Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 24



Auswertung von holomorphen Differentialformen längs eines Weges



Lemma  

Es sei eine riemannsche Fläche.Es sei eine holomorphe Differentialformauf mit der zugehörigen Kohomologieklassebezüglich der exakten Garbensequenz

(sieheLemma 15.8).

Dann ist für jedengeschlossenen Weg

Beweis  

Es seieine offene Überdeckung mit Kreisscheiben. Auf besitzt eine holomorphe Stammform, also eine holomorphe Funktion mitauf . Die zugehörige Kohomologieklasse in wird durch den Čech-Kozykel auf beschrieben. Es sei einetopologische Ketteum und es seienfür.Wir setzen ferner.Es sei der Teilweg, der von nach führt und somit in verläuft. Dann ist insgesamt


Die Wegintegrale hängen nur von der Homotopieklasse des Weges ab. Dies folgt ausSatz 17.7und für geschlossene Wege auch ausLemma 24.1in Verbindung mitLemma 23.5  (6).



Korollar  

Es sei einezusammenhängenderiemannsche Flächeund eineholomorphe Differentialformauf .

Dann ist genau dannexakt,wenn für allegeschlossenen Wege in die Gleichheit

gilt.

Beweis  

Es seibezüglich der kurzen exakten Garbensequenz

(sieheLemma 15.8).Die Exaktheit von bedeutet, dass es eine holomorphe Funktion auf mitgibt. Dies ist aufgrund der langen Kohomologiesequenzäquivalent zu

WegenLemma 24.1folgt daher die Aussage ausLemma 23.7.



Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Flächeund eineholomorphe Differentialformauf .

Dann ist genau dann trivial, wenn für allegeschlossenen Wege in die Gleichheit

gilt.

Beweis  

Dies folgt ausKorollar 24.2,da auf einer kompakten zusammenhängenden riemannschen Fläche nur die triviale holomorphe Differentialform exakt ist, da als Stammformen nur die konstanten Funktionen in Frage kommen.



Korollar  

Es sei einekompaktezusammenhängenderiemannsche Fläche.

Dann gibt es einen natürlichen injektivenGruppenhomomorphismus

von den globalen holomorphen Differentialformenin den Homorphismenraumvon der Fundamentalgruppe nach .

Beweis  

Dies folgt ausLemma 24.1undKorollar 23.9unter Verwendung der Injektivität von.


Das Bild der zu gehörenden Periodenabbildung nennen wir die Periodengruppe zu , also

Es handelt sich um eine Untergruppe von . Es sei erwähnt, dass die Periodengruppe im Allgemeinen kein Gitter sein muss.



Korollar  

Es sei einkomplexer Torusund eine nichttrivialeholomorphe Differentialformauf .

Dann ist das Bildunter dem natürlichenGruppenhomomorphismus

ein Gitter in , und ist biholomorphzu .

Beweis  

Es istmit einem Gitterund der Projektion.Die Fundamentalgruppe von ist , als Erzeuger kann man die Bilder der beiden Wege

und

wählen. Die Bildgruppe wird von und erzeugt. Es ist nachKorollar 15.14eindimensional und wird von erzeugt, wobei die Variable auf sei und die Differentialform auf sich wegen der Invarianz nach unten drückt. Daher istmit einem,.Es ist somit unter Verwendung vonSatz Anhang.

und ebenso

Also wird unter der Multiplikation mit , also, , das Gitter in das Periodengitter überführt und nachLemma 9.11 (Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022))sind und äquivalent.


Bemerkung  

Auf einem Torusist unabhängig von einer holomorphen Struktur

mit den beiden jeweiligen einfachen Umkreisungen und als Basiswege(die allerdings nicht eindeutig bestimmt sind)und,sieheBeispiel 22.7.NachKorollar 23.9liegt ein natürlicherGruppenisomorphismus

vor. Eine Kohomologieklasse links kann man also mit einer linearen Abbildung identifizieren, bei der den Basiswegen eine komplexe Zahlzugeordnet wird. Insbesondere erhält man eine Basis auf in den zwei Klassen, die den beiden Auswertungen und entsprechen.

Wenn der Torus zusätzlich die Struktur einer riemannschen Flächebesitzt, so erhält man mitLemma 15.8die exakte Garbensequenz

und dazu (die ersten beiden Terme wurden schon verarbeitet)dielange Kohomologiesequenz

(siehe auchLemma 31.4).Der Raum ist nachKorollar 15.14eindimensional.Wennmit einem Gitterrealisiert wird, so sind die Bilder der Kantenwege bzw. ()Basiswege des Torus. Nach dem Beweis zuKorollar 24.5ist die Auswertung, die zu einer holomorphen Differentialform gehört, von der Form mit einem festen ,also ein Vielfaches von . Das Gitter spiegelt sich also darin wieder, wie der eindimensionale Raum im zweidimensionalen nur von der Topologie abhängigen Raum liegt. Ein eindimensionaler komplexer Untervektorraum von kann genau dann als eines komplexen Torus realisiert werden, wenn die beiden Komponenten reell-linear unabhängig in sind.


Bemerkung  

Eine antiholomorphe Differentialform auf einer riemannschen Fläche ist eine Differentialform,die lokal die Form besitzt. Durch komplexe Konjugation entsteht aus jederholomorphen Differentialformeine antiholomorphe Differentialform. Es gelten entsprechende Gesetzmäßigkeiten.



Beispiel  

Wir betrachten die durch die Gleichung

gegebene riemannsche Fläche und die vervollständigte (kompakte)Version davon, sieheKorollar 2.8undLemma 14.13.NachLemma 15.10undAufgabe 15.9isteineholomorphe Differentialformauf und nachLemma 17.12ist das dort beschriebene Wegintegral für reell zwischen und positiv. Es sei eine primitiveachte Einheitswurzel,beispielsweise.Durch und wird wegen

eine biholmorphe Abbildung auf und dann auch auf festgelegt. NachSatz Anhang.gilt

Entsprechend sind die Wegintegrale zu längs der Wege gleich . NachKorollar 19.12 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))sind die Potenzen linear unabhängigüber und das überträgt sich auf die Perioden . Deshalb bilden die Perioden zu zu den verschiedenen geschlossenen Wegen eine Untergruppe vom Rangzumindest und daher ist die Periodengruppe keinGitterin . Aufgrund von Eigenschaften des achten Kreisteilungskörpers handelt es sich um einedichteUntergruppe.



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