Projekt:Eine Reise in die Unendlichkeit

Eine Reise in die Unendlichkeit - mit Happy End! Bearbeiten

Das Unendliche ist weit, vor allem gegen Ende. (Alphonse Allais)

In diesem Projekt soll eine Sammlung von Materialien/Gedanken/Ideen entstehen zum Thema Unendlichkeit in der Mathematik. Initiiert wurde dieser Bereich im Rahmen der Vorbereitung eines Vortrags von Christian Spannagel zur Langen Nacht der Mathematik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Jeder darf mitmachen/ergänzen/Fragen stellen/...! Diskutieren können Sie außerdem auf der Diskussionsseite!

Die Aufzeichnung des Vortrags in Ludwigsburg kann online angesehen werden: Aufzeichnung. Außerdem gibt es die Folien in der erweiterten Fassung.


Alltagserleben Bearbeiten

Universum (Paris 1888)
Michelangelo - Das jüngste Gericht


Menschliche Erfahrung ist immer im Endlichen verhaftet. Alles, was wir tun und denken, hat endlichen Charakter.

  • Im Vorlesungssaal sitzen zwar viele Leute, aber definitiv nur eine endliche Zahl.
  • Studenten im Vorlesungssaal mag die Vorlesung zwar unendlich lange vorkommen, aber nach 90 Minuten ist sie doch vorbei.
  • Auch bei "All You Can Eat" stellt man fest, dass das Magenvolumen nur endlich groß ist.
  • Selbst wenn man alle Sandkörner auf der Erde hernimmt und zählen würde: Es ist zwar eine große Zahl, es gibt aber nur endlich viele. Genauso die Anzahl der Atome auf der Erde usw.
  • Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.


Trotz (und vielleicht) wegen der Endlichkeit von allem, was uns umgibt, fasziniert uns das Unendliche.

  • Ist der Weltraum unendlich groß? Könnte man unendlich lange in eine Richtung fliegen, oder ist irgendwo ein Ende? Und was ist dahinter?
  • Es werden auch ganz existenzielle Fragen des Menschen berührt: Was passiert mit uns nach dem Tod? Gibt es das "ewige" Leben? ("Ewigkeit" als "zeitliche Unendlichkeit")
  • Alles im Leben ist in Kreisläufen aufgebaut. Das Jahr mit seinen Jahreszeiten, der Wasserkreislauf, Stoffwechsel,... Diese Dinge gehen in unendlich weiter. Wenn wir jetzt bis ans Ende des Universums fliegen, kommen wir dann im Mittelpunkt wieder raus? Dann wäre die Reise wahrhaft unendlich. Denn wir müssten so lange reisen, dass wir die Umgebung aufgrund ihrer Veränderungen nicht wiedererkennen würden und keiner mehr lebte, der an irgendeiner Stelle schon mal vorbeikommen ist. Und deshalb flögen wir unendlich oft im Kreis. --UlrikeKleinau 00:08, 07.Nov.2008 (CEST)
  • Es ist schwer vorstellbar, dass ein Kreis laut Definition eine Anordnung unendlich vieler Punkte ist, obwohl das Zeichnen eines Kreises mit einem Kugelschreiber sicherlich zeitlich, als auch durch die Menge der geflossenen Tinte, endlich ist. Eine zu einem Kreis geformte Gerade besitzt nach dem Biegen nicht plötzlich unendlich viele Punkte, obwohl die Kreiszahl Pi genau dies belegt.


Allerdings führt uns die Unendlichkeit auch an gedankliche Grenzen...

Solche und ähnliche Gedankenspiele haben Mathematiker schon immer fasziniert. Es reizt sie, die Unendlichkeit und damit solche Paradoxien mit Mitteln der Mathematik in den Griff zu kriegen.

Frühere Denker und die Unendlichkeit Bearbeiten

Unendlichkeit in der Mathematik Bearbeiten

Unendliche Mengen Bearbeiten

Betrachten wir die natürlichen Zahlen:

Wenn wir so zählen, dann könnten wir theoretisch immer weiter zählen - zu jeden Zeitpunkt werden wir aber nur endlich viele Zahlen genannt haben. Hier haben wir es mit dem potentiell Unendlichen zu tun, das prozesshaft ist: Wir könnten potentiell unendlich lange zählen. Vermutlich wird sich das aber niemand antun wollen.

