Abmahnung

Eine Abmahnung ist in der Wirtschaft die formale Aufforderung, eine bestimmte Handlung oder ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen.

Allgemeines

Grundsätzlich sind Abmahnungen für jeden Bereich zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche und in jedem vertraglichen Dauerschuldverhältnis einsetzbar. Besondere Bedeutung hat die Abmahnung im Arbeitsrecht, gewerblichen Rechtsschutz, insbesondere im Wettbewerbsrecht, im Urheberrecht und im Markenrecht.

Im Wettbewerbsrecht werden 90 bis 95 Prozent aller Verstöße bereits im Abmahnverfahren, also außergerichtlich erledigt. Ursprünglich wurde die Abmahnung als Geschäftsführung ohne Auftrag verstanden, teilweise wurde sie auch als gewohnheitsrechtliches Instrument angesehen. Inzwischen ist die Abmahnung, zum Beispiel im deutschen § 13 UWG, auch gesetzlich geregelt.

Situation in Deutschland

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

Funktion

Die Abmahnung hat die Funktion, Streitigkeiten auf direktem Weg ohne Einschaltung eines Gerichts beizulegen. Sie ist aus Sicht des Verletzten notwendig, um dem Risiko zu begegnen, dass die gegnerische Seite in einem gerichtlichen Verfahren ihre Unterlassungspflicht sofort anerkennt. In einem solchen Fall hätte der Verletzte die bis dahin entstandenen Verfahrenskosten selbst zu tragen, wenn die gegnerische Seite ansonsten keinen Anlass zum Betreiben des gerichtlichen Verfahrens gegeben hat.

Formale Anforderungen

Die Abmahnung im Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht muss eine Schilderung des beanstandeten Sachverhalts, einen damit verbundenen Hinweis auf einen Rechtsverstoß, eine Aufforderung zur Unterlassung innerhalb angemessener Frist und die Androhung rechtlicher Schritte enthalten. Üblicherweise ist der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt. Bis vor Kurzem war umstritten, ob der durch einen Rechtsvertreter vorgenommenen Abmahnung auch eine Vollmacht beigefügt sein muss, damit diese wirksam ist. Soweit die Abmahnung – wie in nahezu allen Fällen – als Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages ausgestaltet ist, hat der Bundesgerichtshof diese Frage zwischenzeitlich entschieden. Demnach bedarf es in diesen Fällen keiner beigefügten Vollmacht für die Wirksamkeit der Abmahnung, da die Vorschrift des § 174 BGB auf diese Fälle nicht anwendbar ist. Besondere Bedeutung hat die Abmahnung beim Vorgehen gegen den unlauteren Wettbewerb.

2009 bestätigte das Landgericht Hamburg die Rechtswirksamkeit einer Abmahnung per E-Mail, auch dann, wenn die E-Mail von einem Spamfilter gelöscht wurde.

Reaktion

Einer Abmahnung kann mit verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten begegnet werden:

