Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 30



Serre-Dualität

Im Beweis der Serre-Dualität orientieren wir uns stark an Forster und Möller.


Lemma  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund eineinvertierbare Garbeauf .

Dann ist die natürliche Abbildung

injektiv.

Beweis  

Hier stehen links Modulgarbenhomomorphismen und rechts -lineare Abbildungen, die Gesamtzuordnung ist ein Gruppenhomomorphismus. Es seinicht die Nullabbildung. Dann istinjektiv, da beide Garben invertierbar sind. Es liegt somit eine kurze exakte Garbensequenz

vor, wobei die Quotientengarbe nachLemma 28.1einen diskreten Träger besitzt und ihre erste Kohomologie verschwindet. Es liegt somit die lange exakte Kohomologiesequenz

vor. Daher ist surjektiv und wegenist es nicht die Nullabbildung.


Wir wissen noch nicht, dass das Residuum eine Bijektion

definiert, nur, dass die Abbildung nichttrivial, also surjektiv ist. Wir werden von nun an die Dualität über das Residuum betrachten. Wir schreiben für den Dualraum von . Die vorstehende Aussage gilt auch in dieser Situation.


Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund eineinvertierbare Garbeauf .

Dann ist die natürliche Abbildung

injektiv.

Beweis  

Dies folgt unmittelbar ausLemma 30.1.



Lemma  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund seien und invertierbare Garbenauf . Es seiein nichttrivialer Schnitt.

Dann ist die natürliche Abbildung

injektiv.

Beweis  

Der Schnitt führt zu einem injektiven Garbenhomomorphismusund durch Tensorierung zu einem injektiven Homomorphismus.NachLemma 28.1ist

surjektiv und daher ist die duale Abbildung injektiv.



Lemma  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund seien Divisorenauf . Es sei einkanonischer Divisorvon .

Dann liegt ein kommutatives Diagramm

vor, wobei alle Abbildungen injektiv sind. Dabei gilt

Beweis  

Links steht die zu

gehörende Einbettung der zugehörigen invertierbaren Garben, sieheLemma 20.16.Rechts steht die injektive duale Abbildung zur surjektiven Abbildung

die wiederum zur Einbettung

gehört. Es ist

Ein globaler Schnitt in dieser Garbe ist das gleiche wie ein Modulhomomorphismus

was wiederum das gleiche wie ein Homomorphismus

ist. Daher folgt die Injektivität der horizontalen Abbildungen ausKorollar 30.2.

Es sei nun eine Linearformgegeben, das einerseits von und andererseits von herrührt. Wir müssenzeigen. Nehmen wir an, dass das nicht gilt. Dann gibt es einen Punktderart, dass die Ordnung von in echt kleiner als die Ordnung von in ist. Um einen Widerspruch zu erreichen, konstruieren wir eine Kohomologieklasse,die unter , also unter

und unter einen unterschiedlichen Wert hat.

Es seieine Kreisscheibenumgebung derart, dass auf die Divisoren trivial sind.


Der folgende Satz beschreibt die sogenannte Serre-Dualität.


Satz  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund eineinvertierbare Garbeauf .

Dann definiert die natürliche Abbildung

einevollständige Dualität.

Beweis  

Es seimit einem Divisor . Es sei dasGeschlechtvon und es sei ein kanonischer Divisor.WegenKorollar 30.2genügt es zu zeigen, dass

auchsurjektivist. Es sei dazu

eineLinearform. Es seiein Punkt, wir betrachten die Divisoren.Es sei zunächst fixiert. Ein globaler Schnittdefiniert durch Tensorierung(siehe Lemma 30.3)mit einen Homomorphismus

und damit via

eine Linearform auf , die wir mit bezeichnen. Es sei

Fürist nachLemma 30.3auchund daher ist die Gesamtzuordnung

injektiv. Insbesondere haben und die gleiche Dimension. Daher haben wir nachKorollar 28.5die Dimensionsabschätzung

Neben betrachten wir einen weiteren Untervektorraum von , nämlich das natürliche Bild

Dessen Dimension stimmt nachKorollar 30.2mit der Dimension von überein und kann nachLemma 28.6(mitund)durch

für ein von und abhängiges abgeschätzt werden. Ferner ist für

der Grad von negativ und somit besitzt für diese keine globalen Schnitte nachLemma 28.3.NachSatz 28.4ist daher

Die Zahl geht also in alle drei relevanten Dimensionen einfach linear ein. Für hinreichend groß übertrifft also die Summe der Dimensionen von und von die Dimension des umgebenden Raumes. Es sei nun ein solches gewählt. NachKorollar 9.8 (Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018))ist dann

Ein nichttriviales Element darin hat einerseits eine Darstellung als mitund andererseits als Bild von einem Element aus . Es gilt also

Wegen ist.Somit istund daher ist

Wir betrachten das kommutative Diagramm

wobei alle Abbildungen injektiv sind. Wir fassen das von rechts oben rechts unten auf. Wegen

ist. Dabei gilt rechts unten die Gleichheit. NachLemma 30.4rührt damit von oben links her.



Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Fläche.

Dann ist eindimensional und die Residuenabbildung ist bijektiv.

Beweis  

Dies folgt ausSatz 30.5,wenn man dortsetzt.


Mit diesem Wissen kann man die Serre-Dualität allein mit und auch ohne die Residuenabbildung formulieren.



Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Fläche.

Dann sind die Vektorräume und in natürlicher Weise dual zueinander.

Beweis  

Dies folgt ausSatz 30.5mitunter Verwendung von


Bemerkung  

Die bijektive Zuordnung

ausKorollar 30.7ist so zu verstehen. Eine globale Differentialformdefiniert einen(ebenfalls mit bezeichneten)Garbenhomomorphismus

und dazu die erste Kohomologieabbildung

Die Auswertung mit dem Residuum ergibt dann den Wert in . Der rechnerische Aufwand hängt wesentlich davon ab, in welcher Form die Kohomologieklasse vorliegt. Wenn Čech-kohomologisch als vorliegt, so erhält man bei gegebenem eine entsprechende Darstellung . Wenn als Klasse zu einer Hauptteilverteilung vorliegt, so gehört dazu direkt die Hauptteilverteilung von holomorphen Differentialformen und dazu wiederum die Residuenauswertung im Sinne derDefinition 29.2.




Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Fläche.

Dann stimmt das kohomologische Geschlechtvon mit dem differentiellen Geschlechtvon überein.

Beweis  

Dies folgt unmittelbar ausKorollar 30.7.



Satz  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächemit demGeschlecht.

Dann besitzt ein kanonischer DivisordenGrad.

Beweis  

Der Satz von Riemann-Rochergibt für einen kanonischen Divisor wegenunter Verwendung vonKorollar 30.7die Gleichheit

Also ist



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