Daher haben die Mathematiker das aktual Unendliche erfunden: ein Objekt, das die Menge der natürlichen Zahlen repräsentiert, nämlich

Diese Menge enthält unendlich viele Elemente. Damit fangen aber die Probleme an.

Betrachten wir einmal die Quadratzahlen, also

Offensichtlich ist nicht jede natürliche Zahl eine Quadratzahl. Also könnte man nun der Behauptung zustimmen, dass es weniger Quadratzahlen als natürliche Zahlen gibt. Allerdings wird auch niemand bestreiten können, dass es unendlich viele Quadratzahlen gibt. Gibt es also unendlich viele Quadratzahlen, aber weniger als natürliche Zahlen?

Ja. Die Quadratzahlen sind eine Teilmenge der natürlichen Zahlen. Es handelt sich um ein Scheinproblem, das entsteht, weil mit "Unendlich" gerechnet wird. Das geht aber nicht. Mathematik bezieht sich immer auf endliche Größen und kann nur auf die Unendlichkeit extrapolieren, aber niemals mit ihr rechnen, auch nicht mit Scheingebilden wie Zahl-Quadratzahl-Paaren.

Lösen kann man dieses Problem durch "Pärchenbildung". Wir stellen uns vor, wir haben eine bestimmte Anzahl an Fischen und eine bestimmte Anzahl an Pinguinen. Stellen wir uns weiter vor, dass wir nicht zählen können. Wie stellen wir fest, ob wir gleich viele Fische und Pinguine haben? Wir bilden "Pärchen": Jeder Pinguin bekommt einen Fisch. Wenn am Ende weder Pinguine noch Fische übrig bleiben, dann sind beide Mengen gleich groß gewesen ("gewesen" deshalb, weil die Pinguine natürlich die Fische gleich fressen, bis diese an Haifische geraten und zu Opfern werden!).

Eine solche Zuordnung kann man aber auch bei den natürlichen Zahlen und den Quadratzahlen finden:

Das heißt, jeder natürlichen Zahl wird ihre Quadratzahl zugeordnet. Wenn man diese Zuordnung fortführt, dann bleibt in keiner Menge irgendwo was übrig. Man kann ja schließlich von jeder natürlichen Zahl das Quadrat bilden. Demnach gilt: Beide Mengen sind gleich groß ("gleichmächtig").


Georg Cantor (1845-1918)

Das widerspricht der natürlichen Intuition über Teile und Ganze: Im Unendlichen kann ein Teil gleich groß wie das Ganze sein. Nach Dedekind wird ja die Unendlichkeit gerade so definiert: Eine Menge ist dann unendlich groß, wenn es echte Teilmengen gibt, die gleichmächtig zu ihr sind.

Ähnlich ist es mit den ganzen Zahlen, deren Teil die natürlichen Zahlen sind. Man könnte meinen, es gäbe "doppelt so viele" ganze Zahlen wie natürliche Zahlen. Tatsächlich kann man aber durch geschicktes Abzählen der ganzen Zahlen zeigen, dass die Menge der ganzen Zahlen gleichmächtig zur Menge der natürlichen Zahlen ist. Beide Mengen sind "abzählbar unendlich" groß. Eben weil man die ganzen Zahlen systematisch abzählen kann, sind es genauso viele wie die natürlichen Zahlen, weil man diese schließlich zum Zählen verwendet (1. ganze Zahl; 2. ganze Zahl; 3. ganze Zahl; ...).

Georg Cantor ist der Begründer der modernen Mengenlehre. Gerade aber wegen der vermeintlichen Paradoxien, die durch die Einführung des aktual Unendlichen entstanden sind, waren sich die Mathematiker eine Zeit lang nicht einig darüber, ob es sich bei der Cantorschen Mengenlehre um Fluch oder Segen handelt. So sagte einst Henri Poincaré, dass man die Cantorsche Mengenlehre als eine "Krankheit" betrachten müsse, von der man sich erholt hat. David Hilbert war hingegen der Meinung: "Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können."

Apropos Hilbert: Das oben beschriebene Phänomen wird auch in Hilberts Hotel deutlich.