  1. Berechtigte oder teilweise berechtigte Abmahnung: Unterlassungserklärung.
    • Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die regelmäßig einer Abmahnung beiliegt, wird ein vorformulierter Text unterschrieben, so dass bei erneuter Vornahme der betreffenden Handlung die festgesetzte Vertragsstrafe zu zahlen ist. Der berechtigt Abgemahnte hat außerdem die Kosten der Abmahnung zu tragen. In der geforderten Höhe jedoch nur, soweit die angegebenen Gegenstandswerte und auf dieser Grundlage die Berechnung der Anwaltsgebühren zutreffend sind. Die Abgabe der unveränderten Unterlassungserklärung ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn der abgemahnte Sachverhalt unstrittig ist, die Unterlassungsverpflichtung als solche und auch gerade in dem vorformulierten Umfang anerkannt werden soll und die Höhe der vorgeschlagenen Vertragsstrafe angemessen erscheint.
    • Die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung und die Übernahme der Kosten auf der Grundlage eines niedrigeren Streitwertes (Gegenstandswertes) empfehlen sich beispielsweise dann, wenn die von der gegnerischen Seite veranschlagten Gegenstandswerte unrealistisch hoch angesetzt sind. Nicht anerkannte Kosten muss der Abmahnende einklagen. Es sollte ferner geprüft werden, ob die Formulierung der Unterlassungserklärung möglicherweise weiter geht als die gesetzliche Verpflichtung. Dabei ist Vorsicht geboten: Ist der Abgemahnte nur zu einer Unterlassungserklärung bereit, die hinter seinen gesetzlichen Pflichten zurückbleibt, kann der Abmahnende sofort und ohne Kostenrisiko ein gerichtliches Verfahren betreiben.
  2. Durch Verhandlungen mit der Gegenseite kann ein Vergleich angestrebt werden. Auch hier gilt das zuletzt zu der modifizierten Unterlassungserklärung Gesagte.
  3. Unberechtigte Abmahnung:
    • Wer sich ganz sicher ist, kann einfach nichts tun und es auf gerichtliche Verfahren ankommen lassen. Dies ist besonders dann gefährlich, wenn etwa eine einstweilige Verfügung den eigenen Geschäftsbetrieb ernstlich stören würde. Diese wäre nämlich unbedingt zu befolgen und könnte erst durch einen Prozess, meist nach mehreren Wochen, beseitigt werden.
    • Mit der negativen Feststellungsklage können eigene Ansprüche verteidigt werden, indem man feststellen lässt, dass der Unterlassungsanspruch des Abmahnenden nicht besteht.
    • Alternativ kann eine Gegenabmahnung aufgesetzt werden, in der die Unterlassung weiterer Abmahnungen gefordert wird. Gegebenenfalls können auch Ansprüche auf Schadensersatz geltend gemacht werden.
  4. Der Abgemahnte kann auch durch Hinterlegung einer Schutzschrift bei dem vom Abmahner voraussichtlich angegangenen Gericht reagieren. Dies führt dazu, dass eine einstweilige Verfügung nicht ergeht, ohne dass das Gericht seinen Standpunkt zur Kenntnis genommen hat. Es ist allerdings denkbar, dass trotzdem eine einstweilige Verfügung erlassen wird, wenn die Argumente in der Schutzschrift nicht überzeugen.

Diese (und weitere) Entscheidungen zu treffen, erfordert Erfahrung und vertiefte Rechtskenntnisse. Juristischen Laien wird in der Regel empfohlen, einen Rechtsanwalt oder eine andere zur Rechtsberatung in diesem Bereich berechtigte Person zu konsultieren.

Kosten

Übliche Regelung

Da die Abmahnung in aller Regel von einem Anwalt im Auftrag des Verletzten vorgenommen wird, entstehen durch die Abmahnung selbst Anwaltskosten. Die genauen Gebühren für die anwaltliche Tätigkeit werden dabei nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet. Ist die Abmahnung berechtigt oder akzeptiert der Abgemahnte sie ohne weiteres und sind weitere formale Voraussetzungen nach § 97a Abs. 2 UrhG eingehalten, kann der Verletzte die Anwaltskosten ersetzt verlangen. Dies ergibt sich für Urheberrechtssachen etwa aus § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG, für Abmahnungen wegen unlauterer Geschäftshandlungen aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Streitfrage, ob ein Erstattungsanspruch aus dem Aufwandsersatz der Geschäftsführung ohne Auftrag, § 683 Satz 1, § 670 BGB besteht, hat sich damit erübrigt.

Bei einer Abmahnung in urheber-, marken- und wettbewerbsrechtlichen Sachen bestimmen sie sich nach der Höhe des Streitwertes, verbunden mit einem Wertfaktor nach dem Umfang der Tätigkeit. Der Gebührenstreitwert wird im gewerblichen Bereich üblicherweise mit Beträgen ab 10.000 Euro angesetzt. Bei einer durchschnittlichen Markenrechtsverletzung beträgt der Streitwert zum Beispiel regelmäßig 50.000 Euro. Die Gebührenerstattung für den abmahnenden Anwalt kann dann in einer Größenordnung von erheblich mehr als 1000 Euro liegen. Nach Ansicht des BGH sind sie grundsätzlich auch dann zu erstatten, wenn eine Firma eine eigene Rechtsabteilung hat und externe Anwälte mit der Abmahnung beauftragt.

