exklusive Vermarktungsrechte verfüge, die auch das Inselgebiet Taiwans umfassten.
Biontech stand wegen der Preisgestaltung seines COVID-Impfstoffs Comirnaty in der Kritik: so wurden in einem ersten Angebot an die EU im Juni 2020 54,08 Euro pro Impfdosis verlangt. Experten bezeichneten den Preis als „unseriös“.
Im August 2021 erhöhte Biontech den Preis pro Dosis um 4 auf 19,50 Euro, was u. a. mit notwendigen Anpassungen des Vakzins an neue Virusvarianten begründet wurde. Kritiker führten hingegen an, Biontech nutzte schlicht seine marktliche Vormachtstellung, um höhere Preise zu verlangen.
Im Februar 2022 deckte das Fachmagazin British Medical Journal auf, dass Biontech über die in seinem Auftrag agierende Lobbyorganisation KENUP Versuche unternahm, die Bemühungen zur Entwicklung eines mRNA-basierten Covid-Impfstoffs in Afrika durch den WHO-Global-Hub zu verhindern. Stattdessen warb KENUP für den Einsatz Biontechs mobiler Impfstofffabriken in Seecontainern. Hierfür wurde zudem ein neuartiges Zulassungsverfahren vorgeschlagen, welches u. a. die Umgehung afrikanischer Behörden vorsähe. Der Vorschlag wurde von Kritikern als „paternalistisch“ bezeichnet.
Im Bereich der Patente ist von Biontech eine mehrschichtige Strategie entwickelt worden, um den Schutz des geistigen Eigentums an den verschiedenen Technologieplattformen und ihrer Anwendung bei der Behandlung von Krebs und anderen schweren Krankheiten zu gewährleisten. Ein Schwerpunkt der Strategie für geistiges Eigentum ist der Schutz der von Biontech entwickelten Plattformen und Produktkandidaten, die sich in der Entwicklung befinden. In diesem Zusammenhang wird auch Wert auf den Schutz des geistigen Eigentums für Vermögenswerte, die in zukünftigen Entwicklungsprogrammen verwendet werden können und/oder die für die Mitarbeiter von Interesse sein könnten oder sich anderweitig auf diesem Gebiet als wertvoll erweisen könnten, gelegt.
Biontech hat mehr als 200 Patentfamilien im Gesamtbesitz, einschließlich einlizenzierter Patentportfolios und mehr als 100 Patentfamilien, die ausschließlich oder gemeinsam im Besitz von Biontech sind. Alle Patente umfassen mindestens eine Besetzung in der EU oder den USA, mehrere sind in mehreren Ländern anhängig oder wurden in mehreren Gerichtsbarkeiten erteilt.
Biontech hält seit Jahren Patente auf mRNA. mRNA wird erfolgreich in medizinischen und immunologischen Anwendungen eingesetzt, ist aber von Natur aus sehr kurzlebig. Von außen eingeführte, injizierte mRNA wird normalerweise abgebaut, bevor sie mit dem Bauplan des Erregers die Proteinproduktion für die Immunantwort starten könnte. Hierzu wurde schon vor Jahren ein Verfahren bekannt und patentiert, das eingeschleuste mRNA sehr gut stabilisieren kann. Entdeckt und patentiert wurde dies von einem polnischen Team um Jacek Jemielity, das bereits 2008 eine Partnerschaft mit Biontech einging, die das Verfahren weiterentwickelte. Biontech lizenzierte die stabilisierte mRNA-Technologie bereits an große Pharmaunternehmen, darunter sind auch das französische Unternehmen Sanofi (im Jahr 2015) und Genentech (im Jahr 2016). Moderna, GSK und die beiden deutschen Unternehmen Biontech und CureVac besitzen zusammen fast die Hälfte aller Patentanmeldungen für mRNA-Impfstoffe.
Im Juli 2022 wurde Biontech mit zwei Tochtergesellschaften von CureVac wegen Patentverletzung bei der Herstellung und dem Verkauf des Covid-19-Vakzins Comirnaty am Landgericht Düsseldorf auf Zahlung einer „angemessenen und fairen“ finanziellen Entschädigung verklagt. Eine einstweilige Verfügung wurde nicht beantragt, so dass Biontechs Impfstoff vorläufig weiter produziert werden kann.
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