Trivia: periodische Zahlen der Form ,999... Bearbeiten

Um zu zeigen, dass = 1 ist, gibt zwei Möglichkeiten. Das erste und einfachere ist, dass von offenbar ist. ist aber selbst gleich . Also ist und also gleich 1.

Das zweite Argument geht wie folgt. Eine Folge ist eine Abfolge wobei jedes eine reelle Zahl ist. Eine reelle Zahl heisst Grenzwert einer Folge, falls wir fuer jede reele Zahl ein finden, so dass und für alle weiteren Folgeglieder .

Eine Folge hat hoechstens einen Grenzwert. Angenommen sie haette doch zwei verschiedene Grenzwerte naemlich und wobei wir der einfachheithalber annehmen wollen. Dann gibt es einen Abstand zwischen und . Da ein Grenzwert ist, liegen alle ab einem gewissen im Abstand um , d.h. . Dann gilt aber , d.h. kein liegt innerhalb des Abstandes von . Damit kann aber kein Grenzwert der Folge sein.

Betrachte . Wir nehmen folgende Folge her: , , , ... Diese Folge hat den Grenzwert . Diese Folge hat aber auch den Grenzwert . Da diese Folge höchstens einen Grenzwert hat, folgt, dass sein muss.

Die Zahl Pi und ihre Dezimalziffern Bearbeiten

Die Faszination der Mathematiker am Unendlichen kann man beispielsweise auch an der Dezimalbruchentwicklung der Zahl Pi deutlich machen...

Die Kreiszahl Pi ist eine irrationale Zahl. Das heißt, sie hat eine unendliche nichtperiodische Dezimalbruchentwicklung:

Jetzt könnte man ja mal die Vermutung aufstellen, dass jede beliebige Ziffernfolge in der Dezimalbruchentwicklung von Pi vorkommt. So kommt beispielsweise die Zahl "2" drin vor. Und die Zahl "141". Auch die "6433" usw.

Auf der folgenden Seite kann man damit experimentieren: http://www.angio.net/pi/piquery

  • An welcher Stelle in der Dezimalbruchentwicklung taucht Ihr Geburtsdatum auf?
  • Und Ihre Telefonnummer?
  • Wenn man jeden Buchstaben des Alphabets einer Zahl zuordnet, also z.B. A=1, B=2, C=3, D=4, ..., und Sie Ihren Namen kodieren: Wo kommt Ihr Name in der Zahl Pi vor?

Wenn es wirklich so ist, dass jeder beliebige Ziffernblock in Pi vorkommt, dann müssten auch die folgenden als Zahlen kodierten Zeichenketten vorkommen:

  • Ihr Lebenslauf (wie geht's weiter? Dumm: Ihr Lebenslauf käme mit allen möglichen Fortsetzungen in Pi vor)
  • Die Bibel (und zwar in jeder Sprache).
  • Sämtliche Bücher der Welt in jeder Sprache; auch die noch nicht geschriebenen
  • ...

Eine Zahl heißt normal, wenn in ihrer Dezimalbruchentwicklung Ziffernblöcke einer bestimmter Länge gleich oft vorkommen. Sie heißt absolut normal, wenn sie zu jeder Basis normal ist. Von Pi weiß man ehrlich gesagt nicht, ob sie normal ist (d.h. ob die oben genannten Phänomene tatsächlich zutreffen).

Offene Fragen Bearbeiten

1. Kann eine (oder mehrere ?) sog. "normale" Zahl in einer anderen "normalen" Zahl enthalten sein ?2. Warum kennen Studierende der Mathematik keine Wohnungsnot? In Hilberts Hotel ist immer ein Zimmer frei!

Links Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Spektrum der Wissenschaft Spezial (2005): Das Unendliche.
  • Spektrum der Wissenschaft Spezial (2005): Unendlich (plus 1).
  • Zschiegner, M.-A. (2000). Die Zahl π - faszinierend normal! mathematik lehren 98, 43-48.

ToDo / Weitere mögliche Themen Bearbeiten

  • Story "Reinigung des Stabes" (S. 39)
  • Induktionsbeweis / Domino
  • Schneeflockenkurve / Kochsche Kurve / Fraktale
    • unendlich großer Umfang, aber begrenzte Fläche
  • 1/0 = unendlich; Wittwer-Story