In Patent-, Gebrauchsmuster-, Marken-, Halbleiterschutzgesetz und Sortenschutzstreitsachen sind ferner die Kosten eines mitwirkenden Patentanwalts in gleicher Höhe zu erstatten. Sie sind auch zu erstatten, wenn es sich um mehrfach versendete Anschreiben handelt.

Neben den Kosten für das Tätigwerden des Anwalts steht in der Regel Schadensersatz für das verletzte Recht. In vielen Fällen des geistigen Eigentums wird dieser in Form der Lizenzanalogie berechnet.

Obergrenze im Urheberrecht für nicht bereits abgemahnte Verbraucher

Die hohen Geldforderungen im Zusammenhang mit Abmahnungen rufen immer wieder Kritiker auf den Plan, die im Bestreben, Urheberrechtsverletzungen einzudämmen, eher die Suche vieler Anwälte nach schnellem Geld sahen. Um dieser Gefahr vorzubeugen, ist die Höhe seit 2008 beschränkt. Der am 9. Oktober 2013 in Kraft getretene § 97a Abs. 3 UrhG bestimmt, dass (berechtigt) abgemahnten natürlichen Personen Anwaltskosten nur in Höhe der Gebühren für 1000 Euro Gegenstandswert berechnet werden dürfen, die „Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit“ verwenden und „nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet“ sind. Dieser Betrag lässt aber eventuell weitergehende Schadensersatzansprüche des Verletzten unberührt. Die Regelung beschränkt sich auf das Urheberrecht. Sie trifft keine Aussage dazu, in welcher Höhe der Anwalt seinerseits einen Anspruch gegenüber dem ihn mandatierenden Verletzten hat.

Besonderheiten im Internet

Die Aufforderung auf einer Homepage, im Falle rechtlicher Bedenken (zum Beispiel bei Angaben im Impressum oder bei Markenrechtsverletzungen) eine formlose E-Mail zu senden oder anzurufen statt eine förmliche Abmahnung zu senden, ist rechtlich nicht verbindlich, zumal auch schon die E-Mail oder das Telefonat eine Abmahnung darstellen können. Das Ziel einer solchen Aufforderung besteht darin, nicht mit den Kosten einer anwaltlichen Abmahnung belastet zu werden. Diese Kosten entstehen jedoch vor allem durch die Prüfung der Sach- und Rechtslage und weniger durch das erstellte Abmahnschreiben. Hiervon kann sich der Störer nicht einseitig freizeichnen.

Nach ständiger Rechtsprechung kann nur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung – wie sie in der Regel einer Abmahnung vorformuliert beiliegt – die Wiederholungsgefahr ausräumen und so einen Prozess vermeiden. Der Verletzte kann zwar auch sofort eine einstweilige Verfügung beantragen, welche ihm einen vollstreckbaren Titel bringen kann. Ohne vorherige Abmahnung hat er jedoch nach § 93 ZPO deren Kosten zu tragen, wenn der Verletzer seine Unterlassungspflicht sofort anerkennt, sofern damit zu rechnen war, dass der Störer aufgrund einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgeben würde.

Wird dagegen auf die Abmahnung hin die Rechtsverletzung nicht abgestellt – in der Regel also durch Abgabe einer die Wiederholungsgefahr ausschließenden strafbewehrten Unterlassungserklärung –, dann hat der Abgemahnte Anlass zur Erhebung der Klage gegeben und muss die Gerichtskosten bezahlen, auch wenn er im Prozess sofort anerkennt.

