Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 6



Ringhomomorphismen

Wir besprechen nun die strukturerhaltenden Abbildungen zwischen Ringen(und Körpern).


Definition  

Es seien und Ringe.Eine Abbildung

heißt Ringhomomorphismus, wenn folgende Eigenschaften gelten:

  1. .
  2. .
  3. .

Ein Ringhomomorphismus ist also zugleich ein Gruppenhomomorphismus für die additive Struktur und ein Monoidhomomorphismus für die multiplikative Struktur. Einen bijektiven Ringhomomorphismus nennt man einen Ringisomorphismus, und zwei Ringe heißen isomorph, wenn es einen Ringisomorphismus zwischen ihnen gibt. Zu einem Unterringist die natürliche Inklusion ein Ringhomomorphismus. Die konstante Abbildungin den Nullring ist stets ein Ringhomomorphismus, dagegen ist die umgekehrte Abbildung, also ,nur beiein Ringhomomorphismus.



Die Charakteristik eines Ringes



Satz  

Es sei einRing.

Dann gibt es einen eindeutig bestimmtenRinghomomorphismus

Beweis  

Ein Ringhomomorphismus muss die auf die abbilden. Deshalb gibt es nachLemma 4.4genau einenGruppenhomomorphismus

Wir müssen zeigen, dass diese Abbildung auch die Multiplikation respektiert, d.h. dass.ist, wobei hier die Multiplikation in bezeichnet. Dies folgt aber ausdem allgemeinen Distributivgesetz.


Den in dieser Aussage konstruierten und eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus nennt man auch den kanonischen Ringhomomorphismus(oder den charakteristischen Ringhomomorphismus)von nach .


Definition  

Die Charakteristik eineskommutativen Ringes ist die kleinste positive natürliche Zahl mit der Eigenschaft.Die Charakteristik ist , falls keine solche Zahl existiert.

Die Charakteristik beschreibt genau den Kern des obigen kanonischen(charakteristischen)Ringhomomorphismus.



Der Einsetzungshomomorphismus



Satz  

Es sei einkommutativer Ringund sei derPolynomringüber . Es sei ein weitererkommutativer Ringund es seieinRinghomomorphismus undein Element.

Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus

mitund mit,wobeidie kanonische Einbettung ist.

Dabei geht das Polynomauf .

Beweis  

Bei einem Ringhomomorphismus

mit.müssen die Konstanten auf und auf gehen. Daher muss auf gehen. Da Summen respektiert werden, kann es nur einen Ringhomorphismus geben, der die im Zusatz angegebene Gestalt haben muss. Es ist also zu zeigen, dass durch diese Vorschrift wirklich ein Ringhomomorphismus definiert ist. Dies folgt aber direkt aus dem Distributivgesetz.


Den in diesem Satz konstruierten Ringhomomorphismus nennt man den Einsetzungshomomorphismus. Es wird ja für die Variable das Element eingesetzt.



Algebren

Ein wichtiges Konzept für das Studium von Körpern und Ringen ist, diese als eine Erweiterung von einfacheren Ringen aufzufassen(Grundring, Grundkörper)und dann mit Hilfe des schon verstandenen einfacheren Objektes das erweiterte Objekt zu untersuchen. Man spricht vom relativen Standpunkt. Diese Idee wird durch den Begriff Algebra präzisiert.


Definition  

Seien und kommutative Ringeund sei ein fixierter Ringhomomorphismus.Dann nennt man eine -Algebra.

Häufig ist der Ringhomomorphismus, der zum Begriff der Algebra gehört, vom Kontext her klar und wird nicht explizit aufgeführt. Z.B. ist der Polynomring eine -Algebra, indem man die Elemente aus als konstante Polynome auffasst. Jeder Ring ist auf eine eindeutige Weise eine -Algebra über den kanonischen Ringhomomorphismus, .Bei einer Körpererweiterungist eine -Algebra. Der Begriff der Algebra ist auch für nicht-kommutative Ringe (bei kommutativem Grundring )sinnvoll, wobei dann in aller Regel die Voraussetzung gemacht wird, dass die Elemente aus mit allen Elementen aus vertauschen.

