Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 25
Wir beschreiben verschiedene Berechnungen von Kohomologien auf Mannigfaltigkeiten und speziell riemannschen Flächen.Ein wichtiges Hilfsmittel im reellen Fall ist die Partition der Eins, was auch für den komplexen Fall unmittelbar Auswirkungen besitzt.
- Partition der Eins
Definition
Es sei eintopologischer Raum.Eine Familie von Funktionen
mit heißt eine Partition der Eins, wenn folgende Eigenschaften gelten.
- Es istfür alle .
- Jeder Punkt besitzt eine offene Umgebungderart, dass die eingeschränkten Funktionen bis auf endlich viele Ausnahmen die Nullfunktion sind.
- Es ist.
Definition
Es seieine offene Überdeckungeinestopologischen Raumes. EinePartition der Eins
mit heißt eine der Überdeckung untergeordnete Partition der Eins, wenn es für jedes eine offene Menge aus der Überdeckung derart gibt, dass derTrägervon in liegt.
Satz
Es sei einedifferenzierbare Mannigfaltigkeitmit einerabzählbaren Basisder Topologie.
Dann gibt es zu jeder offenen Überdeckung eine der Überdeckung untergeordnetestetig differenzierbarePartition der Eins.
Es gibt auch differenzierbare und -Versionen dieses Satzes.
Satz
Es sei eine reelle-differenzierbare Mannigfaltigkeitmit einerabzählbaren Basis der Topologie.
Dann gilt für die Garbeder-differenzierbaren Funktionen die Beziehung
Beweis
Wir verwendenSatz 22.6und arbeiten mit Čech-Kohomologie. Es seieineoffene Überdeckungund sei ein Čech-Kozykelgegeben. Wir arbeiten mit der -Version der Partition der Eins, sieheSatz 25.3.Es sei also, eine Partition der Eins, die der offenen Überdeckung untergeordnet ist. Wir arbeiten mit der neuen Indexmenge über
somit ist der Träger von in . Die bilden ebenfalls eine offene Überdeckung und es liegt eineVerfeinerungder Ausgangsüberdeckung mit der Verfeinerungsabbildung vor(es kommen die gleichen Mengen vor, nur eventuell mehrfach).Wir arbeiten mit dem Kozykel auf der Verfeinerung und nennen die Indexmenge wieder .
Wir betrachten die Funktionen , diese ist auf definiert, kann aber durch auf ganz fortgesetzt werden.
Wir setzen
was wegen der lokalen Endlichkeit wohldefiniert ist und somit eine -Funktion auf ist. Die Kozykelbedingungauf überträgt sich durch Multiplikation mit auf , da außerhalb von beide Seiten zu werden. Damit ist auf
und die durch den Kozykel definierte Kohomologieklasse ist trivial.
Satz
Es sei einekomplexe Mannigfaltigkeit mit einerabzählbaren Basisder Topologie.
Dann gilt für die erste Kohomologie der Garbe der reell unendlich oft differenzierbaren Funktionen
Beweis
Dies folgt direkt ausSatz 25.4,da man für die komplexwertigen Funktionen die Zerlegung in Real- und Imaginärteil hat.
Von nun an setzen wir stets voraus, dass riemannsche Flächen eine abzählbare Basis der Topologie haben. Dies ist im kompakten Fall und auch für jede offene Teilmenge von erfüllt und wird häufig von vornherein zur Definition einer riemannschen Fläche hinzugenommen.
Korollar
Auf einerriemannsche Fläche gilt
Beweis
Dies folgt aus der Exaktheit des Komplexes(sieheSatz 16.14)
ausSatz 25.5und aus der langen exakten Kohomologiesequenz.
Bemerkung
Mit Partitionen der Eins kann man auch zeigen, dass für die Garben der -Funktionen und der -Differentialformen vom Grad auf einer reellen -Mannigfaltigkeit alle höheren Kohomologien gleich sind. Für eine riemannsche Fläche folgt daher ausSatz 16.14mit den Ausschnitten (für)
aus der langen Kohomologiesequenz sofort
für.Für höherdimensionale komplexe Mannigfaltigkeiten sind auch höhere Kohomologien der Strukturgarbe wichtig.
- Der de Rham-Komplex
Auf einer -differenzierbaren Mannigfaltigkeit bilden die (reell- oder komplexwertigen)-DifferentialformeneineGarbe. Die äußere Ableitungdefiniert einen Garbenhomomorphismus
Definition
Es sei eine-dimensionale-reelle Mannigfaltigkeit.Man nennt den durch dieäußeren AbleitungengegebenenGarbenkomplex
dende-Rham-Komplex auf .