    Urheberrecht

In den letzten Jahren ist ein starker Anstieg der Abmahnungen insbesondere bei Urheberrechtsverletzungen zu verzeichnen. Schwerpunkte sind die Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material auf Webseiten – z. B. Stadtplanausschnitte oder Bilder – und die Zugänglichmachung in Tauschbörsen durch Filesharing.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft hat in einer Pressemitteilung vom 31. Mai 2011 mitgeteilt, dass bei deutschen Internetprovidern monatlich etwa 300.000 Adressauskünfte über Anschlussinhaber auf Grundlage von § 101 Abs. 9, 2 UrhG gestellt werden. Die „Interessengemeinschaft gegen den Abmahnwahn“ führt seit Jahren eine „Jahresstatistik zum Abmahnwesen“, die sich mit sog. Filesharing-Abmahnungen beschäftigt. Die neueste Auflage dieser Statistik erfasst das Jahr 2014. Die Jahresstatistik 2014 weist ein Gesamtvolumen von ca. 74.000 Filesharing-Abmahnungen aus. Im Jahr 2010 wurden laut der Jahresstatistik 2010 noch ca. 600.000 Filesharing-Abmahnungen im Wert von ca. 500 Mio. Euro versendet. Das Absinken der Anzahl der Abmahnungen dürfte der Einführung des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken geschuldet sein, das das Versenden von Filesharing-Abmahnungen finanziell weniger attraktiv gemacht hat. Bislang wurden in Deutschland angeblich sechs Prozent, also etwa 4,3 Millionen der Internetnutzer mindestens einmal abgemahnt.

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken begrenzt den Streitwert auf 1000 Euro und somit die Anwaltskosten auf 124 Euro, es sei denn, dass dieser Streitwert „nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig“ wäre. Verbraucherschützer bemängeln allerdings, Anwälte würden diese Klausel als Gesetzeslücke ausnutzen, indem sie argumentieren, dass sich schon aus der weltweiten Abrufbarkeit der Werke im Internet eine Unbilligkeit ergebe.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 12. Mai 2010 (I ZR 121/08, Sommer unseres Lebens) entschieden, dass ein privater Anschlussinhaber, dessen WLAN-Anschluss von einem Dritten missbräuchlich benutzt wird, zwar nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten haftet, eine Haftung als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung dagegen nicht in Betracht kommt. Dementsprechend sind zwar die Kosten einer Abmahnung vom Störer zu erstatten, nicht jedoch weiterer Schadenersatz wie etwa entgangene Lizenzgebühren.

Der BGH hat weiterhin mit Urteil vom 15. November 2012 (I ZR 74/12) entschieden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines 13-jährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwiderhandelt.

Am 11. Juni 2015 hat der BGH drei Verfahren (Aktenzeichen I ZR 19/14, I ZR 7/14 und I ZR 75/14) zu Filesharing-Sachverhalten entschieden. Im Verfahren zum Az.: I ZR 19/14 ging es um die Frage, inwiefern der Ermittlung einer IP-Adresse in einer Tauschbörse eine Beweiskraft zukommt. Nach der Auffassung des BGH genügt es dafür, dass der Ermittlungsvorgang durch einen Mitarbeiter des überwachenden Ermittlungsunternehmens genauestens protokolliert wird und Screenshots von dem Ermittlungsvorgang angefertigt werden. Pauschales Bestreiten des Ermittlungsergebnisses ohne konkreten Sachvortrag zu dem jeweiligen Einzelfall genügt dann nicht, um die Beweiskraft zu erschüttern. In dem Verfahren zum Az.: I ZR 7/14 stellte der BGH nochmals klar, dass Eltern die Begehung von Rechtsverletzungen durch ihre Kinder grundsätzlich verhindern müssen. Erforderlich ist es danach, dass Eltern ihren Kindern die Teilnahme an Tauschbörsen ausdrücklich verbieten und diese entsprechend vorbeugend belehren, wobei eine regelmäßige, anlasslose Überwachung oder Belehrung nicht gefordert wird. Sind die Voraussetzungen erfüllt und begeht das minderjährige Kind dennoch eine Rechtsverletzung, haften die Eltern dafür nicht. Schließlich äußerte sich der BGH in dem Verfahren zum Az.: I ZR 75/14 zur sekundären Darlegungslast. Dieser genügt ein Anschlussinhaber, sofern er vortragen kann, dass auch andere Personen neben ihm selbstständig Zugang zum Internet von diesem Anschluss hatten. Es muss insofern der Anschein bestehen, als könne die Urheberrechtsverletzung auch von einem der weiteren Anschlussnutzer begangen worden sein.