Wir werden den Begriff der Algebra vor allem in dem Fall verwenden, wo der Grundring ein Körper ist. Eine -Algebra kann man stets in natürlicher Weise als Vektorraum über dem Körper auffassen. Die Skalarmultiplikation wird dabei einfach über den Strukturhomomorphismus erklärt. Eine typische Situation ist dabei, dass der Grundkörper ist und ein Zwischenring, ,gegeben ist. Dann ist über die Inklusion direkt eine -Algebra.

Wenn man zwei Algebren über einem gemeinsamen Grundring hat, so sind vor allem diejenigen Ringhomomorphismen interessant, die den Grundring mitberücksichtigen. Dies führt zu folgendem Begriff.


Definition  

Es seien und kommutative-Algebrenüber einem kommutativen Grundring . Dann nennt man einen Ringhomomorphismus

einen-Algebrahomomorphismus,wenn er zusätzlich mit den beiden fixierten Ringhomomorphismenundverträglich ist.

Zum Beispiel ist jeder Ringhomomorphismus ein -Algebrahomomorphismus, da es zu jedem Ring überhaupt nur den kanonischen Ringhomomorphismusgibt.

Mit dieser Terminologie kann man den Einsetzungshomomorphismus jetzt so verstehen, dass der Polynomring mit seiner natürlichen Algebrastruktur und eine weitere -Algebra mit einem fixierten Element vorliegt und dass dann durch ein -Algebrahomomorphismusdefiniert wird.



Ideale unter einem Ringhomomorphismus

Der Zusammenhang zwischen Ringhomomorphismenund Idealenwird durch folgenden Satz hergestellt.


Satz  

Es seien und kommutative Ringeund sei

einRinghomomorphismus.Dann ist der Kern

ein Idealin .

Beweis  

Sei

Wegen.ist . Es seien . Das bedeutet und .Dann ist

und daher .

Es sei nun und beliebig. Dann ist

also ist .


Da ein Ringhomomorphismus insbesondere ein Gruppenhomomorphismus der zugrunde liegenden additiven Gruppe ist, gilt wieder das Kernkriteriumfür die Injektivität.Eine Anwendung davon ist das folgende Korollar.


Korollar  

Es sei einKörper und ein vom NullringverschiedenerRing.Es sei

einRinghomomorphismus.

Dann ist injektiv.

Beweis  

Es genügt nachLemma 4.9zu zeigen, dass der Kern der Abbildung gleich ist. NachSatz 6.7ist der Kern ein Ideal. Da die aufgeht, ist der Kern nicht ganz . Da es nachLemma 20.9 (Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018))in einem Körper überhaupt nur zwei Ideale gibt, muss der Kern das Nullideal sein.



Algebraische Elemente und Minimalpolynom

Definition  

Es sei ein Körperund eine kommutative-Algebra.Es sei ein Element. Dann heißt algebraisch über , wenn es ein von verschiedenes Polynommit gibt.

Wenn ein Polynom das algebraische Element annulliert(also ist),so kann man durch den Leitkoeffizienten dividieren und erhält dann auch ein normiertes annullierendes Polynom.


Definition  

Es sei ein Körperund eine-Algebra.Es seiein über algebraisches Element.Dann heißt das normierte Polynom mit,welches von minimalem Gradmit dieser Eigenschaft ist, das Minimalpolynom von .

Wenn nicht algebraisch ist, so wird das Nullpolynom als Minimalpolynom betrachtet.


Beispiel  

Bei einer Körpererweiterungsind die Elemente trivialerweise algebraisch,und zwar ist jeweils das Minimalpolynom.Weitere Beispiele liefern überdie komplexen Zahlen , etc. Annullierende Polynome aus sind dafür , , (es handelt sich dabei übrigens um die Minimalpolynome, was in den ersten beiden Fällen einfach und im dritten Fall etwas schwieriger zu zeigen ist).Man beachte, dass beispielsweise zwar ein annullierendes Polynom für ist, dessen Koeffizienten aber nicht zu gehören.