Wichtige Eigenschaften der äußeren Ableitung werden inSatz 86.4 (Analysis (Osnabrück 2014-2016))formuliert. Ferner ist wegen des Lemmas von Poincaré für Differentialformen der Komplex ab der Stelleals Garbenkomplex exakt. Öfters ergänzt man links den Komplex durch die Garbe der lokal konstanten Funktionen mit Werten in oder in , um überall Exaktheit zu erreichen. In der gegebenen Form ist der Komplex aber gerade eine Auflösung dieser lokal konstanten Garbe. Die globale Auswertung ist im Allgemeinen nicht exakt, vielmehr die Grundlage für die Einführung der de-Rham-Kohomologie.
Definition
Es sei eine-dimensionale-reelle Mannigfaltigkeit.Man definiert über dende-Rham-Komplexdie -te de-Rham-Kohomologie von durch
Eine -te de Rham-Kohomoloieklasse wird also durch eine geschlossene -te Differentialform repräsentiert, wobei zwei Differentialformen die gleiche Klasse definieren, wenn ihre Differenz eine exakte Differentialform ist.
Für eine riemannsche Fläche ist die komplexwertige Version des de-Rham-Komplexes(mit den lokal konstanten Funktionen)gleich
Die Kerngarbe
ist die Garbe der geschlossenen differenzierbaren komplexwertigen -Formen. Mit kann man diesen exakten Komplex in zwei kurze exakte Garbensequenzen aufspalten, nämlich
und
Korollar
Beweis
Wir arbeiten mit der kurzen exakten Garbensequenz
die sich aus dem(komplexwertigen)de-Rham-Komplexergibt, wenn mansetzt. Aufgrund der langen exakten Kohomologiesequenz in Verbindung mitSatz 25.4ist
Wegen der Linksexaktheit der globalen Auswertung ist
und somit stimmt der obige Ausdruck mit der Definition der ersten de-Rham-Kohomologie überein. Für den zweiten Teil sieheAufgabe 25.8.
- Divisoren, invertierbare Garben und Kohomologie
InLemma 19.11wurde auf einer zusammenhängendenriemannschen Flächediekurze exakte Garbensequenz
betrachtet.
Lemma
Auf einerzusammenhängendenriemannschen Fläche
gibt es dieexakte Sequenz
Insbesondere gibt es eine kurze exakte Sequenz
Beweis
Die lange exakte Kohomologiesequenzzurkurzen exakten Garbensequenz
ist
wobei die rechts auf der Welkheit der Divisorengarbe beruht. Der Zusatz folgt unmittelbar aus der Definition der Divisorenklassengruppe.
NachBeispiel 21.10in Verbindung mitSatz 22.6ist isomorph zur Gruppe von Isomorphieklassen von invertierbaren Garben mit dem Tensorprodukt als Verknüpfung. Der verbindende Homomorphismus
stimmt im Wesentlichen mit der Zuordnung aus derDefinition 20.14überein. In Bemerkung 26.13wird erläutert, dass im kompakten Fall sogar
gilt.
- Die Exponentialsequenz
Lemma
Beweis
Die holomorphe Exponentialsequenz(siehe Beispiel 11.14)
ergibt die angegebene lange exakte Kohomologiesequenz,wobei man die Sequenz wegen
abbrechen kann. Es sei nun kompakt, wir können zusätzlich zusammenhängendannehmen. Dann sind die Anfangsterme der Sequenz nachSatz 3.7gleich
NachAufgabe 1.4ist die hintere Abbildung surjektiv,man kann also die weitere Sequenz „neu“ bei beginnen lassen.
Man kann ferner zeigen, dass im kompakten Fallist(für die projektive Gerade siehe Aufgabe 21.6).Die letzte Abbildung ist dabei die Gradabbildung im Sinne vonDefinition 20.18.
Beispiel
Es sei eineriemannsche Flächeundeineoffene Kreisscheibemit zwei Punkten.Es sei die(auf der Karte)lineare Verbindung von nach . Wir setzen
insbesondere bilden die beiden offenen Mengen und eineoffene Überdeckungvon . Dabei ist
homöomorph zu einer mit einem abgeschlossenen Intervall geschlitzten Kreisscheibe. Eine holomorphe Funktion auf definiert als Čech-Kozykeleine erste Kohomologieklasse von und eine nullstellenfreie holomorphe Funktion darauf definiert eine erste Kohomologieklasse von . Unter der langen exakten Sequenz zur Exponentialsequenz(sieheLemma 25.13)wird auf abgebildet. Dabei wird die inBeispiel 13.16eingeführte Funktion , aufgefasst auf , auf
abgebildet, was eine Kohomologieklasse in definiert. Wir verwendenLemma 25.12und betrachten denDivisor. Dieser ist auf der Hauptdivisor zu und auf der Hauptdivisor zu . Somit wird dieser Divisor unter dem verbindenden Homomorphismus auf diese Kohomologieklasse abgebildet.
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