Aus technischer Sicht können heutzutage im Rahmen gewöhnlicher Internet TCP-Verbindungen von Außenstehenden oft keine Zwei-Punkt-Verbindungen wie ein Upload-Download lokalisiert und analysiert werden.

Die Kanzleien bzw. die von ihr beauftragten sogenannten Anti-Piracy-Firmen können den Datenverkehr zum Beispiel analysieren, indem sie selber mit gängiger P2P-Software als Störer auftreten. Zumindest gab es hier bis Ende 2012 keine gerichtsfeste, von regulären Behörden eingesetzte und akzeptierte Software, die nachweislich anders funktioniert bzw. irgendeinen glaubhaften Ersatz für den bis heute auch nicht eingesetzten Bundestrojaner.

Die Anti-Piracy-Spionage entspricht daher eher einem illegitimen Undercover-Einsatz, bei dem ein Dealer versucht wird zu überführen, indem man selber als vermeintlicher Großdealer auftritt. Diese Form der Ermittlungsarbeit, die auch einem Lauschangriff entspricht, darf rechtlich nur mit polizeilichen Mitteln nach einem dafür nötigen Gerichtsbeschluss erfolgen, jedoch nicht via Privatdetektiv oder mit personalisierter und unbekannter Software ausländischer Firmen, die nicht behördlich lizenziert wurde.

Das OLG Köln wies in diesem Zusammenhang eine Berufung zurück und forderte eine zu dokumentierende fortlaufende Qualitätssicherung sowie eine regelmäßige Kontrolle der Software durch unabhängige Sachverständige. Allein die Aussage einer Ermittlungsfirma, ihre Software arbeite zuverlässig und gerichtsfest, sei kein Kriterium, das nachvollzogen werden könne.

Die Kanzleien bewegen sich daher mit ihrem Anspruch auch selbst, unabhängig vom Wirken der verdächtigten Anschlussbesitzer, in einer rechtlichen Grauzone, die mit einer Gegenklage beantwortet werden kann, da es keine Software gibt, die Downloads oder Uploads analysieren kann, ohne selber ein werbender Anbieter der Dateien bzw. ein Teil des Tausch-Netzwerkes zu sein.

Die Abweisung der meisten Klagen in Deutschland vor Gericht erfolgt vor diesem Hintergrund, jedoch nicht, wenn der Beschuldigte eine Schuld oder Teilschuld bereits eingestanden hat.

Anwälte empfehlen daher, die Ermittlungsergebnisse angeblicher Urheberrechtsverletzungen kritisch zu hinterfragen.

Seit November 2013 wurde die Rechtmäßigkeit wieder aktuell, als im Zusammenhang mit der RedTube-Abmahnaffäre mehrere zehntausend Nutzer abgemahnt wurden. Dabei ist erstens die Methode, mit der die IP-Adressen der Nutzer ermittelt wurden, zweitens die gerichtliche Erwirkung der Herausgabe der postalischen Adressen zu den jeweiligen IP-Adressen sowie drittens der Gegenstand der Abmahnungen umstritten.

Möglicher Missbrauch

Für jeden Einzelfall gesehen ist die Abmahnung ein legitimes und inzwischen in § 97a Abs. 1 S.1 UrhG vorgesehenes Mittel zur außergerichtlichen Klärung. Allerdings zeigt die Praxis, dass es in den weit überwiegenden Fällen der Abmahnungen inhaltlich nicht mehr beispielsweise um die Beseitigung einer Urheberrechtsverletzung geht. Im Vordergrund stehen vielmehr die nach § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG zu erstattenden Kosten der Rechtsverfolgung, insbesondere die Vergütungsansprüche der zugezogenen Rechtsanwälte sowie Lizenzgebühren, die der Rechtsinhaber auf dem regulären Markt gar nicht erzielen könnte.