Lemma  

Es sei einKörper, eine-Algebraundein Element. Es sei dasMinimalpolynomvon über .

Dann ist der Kerndes kanonischen-Algebrahomomorphismus

das von erzeugte Hauptideal.

Beweis  

Wir betrachtenden kanonischen Einsetzungshomorphismus

Dessen Kern ist nachSatz 6.7und nachSatz 3.15ein Hauptideal, sagen wir,wobei wir als normiert annehmen dürfen(im nicht-algebraischen Fall liegt das Nullideal vor und die Aussage ist trivialerweise richtig).Das Minimalpolynom gehört zu . Andererseits ist der Grad von größer oder gleich dem Grad von , da ja dessen Grad minimal gewählt ist. Daher muss der Grad gleich sein und somit ist,da beide normiert sind.


Definition  

EineKörpererweiterung,heißt algebraisch, wenn jedes Element algebraischüber ist.



Erzeugendensysteme

Definition  

Es sei eine -Algebraund sei , ,eine Familie von Elementen aus . Dann heißt die kleinste -Unteralgebra von , die alle enthält, die von diesen Elementen erzeugte -Algebra. Sie wird mit bezeichnet.

Man kann diese -Algebra auch als den kleinsten Unterring von charakterisieren, der sowohl als auch die enthält. Wir werden hauptsächlich von erzeugten -Algebren in einer Körpererweiterungsprechen, wobei nur ein einziger Erzeuger vorgegeben ist. Man schreibt dafür dann einfach , und diese -Algebra besteht aus allen -Linearkombinationen von Potenzen von . Dies ist das Bild unter dem durch gegebenen Einsetzungshomomorphismus.

Gelegentlich werden wir auch den kleinsten Unterkörper von betrachten, der sowohl als auch eine Elementfamilie, ,enthält. Dieser wird mit bezeichnet, und man sagt, dass die ein Körper-Erzeugendensystem von diesem Körper bilden. Es istund insbesondere.


Definition  

Es sei einKörper. Der Primkörper von ist der kleinste Unterkörper von .


Definition  

Eine Körpererweiterung,heißt einfach, wenn es ein Element mit

gibt.


Definition  

EineKörpererweiterungheißt eine einfache Radikalerweiterung, wenn es ein gibt mitund ein mit .


Definition  

EineKörpererweiterungheißt eine Radikalerweiterung, wenn esZwischenkörper

derart gibt, dassfür jedes eineeinfache Radikalerweiterungist.

Bemerkung  

Bei einer Radikalerweiterungentstehen die einzelnen einfachen Radikalerweiterungen durch die Hinzunahme von reinen Wurzelausdrücken. Dies gilt aber im Allgemeinen nicht für die Gesamterweiterung. Beispielsweise kann man eine Situation der Form

haben(alles spiele sich innerhalb von ab).In den Einzelschritten kommt eine reine Wurzel aus dem Vorgängerkörper hinzu, insgesamt entstehen dabei aber beliebig verschachtelte Wurzelausdrücke. Radikalerweiterungen sind dafür da, solche verschachtelten Wurzelausdrücke systematisch zu erfassen.

Wenn eine komplexe Zahl als Nullstelle eines normierten Polynoms mit Koeffizienten aus auftritt, so ist es eine wichtige Frage, ob man sie innerhalb einer Radikalerweiterung beschreiben kann. DieFormel von Cardanobesagt insbesondere, dass man die Nullstellen einer kubischen Gleichunginnerhalb einer Radikalerweiterung realisieren kann, und zwar braucht man dazu die dritten Einheitswurzeln, die Quadratwurzel und noch dritte Wurzeln von zuvor erzeugten Ausdrücken. Siehe auchAufgabe 2.8.



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