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 regelt u. a. Kosten bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen, Abmahnungen nach dem Unterlassungsklagengesetz und urheberrechtlichen Abmahnungen neu, um Verbraucher vor überhöhten Abmahngebühren zu schützen. Dazu werden Kosten für die Anwaltsschreiben für die erste Abmahnung an Verbraucher fortan regelmäßig bis zur Gebühr für 1000 Euro Gegenstandswert gedeckelt. Daneben hat der Abgemahnte Gegenanspruch auf Ersatz der Aufwendungen zur Rechtsverteidigung, wenn die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist. Damit eine Abmahnung wirksam ist, muss u. a. klar angegeben sein, „inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht“ (§ 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG). Das Gesetz soll verhindern, dass sich Kanzleien ein Geschäftsmodell auf überzogene Massenabmahnungen bei Bagatellverstößen gegen das Urheberrecht aufbauen. (BGBl. I S. 3714)

Aus gebührenrechtlicher Sicht sind Mandate für Abmahnungen für Rechtsanwälte sehr lukrativ. Ursache ist vor allem die Rechtsprechung der angerufenen Gerichte, die auch für einfachste Rechtsverletzungen hohe Streitwerte annehmen, dies z. T. sogar ausdrücklich als Sanktion gegen die Verletzer. Inzwischen wird in diesem Bereich von einer regelrechten Abmahnindustrie gesprochen. Dieser Befund wird durch verschiedene empirische Indizien untermauert. Abmahnschreiben sind vielfach floskelhafte Serienbriefe, die eine Auseinandersetzung und Darstellung des konkreten Einzelfalles vermissen lassen und gekennzeichnet sind durch deutliche Drohungen im Hinblick auf Folgekosten. Zum Schluss findet sich häufig ein Vergleichsangebot, mit dem die „eigentlichen“ Kostenansprüche bei sofortiger Zahlung deutlich reduziert werden.

Im Bereich des Wettbewerbsrechts sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten.

Für Aufmerksamkeit sorgte ein Fall im Jahr 2006, in dem eine Mutter abgemahnt wurde, weil sie unter anderem getragene Kleidung ihrer Kinder verkauft hatte. Der Kläger, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus Berlin, beschuldigte die Frau, gewerblich gehandelt zu haben, und verklagte sie, nachdem sie sich geweigert hatte, die Abmahngebühr zu bezahlen. Das Gericht kam zu der Erkenntnis, dass die Frau gewerblich gehandelt habe, zumal sie auch Neuware angekauft hat, um diese später wieder gewinnbringend zu verkaufen. Der vom Kläger erhobene Anspruch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb war daher begründet. Die Beklagte wurde zur Zahlung von Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von mehreren tausend Euro verurteilt.

Entgegen häufiger Berichterstattung in den Medien sind die Kriterien für das gewerbliche Handeln definiert und durch die Rechtsprechung konkretisiert worden: Gewerbsmäßig handelt, wer irgendeine wirtschaftliche Tätigkeit auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung verrichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Tätigkeit den Lebensbedarf vollständig deckt. Eine Faustformel unter Juristen für gewerbliches Anbieten lautet daher, dass derjenige gewerblich handelt, der entweder (a) die gleiche Sache mehrfach verkauft oder (b) in einem Zeitraum von ca. 3 Monaten eine erhebliche Zahl von Verträgen oder eine erhebliche Summe aus mehreren Geschäften erzielt. Außerdem sind Klassifizierungen wie „Powerseller“ ein eindeutiges Indiz für gewerbsmäßiges Handeln. Unternehmer ist, wer in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, also am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Dabei ist es unerheblich, ob die Tätigkeit nebenberuflich oder mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt.

Dauerschuldverhältnisse

Allgemeines

Die Abmahnung ist in Deutschland nach § 314 Abs. 2 BGB ferner als Voraussetzung für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund oder für den Rücktritt von einem gegenseitigen Vertrag vorgesehen.

Mietverhältnisse für Wohnraum

Wegen der Besonderheiten im Mietrecht für Wohnraum, wo das Kündigungsrecht des Vermieters an besondere, einschränkende Bedingungen (Mieterschutz) geknüpft wird, hat die Abmahnung eine besondere Bedeutung. Sie enthält neben der Aufforderung zu einem Tun oder Unterlassen, dessen Missachtung eine Vertragsverletzung beinhalten soll, eine Kündigungsdrohung im Weigerungsfall. Jedoch ist es hier – laut Rechtsprechung – dem Mieter verwehrt, eine Feststellungsklage gegen eine solche Abmahnung zu beantragen. Feststellungsklagen sind lediglich zulässig, insoweit sie das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses betreffen.

  • Eine behauptete Vertragsverletzung beinhaltet lediglich ein Element für die Wirksamkeit einer Kündigung.
  • Die Berechtigung zur Kündigung hingegen stellt kein vom Bestand des Mietverhältnisses unabhängiges Rechtsverhältnis dar.
  • Gleichwohl bleibt eine Abmahnung nicht ohne Rechtswirkung und kann eine fristlose Kündigung begründen, wenn der Mieter auf die Abmahnung nicht reagiert.

Gemäß den §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Mietzeit nicht zumutbar ist. Ein wichtiger Grund ist insbesondere auch dann vorhanden, wenn der Hausfrieden durch eine Partei nachhaltig gestört wird.

Arbeitsverhältnis

Zur Abmahnung im Arbeitsrecht siehe Abmahnung (deutsches Arbeitsrecht)

Besitzstörung

Bei Besitzstörung hat der Eigentümer bzw. Besitzer einer Sache gegen den Störer ein Recht auf Unterlassung, das er mit einer Abmahnung und/oder Unterlassungsklage durchsetzen kann.

Unerlaubte Handlungen

Grundsätzlich kann jeder, gegen den sich eine unerlaubte Handlung richtet, vom anderen Unterlassung fordern, wenn befürchtet werden muss, dass die unerlaubte Handlung fortbesteht oder wiederholt wird. Er kann dies mit einer Unterlassungsaufforderung tun oder mit einer Unterlassungsklage. Eine Unterlassungsklage ohne vorherige Abmahnung (Unterlassungsaufforderung) birgt aber das Risiko, dass die beklagte Partei sofort zustimmt (sofortige Anerkenntnis) und der Kläger auf seinen Kosten sitzen bleibt.

Situation in Österreich

In Österreich spricht man von einer Unterlassungsaufforderung.

Situation in der Schweiz

In der Schweiz ist die Abmahnung insbesondere im Arbeitsrecht, im Baurecht und im gewerblichen Rechtsschutz bekannt, jedoch nicht allgemein gesetzlich geregelt. Ein bedeutender Unterschied zur Abmahnung in Deutschland und Österreich ist, dass die Anwaltskosten der Abmahnung außergerichtlich nicht auf den Abgemahnten überwälzt werden können. Somit hat in der Schweiz der Abmahnende die entstehenden Kosten einer Abmahnung selbst zu tragen.

Literatur

  • Friederike DeCoite, Thomas Muschiol: Abmahnung und Kündigung – was tun? Haufe, Planegg/München 2006, ISBN 3-448-07742-9 (früher mit der ISBN 3-448-06546-3).
  • Heinz-Josef Eichhorn: Abmahnung – was tun? 4., neu bearbeitete Auflage. Bund-Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-7663-3931-7.
  • Pascal Croset, Markus Dobler: Die rechtssichere Abmahnung – Ein Leitfaden für Personalabteilung und Geschäftsführung. 1. Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-8349-2959-4.
  • Jens Adolphsen / Dominik Mayer / Frederik Möller: Massenabmahnungen im Urheberrecht – Ein Geschäftsmodell auf dem Prüfstand, NJW 2010, 3483
  • Fabian Novara / Merle Knierim: Die arbeitsrechtliche Abmahnung nach der „Emmely“-Entscheidung, NJW 17/2011, 1175
Wiktionary: Abmahnung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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